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ZEITSCHRIFT
DES
MÄHRISCHEN LANDESMUSEUMS
HERAUSGEGEBEN VON DER
MÄHRISCHEN MUSEUMSGESELLSCHAFT
REDAKTION
PROF. A. RZEHAK
K. SCHIRMEISEN SCHULRAT E. SOFFE
XII. BAND
1.=HEET
BRUNN
DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER
1912.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Sitzungsbefichte ren = Vene RER Ve dno NE NE CO NN U
Tuppy Johann, Die als cenoman beschriebenen Kreidesedimente von
Budigsdorf und Umgebung . . . es oz p: 112
Richter Oskar, Beiträge zur Reno von Mähren TI Re 10
Rzehak A, Über die von Prof. E. Weinschenk als Tektite gedeuteten
Gen ko ES 40
Schram Wilhelm, Einige ältere llaskrierte. Drnakirerke des ee
Landesbibliothek . . . . . PS UC
Rzehak A. Das Alter der robe HD are Bent PRET LE
Samsour To, Feuersbrunst in Nikolsburg 14. Senkember 1784. NE 1110
Münz Bernhard, Ein mährischer Literarhistoriker . . . . . . . . . . 127
Zur Beachtung!
Da die „Máhrische Museumsgesellschaft“ die Rechtsnachfolgerin
ist sowohl der ehemaligen „K. k. mähr.-schles. Gesellschaft zur Be-
förderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde“ als auch
der späteren „K. k. mähr. Landwirtschaftsgesellschaft* und der
„Museumssektion der k. k. mähr. Landwirtschaftsgesellschaft“, so
sind alle Sendungen von Büchern und Zeitschriften nur an die
„Mährische Museumsgesellschaft“
(Landesbibliothek)
zu adressieren. Hingegen sind die für die ehemalige „Historisch-
statistische Sektion“ der k. k. mähr. Landwirtschaftsgesellschaft be-
stimmten Sendungen an den „Deutschen Verein für die Geschichte
Mährens und Schlesiens“ zu richten.
Für das Kuratorium:
Prof. A. Rzehak;
Vize-Präsident.
Sitzungsberichte.
1. Kuratoriumssitzung am 9. Jänner 1911.
Der Präsident, Herr Direktor Dr. Fr. Kameníček, begrüßt
die Anwesenden und widmet hierauf dem verstorbenen Kuratoriums-
mitgliede, Herrn Konsist.-Rat Prof. J. Kaspar, einen warmen Nach-
ruf, den die Anwesenden stehend entgegennehmen. Hierauf be-
glückwünscht Herr Landesschulinspektor A. Vlk in herzlichen
Worten den Herrn Präsidenten zu der Auszeichnung, die ihm
durch die Ernennung zum außerordentlichen Mitgliede der Böh-
mischen Akademie der Wissenschaften zuteil geworden ist. Vom
Landesausschusse wurde Herr Mrázek aus Budweis zum Museums-
laboranten und M. Koudelka zum Diener in der Landesbiblio-
thek ernannt. Unter den zahlreichen Einláufen wurde das Gesuch
der Museumsbeamten um Einführung einer einmaligen Amts-
frequenz im günstigen Sinne erledigt. Die Herren Kustoden des
Landesmuseums berichten eingehend über den Fortgang der Ar-
beiten in den einzelnen Abteilungen und stellen entsprechende
Anträge. Weiter wurde ausführlich darüber verhandelt, auf welche
Weise eine wertvolle und umfangreiche, dem Museum zum Kaufe
angebotene Naturalien- und Münzensammlung erworben werden
könnte. Dann wurden noch einige (Gesuche um Subventionen zu
wissenschaftlichen Arbeiten begutachtet. Die Besprechung der Re-
organisierung des Museums multe für die nächste Sitzung auf-
geschoben werden. Als Mitglieder der Máhrischen Museumsgesell-
schaft wurden aufgenommen: Prof. J. Benes; L. Hübl, Private;
Dr. H. Kober, k. k. Postkonzipist; &. Mahen, Schriftsteller und
Redakteur; Dr. H. Mass, Sekretär; A. Matulik, Bautechniker;
Rud. Nießner, Landesoffizial; Prof. Dr. Novák; G. Radiměř,
Bautechniker; Prof. Dr. E. Schneeweis; O. Schubert, Landes-
akzessist; Dr. J. Sieber, Landessekretär; Prof. W. Smeykal;
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII, 1. 1
SMii FISONIAN
7 ANSTITUTION JAN 1 9 665g
J. Stastny, Beamter der Hypothekenbank; L. Swoboda, Bürger-
schuldirektor i. P.; Dr. O. Vláčilík, Rechtspraktikant; Hochschul-
dozent Dr. J. Vojtěch, sámtlich in Brůnn; ferner L. Sedláček,
Heger in Rampersdorf, und A. Sticha, Lehrer in Neu-Czernovwitz.
Für die Museumssammlungen spendeten: Prof. Em. Bayer in
Brünn, Separatabdruck; A. Linhart in Popelin, Glasbilder:
M. Novotný in Rozseč, Majolikateller; Kustos A. Palliardi,
Radierung; J. Reichel, Eisenbahn-Oberinspektorswitwe in Brünn,
größere Anzahl Druckwerke; L. Sedláček, Heger in Rampers-
dorf, Bronzegegenstände.
2. Kuratoriumssitzung am 13. Februar 1911.
Der Vorsitzende bewillkommt den neuernannten Vertreter
des Landesausschusses im Kuratorium, Herrn Schulrat Prof. Fr.
J. Rypáček. Zunächst wurde über Kaufanbote einiger geologi-
scher, paläontologischer, volkskundlicher und Kleinkunstsammlun-
sen beraten. Der vom Landesbibliotheks-Direktor Herrn kais. Rat
Dr. W. Schram und dem Skriptor Herrn Dr. H. Jarnik über-
reichte Tätigkeitsbericht für das Jahr 1910 wurde genehmigt.
Weiter kam das Ergebnis der Beratungen der aus dem Kura-
torium, den Museums- und den Bibliotheksbeamten behufs Re-
organisierung dieser Anstalten gewählten Kommission zur Erörte-
rung; das Referat erhielten beide Kurien zur weiteren Beratung
zugewiesen. Die Herren Kustoden Dr. K. Absolon, Dr. J. Hel-
tert und Dozent V. J. Procházka berichteten über Bedürfnisse
der Museumsabteilungen und stellten Anträge, die angenommen
wurden. Im weiteren Verlaufe der Sitzung nahm man die dem
früheren Vorstande der botanischen Abteilung, Herrn Prof. Dr.
K. Vandas, von der Gesellschaft „Académie internationale de
Geographie Botanique“ m Le Mans durch Zuerkennung der gol-
denen Medaille als Ehrenzeichen für sein Werk: „Reliquiae
Formanekianae“ zuteil gewordene Auszeichnung mit Befriedi-
gung zur Kenntnis. Zum Konservator auf weitere drei Jahre
wurde Herr J. Uprka, akad. Maler in Hrozna Lhota, ernannt.
Als Mitglieder der Mährischen Museumsgesellschaft wurden auf-
genommen: M. Dvořák, Privater; F. Friedrich, k. k. Fachlehrer;
A. Hanamann, Landes-Oberbaurat; Prof. O. Hanuš; Prof.
J. Holy; A. V. Kožíšek, Redakteur; Ing. J. Mařík, k. k. techn.
Kontrollor: B. Melchar, Hochschůler; W. Odstrčil, k. k. Statt-
haltereioffizial; L. Papirnik, Privater; A. Pobuda, Lehrer;
L. Šindelář, Fachlehrer; A. Wiener, Arztensgattin; Prof.
G. Wöckl, sämtliche in Brünn; ferner Archiv und Museum, Prof.
J. Kučera, beide in Gaya, Prof. Dr. A. Kolisek in Göding und
Museumsverein in Klobouk bei Brinn.
3. Kuratoriumssitzung am 20. März 1911.
Nachdem die zahlreichen Einläufe und einige Personalange-
legenheiten des Landesmuseums und der Landesbibliothek er-
ledigt waren, wurde der Tätigkeitsbericht und der Rechnungs-
abschluß der Mährischen Museumsgesellschaft für 1910 vorgelesen
und genehmigt und der Voranschlag des Landesmuseums und der
Landesbibliothek für 1912 angenommen. Die Generalversammlung
wurde für den 30. April festgesetzt. Die der deutschen und der
tschechischen Kurie zur Begutachtung überreichten Anträge über
die Reorganisation des Landesmuseums und der Landesbibliothek
wurden verglichen und zu einer diesbezüglichen Eingabe an den
Landesausschuß sowie zu einem Antrage auf die Änderung der
Statuten der Mährischen Museumsgesellschaft formuliert. Der Zu-
stand des Museumsgebäudes wurde neuerdings einer Beratung
unterzogen und es wurde beschlossen, dem LandesausschuB einen
Antrag auf die Beseitigung der Baumängel und auf die Eröffnung
wenigstens eines Teiles der Sammlungen zu stellen. Das Gesuch
des Landesverbandes für Fremdenverkehr in Brünn um die leih-
weise Überlassung zweier Bilder für die Fremdenverkehrs-Ausstel-
lung in Berlin wurde dem mähr. Landesausschusse befürwortend
vorgelegt. Als Mitglieder der Mährischen Museumsgesellschaft
wurden aufgenommen: Johann Durda, k. k. Auskultant; Richard
Hirsch, Fabrikbeamter; Bruno Hroch, cand. phil.; Med.-Dr. Ru-
dolf Kropáč, Operateur; Frieda Ratz, Lehrerin; Grete Schu-
bert, Lehrerin; Johann Slačík, Adjunkt der Staatsbahn; Alois
Špaček, k. k. Professor; Emmy Volkmann, Lehrerin; Lotte
Werner, Private; Zdenko Zrzavý, Ing., sämtliche in Brünn;
ferner Adolf Ambrož, k. k. Gymnasialprofessor in Trebitsch. Den
Museumssammlungen spendeten: k. k. Schulrat Franz Mareš im
Brünn, Gipskristall; Adolf Oborny, Realschuldirektor 1. P. im
Znaim, Herbarpflanzen; Andreas Pisch, Bürgerschuldirektor in
Tobitschau, Führer durch Tobitschau.
1*
4. Generalversammlung am 7. Mai 1911.
Präsident Dir. Kameníček eröffnet die Versammlung und
teilt mit, daß der Ankauf des Dietrichsteinschen Palais am Kraut-
markte für Zwecke des Museums gesichert sei. Die Schließung
des Museums, die infolge Senkung eines Flügels des Museums-
gebäudes notwendig war, werde in den nächsten Wochen wenig-
stens teilweise wieder aufgehoben werden. Weiter gibt der Vor-
sitzende bekannt, daß er den Punkt 6 der Tagesordnung (Reor-
ganisation des Landesmuseums und der Landesbibliothek und
Entwurf einer Statutenänderung der Museumsgesellschaft) absetze,
weil die im vorigen ‚Jahre auf Wunsch des Landesausschusses von
der Generalversammlung eingesetzte Kommission, die sich über
die Grundsätze der Reorganisation bereits geeinigt hat, das Ela-
borat der neuen Statuten noch nicht fertiggestellt habe.
Dr. Souček beantragt, diesen Gegenstand nicht nur auf der
Tagesordnung zu belassen, sondern als ersten Gegenstand in Ver-
handlung zu ziehen.
Kurator Welzl ist gegen den Antrag Souček, da seiner
Ansicht nach vorerst das Elaborat fertiggestellt sein müsse. Über-
dies gehe es nicht an, über diesen Gegenstand in einer Versamm-
lung zu verhandeln, auf deren Tagesordnung noch eine Menge
anderer Punkte steht. Er beantragt die Einberufung einer außer-
ordentlichen Vollversammlung noch im Laufe des heurigen Jahres
zur Erledigung der Reorganisationsfrage.
Abe. Dr. Fischel unterstützt den Antrag Welzl. Die An-
selegenheit ist noch nicht spruchreif. Über die Prinzipien hat man
sich geeinigt, aber die Satzungen sind noch nicht zu Ende be-
raten. Mit Rücksicht darauf haben sich auf deutscher Seite auch
nur wenige Mitglieder eingefunden. Die Beschlüsse des Kuratori-
ums sind ein Kompromib. Wenn diese Beschlüsse über den Haufen
geworfen werden, wird die ganze Angelegenheit auf die lange
Bank geschoben.
Der Antrag Souček wird mit den Stimmen der Tschechen
angenommen.
Der Vorsitzende teilt mit, daß in der letzten Sitzung des
Kuratoriums der Direktor des tschechischen Gymnasiums in Hohen-
stadt Rudolf Dvoräk und der ordentliche Professor der deutschen
Technischen Hochschule in Brünn Dr. Karl Mikosch zu korre-
spondierenden Mitgliedern der Museumsgesellschaft ernannt wor-
den sind.
Auf Antrag Welzls wird von der Verlesung des Protokolls
der letzten Vollversammlung abgesehen und die Frage der Reor-
ganisation in Verhandlung gezogen.
Sekretär Baron Helfert verliest die Punkte, über die sich
die deutschen und die tschechischen Mitglieder des in der vor-
jährigen Versammlung gewählten Komitees geeinigt haben und gibt
eine Darstellung der Verhandlungen der beiden Sektionen über
diese Frage.
Kurator Welzl bittet um Verlesung der Beschlüsse in deut-
scher Sprache.
Präsident Kameniček ersucht den Sekretär Helfert darum.
Dieser erklärt, er müsse darauf hinweisen, dab er Landesbeamter
sei und weder dem Kuratorium noch der Generalversammlung der
Museumsgesellschaft unterstehe. Es sei daher nur sein guter Wille,
wenn er dem vorgebrachten Wunsche Rechnung trage.
Kurator Dr. Fischel protestiert gegen diese Erklärung des
Sekretárs Helfert, gegen die er die Würde der Gesellschaft in
Schutz nehmen müsse. Redner ist der Anschauung, daß Sekretär
Baron Helfert nicht bloß Beamter des Landesausschusses, sondern
auch Beamter des Kuratoriums ist. Da die Museumsgesellschaft
mit der Verwaltung des Landesmuseums betraut ist, untersteht er
auch der Gesellschaft. Er ist übrigens als Landesbeamter ver-
pflichtet, auf unseren Wunsch die Beschlüsse deutsch zu verlesen.
Baron Helfert erwidert, er sei bereit, die Disziplinarunter-
suchung gegen sich zu beantragen.
Kurator W elzl verweist darauf, daß es sich empfehlen würde,
Schriftführer zu bestellen, die Wünschen aus der Mitte der Ver-
sammlung Rechnung tragen.
In der Debatte treten mehrere tschechische Redner für die
Verländerung des Museums und der Bibliothek ein.
Abg. Dr. Fischel gibt zu, daß die Verländerung besonders
in finanzieller Beziehung von Vorteil wäre. Andere gewichtige
(Gründe sprechen dagegen. Jede bureaukratisch eingerichtete Be-
hörde, der die Interessen der Kunst und Wissenschaft anvertraut
sind, wird geneigt sein, ausschließlich finanzielle Gesichtspunkte
bei der Verwaltung dieser Agenden gelten zu lassen. Die Erfah-
rungen, die wir gemacht haben, lehren, daß der Landesausschub,
wenn er die Verwaltung gefiihrt hátte, lange nicht soviel in bezug
auf Fórderung von Wissenschaft und Kunst geleistet haben wiirde
wie die Museumsgesellschaft. Jeder Fortschritt, den das Museum
gemacht hat, mußte dem Landesausschusse geradezu abgerungen
werden. Es war in den meisten Fällen eine kolossale Arbeit not-
wendig, um die Vermehrung von Sammlungen durchzusetzen. Ins-
besondere der modernen Kunstbewegung gegenüber haben gewisse
Kreise eine geradezu feindselige Haltung eingenommen. Diese An-
schauung ist nicht vielleicht der Ausfluß einer individuellen Über-
zeugung, es gibt auf diesem Gebiete eine communis opinio, daß
es viel richtiger ist, die Verwaltung von Kunstinstituten und Mu-
seen nicht der Bureaukratie oder einem bureaukratisch organi-
sierten Amte zu überlassen, sondern denjenigen, die sich dafür
interessieren, also einer autonomen, aus Interessenten gebildeten
Körperschaft. Aber selbst wenn man der Überzeugung wäre, daß
die Verländerung im öffentlichen Interesse liege, stünden ihr ge-
wisse rechtliche Gründe entgegen. Redner ist der Anschauung,
dal es viel richtiger ist, die Verwaltung des Museums den bureau-
kratischen Händen des Landesausschusses zu entziehen und sie
einer reorganisierten Museumsgesellschaft zu überlassen. Sparsamer ©
würde die Verwaltung des Landesausschusses gewiß sein, da für
die Kulturinteressen beider Volksstämme möglichst wenig Geld
vorhanden wäre. Gerade weil die Museumsgesellschaft mehr der
öffentlichen Meinung untersteht als der Landesausschuß, ist sie
zur Verwaltung befähigter. Wir können nur ein Gutachten abgeben.
Sache des Landtages wird es dann sein, darüber zu entscheiden.
Redner ist der Anschauung, daß die Sache wichtig genug ist,
um die Einberufung einer eigenen Versammlung zu rechtfertigen.
Prof. Vascha tritt den Darlegungen Dr. Fischels entgegen.
Prof. Halusicky beantragt eine Resolution, worin die Ver-
länderung des Museums und der Landesbibliothek verlangt wird.
Kurator Welzl erklärt, man habe es hier mit einem abge-
karteten Spiel zu tun. Die Deutschen stehen auf dem Stand-
punkte, dab sie sich die Gleichberechtigung im Museum nicht
nehmen lassen. Redner stellt den Antrag, es sei zur Beratung
dieser Resolution eine eigene Versammlung einzuberufen.
Dr. Schima stellt den Zusatzantrag zur Resolution, es sei
bei Verländerung des Museums auf Deutsche und Tschechen nach
dem Bevölkerungsprozent Rücksicht zu nehmen.
Die Resolution wird mit diesem Zusatzantrage angenommen
und der Beschluß gefaßt, sie dem Landesausschusse und sämt-
lichen Abgeordneten zu überreichen.
Abg. Dr. Fischel meldet namens der Deutschen ein Minder-
heitsvotum an.
Hierauf werden die üblichen Gegenstinde der Tagesordnung
erledigt. Überdies wird beschlossen, keine weiteren Konservatoren
zu ernennen.
5. Kuratoriumssitzung am 22. Mai 1911.
Die Frage der Reorganisation der Museumsverwaltung wurde
mit besonderer Rücksichtnahme auf die von der Jahresvollver-
sammlung der Mährischen Museumsgesellschaft am 7. Mai 1911
gefaßte Resolution eingehend beraten. Die betreffende Resolution
der Vollversammlung wird gleichzeitig mit dem Minoritätsvotum
der deutschen Kurie dem Landesausschusse gemeinsam mit der
Erklärung der tschechischen Kuratoriumsmitglieder vorgelegt wer-
den, welche letzteren, obzwar ihnen bezüglich jener Anträge, die
zum Gegenstande der Vollversammlung geworden sind, nicht das
geringste im vorhinein bekanntgegeben worden war, zu der Über-
zeugung gelangt sind, dal eine systematische und erfolgreiche
wissenschaftliche Tätigkeit im Museum und in der Landesbiblio-
thek nur dann gesichert werden könnte, wenn das Land beide
Anstalten zur (Gänze übernehme Die deutschen Kuratoriums-
mitglieder legten eine Eingabe an den Landesausschuß vor, worin
ste die Festsetzung des dienstlichen Verhältnisses der Museums-
beamten gegenüber der Museumsgesellschaft verlangen. Unter den
eingelaufenen Schriftstücken wäre die Entscheidung des Ministe-
rıums für Kultus und Unterricht zu erwähnen, womit die Herren
Hofrat und Landesschulinspektor i. P. Dr. Karl Schober und
Landesschulinspektor Alois Vlk zu Vertretern der Unterrichts-
verwaltung im Kuratorium auf weitere drei Jahre ernannt worden
sind. Als Mitglieder wurden aufgenommen: Gottlieb Čehovský,
k. k. Gymnasialprofessor; Mag. Pharm. Mojmir Helcelet, Landes-
apotheker; Alois Zavřel, k. k. Gymnasialprofessor, sámtliche in
Brünn. Für die Museumssammlungen spendeten: a. 0. Prof. der
k. k. bohm. Universität Dr. Franz Slavík in Prag, Versteinerungen
verschiedener mährischer Formationen; Realschulprofessor Johann
Svozıl in Proßnitz, eine Publikation.
O0
6. Kuratoriumssitzung am 25. September 1911.
Der Präsident Dr. Fr. Kameníček gedachte in einer warm
empfundenen Ansprache des Ablebens des Landesausschußbeisitzers
Dr. W. Šílený, welcher es bei keiner Gelegenheit versäumt hatte,
die Interessen des Landesmuseums zu fördern. Mit Befriedigung
nahm das Kuratorium zur Kenntnis, dab zwei Mitglieder der
Mährischen Museumsgesellschaft, nämlich Hochschulprofessor
A. Rzehak, Vizepräsident der Mährischen Museumsgesellschaft,
und Dr. K. Vandas, der sich als Kurator und Direktor der bo-
tanischen Abteilung bedeutende Verdienste um das Museum er-
worben hatte, zu Rektoren der beiden Brünner Hochschulen für
das Jahr 1911-1912 gewählt wurden. Nachdem die Einläufe ver-
lesen und erledigt waren, wurde der Ankauf der prähistorischen
Sammlung des Herrn J. L. Červinka in Kojetein einer Beratung
unterzogen und einstimmig beschlossen, diese wertvolle Sammlung
für das Landesmuseum zu gewinnen. Mit Genugtuung wurde der
Bericht über den abgeschlossenen Ankauf des Dietrichsteinschen
Palais zu Museumszwecken zur Kenntnis genommen. In den
Räumlichkeiten des ersten Stockes, der zu Ausstellungszwecken
adaptiert werden soll, wird die Gemäldegalerie installiert werden.
Die weiteren Lokalitäten sollen zu einer Erweiterung der zoologi-
schen und botanischen Abteilung verwendet werden, die übrigen
Räume (auch das Erdgeschoß) zu Arbeitszimmern und zu Depot-
zwecken dienen. In den bisherigen Sälen der Landesgalerie wird
die prähistorische Sammlung, die sich bis jetzt mit einem einzigen
Raume begnügen mußte, zur Aufstellung gelangen. Am Schlusse
der Sitzung referierte der Sekretär des Landesmuseums über die
Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz in Salzburg, an der
er in Vertretung des Landesmuseums teilnahm. Als Mitglieder der
Mährischen Museumsgesellschaft wurden aufgenommen: F. Čuma,
Landesoffizial; Dr. M. Iltis. städt. Arzt; Fr. Platschek, Fabri-
kant; A. Proschek, Assistent der Arbeiter-Unfallversicherungs-
anstalt; Dr. M. Rischawy, k. k. Auskultant, sämtliche in Brünn;
ferner R. Klein, chem. ing. in Namiest bei Brünn; MUDr. J. Ku-
čera, Distriktsarzt in Hohenstadt, und J. Svoboda, k. k. Steuer-
beamter in Neustadtl. Den Sammlungen haben gespendet: Kons.-
Rat Prof. Ed. Domluvil in Wal.-Meseritsch, Photographien;
St. Gajdacs in Holics, Majolikakrug; Fr. Poledna und Vl-
kovský in Wladiwostok, ethnographische Gegenstände.
7. Kuratoriumssitzung am 6. November 1911.
Der Vorsitzende beglückwünscht das hochgeschätzte Mitglied
des Kuratoriums, Herrn Schulrat E. Soffé, zu seinem 60. Geburts-
tage, dem zu Ehren auch die deutsche historisch-philologische
Sektion einen Vortrag veranstaltet hat. Der Vorsitzende teilte
ferner mit, daß sich Seine Exzellenz der Herr Landeshauptmann
Graf Serényi für die Angelegenheiten des Landesmuseums warm
interessiert und das Museum und das anstobende Dietrichstein-
sche Palais am 30. Oktober besucht hat. Nach Erledigung des
Einlaufes wurde der Ankauf einer prähistorischen Sammlung und
die Übernahme der bereits angekauften paläontologischen Samm-
lung eingehend beraten, wobei die entsprechenden Beschlüsse ge-
faßt wurden. Einen weiteren Punkt der Besprechung bildete die
Frage der Renovierung des Dietrichsteinschen Hauses; in erster
Linie wurde eine zweckdienliche Einrichtung der Lokalitäten für
die Unterbringung der Sammlungen (namentlich der Gemälde-
galerie) und der Arbeitsräume besprochen. Im weiteren Verlaufe
der Sitzung wurde beschlossen, dem Landesausschusse den Ankauf
der deutschen Ausgabe der von Prof. Dr. J. J. Jahn herausgege-
benen geologisch-tektonischen Karte Mährens für deutsche Landes-
lehranstalten anzuempfehlen. An die Statthalterei wurde bezüglich
der Erhaltung der mährischen Volkstrachten ein Gutachten abge-
geben. Als Mitglieder der Mährischen Museumsgesellschaft wurden
aufgenommen: Prof. Dr. K. Čupr; B. Dostálek Fachlehrer;
G. Fischer, Privatbeamter; J. Jarušek, Redakteur; O. Kanitz,
Praktikant der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt; E. Konečný,
Techniker; J. Krebs, Hypothekenbankbeamter; K. E. Lepotic,
mag. pharm.; Prof. Dr. R. Marčon; J. Mrkos, Lehrer; W. Od-
ložilík, Beamter; A. Praský, Hypothekenbankbeamter; H. Roth,
Kaufmann; K. Schneider, Hypothekenbankbeamter; Dr. A.
Schönfeld, Arzt an der Irrenanstalt; H. Tintner, Privatbeamter,
sämtliche in Brünn; ferner Prof. Dr. Bednář in Butschowitz;
H. Brhel, Bautechniker in Hussowitz; A. Humpolik, Lehrer;
G. Hypr, Lehrer; Fr. Svitavský, Lehrer, in Kônigsfeld, und
H. Suza, Lehrer in Jundorf. Für die Sammlungen spendeten:
Frau E. Buchta in Briinn, ein Bild; Univ.-Prof. Dr. Zubatý in
Prag, Druckschriften; Oberlehrer J. Dostál in Rampersdorf,
Vogel; Prof. A. Kučera in Jundorf, Aal; Landesbuchhaltung:
Formular; Direktor A. Czerny in Mähr.-Trübau, Petrefakten.
10
S. Kuratoriumssitzung am 11. Dezember 1911.
Der Direktor der Landesbibliothek Herr kais. Rat Dr. W.
Schram und der Landesbibliothekar Herr Dr. H. Jarnik er-
statteten Berichte über Angelegenheiten der Landesbibliothek, ins-
besondere über neue Ankäufe und Spenden. Der Termin für die
Vollversammlung wurde auf den 6. Jänner 1912 festgesetzt. In
betreff der Vermehrung der Museumssammlungen, der Frage der
Erhaltung mährischer Volkstrachten und der beabsichtigten Re-
staurierung der Burg Helfenstein wurden (Gutachten abgegeben.
Weiter wurde beschlossen, sich für die Überführung der Überreste
des Schriftstellers K. J. Jurende vom Altbrünner Friedhofe auf
den Zentralfriedhof einzusetzen und die Gewährung einer Subven-
tion zur Anbringung einer Gedenktafel an des Dichters J. V. Wid-
mann Geburtshause in Nennowitz bei dem Landesausschusse zu
befürworten. Die aus Sicherheitsrücksichten im Museum getroffenen
Verfügungen wurden besprochen und die nötigen Beschlüsse ge-
faßt. Diese Versammlung war die letzte im verflossenen Triennium.
Der Vorsitzende, Direktor Dr. F. Kameníček, benutzte diese
(relegenheit, indem er die Tätigkeit des Kuratoriums in der ver-
gangenen Periode kurz rekapitulierte, einige bezeichnende Momente
dieser Tätigkeit hervorhob, den Kuratoriumsmitgliedern, den Vor-
stinden der Fachabteilungen und den Beamten für ihr 'ersprieß-
liches Mitwirken dankte und den Wunsch äußerte, das künftige
Kuratorium möge in den Intentionen des bisherigen weiter arbei-
ten. Kurator Dr. Fischel zollte volle Anerkennung dem Wirken
des Herrn Vorsitzenden im verflossenen Triennium und dankte
ihm im Namen des Kuratoriums, welches diesem Dank durch Er-
heben von den Sitzen Nachdruck verliehen hatte, für dessen Ver-
dienste um das Landesmuseum und die Landesbibliothek. Für die
Sammlungen spendeten: Advokat Dr. M. Epstein in Brünn, Se-
paratabdrücke; O. Richter, Lehrer in Olmiitz, mikroskopische
Präparate; G. Simonides, Pfarrer in Jamny, ältere Urkunden.
Als Mitglieder der Mährischen Museumsgesellschaft wurden auf-
genommen: F. H. Bakeš, Großgrundbesitzer; F. Čáň, Buchhalter
der böhm. Technischen Hochschule; JUC. WL. Červenka, Sekretär
der Katholischen Volkspartei; L. Chaloupka, Tierarzt; Prof. Dr.
K. Engliš; A. Dvořák jun., Architekt; K. Farsa, k. k. Post-
assistent; stud. chem. G. Habermann; O. Heydušek, k. k. Be-
zirksrichter; Prof. Fr. Hladík; Prof. L. Hoch; K. Hubik, Be-
11
amter der Hypothekenbank; Fr. Kilhof, Beamter der Hypotheken-
bank; Prof. A. Kolář; K. Kuthan, elekrotechn. Konstrukteur;
K. Lánik, Techniker; Fr. Lefner, k. k. Postadjunkt; Dr. F.
Macku, Adjunkt der böhm. Technischen Hochschule; Fr. Po-
korný, Oberprokurist der Agrarbank; J. Pošvář, k. k. Finanz-
sekretär; Prof. Fr. Slavík; J. Směja, k. k. Finanzkommissár;
P. Snášel, Beamter der Hypothekenbank ; H. Špičák, Schneiderin;
K. Šváb, Beamter der Hypothekenbank; Fr. Švancara, Privatier;
Prof. Fr. Ulehla; WI. Valenta, Privatbeamter; K. Veselý, Re-
vident der Staatsbahn; Zd. Vorel-Vlček, akad. Malerin; Ad.
Ženožička, Prokurist der Agrarbank, sämtliche in Brünn; ferner
B. Babäk, Lehrer, L. Harabes, Lehrerin, M. Libosvärsky,
Lehrerin, in Julienfeld; H. Bednarz, Privater in Kumrowitz;
W. Coupek, Jurist in Parfuß; K. Rosa, Universitätshörer in
Drasow; J. Sova, Fachlehrer in Königsfeld; Prof. J. Uvrdý in
Wischau; K. Žák, Kaplan in Rossitz.
Die als cenoman beschriebenen Kreide-Sedimente
von Budigsdorf und Umgebung.
Von Johann Tuppv.
In der Zeitschrift „Beiträge zur Paläontologie und (Geologie
Österreich-Ungarns und des Orients“, Bd. XIX, S. 125—134, be-
schreibt Hans Wilschowitz unter dem Titel „Beitrag zur
Kenntnis der Kreideablagerungen von Budigsdorf und Umgebung“
die Kreidegebilde dieser Gegend'). Von Interesse ist in dieser
Arbeit besonders der Umstand, dab einige der hier vorkommenden
Sedimente zum ersten Male für das Cenoman in Anspruch genom-
men werden, u. zw. zum Teil für die Korytzaner Schichten, zum
Teil für die sogenannten Actinocamax-Schichten des östlichen
Böhmens. Die Örtlichkeiten, um die es sich hier handelt und die
auf der geologischen Spezialkarte Landskron und Mähr.-Trübau
im untern turonen Pläner eingezeichnet erscheinen, sind: der
Budigsdorfer Eisenbahntunnel mit seiner nächsen Umgebung, ferner
ein Aufschlub im Nordende der Gemeinde Triebendorf und schlieb-
lich kleine Entblößungen in den Erosionsrinnen vor Grünau (das
in der senannten Arbeit noch erwähnte Cenomanvorkommnis vom
Kirch- und Sauberg bei Petersdorf ist als solches bereits lange
bekannt und kommt für die folgenden Mitteilungen nicht in Betracht).
Schon die Tatsache, daß solche relativ ganz bedeutende und
auffallende Ablagerungen anläßlich der geologischen Neuaufnahme
ganz anders gedeutet werden konnten, mußte auf den ersten Blick
befremden, um so mehr, als auch Herrn Konservator Alois
Czerny, welcher diese Gegend seit Jahrzehnten durchforscht, hier
niemals cenomane Ablagerungen aufgefallen waren. Es erscheint
!) Budigsdorf liegt im politischen Bezirke Hohenstadt, seine Umgebung
fällt dagegen zum Teil bereits in den Bezirk Mähr.-Trübau, beziehungsweise in
die angrenzenden Gebiete Böhmens.
somit leicht begreiflich, dab auch mir Zweifel an der Richtigkeit
der in der vorzitierten Arbeit ausgesprochenen Ansicht aufstiegen
(ist mir ja diese Gegend ebenfalls seit längerer Zeit gut bekannt)
und daß ich mich gedrängt fühlte, diesen Gegenstand nochmals
einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Die vorliegenden Zeilen
enthalten die Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen,
welche ich während des Sommers 1911 anzustellen Gelegenheit
hatte. Sie haben lediglich den Zweck, die Arbeit des Herrn Wil-
schowitz in einigen nicht unwesentlichen Punkten richtigzu-
stellen. Eine polemische Absicht liegt. denselben selbstredend
gänzlich ferne, um so mehr, als ich mir vollständig bewußt bin,
daß Irrtümer in der Deutung einzelner Glieder unserer Kreide bei
der Kompliziertheit dieses Systems leider nur allzu leicht vorkom-
men können. Meine Bestrebungen wurden von der verehrlichen
„Kommission zur naturwissenschaftlichen Durchforschung Mährens“
in Brünn durch Gewährung einer Subvention wesentlich gerördert
und ich erfülle daher vor allem eine angenehme Pflicht, indem
ich der genannten Körperschaft für die zugewendete Unterstützung
an dieser Stelle den besten Dank zum Ausdrucke bringe. Gleicher
Dank gebührt auch Herrn Konservator A. Czerny (Bürgerschul-
direktor in Mähr.-Trübau), der sich die Mühe nicht verdrießen
lieb, mich auf fast allen ausgeführten Exkursionen zu begleiten,
und niemals zögerte, mir seine reichen lokalen Erfahrungen zur
Verfügung zu stellen.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, erscheint es rätlich, zu-
nächst die Zahl und Lage der in Betracht kommenden Örtlich-
keiten auf der geologischen Spezialkarte genau festzustellen).
Hiezu werden folgende Angaben genügen:
a) Der Aufschlub von Triebendorf. Er liegt zu beiden Seiten
des Triebendorfer Baches, u. zw. in der Nordhälfte der Gemeinde
Triebendorf, unmittelbar dort, wo das Triebendorfer Tal eine
Beugung nach Nordwesten erleidet. Der auf dem linken Ufer des
Baches gelegene Teil ist auf der geologischen Spezialkarte als
kleine Plänerinsel ausgeschieden.
!) Geologische Spezialkarte der im Reichsrate vertretenen Königreiche
und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie, neu aufgenommen und
herausgegeben durch die k. k. geologische Reichsanstalt. N W. — Gruppe
Nr. 39, Landskron und Mähr.-Trübau (Zone 6, Kolonne XV der Generalstabs-
karte 1 : 75.000) samt „Erläuterungen“. Wien 1904.
14
b) Die Gesteinsbänke, in denen der Budigsdorfer Eisenbahn-
tunnel eingeschnitten erscheint (nördlich von Budigsdorf nächst
dem Höhenpunkte 364). Dem Tunnel gegenüber (am linken Ufer
der Sazawa), unmittelbar an der dortigen Straßenbiegung, ist ein
oft erwähnter Steinbruch (auf der Karte ausdrücklich als solcher
bezeichnet), der Pläner aufgeschlossen zeigt.
c) Eine kleinere Entblöbung befindet sich etwa 200 Schritte
weiter nördlich (gegen Tattenitz) an einer zweiten Straßenbiegung.
d) Die Aufschlüsse in den Erosionsrinnen vor Griinau. Sie
liegen sämtlich in dem. kleinen unregelmäßigen Polygon, welches
von der Häuserreihe der Gemeinde Pohres und von der weiter
südlich in zwei Serpentinen verlaufenden Kaiserstraße Mähr.-
Trübau—Müglitz gebildet wird. Wir treffen, nebenbei bemerkt,
ähnliche Sedimente übrigens auch in der Gemeinde Grünau
selbst an.
Behufs Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird die Lo-
kalität « im folgenden stets als Triebendorfer Aufschluß, die
Ortlichkeit b als Tunnelaufschluß, der in dessen Nähe liegende
Plänerbruch als Budigsdorfer Aufschluß bezeichnet werden. Die
Entblößungen c und d sollen aus dem gleichen Grunde Tattenitzer,
beziehungsweise Grünauer Aufschlüsse heißen.
Was die petrographischen und sonstigen Eigenschaften der
in den eben aufgezählten Aufschlüssen entblößten Sedimente be-
tritit, so sagt der Autor auf Seite 127 der im Eingange zitierten
Abhandlung, u. zw. mit Bezug auf zwei daselbst als Figur 4 und
Figur 6 abgebildete Profile wörtlich folgendes:
„Im Triebendorfer Bache (Fig. 4) als dem tiefsten Niveau
stehen Bänke eines groben, festen Sandsteines an, der den
Korytzaner Quadern, wie sie etwa in Moletein anstehen, voll-
ständig gleicht. Derselbe läßt sich noch zirka 200 Schritte im
Bachgrund verfolgen und steht auch in dem seitlich einmünden-
den ‚Fürwiggraben‘ an!). In beiden Aufschlüssen reicht er bis
in eine Höhe von 5—6 m über den Bachgrund hinan (1). Cha-
rakteristisch sind die mehr oder minder deutlichen Hornstein-
bänder, die gegen oben zu auftreten (2). Das ganze Gestein ist
verkieselt und sehr hart, von Kalk keine Spur. Erst die obersten
Schichten werden plötzlich kalkreich, weiß punktiert, feinkörni-
') Diese Beobachtung ist nicht ganz genau; ich konnte dieses Gestein
im Bachbette durch ganz Triebendorf konstatieren.
15
ger. Noch immer ist das Gestein stark glaukonitisch (3). Und
erst über dieser kalkreichen Zone erscheint der normale bläu-
liche Plänerkalk, darüber Knollenpläner (4) und zu oberst der
feinkörnige gelbe Plänersandstein (5). Leider sind die untersten
Schichten, die am meisten interessieren, vollständig fossilfrei. Aber
ganz analoge Verhältnisse bietet auch der Bahneinschnitt vor dem
Budigsdorfer Tunnel. Wir gehen wieder vom tiefsten Punkt, vom
Flußbett der Sazawa, aus (Fig. 6). Die ganze Böschung bis in die
Höhe des Tunnels bildet wieder der grobe Sandstein, welcher auch
noch bis in die halbe Höhe des Einschnittes hinaufreicht (1). Auch
hier kehren die Hornsteinbänder wieder, wenn auch nicht so deut-
lich wie in Triebendorf (2). Auch hier folgt darüber eine glau-
konitische kalkreiche Grenzschicht (3). Und hier konnte ich endlich
dem harten Gestein einige Fossilien abzwingen. Es fand sich:
Natica Gentii Sow. ' Panopaea gurgitis Brongn.
Pleurotomaria linearis Mant. Tellina semicostata Gein.
Fusus Nereides Min. Lima multicostata Gein.
Cardium alutaceum Mm. Exogyra columba Sow.
Mutiella Rinymerensis Mant. Exogyra n. sp.
Mutiella cordiformis sp. Ostrea hippopodium Nilss.
Isocardia sublunulata d’Orb. Fucoides funiformis Fr.
Eriphyla lenticularis Stol. Spongites saxonicus Fr.
Arca subglabra d’Orb.
Über dieser glaukonitischen Bank folgen plattige, graue,
kalkige Pläner mit Knollen von bläulichem, hartem Kalk und
darüber der normale goldgelbe Plänersandstein (4 und 5).
Auf der dem Tunnel gegenüberliegenden Talseite ist an der
Straßenbiegung ein Steinbruch eröffnet (Budigsdorfer Aufschluß),
in welchem der blaue turone Kalk gebrochen wird (Schichte 4
in Fig. 6). Hier ist keine Spur von den oben besprochenen
Sandsteinen. Geht man jedoch etwa 200 Schritte gegen Tattenitz,
so ist an einer zweiten Straßenbiegung eine Entblößung des
Gesteins vorhanden, wo über dickbankigem groben Sandstein (1)
wiederum die kalkige glaukonitische Grenzschicht erscheint (3),
überlagert von plattigen kalkreichen Plänern (4)“ (Tattenitzer
Aufschluß). |
„Doch liegt hier die ganze Schichtserie bedeutend tiefer
als am Tunnel trotz der minimalen Distanz dieser beiden Auf-
16
schlüsse und man ist genötigt, auch hier eine Flexur oder einen
Absitzer, wenn auch nur von zirka 15 m, zu konstatieren.“
„Endlich fand ich auch im südlichen Teile der Budigs-
dorf—Triebendorfer Talfurche in den tiefen Erosionsrinnen vor
Grünau ganz das nämliche grobsandige Gestein mit Feuerstein-
bändern anstehend“ (Grünauer Aufschluß).
Fossilien konstatierte der Autor außer den vor aufgezählten
(der Schichte 3 entnommenen) nur noch im Budigsdorfer Auf-
schluß sowie in einigen Entblößungen von Tattenitz, Budigsdorf
und Dittersdorf (bei Mähr.-Trübau), also stets in Sedimenten vom
Habitus der Schichten 4 und 5. Über die so zusammengebrachte
Fauna wird später das Nötige gesagt werden.
Herr Wilschowitz parallelisiert die in den beiden Pro-
filen unter 1 bis 5 verzeichneten Ablagerungen folgendermaben
mit den entsprechenden Horizonten der böhmischen Kreide:
1. Kalkfreier Grünsand (Korytzaner Schichten).
2. Hornsteinbänder.
3. Kalkig-glaukonitische Grenzschichten (Zone des Actino-
camax plenus).
4. Kalkiger unterturoner Pläner.
5. Entkalkter Pläner (Wehlowitzer Pläner, Plänersandstein).
Im Budigsdorfer Aufschluß haben wir es demnach nur mit
den Absätzen 4 und 5, im Tattenitzer mit solchen 1 bis 4, im
Grünauer endlich mit jenen der Zone 1 und 2 allein zu tun.
Der Autor kommt schließlich zu dem Resultate, daß es sich
hier lediglich um Gesteine handeln könne, welche der Stufe III
in Michaels Schema entsprechen (Verhandlungen der k. k. geo-
logischen Reichsanstalt 1893, S. 421).
Es ist hier nicht der Ort, über die Stellung dieser Schichten
(Stufe III nach Michael) im System der böhmischen Kreide
zu sprechen, beziehungsweise über ihre noch strittige Zu- oder
Nichtzugehörigkeit zum Cenoman zu entscheiden, sondern es soll
hier lediglich gezeigt werden, daß es sich bei Budigsdorf gar nicht
um Gesteine der Stufe III handelt, d. h. daß die Sedimente 1
keine Korytzaner und die Absätze 2 und 3 keine Actinocamax-
Schichten sind; mit anderen Worten, daß diese Zonen dem untern
turonen Pläner angehören und wahrscheinlich als Malnitzer
Schichten anzusehen sein dürften. Der Beweis für diese Behaup-
tung soll im folgenden geführt werden, u. zw. der besseren Über-
17
sicht wegen in zwei Abschnitten. Im ersten erscheinen die Gründe
stratigraphischer, im zweiten die paläontologischer Natur zusammen-
gefaßt. Petrographische Eigentümlichkeiten der betreffenden Sedi-
mente, welche ebenfalls für die obige Behauptung sprechen, sınd
im ersten Teile an den geeigneten Orten beigefügt.
A. Stratigraphischer Teil.
Schon die Betrachtung der Lagerung der Gesteinsbänke läßt
Bedenken gegen die Annahme von Korytzaner Schichten auf-
steigen. Wir finden nämlich überall wagrechte oder fast wagrechte
Schichtung, was hier, in der Mitte (an der tiefsten Stelle) einer
Mulde, ja ganz begreiflich erscheint!). Um so überraschender müßte
es wirken, wenn wir daselbst das Cenoman so nahe der Oberfläche
und den darüber liegenden Pläner in einer derartig auffallend ge-
ringen Mächtigkeit entwickelt finden sollten (kaum 4 m). Wir be-
gegnen solchen Verhältnissen an keiner Stelle unserer Kreide.
Betrachten wir nun weiter das Gestein der Zone 1! Einige
Ähnlichkeit mit dem der Korytzaner Schichten von Moletein
läßt sich unzweifelhaft erkennen, auch das Fehlen des Kalkes ist
beiden gemeinsam. Doch darf dieser Umstand sowie eine vielleicht
zufällige Ähnlichkeit der oberen Partien mit dem Material der
A ctinocamaxschichten zu stratigraphischen Folgerungen berechtigen ?
Wenn wir uns vor Augen halten, daß selbst innerhalb derselben
Abteilung der Kreide Glaukonit- und Kalkgehalt immer stark
variieren, daß kalkarme mit kalkreichen, glaukonitische mit glau-
konitfreien Lagen wechseln und daß auch das Mengenverhältnis
der beiden Stoffe zueinander in derselben Schichte wieder allen
möglichen Abstufungen unterliegen kann, wenn wir uns weiter
erinnern, daß stark glaukonitische Sedimente mit oder ohne Kalk-
gehalt in mehreren Horizonten der Kreide auftreten; dann werden
wir uns gewib hüten, lediglich aus dem Vorkommen oder Fehlen
eines dieser Mineralien irgend welche Schlüsse auf die Zugehörig-
keit eines Sediments zu einer bestimmten Abteilung der Kreide
zu ziehen. Der bedeutende Glaukonitgehalt in 1 kann also trotz
der gleichzeitigen Abwesenheit des Kalkes keineswegs als sicheres
1) Die Gesteinsbänke beim Tunnel sowie die im Triebendorfer, Budigs-
dorfer und Tattenitzer Aufschluß fallen schwach nach Westen ein, die Ent-
blößungen in den Grünauer Erosionsrinnen weisen horizontale Schichtung auf.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums, XII, 1. 2
Anzeichen von Korytzaner Schichten gelten und ebensowenig
wird man aus dem reichlichen Vorkommen von Kalk und Glaukonit
in der obern Grenzschicht 3 auf Gesteine der Actinocamax-Zone
schließen dürfen. Mehr Beachtung verdienen in dieser Beziehung
die Hornsteinbänder (2), aber sie weisen eher auf das Unter-
Turon als auf Korytzaner Schichten hin; denn soweit ich die
Kreide unserer Gegend kennen gelernt habe, sind solche stets nur
im untern turonen Pläner, also in den Weißenberger und Mal-
nitzer Schichten gefunden worden. Die Korytzaner Schichten von
Moletein, Petersdorf, Ranigsdorf, Uttigsdorf, Langenlutsch usw.
enthalten dergleichen niemals und ich möchte daher ihre Anwesen-
heit in den fraglichen Sedimenten für ein nicht zu unterschätzen-
des Anzeichen von unterturonem Pläner halten.
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Ph — Phyllit À — Rotliegendes. C— Cenoman. W — Weibenberger Schichten.
M — Malnitzer Schichten. / = Iserschichten.
Ein gewichtiger, für Malnitzer Schichten sprechender Um-
stand liegt ferner in folgendem: Anläßlich des Straßenbaues
Budigsdorf— Mariakron wurden südlich von dem diese Ortschaften
verbindenden schmalen Alluvialstreifen die sandsteinartigen, glau-
konitischen (Gresteinsbänke, wie wir sie im Triebendorfer Auf-
schluß usw. anstehend finden (1), in größerer Längenausdehnung
angeschnitten. Ich sah nun hier mitten in einem Gestein, das dem
Korytzaner Grünsand auffallend glich, große graue, kompakte
Kalkknollen eingebettet. Diese Erscheinung, die wir in den Ko-
rytzaner Sedimenten nirgends treffen, kann nur erklärt werden,
wenn man diese Kalke als die von Dr. A. F rič (Die Weißenberger
IB,
und Malnitzer Schichten, S. 20) beschriebenen Launer Knollen an-
sieht, welche „in den höchsten Schichten des Malnitzer Grünsandes
eingelagert sind.“
Den sichersten Beweis für die Richtigkeit der Behauptung,
daß die Absätze 1 bis 3 schon aus stratigraphischen Gründen ein
(Glied des untern turonen Pläners sein müssen, beziehungsweise
nicht cenoman sein können, liefert jedoch die Betrachtung des
Liegenden derselben. Es war mir allerdings nicht möglich, letz-
teres in der unmittelbaren Umgebung von Budigsdorf anstehend
aufzufinden, da keiner der vorhandenen Aufschlüsse tief genug
hinabreicht, allein bei den Grünauer Sedimenten, die ja den Bu-
digsdorfer gewiß entsprechen und als eine direkte Fortsetzung
derselben angesehen werden müssen, machte die Untersuchung
ihrer Unterlage keine Schwierigkeiten. Von den Grünauer Wasser-
rissen stellt der für unsere Zwecke am besten geeignete eine
schmale, ım allgemeinen von Ost nach West streichende Rinne
vor, In der ein kleines Wässerchen fließt, das sich unweit des
westlichen Ausganges des Risses in den Pohres—Pirkelsdorfer
Bach ergießt. Zu beiden Seiten stehen Sedimente an, welche denen
vom Budigsdorfer Tunnel sowie jenen von Triebendorf völlig
gleichen und die offenbar der Zone 1 angehören. Sie sind kalk-
frei, stark glaukonitisch und sandsteinartig wie jene. Nach oben
nimmt der Glaukonitgehalt ab und hier bemerkt man auch ohne
Mühe die schon mehrfach genannten Hornsteinbänder; die kalkige
Grenzschicht (3) fehlt jedoch bereits gänzlich. Die Schichtung ist
am Westausgange vollständig horizontal, während man gegen das
Ostende zu ein geringes Einfallen nach Nordwesten beobachten
kann. Geht man mit dem vorerwähnten Pohres— Pirkelsdorfer Bach
(von der Einmündung des aus dem Risse kommenden Wässerchens
an) abwärts bis zu seiner Vereinigung mit der Triebe (slawisch
Trebovka), so wird man an beiden Hängen des durchwanderten
Tales über der Sohle Bänke des gleichen Gesteins bemerken, die
sich sämtlich durch ihre wagrechte Schichtung auszeichnen. Schon
an der Stelle, wo das Pohres—-Pirkelsdorfer Tal in das Triebetal
mündet, bemerkt man jedoch, daß die tiefsten Lagen des Gesteins
kalkig und feinkörnig werden und gleichzeitig eine bläuliche Farbe
annehmen. Schreitet man dann auf der am linken Triebeufer be-
tindlichen neuen Bezirksstraße eine Strecke weiter talabwärts bis
zum „Burgstadl“ (der sogenannten Talmühle gerade gegenüber),
ok
a
20
so zeigt sich uns linker Hand eine Felswand, die in ihrem obern
Teile noch Gesteine vom Typus 1 besitzt, im untern aber bereits
aus einem äußerst charakteristischen, sehr harten, unter dem Ham-
mer klingenden, ausgezeichnet in Platten spaltenden Pläner von
blaugrauer Farbe besteht, wie wir ihn beispielsweise am Reichenauer
Berg und am Schönhengst entwickelt finden. Die Schichtung ist
noch immer durchweg streng wagrecht. Da wir von der Grünauer
Erosionsrinne an bis an diese Stelle ununterbrochen demselben
fließenden Gewässer durch vollständig horizontal gebankte Sedi-
mente gefolgt sind, müssen die hier zutage tretenden Plattenpläner
zweifellos älter sein als die im Grünauer Riß entblößten Gesteine
und letztere unterlagern. Wir sehen demnach, dab das Liegende
der Zone 1 keineswegs aus Perutzer Quadern u. dgl. besteht, wie
zu erwarten gewesen wäre, wenn es sich um Korytzaner Schichten
gehandelt hätte, sondern dab dieselben (die Absätze 1) von echtem
unterturonen Pläner, den wir noch weiter gegen Rattendorf ver-
folgen können, unterteuft werden'.
Die Berglehne vom Eingang ins Pohreser Tal bis zu der
unmittelbar vor dem „Burgstadl“ gelegenen Einmündung des
Grünauer Tales (am linken Triebeufer) zeigt uns übrigens auch
sehr schön das zweimalige Auftreten des bläulichen, klingenden
Pliners. Wir bemerken denselben nämlich das erstemal am
Straßenniveau, überlagert von Absätzen der Zone 1, und das
zweitemal über diesen Gesteinen, hoch oben am Kamm der
Lehne, am sogenannten Bäckenrand, wo er wieder den Gebilden 4
und 5 entspricht.
Da somit die Schichten 1 der echten Plänerunterlage wegen
unmöglich den cenomanen Korytzaner Schichten angehören können,
bleibt nur übrig, sie sowie die Gebilde 2 und 3 dem untern
turonen Pläner einzuverleiben, wobei wir aus petrographischen
Gründen in erster Linie an Malnitzer Schichten denken werden.
1) Ob dieser Pläner bereits tatsächlich den Weißenberger Schichten an-
eehört oder ob er noch eventuell z2 den Malnitzer Schichten selbst zu rechnen
wäre, die mitunter auch als klingende Pläner entwickelt erscheinen (vergleiche
Dr. A. Frič: Die Weibenberger und Malnitzer Schichten, S. 19), konnte bis
nun allerdings nicht entschieden werden; doch kommt dieser Umstand hier
nicht in Betracht, da es sich für unsere Zwecke nur um den Nachweis han-
delt, daß im Liegenden der Sedimente 1 wirkliche Pläner und nicht Perutzer
Gesteine auftreten.
21
Allerdings müssen wir, im Falle die Sedimente 1 bis 3 den
Malnitzer Schichten zugeteilt werden, das Hangende derselben (4
und 5 der Profile) gleichaltrigen oder jüngeren Abteilungen der
Kreide parallelisieren; allein dieser Annahme steht gar nichts
entgegen; denn gewichtige paläontologische (sründe, ‚welche im
zweiten Teile angeführt erscheinen, werden uns ohnehin nötigen,
die Gebilde 5 den Iserschichten beizuzählen, und die blauen
Plänerkalke der Stufe 4 können (wo sie tatsächlich vorhanden
sind) sehr gut noch den Malnitzer Schichten als fazielles À qui-
valent der Launer Knollen belassen werden. An dieser Stelle
müssen wir uns freilich mit dem Hinweis begnügen, dab die Sedi-
mente 5 ihrem petrographischen Charakter nach eben so gut den
Iserschichten als auch den Weißenberger Schichten angehören
können, was sich bereits aus einem flüchtigen Vergleich ihres
äußeren Habitus mit dem mancher Horizonte der Iserschichten
Böhmens ergibt. Beachten wir z. B. nur, was Dr. A. Frič in
seinen „Iserschichten“ (Prag 1883) auf Seite 15 und 14 über dieses
Glied der böhmischen Kreide sagt:
„Die meist kalkig plänerigen Trigoniaschichten, welche
man auch als eigentliche Iserschichten im engeren Sinne des
Wortes bezeichnen könnte, bestehen aus einer ganzen Reihe von
festeren und mürberen Lagen, die bald mehr kaikig fest, bald
mehr plänerig, mürbe, stellenweise wieder mehr sandig sind und
ganz den Habitus des Quadersandes annehmen. . . . . Wo
die Felswand durch Steinbrecharbeit bis auf ganz gesunde
Schichten entblößt ist, dort wird die Entzifferung der einzelnen
(lieder zur Unmóglichkeit.“
„Die petrographische Beschaffenheit der Iserschichten
wechselt bedeutend, was hauptsächlich von dem verschiedenen
Grade der Verwitterung und der teilweisen Entkalkung abhängig
ist. Größtenteils sind es kalkige, sandige Pläner, welche feste
graue Knollen führen. Stellenweise nehmen die verwitterten
Lagen, wo sie gleichmäßig feinkörnig sind, das Ansehen des
gewöhnlichen Plänersandsteines der Weißenberger Schichten an,
während dieselbe Schichte einige Meter weiter einen festen,
grauen, kompakten Kalkstein darstellt .
Diese Worte passen ganz vortrefflich auf unsere Sedimente
der Stufe 5. Wir begegnen hier in der Regel schon unter der
Ackerkrume den gelben, mürben, vollständig entkalkten Partien
22
und darunter wieder den festen, feinsandigen, kalkreichen Ge-
steinen mit Glaukonitkörnchen. Die Farben durchlaufen verschiedene
Nüancen von Gelbgrau, Gelb und Weißlich, während feste Knollen
reinen Kalksteins von grauer oder gelbgrauer Farbe in allen
Größen und in allen Lagen auftreten). Ich habe mich bei einigen
Exkursionen überzeugt, daß derartige Sedimente (mit typischen
Leitfossilien der Iserschichten) auch in der Kreide Ostböhmens
im Liegenden der eigentlichen Callianassensandsteine sehr oft an-
zutreffen sind, so z. B. im nördlichen Teile von Abtsdorf. Ich
glaube demnach nicht zu weit zu gehen, wenn ich auf Grund
dieser Übereinstimmung meine frühere Behauptung, daß die Ab-
sätze 5 ihrem äußeren Habitus nach ebensowohl Weibenberger als
auch Iserschichten darstellen können, aufrecht halte.
Wichtig in petrographischer Beziehung scheint mir schließlich
auch der Umstand, dal) den Plänern der Stufe 5 jede Spur der
für unser Unter-Turon so bezeichnenden Hornsteinbänder abgeht.
Ich stehe nicht an, diese Tatsache ebenfalls als eine starke Stütze
meiner Ansicht, dab es sich hier um Ablagerungen jüngeren Ur-
sprunges handelt, zu bezeichnen.
B. Paläontologischer Teil.
Die Resultate der im vorigen Kapitel mitgeteilten Unter-
suchungen lassen sich kurz folgendermaben zusammenfassen:
Die Sedimente | und folglich auch die Gebilde 2 und 3
sind schon aus stratigraphischen Gründen ganz bestimmt nicht
cenoman, sondern sie gehören sicher dem untern turonen Pläner,
u. zw. sehr wahrscheinlich den Malnitzer Schichten an. Das Han-
gende dieser Ablagerungen (4 und 5) kann seinen petrographischen
Eigenschaften nach sowohl ganz zum Unter-Turon als auch teil-
weise zu den Iserschichten gerechnet werden, wobei das letztere
aus stratigraphischen und petrographischen Gründen das Näher-
liegende und Wahrscheinlichere darstellt.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung des zur Verfügung
stehenden paläontologischen Materials.
Die Gesteine der Zone L sind in der Umgebung von Budigs-
dort vollständig fossilleer, nur im Grünauer Wasserriß konnte ich
folgende Arten konstatieren:
1) Hans Wilschowitz erwähnt solche nur in der Zone 4.
Pinna decussata Goldf. Mutiella Ringmerensis Gein.
Lima multicostata Gein. Fucoides sp.
Inoceramus Brongniarti Sow. Spongites saxonicus Fr. ?
Orassalella cf. macrodonta Sow.
Außerdem eine kleine Exogyra, vielleicht Æ. columba Som.
Von den in unseren Korytzaner Schichten so häufigen Pectem asper
Lam. und P. aequicostatus Lam. fand sich nirgends eine Spur.
Zu irgend welchen sicheren Schlüssen berechtigen die oben
verzeichneten Funde natürlich in keiner Weise, nur das Vorkom-
men des /noceramus Brongniarti und der Crassatella macrodonta
würde einigermaßen gegen die Annahme von Korytzaner Schichten
sprechen, ebenso das Fehlen von P. asper und P. aequicostatus.
Nun die Fauna der Zone 3! Herr Wilschowitz zählt im
ganzen 17 Arten auf, von denen (nach Fric) fünf Arten den
Malnitzer Schichten angehören, den Korytzaner Schichten jedoch
fehlen. Sechs Arten sind beiden Horizonten gemeinsam, vier werden
in jüngeren Abteilungen geführt und die restlichen zwei kommen
als nicht sicher agnosziert für eine Altersbestimmung nicht in Be-
tracht. Das Hauptleitfossil der Actinocamax-Zone, der Ac{inocamax
plenus Blainv., wurde nicht gefunden! Es spricht demnach kein
einziger paläontologischer Grund für die Annahme dieser Zone,
dagegen läßt sich eine solche von Malnitzer Schichten ganz
zwanglos rechtfertigen, wie übrigens der Autor selbst zugibt, indem
er (Seite 128) ausdrücklich bemerkt: „Soweit sich die Fauna dieser
Zone aus den gegebenen Bestimmungen beurteilen läßt, könnte
man freilich auch an Malnitzer Schichten denken, aber die strati-
graphische Lagerung spricht entschieden dagegen.“ Es ist also
lediglich die „stratigraphische Lagerung“, welche ihn die so nahe
liegende Annahme von Malnitzer Schichten verwerfen und die
ziemlich gezwungene der Actinocamax-Schichten festhalten läßt,
mit anderen Worten: Die Zone 3 kann (nach H.Wilschowitz)
den Malnitzer Schichten nicht angehören, weil die darüber lagern-
den Absätze 4 und 5 Weibenberger Schichten sind. Nun habe ich
bereits im Abschnitte A nachgewiesen, dal die Zone 1 ihrer unter-
turonen Plänerunterlage wegen schon aus stratigraphischen Grün-
den nicht den Korytzaner Schichten beigezählt werden kann, son-
dern dab wir es nur mit einem jüngeren Gliede des Unter-Turons
zu tun haben können, d. h. dab die typischen Weißenberger
Schichten nicht über 1—3, sondern unter 1 zu suchen sind. Hie-
durch werden aber alle stratigraphischen Růcksichten, welche einer
Parallelisierung der Gebilde 3 (oder besser 1—3) mit den Mal-
nitzer Schichten entgegenstehen, vollständig hinfällig, ja, eine Bei-
behaltung der Annahme von Korytzaner beziehungsweise von Ac-
tinocamax-Schichten ist unter diesen Umständen direkt unmôglich.
Es hindert uns demnach nichts mehr, der in den Sedimenten 1—3
deponierten fossilen Fauna Rechnung zu tragen und diese Ab-
lagerungen als Malnitzer Schichten anzusprechen, wobei wir von
einer Trennung der Horizonte 1 und 3 absehen, indem wir den
letzteren als eine bloß fazielle (kalkreichere) Abänderung des
ersteren betrachten.
Freilich können dann die Zonen 4 und 5 keine Weißenberger
Schichten mehr sein; aber wir haben gesehen, daß ihr petrographi-
scher Habitus auch die Annahme eines jüngeren Ursprunges keines-
wegs ausschließt. Es ist demnach noch unsere Aufgabe, die fossile
Fauna dieser Sedimente zu betrachten, um den durch sie reprä-
sentierten Horizont definitiv festzustellen, beziehungsweise zu unter-
suchen, ob dieselbe die Möglichkeit einer Gleichstellung mit jün-
geren Schichten zuläßt oder nicht.
Schon damals, als ich Gelegenheit hatte, mit Herrn Wil-
schowitz die Dittersdorfer Steinbrüche zu besuchen, gedachte
ich in seiner Gegenwart auch der Vermutung Dr. E. Tietzes,
daß es sich hier möglicherweise um jüngeren Pläner handeln
könnte!). Trotzdem fand sich Herr Wilschowitz nicht veran-
laßt, diese Sedimente von den Weißenberger Schichten zu trennen,
und zwar auf Grund des ihm zur Verfügung gestandenen Petrefakten-
materials, das sich für Dittersdorf aus den auf Seite 132 seiner Ab-
handlungen verzeichneten Arten zusammensetzte. Nun ist aber die
daselbst gebrachte Liste der Dittersdorfer Vorkommnisse weder voll-
ständig noch in allen Punkten richtig; denn sie fußt nur zum Teil
auf eigenen Funden des Herrn Wilscho witz und manche der dort
stehenden Namen wurden damals von mir einfach angegeben, soweit
sie mir eben zu dieser Zeit bekannt waren oder richtig schienen. So
harrten z. B. meine sämtlichen gesammelten Bryozoen noch der Be-
stimmung und diese für die Beurteilung eines Horizontes so wichtigen
1) Dr. E. Tietze: Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von
Landskron und Gewitsch, Wien 1902, Jahrbuch der k. k. geologischen Reichs-
anstalt, S. 646.
25
Fossile erscheinen demnach m der betreffenden Liste überhaupt nicht
angeführt. Auch machten einige Bestimmungen eine spätere Kor-
rektur nötig, als weitere, besser erhaltene Funde die wahre Natur
des bezüglichen Petrefakts erkennen lieben. Ich führe im folgen-
den nur die wichtigsten dieser nachträglichen Richtigstellungen an:
Lima pseudocardium Reuss zeigte sich in den meisten Fällen
mit L. iserica Fr. identisch, als auch unzweifelhafte Negative des
Steinkernes behufs Untersuchung zur Verfügung standen. Es wurde
demnach nötig, neben L. pseudocardium noch die sehr bezeich-
nende Art L. iserica aufzustellen, deren Vorkommen jedoch auf
die Stufe 5 beschränkt bleibt.
Die gesammelten Stücke von Lima elongata Sow. wurden als
zwei verschiedenen Arten angehörig erkannt. Nur ein Teil erwies
sich nämlich tatsächlich als L. elongata, die Mehrzahl der Exem-
plare mußte einer andern Art zugewiesen werden, die vorläufig
unter dem Terminus L. aff. Dupiniana d’Orb. verzeichnet erscheint.
Letztere ist ebenfalls für die Zone 5 charakteristisch.
Exogyra columba Sow. stellte sich in der Stufe 5 durchwegs
als E. conica Sow. heraus, die Bestimmung Ostrea frons Park. als
unrichtig.
Inoceramus labiatus Schlott. konnte nur für die Plänerkalke
(Stufe 4) aufrecht erhalten werden und auch da scheint mir sein
Auftreten noch keineswegs sicher; denn die mir zu (resicht ge-
kommenen Exemplare waren für eine genaue Bestimmung sehr
wenig geeignet. In den Plänern der Zone 5 fehlt er bereits gänz-
lich. Die diesbezügliche Angabe des Herrn Wilschowitz beruht
jedenfalls auf einem Irrtum und dürfte entweder durch schlecht
erhaltene Reste von Jm. Brongniarti oder durch Exemplare un-
sicherer vertikaler Lage verursacht worden sein.
Die Vorkommnisse von Nautilus rugatus Fr. et Schl., Mr
craster cor testudinarium Goldf., Serpula socialis Golf. und S. am-
pulacea Sow. sind auf die Zone 5 beschränkt, Venus fabacea Röm.
auf 4.
Der Zahn von Otodus appendiculatus Ag. und die Ammo-
nitenreste entstammen den Kalken 4. Die noch übrigen Arten sind
an einen bestimmten Horizont nicht gebunden, doch läßt sich be-
haupten, daß sie in den Plänern 5 stets ziemlich häufig auftreten,
‚während sie in der Stufe 4 nur sehr spärlich zu finden sind.
Zieht man vorstehende Korrekturen bei der Betrachtung der
26
Liste der Dittersdorfer Fossile in Betracht und fügt man letzteren
noch die von mir zum Teil in Dittersdorf, zum Teil in den gleich-
altrigen Horizonten (5) von Griinau, Ranigsdorf und Rostitz ge-
machten Funde hinzu, námlich:
Arca Schwabenani Zittel, Petalophora seriata Nov.,
Trigonia limbata d' Orb., Biflustra Pražáki Nov.,
Modiola typica Forb., | Entalophora Geimitzii Reuss,
Perna subspatulata Reuss, Serpula gordialis Schlott.,
Lima ovata Róm., Cilaris cf. Vendocinensis Ag.,
Heteropora magnifica Nov., \ Microbatia coronula Goldf.,
so ist es wohl begreiflich, dab ich keinen Anstand nehme, diese
Sedimente den Iserschichten zu parallelisieren. Ich habe diese
Ansicht auch im Jahre 1910 in der Publikation „Über einige
Reste der Iserschichten im Osten des Schönhengstzuges“ (Zeitschrift
des mährischen Landesmuseums, X. Band, 1. H.) ausführlich be-
gründet und verweise bezüglich alles Näheren auf die genannte
Schrift!). Ich bemerke an dieser Stelle schließlich, dal) ich in der
eben zitierten Arbeit auch die Sedimente 5 des Triebendorfer Auf-
schlusses als Iserschichten ansah und dal) ich unter anderem auch
die Vermutung aussprach, dab sich diese Iserschichten noch weiter-
hin gegen Budigsdorf und Tattenitz verfolgen lassen dürften. Diese
Vermutung wird durch das Verzeichnis am Beginne der Seite 151
der Wilschowitzschen Arbeit vollauf bestätigt, sobald man die
bei der Besprechung der Dittersdorfer Liste erläuterten Korrekturen
und Ergänzungen auch hier anbringt, wozu man berechtigt ist, da
die Dittersdorfer Vorkommnisse in diese Aufzählung einbezogen er-
scheinen und die Verhältnisse in der fossilen Fauna von Budigsdorf
und Umgebung denen von Dittersdorf vollständig gleichen, was ich
bei meinen wiederholten Besuchen immer wieder feststellen konnte.
So fand ich z. B. die für die Iserschichten sehr bezeichnende Lima
’sertca Fr. sowohl im Aufschlusse von Triebendorf als auch in dem
von Budigsdorf usw.
v) Durch Zufall kam mir die Abhandlung des Herrn Wilschowitz erst
nach dem Erscheinen meiner eigenen zu Gesicht, obwohl erstere bereits ge-
raume Zeit vor der letzteren herauskam. Dieser Umstand erklärt die vielleicht
auffallende Tatsache, daß in der oben angeführten eigenen Veröffentlichung
die Ansichten des Herrn Wilschowitz weder besprochen noch sonst irgend-
wie erwähnt worden sind,
27
Was endlich die Fauna der Plänerkalke (Stufe 4) anbelangt,
so fügt sich dieselbe einer Annahme von Malnitzer Schichten sehr
gut, wie ein Blick auf das Verzeichnis am Schlusse der Seite 130
der Wilschowitzschen Arbeit ohne weiteres zeigt.
Wir können demnach die Ergebnisse unserer Untersuchungen
wie folgt zusammenfassen:
Die im Triebendorfer, Tattenitzer und Grün-
auer Aufschluß sowie die beim Budigsdorfer Tun-
nelentblößten Sedimente der Zone 1 stellen unter
keinen Umständen Korytzaner Schichten vor, son-
dern sie sind wie die darüber lagernden Gebilde 2
und 3 nur ein Glied des untern turonen Pläners
und wahrscheinlich den Malnitzer Schichten des
letzteren äquivalent. Sie erscheinen keineswegs
auf die oben aufgezählten Örtlichkeiten be-
schränkt, sondern wir finden sie auch unter an-
derem im Pohreser und Grünauer Tale sowie am
„Burgstadl“ (nächst Ranigsdorf) und in dessen Um-
gebung anstehend. Vonihrem Hangenden gehört 4
wahrscheinlich noch den Malnitzer, 5 aber bereits
sicher den Iserschichten an.
Das Protil längs eines vom Reichenauer Berge über Trieben-
dorf nach dem Petersdorfer Tale geführten Schnittes, das wir in
der Wilschowitzschen Arbeit unter Fig. 8 finden, müßte dem-
nach eigentlich die Gestalt, welche die beifolgende schematische
Zeichnung versinnlicht, annehmen. Dieses so abgeänderte Protil
trägt den tatsächlichen Verhältnissen mehr Rechnung, indem es
den untern turonen Pläner in seiner wirklichen Lagerung dar-
stellt. Derselbe fällt nämlich im Osten der Triebendorfer Bruch-
linie stets westlich ein, was im Triebendorfer Aufschlu und beim
Tunnel noch kaum merklich, an der Westlehne des Petersdorfer
Tales aber bereits sehr deutlich geschieht. Nach dem Profile Wil-
schowitz’ müßte das Gegenteil stattfinden und sich mindestens
in dem letztgenannten Tale bereits eine merkbare östliche Fall-
richtung nachweisen lassen.
28
Am Schlusse unserer Arbeit mógen noch einige kurze Be-
merkungen über zwei interessante Sedimente Platz finden, welche
Herr Wilschowitz als ,nasse Mergel“ und als Malnitzer
Schichten beschreibt.
Waszunächst die auf Seite 129 und 130 erwähnten Vorkomm-
nisse der ersteren betrifft, so ist deren Deutung als Semitzer Mergel
wohl schon aus stratigraphischen Gründen ganz verfehlt, selbst
unter Beibehaltung der Annahme des Autors, daß die Sedimente
4 und 5 tatsächlich den höchsten Etagen der Weibenberger
Schichten entsprechen!). Dies ergibt sich aus folgender Erwägung:
Das größte der Mergellager befindet sich rund 1 km westlich
der Eisenbahnstation Budigsdorf, und zwar am Bahnkörper selbst.
Die wagrecht geschichteten, nur von quartären Bildungen be-
deckten und umgebenen Sedimente stehen über einem Niveau an,
welches dem der Fahrbahn der Eisenbahnbrücke von Budigsdorf
gleichkommt, während die Plänerbänke des Budigsdorfer Auf-
schlusses ihrer vertikalen Entwickelung nach schon zum größten
Teile unter diesem Niveau liegen. Berücksichtigt man nun noch
das Einfallen der letzteren (8 bis 10 Grad nach Westen). so
kommt man zu dem Schlusse, daß diese Pläner das Liegende der
Mergel bilden, während sie das Hangende derselben darstellen
müßten, falls es sich hier um Semitzer Mergel handeln würde.
Diese Mergellager stimmen ferner in petrographischer und paläon-
tologischer Beziehung ganz genau mit jenen überein, welche wir
im Triebitzer Bahneinschnitt (etwas westlich der Eisenbahnstation)
anstehend finden, so daß gar kein Zweifel aufkommen kann, dal
wir es an beiden Orten mit demselben Schichtgliede zu tun haben.
Da nun die Triebitzer Mergel unmittelbar auf echtem Callianassen-
sandstein lagern, handelt es sich auch hier (bei Budigsdorf) ganz
sicher um jüngere Absätze und ich zögere nicht, diese Mergel so zu
bezeichnen, wie die geologische Spezialkarte die gleichen Gebilde
von Triebitz, nämlich als Priesener Schichten.
Diese Annahme gestattet auch die konstatierte Fauna ganz
gut; denn der Umstand, daß wir in der Liste der von Wilscho-
!) Auch die Bezeichnung „nab“ ist zum mindesten sehr fraglich. Ich
[and die Mergel von Budigsdorf stets trocken. Die gleichen Absätze beim
„Klingerbriinnel“ sind an der einzigen, leider kaum merkbaren Stelle ihres
Anstehens allerdings feucht; allein dies rührt offenbar nur von der daselbst
austretenden starken Quelle her.
29
witz aufgebrachten Petrefakten den für das Unter-Turon leiten-
den /noceramus labiatus Schlott. verzeichnet finden, darf uns nicht
allzusehr beirren. Dieses Fossil wird nämlich in der einschlägigen
Literatur öfter als Glied der Priesener Fauna angeführt, so dab
uns sein Name unter den Budigsdorfer Petrefakten nicht zu be-
fremden braucht. (Man vergleiche z. B. Dr. Jaroslav J.Jahn:
„Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation“.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1895, 45. Bd., 1. H.,
S. 163, 178 und 180.) Eine Entscheidung der naheliegenden Frage,
ob in diesen Fällen sowie bei Budigsdorf tatsächlich die genannte
Bivalve vorliegt oder ob eine der sehr ähnlichen Arten /. Curieri
Sow. und 7. latus Mant. als I. labiatus angesprochen wurde, ist
in Anbetracht des meist ungünstigen Erhaltungszustandes aller-
dings sehr schwierig, für unsere Zwecke aber auch nicht not-
wendig. Hier genügt die Feststellung, daß die in Frage stehenden
Vorkommnisse von Budigsdorf auch den typischen, unzweifelhaften
Priesener Schichten Böhmens nicht fehlen. Hievon konnte ich mich
aber durch direkten Vergleich der ersteren mit solchen aus echten
Priesener Schichten wiederholt überzeugen, so fand ich z. B. ganz
dieselben Formen in den schon erwähnten Mergeln von Triebitz
und in jenen Sedimenten von Abtsdorf, welche Frič als „klin-
gende weiße Inoceramenpläner“ der Priesener Schichten bezeichnete
(Dr. A. Frič: Die Teplitzerschichten, Prag 1889, S. 52). Die
Budigsdorfer Inoceramen sind demnach vollwertige Glieder der
Priesener Fauna, ob sie nun als 7. labiatus determiniert oder mit
anderen Namen belegt erscheinen.
Ich schließe hier noch ein Verzeichnis jener Fossilien an,
welche ich bei Budigsdorf selbst sammelte und das die Überein-
stimmung der daselbst deponierten Fauna mit jener der Priesener
Schichten gleichfalls sehr gut illustriert. Drei der aufgezählten
Vorkommnisse (in der Liste durch ein * bezeichnet) befinden sich
in der Sammlung des Herrn Konservators A. Özerny in Mähr.-
Trübau, die übrigen besitzt das mährische Landesmuseum in
Brünn. Bezüglich Cer. echinatus vergleiche man: Dr. Ed. Bayer
in Věstník kral. české společnosti nauk. Třída math.-přír., 1895,
S. 13 und 39.
Osmeroides Lewesiensis Ag. |! Aspidolepis Sleinlai (ein.
(Schuppen). (Schuppen).
30
Beryx ornatus Ag. (Schuppen). |! Mřeraster de Lorioli Nov.
* Cladocyclus Strehlensis Gein. (Platten).
(Schuppen). 1 Asfrocoenia Tourtiensts Bülsche.
Elektrolepis horrida Fr. | Frondienlaria angusta Nils.
(Schuppen). Planorbulina polyraphes Reuss.
Verschiedene Skeletteile Nodosaria Zipper Reuss.
kleiner Fische. | *Orsstellaria intermedia Reuss.
Hamites bohemecus Fr.? Globigerina sp.
Nucula pectinata Sow. Druppula convoluta Perner.
Inoceramus Ouvieri Sow. *Ceratostrobus echinatus Vel.
Inoceramus sp. Fucoides sp.
Cidaris sp. (Stacheln). Fucordes ? strangulatus Fr.
Nun endlich die „Malnitzer Schichten“ nächst dem Holzberge
jm (renzbachtale (Seite 131 der Wilschowitzschen Abhand-
lung)! Hier lag für Herrn Wilschowitz eigentlich der Schlüssel
zur Entzifferung unserer Kreidegebilde; denn nirgends standen
oder stehen die Beobachtungsmomente so günstig als gerade an
diesem Orte. An den tieferen Partien des dortigen Steilhanges
kann überall das Vorhandensein eines typischen bläulichgrauen
Pläners konstatiert werden, während nahe dem obern Rande das-
selbe grobsandige, glaukonitische Gestein ansteht, wie wir es als
Zone 1 beim Tunnel, in Triebendorf usw. kennen gelernt haben.
Nur wenige Schritte südlich endlich treffen wir auf Plänerbänke
der Zone 4 und 5, welche ihrer stratigraphischen Lage nach un-
bedingt zum Hangenden jener grobsandigen Sedimente gehören
müssen.
Wir können hier demnach wieder sehen, wie der blau-
graue Pläner zweimal auftritt, einmal unter, das zweitemal über
der sandsteinartigen Schichte, genau so, wie wir es nächst der
Talmühle bei Ranigsdorf feststellen konnten. Hiezu kommt noch,
daß Herr Wilschowitz in dem grobsandigen (estein eine
fossile Fauna konstatieren konnte, die unzweifelhaft auf Malnitzer
Schichten hinwies (nur einige Vorkommnisse scheinen mir abge-
rollte Reste noch jüngerer Horizonte zu sein). Er zögerte demnach
mit Recht keinen Augenblick, hier die Malnitzer Schichten als
sicher nachgewiesen anzusehen, ja sogar die Vermutung auszuspre-
chen, daß es gelingen könnte, in der Nähe möglicherweise noch
jüngere Stufen der Kreide zu entdecken.
31
Die hier aufgeschlossenen Kreidesedimente ergeben uns dem-
nach folgendes einfache Schema:
| Grauer bis gelber Pläner. Iserschichten.
Blauer Plänerkalk.
: Malnitzer Schi
Grobsandig-glaukonit. Gestein. an
Bläulichgrauer bis gelber Pläner. Weißenberger Schichten.
Um seine allgemeine Gültigkeit für unser Gebiet zu ver-
stehen, müssen wir allerdings auch noch den Muldencharakter
unseres Kreidesystems sowie die verschiedene Lage der beschrie-
benen Örtlichkeiten in dieser Mulde in Betracht ziehen. Die Auf-
schlüsse beim Tunnel, in Triebendorf, Tattenitz und Grünau liegen
nahe der Muldenmitte, sie zeigen wagrechte oder fast wagrechte
Schichtung und die unterste im obigen Schema angeführte Etage
ist verdeckt. Ähnliches bemerken wir im Budigsdorfer Aufschluß,
wo nur noch das oberste Glied und ein Teil des mittleren zu
Tage treten. Die nächst dem Holzberge entblößten Sedimente be-
finden sich dagegen schon dem Ostrand der Mulde nahe, wir kon-
statieren alle drei Glieder, davon die jüngsten in bedeutender
Höhe, und die Lagerung läßt bereits das ziemlich starke westliche
Einfallen erkennen.
Warum Herr Wilschowitz diesen Schlüssel nicht weiter
benutzt hat, erscheint nicht recht erklärlich. Die Übereinstimmung
der früher beschriebenen Sedimente 1 bis 5 mit denen aus der
Nähe des Holzberges ist nämlich so frappant, daß es ganz eigen-
tümlich anmutet, hier (beim Holzberge) ein Gestein als „Pläner-
sandstein“ angesprochen zu sehen, das weiter abwärts unter den
ganz gleichen Verhältnissen konstant mit dem der Korytzaner
Schichten (beziehungsweise Actinocamax-Schichten identifiziert
32
wird!). Wahrscheinlich lag der Hauptgrund für diese verschiedene
Deutung derselben Stufe in der Scheu, die den Weißenberger
Schichten auffallend ähnlichen Sedimente 4 und 5 als jüngere Ge-
bilde annehmen zu müssen.
1) Der Autor sagt von dem Material, das in dem kleinen Bruche am
oberen Teile des Steilrandes ansteht, auch, daß es „der Hauptsache nach ein
Plánersandstein“ sei, der einen „eigentümlichen knolligen und wulstigen Bruch“
besitze. Diese Bemerkung bedarf einer starken Einschränkung. Das Gestein ist
nämlich ganz gleichmäßig grobsandig (mit normalem Bruche), nur werden hie
und da (offenbar von Spongien herrührende) Wülste und Knollen gefunden,
die in fast allen Kreidegebilden vorkommen und die z. B. auch beim Tunnel
sowie in Triebendorf und Grünau durchaus nichts Seltenes sind, in den Weiben-
berger Schichten aber allerdings oft ganze Bänke des Pläners durchsetzen.
Beiträge zur Kieselalgenflora von Mähren, II.
Vorläufige Mitteilungen über die Diatomeenflora der Halophyten-
gebiete in Südmähren. (Auspitz— Bahnhof.)
Von Lehrer Oskar Richter, Olmütz.
Nachstehende Zusammenstellungen, die ihre Entstehung der
Lektüre von Prof. Heinrich Laus „Die Halophytenvegetation
Südmährens!)“ verdanken, sind die Ergebnisse einer Exkursion in
das räumlich größte Halophytengebiet Mährens, in die Umgebung
des Bahnhofes Auspitz. (Eine genaue Beschreibung des Terrains
gibt Prof. H. Laus auf S. 16 des in der Fußnote angegebenen
Werkes.) | Vorliegende Zusammenstellungen sind vorläufige Mit-
teilungen, welche zwar kein vollständiges Florenbild des Gebietes
geben, die jedoch für den heimischen Algologen und Pflanzen-
geographen nicht bedeutungslos sein können.
Bereits J. Nave?) (1863) weist auf den Nalzgehalt, der
den Ebenen an der Thaya, Iglawa und Schwarzawa von der Süd-
grenze Mährens nördlich bis gegen Brünn eigen ist und der die
Pflanzen-, insbesondere die Algenwelt stark beeinflußt, hin.
Er schreibt: „Die Bucht des Wiener Tertiärbeckens, welche sich
von der südlichen Grenze Mährens bis an die Stadt Brünn heranzieht,
charakterisiert ein leichter Salzgehalt, der sich, wie bei den Phanero-
gamen, insbesondere bei den Algen geltend macht und der Algen-,
besonders der Diatomeenflora der Wasseransammlungen dieses
1) Prof. H. Laus: Die Halophytenvegetation des südlichen Mährens und
ihre Beziehungen zur Flora der Nachbargebiete. — Brünn 1907. — Mitteilungen
der Kommission zur naturwissenschaftlichen Durchforschung Máhrens.
2) Verhandiungen des naturforschenden Vereins in Brünn, 1863.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII, 1. 3
34
Terrains gewissermaßen eine Ähnlichkeit mit jener des als schwach
brackisch anerkannten Neusiedlersees verleiht. So finden sich daselbst:
Nariceula Amphisbaina, Synedra affinıs, Navieula Peisonis Grun.,
Nitxschia dubia var. minor, Nitxschia hungarica Grun., Nitxschia
acicularis var. closterioides
und andere Arten, welche vorzüglich
schwach gesalzenes Wasser lieben.“
Die Untersuchung des im März 1910 gesammelten Diatomeen-
materials ergab 103 Formen, die sich auf 61 Arten und 18 Gat-
tungen verteilen und von denen 56 für Mähren neu sind.
Folgende Ubersicht gebe die Beteilung der einzelnen Dia-
tomeengruppen.
Coscinodiscene . . .2 Formen,
Tabellariae 2 Formen,
Meridioneae . < . .1 Form,
Fragilariene 2 Formen,
Von den gefundenen Formen
wasser liebend.
Halophile Formen:
Melosira Borreri,
Fragilaria (Raphoneis) Surirella,
Mastogloiu elliptica var. Danser,
Mastogloia lanceolata,
Mastogloia undulala,
Amphiprora paludosa,
Navicula gregavia,
Narieula halophrla,
Naricula salinarum,
Achnantheae . . . 1 Form,
. ol Formen,
32 Formen,
7 Formen.
Naviculeae
Nitxschreae
Surirelleae
sind 16 halophil und 41 Brack-
Navicula (Brebissonia) BóckW,
Nitxschra apiculata,
Nitzschia commutata,
Nitzschia Brebissontt,
Nitzschia obtusa var. sealpelli-
forms,
vilren maior et
Nitxschia var.
var. vecta.
Brackwasser liebende Formen:
Synedra pulchella var. longissima
et var. Smithit,
Synedra acus var. delectissima,
Navieula (Caloneis) silieula var.
gibberula,
Navicula hungarica,
Navicula cineta
var. Cart,
var. angusta,
var. Heuflert,
Navicula oblonga,
Navicula lanceolata var. phylo-
lepta,
Navicula pymaeu,
Epithemia gibberula var. producta,
Tryblionella Hantxschiana var.
littoralis,
Nitaschta ( Hantaschia) amphrio@ys
var. mator et var. vivan,
Netzschia hungartca,
35
Nitxschia thermalis var. inter- | Nitzschia Palea
media, var. maior,
Nitascha parvula, var. dissipata,
Nitzschia Sigma var. tenuirostris,
var. rigida, var. fonticula,
var. rigidula, | Nitzschia Kützingiana var. exilis,
Netzschia curvula var. mator el | Surirella ovalis et variationes.
var. minor,
Herrn Lehrer Friedrich Hustedt in Bremen sage ich für
seine freundliche Unterstützung meinen besten Dank.
Systematische Übersicht der gefundenen Formen.
Melosira Agardh. = Diatoma De Cantolle.
M. Borreri Grun. — Selten. D. (Adontium) hiemale (Lyngb.)
Kützx. var. mesodon Ehrenb.
Cylindrotheca Rabenh. N. p. 50, R. p. 68. — Nicht
C. gracilis (Breb.) Grun. — Ein häufig.
Exemplar im Grundschlamm
Fragilaria Grun.
des Grabens vor der Re- 5
F.(Raphoneis) Surirella run. —
stauration.
Selten.
Dentieula Kütz. Synedra Ehrenb.
D. tennis Kütz. — Nave p. 29, S. pulchella Kütx.
Richter!) p. 68. — Nicht
var, longisstma W. Sm. —
häufig, Nicht häufig.
var. frigida Kit: — Selten. var. Smithii Pritchard. —
Vereinzelt.
Meridion Agardh. 8. Acus Kütx. var. delertissima.
M. constrictum Ralfs. — N. p. 37, W. Sm. — N. p. 34, R.
R. p. 68. — Selten. | p. 69. — Vereinzelt.
1) Richter O., Beiträge zur Kieselalgenflora von Mähren, I. — II. Bericht
der Naturwissenschaftl. Sektion d. Vereins „Bot. Garten“ in Olmütz, 1910.
3%
36
Achnanthes Bory.
A.(Achnantidium)lanceolata Breb.
N. p07; Apoo.
Mastogloia Thwaites.
elliptica Ag. var. Dansei
Thwait. — Zerstreut.
M. lanceolata Thwait. — Nicht
häufig.
M. undulata Grun. — Selten.
M.
Amphiprora Ehrenberg.
A. paludosa W. Sm. — Häufig.
Gyrosigma Hassall.
Kütz. — R.
p. 70. — Vereinzelt, nicht
selten.
G. aconinatum
Navicula Bory.
N. (Diploneis) hyperborea Grun.
Ein Exemplar im Grund-
schlamm eines Grabens.
(Caloners) silieula Ehrenb.
var. gibberula Kiitz. — N.
p. 33 (Nav. limosa Kütz.),
R. p. 70.
nicht selten.
var. inflata Grun. — N. p. 38,
R. p. 70. — Selten.
N. (Neidium) affinis Ehrenb. var.
amphirhynehus Ehrenb. —
Selten.
gregaria
N.
Vereinzelt,
N, =
Donk. Nicht
häufig.
N. halophila Grun. — Selten.
N, (Anomoineis) exilis Kütz. —
R. p. 71. — Vereinzelt.
| N. cryptocephala Küt:. — N.
p. 32. — Häufig.
var. veneta V. Hk. — Selten.
N. rhynchocephala Kütx. var.
rhynchocephala Grun. — N.
p. 32, R. p. 71. — Zerstreut,
nicht häufig.
var. elongata Schawo. — Ver-
einzelt.
vor. dubia Schawo. — Wie
vorige.
N. viridula Küt:. — N. p. 32. —
Häufig.
var. slesricensis Grun. — Nicht
selten.
N. hungarica Grun. — Selten.
N. cincta Ehrenb. — Häufig.
rar. Cari Ehrenb. — Vereinzelt.
var. angusta Grun. — Wie
vorige.
var, Heujfleri Grun. — Nicht
selten.
N. salinarum Grun. — >Mehr
häufig.
N. oblonga Kütx. — R. p. 71. —
Nicht selten.
var. acuminata
Selten.
N. lanceolata (Ag.) Kütz. — R.
p. 71. — Häufig.
var. phylolepta (Kiitx.) V. Hk. —
Nicht selten.
N. pygmaea Kiitx. — Nicht häufig.
N. (Pinnularia) interrupta W.
Sm. — R. p. 72. — Selten.
N. (P.) microstauron Ehrenb. —
Schawo.
R. p. 72. — Nicht häufige.
vor. biundulata O. Mill —
Wie Stammform.
37
N. (P.) Brebissonti Kiitz. — N. | Tryblionella (W. Sm.) Grun.
p. 31, R. p. 72. — Nicht
häufig.
var. linearis O. Müll. — R.
p. 72. — Sehr häufig.
var. diminuta V. Hk. — Selten.
N. (P.) legumen Ehrenb. — R.
p. 72. — Selten.
N. (P.) acuta W. Sm. — Selten.
N. (P.) hemiptera Kütz. — N.
p- 31, R. p. 72. — Vereinzelt.
N. (P.) viridis Nit:sch. — N.
Basis Ru p. 12
var. commutata Grun.
var. rupestris Hantxsch.
var. fallax Clere. — Zerstreut,
nicht häufig.
N. (Brebissonia) Bock Ehrenb. —
Selten
Gomphonema Agardh.
G. angustatum Küls. — R.
p. 73. — Vereinzelt, nicht |
häufig.
var. obtusatum Küt:. — R.
p. 73. — Nicht häufig.
G. lanceolatum Ehrenb. — R.
p. 74 — Selten.
Cymbella Agardh.
CN
. aequalis W. Sm. — R. p. 74 —
Zerstreut, selten.
7 affinis Kütx. — R. p. 74. —
Selten.
CN
Epithemia Breb.
E. gibberula Kit: — Nicht
selten.
var.producta Grun. — Zerstreut.
T. Hant:schiana Grun. — Zer-
streut, selten.
var. littoralis Grun. — Wie
Stammform.
Nitzschia (Hassal) Grun.
| N. (Hant:schia) amphiorys Kütz.
N. p. 36, R. p. 75. — Nicht
häufig.
var. mator Grun. — R. p. 179. —
Häufig.
var. vivax Grun. — N. pP. 35. —
Selten.
N. apienlata (Greg.) Grun —
R. p. 75. — Sehr häufig.
ON, hungarica Grun. — N. p. 55,
R. p. 75. — Sehr häufig.
N. thermalis (Küt:.) Grun. —
R. p. 75. — Zerstreut, nicht
häufig.
var. intermedia Grun.— Selten.
N. commutata Grun. — Zerstreut.
N. parvula W. Sm. — R. p. 75. —
Nicht selten.
N. dubia W. Sm. — N. p. 35
(var. minor), — R. p. 75. —
| Häufig.
N. Brebissonü W. Sm. — R.
p. 75. — Nicht selten.
N. Sigma © Kütz.) W.
Nicht selten.
var. rigida Grun. — Vereinzelt.
SM. —
var. rigidula Grun. — Sehr
häufig.
N. valida Čleve et Grun — Selten.
N. curvula Ehrenb. var. mator
Grun. (R. p. 75) el var. minor
Grun. — Nicht häufig.
38
N. obtusa W. Sm. var. scalpelli-
formis Grun. — Selten.
N. wvitrea Normann. — Nicht
häufig.
var. maior Grun. — Nicht
selten.
var. recta Hant:sch. — Nicht
häufig.
N. Palea Kitz. — N. p. 36, R.
p. 76. — Häufig.
var. maior Rabenh.
var. dissiputa Rabenh.
car. tennirostris V. Hk.
ver. fontienta Grun. — R.
p. 76. — Zerstreut.
N. Kützingiana Hilse. — Selten.
var. exilis Grun. — Wie
Stammform.
N. communis Rabenh. rar. obtusa
Grun. et var. perpusilla
Rabenh. — Zerstreut.
N. (Homoecladia) conferta Richter.
In einem
Schlamme des Grabens vor
der Restauration.
Exemplar im
Surirella Turpin.
S. ovalis Breb. — N. p. 28, R.
p. 76. — Zerstreut, häufig.
var. ovata Kiitx. — N. p. 28,
R. p. 76. — Sehr häufig.
var. salina W. Sin. — Nicht
selten.
var. minula Breb.— R.p. 76. —
Nicht häufig.
var. angusta Kütz. — N. p. 29,
R. p. 76. — Selten.
var. pinnata W. Sm. — N.p. 29,
R. p. 76. — Zerstreut, selten.
rar. Crumena Breb. — KR, p.76.
Selten.
Benützte Literatur.
Grunow A. Die österr. Diatomeen. 1. u. 3.
Folge. Verh. d.
k. k. zoolog.-bot. Ges. in Wien, 1562.
— Uber neue oder ungenügend gekannte Algen.
1. u. Folge. Verh.
d. k. k. zoolog.-bot. Ges. in Wien, 1960 u. 1868.
Hustedt Friedrich, Die
Stuttgart, 1909.
Sübwasserdiatomeen Deutschlands.
— Bacillariaceen aus der Ochtum. Abh.d. Stat. Ver. in Bremen, 1900.
Laus Heinrich, Die Halophitenvegetation des südl. Mährens und
ihre Beziehungen zur Flora der Nachbargebiete. Mitteil. d.
Kom. z. naturw. Durchforschung Mährens. Brünn, 1907.
Miguia W., Kryptogamentlora von Deutschland usw. 2. Bd., 1. Teil.
Nave J., Verh.
d. naturforsch.
Die Algen Mährens und Schlesiens. 1. Folge.
Ver. in Brünn. 1863.
39
Pantoscek J., Die Bacillariaceen des Balatonsees. Res. d. wiss.
Erf. d. Bal. 2. Teil, 2. Bd.
Rabenhorst L., Kryptogamenflora von Sachsen usw.
Richter Oskar, Beiträge zur Kieselalgenflora von Mähren, 1.
2. Ber. d. Naturw. Sektion d. Ver. „Bot. G.“ in Olmütz, 1910.
Schawo M., Beiträge zur Algenflora Bayerns. Ber. d. bot. Ver.
in Landshut, 1894/95. |
Schönfeld H. v., Diatomaceae (sermaniae.
Dvořák R., Příspěvek ku květeně moravských řas. Véstnik des
Přír. klub in Proßnitz, 1910.
Úber die von Professor E. Weinschenk
als Tektite gedeuteten Glaskugeln.
Von Professor A. Rzehak.
(Mit 2 Textfiguren.)
Durch die eingehende Studie über „Die Herkunft der Molda-
vite und verwandter Gläser“, welche F. E. Suess im Jahre 1900
(im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 50. Bd., S. 193—382) ver-
öffentlicht hat, schien die rätselvolle Moldavitfrage zu einem ge-
wissen Abschlub gelangt zu sein, wenn auch die Hypothese vom
kosmischen Ursprung der eigentiimlichen, durch ihr Vorkommen,
ihre Oberflächenskulptur und ihre chemische Zusammensetzung
höchst auffallenden Gläser, die F. E. Suess unter der Bezeichnung
„Tektite® zusammengefaßt hat, noch keineswegs allgemeine An-
erkennung gefunden hat.
Schon F. E. Suess hat unter den „Glasmeteoriten“ drei
Gruppen unterschieden: die auf Böhmen und Mähren beschränkten
„Moldavite“, die im Sundaarchipel aufgefundenen „Billitonite*
und die aus Australien und Tasmanien stammenden ,Australite“.
Hierbei ist bemerkenswert, daß nach F. E. Suess (loc. cit. S. 317)
zwischen den böhmischen und den mährischen Moldaviten größere
Abweichungen bestehen als zwischen den letzteren und den Billi-
toniten. Die Australite zeigen Formen- und Skulpturenverhältnisse,
wie sie weder bei Moldaviten noch bei Billitoniten vorkommen,
jedoch nach F. E. Suess durch die Annahme einer intensiveren
Durchschmelzung leicht zu erklären sind. Die immerhin nicht un-
beträchtlichen Differenzen in der chemischen Zusammensetzung
und der Oberflächenbeschaffenheit der Tektite sind gewiß nicht
geeignet, die Frage nach dem Ursprung der letzteren zu ver-
einfachen.
41
Nun erfährt diese Frage noch eine weitere Komplikation
dadurch, dab Prof. E. Weinschenk in München verschiedene,
teils aus Böhmen, teils aus Mähren stammende kleine Glaskugeln
ebenfalls für Tektite erklärt, trotzdem sie, wie er selbst in seiner
Schrift: „Die kosmische Natur der Moldavite und verwandten
Gläser“ (Zentralbl. f. Miner. usw., 1908, S. 737.) bemerkt,
einige hochinteressante Erscheinungen zeigen, die bisher weder an
den Moldaviten noch an den verwandten Billitoniten und Austra-
liten beschrieben worden sind. Da ich in der Lage war, die zwei
aus Kuttenberg in Böhmen stammenden Glaskugeln untersuchen
zu können, und ebenso reichliche Gelegenheit gehabt habe, die
Veränderungen, welche künstliche Gläser durch jahrhundertelanges
Liegen in der Erde erleiden, zu studieren, so habe ich mich
sogleich gegen die Deutungen Prof. Weinschenks ausgesprochen
(„Die angeblichen Glasmeteoriten von Kuttenbere“; Zentralbl. f.
Miner. usw., 1909, S. 452ff.). Fast zu gleicher Zeit hat auch
Prof. F. E. Suess in seinen „Notizen über Tektite“ (Zentralbl.
f. Miner. usw., 1909, S. 462 ff.) die Ansicht Weinschenks, die
Kuttenberger Glaskugeln wären ein neuer Typus von Moldaviten,
zu widerlegen gesucht. In einer kurzen Entgegnung („Zum Streit
über die Echtheit der Moldavite“: Zentralbl. f. Miner. usw. 1909,
S. 545 ff.) wendet sich Prof. Weinschenk gegen die Suess’schen
Ausführungen, läßt aber merkwürdigerweise die von mir geltend
gemachten, schwerwiegenden Argumente unberücksichtigt. In einer
neuerlichen Publikation (Weinschenk und Steinmetz, Weitere
Mitteilungen über den neuen Typus der Moldavite: Zentralbl. f.
Miner. usw., 1910, S. 231 ff.) geht der genannte Forscher — dessen
vielfache Verdienste um die Wissenschaft ich mit meinen Aus-
führungen in keiner Weise schmälern will — noch etwas weiter,
indem er nicht nur an dem kosmischen Ursprung der Kuttenberger
Glaskugeln festhält, sondern auch noch für einige andere Vor-
kommnisse den Meteoritencharakter wahrscheinlich zu machen sucht.
Da die Kuttenberger Kugeln ursprünglich von Prof. Dr. J. Jahn
für das mährische Landesmuseum erworben wurden!), und auch
die bei Ober-Kaunitz in Mähren gefundenen Glaskugeln, auf
welche sich ein Teil der neuen Untersuchungen Weinschenks
*) Sie wurden dann später, nachdem sie von allen Moldavitkennern,
Prof. Dr. F. E. Suess mit inbegriffen, für künstliche Gläser erklärt worden
waren, gegen eine Suite geologischer und paläontologischer Objekte eingetauscht.
42
bezieht, den Sammlungen des genannten Museums angehören, so
will ich für die Leser dieser Zeitschrift eine zusammenhängende
Darstellung der Angelegenheit geben, ohne mich jedoch darauf ein-
zulassen, die ganze Moldavitfrage neuerdings aufzurollen. Ich sehe
mich zu den nachstehenden Ausführungen durch das lebhafte
Interesse, welches diese Angelegenheit im Schoße der Mährischen
Museumsgesellschaft gefunden hat, so wie durch die wiederholten
Anfragen, die an mich über diesen Gegenstand gestellt wurden,
veranlaßt.
Die Kuttenberger Glaskugeln wurden von dem seither ver-
storbenen Straßenmeister Ph. Huda an einer Stelle gefunden, wo
früher „zerfallener und verwitterter Serpentin mit Kalksteinen“
deponiert gewesen sein soll. Diese Angabe stammt von Huda
selbst und wird von Prof. E. Weinschenk in seiner ersten Mit-
teilung wiedergegeben mit der Bemerkung, dab der Fundort
(nämlich Kuttenberg) als zweifelhaft zu bezeichnen sei, weil er
„weit außerhalb der Zone der Moldavitvorkommen“ gelegen ist.
Es dürfte nicht ohne Absicht geschehen sein, daß Huda in seiner
Beschreibung der Fundverhältnisse auf die Nähe eines Serpentin-
felsens hingewiesen hat, da es ihm wohl bekannt gewesen sein
mag, daß man Moldavite auch in den „Pyropensanden“ des
böhmischen Mittelgebirges gefunden hat und dal seinerzeit
R. Helmhacker (Mineral. Beobachtungen aus dem Böhmerwald;
Tschermaks Mineral. Mitt. 1873, S. 281ff.) den Serpentin in eine
genetische Beziehung zu den Moldaviten bringen wollte. Die Un-
haltbarkeit der Helmhackerschen Anschauungen war für jeden
Petrographen von vornherein klar, sie wurde aber auch durch
J. Bares (Časopis pro průmysl chemický 1899, Nr. 4) experimentell
dargetan. Was das Vorkommen der Moldavite in den nord-
böhmischen Pyropensanden anbelangt, so muß dasselbe nach den
Ausführungen Jahns!) wohl als zweifellos bezeichnet werden.
Ich habe schon im Jahre 1898 (in meiner Mitteilung: „Über die
Herkunft der Moldavite“, Verh. d. k. k. geolog. Reichsanstalt,
S. 417) darauf hingewiesen, daß die drei Moldavitfundgebiete —
das nordböhmische, das südböhmische und das westmährische —
keinen Zusammenhang miteinander besitzen und dab dieser
1) Nähere Mitteilungen hierüber finden sich in der Schrift: „Uber das
Vorkommen der Moldavite in den nordböhmischen Pyropensanden“, Verhandl.
d. k. k. geolog. Reichsanst. 1899, S. 81 ff.
43
Umstand der Hypothese vom kosmischen Ursprung der Moldavite
keineswegs günstig ist. F. E. Suess ist übrigens geneigt, anzu-
nehmen, dal) die wenigen, in den Pyropensanden von Trebnitz auf-
gefundenen Moldavite „auf irgend eine Weise verschleppt worden
sind“: eine Verschleppung durch Menschenhand erscheint mir
jedoch sehr unwahrscheinlich und ein Transport durch Wasser ist
geradezu ausgeschlossen durch den tadellosen Erhaltungszustand
einzelner Stücke. Bei den Kuttenberger Glaskugeln — mögen sie
nun kosmischen oder terrestrischen Ursprungs sein — hat eine
Verschleppung, und zwar eine Verschleppung durch Menschenhand,
meiner Ansicht nach gewiß stattgefunden, denn die Angaben
Hudas beweisen deutlich, dab sie in einer rezenten Schutt-
ablagerung eingebettet waren. Obwohl die Annahme einer Ver-
schleppung auch in diesem Falle — ähnlich wie bei den Trebnitzer
Vorkommnissen — die Schwierigkeiten, welche die Verbreitung der
Moldavite der Lehre von ihrer kosmischen Herkunft bereitet,
einigermaben zu beseitigen vermag, scheint Prof. Weinschenk
doch geneigt zu sein, den Fundort der Glaskugeln auch für die-
jenige Stelle zu halten, an welcher dieselben aus dem Weltraume
niedergefallen sind. Eine Verschleppung ist seiner Ansicht nach
„nicht recht“ wahrscheinlich, und zwar aus zwei Gründen, die ich
jedoch keineswegs als triftig bezeichnen kann. Fr meint nämlich
zunächst, dal) die beiden Kugeln von so „ausgesprochen edelstein-
artiger Erscheinung“ sind, dab sie wohl niemand achtlos beiseite
werfen wird, und weiter, daß eines der Stücke eine so empfindliche
Oberflächenbeschaffenheit besitzt, dab es „nur in recht vorsichtiger
Verpackung hätte transportiert werden können“.
Was nun die erste Bemerkung anbelangt, so kann ich nur
sagen, daß sich die Kuttenberger Glaskugeln äuberlich durch
nichts von gewöhnlichen Glaskugeln, wie sie die Kinder als
keineswegs kostbares Spielzeug benutzen, unterscheiden. Bei einem
der Stücke findet sich allerdings jene spröde Rindenschichte, die
man zwar niemals an Glasgegenständen, die benutzt werden, hin-
gegen an alten Gläsern, die lange Zeit in der Erde gelegen sind,
gar nicht selten beobachten kann. Diese Rindenschichte, welcher
Prof. Weinschenk in seiner ersten Mitteilung (Zentralbl. f. Miner.
usw., 1908, S. 739) eine ganz unverdiente Bedeutung beilegt, haftet
ursprünglich ziemlich fest an der unveränderten Glassubstanz,
lockert sich aber nach und nach durch mechanische Einflüsse, wie
44
z. B. die Abrollung, so stark, dal) sie- dann leicht abspringt, wie
dies eben bei den Kuttenberger Glaskugeln der Fall ist; die eine
derselben scheint die Zersetzungsrinde — denn dab es sich um
eine solche handelt, ist ganz zweifellos — schon gänzlich einge-
bübt zu haben, während dieselbe bei der andern wenigstens zum
Teil noch erhalten ist. Auf die Entstehung dieser Rinde werde
ich weiter unten noch eingehend zurückkommen.
Nimmt man mit Prof. Weinschenk Kuttenberg als eine
neue Moldavitfundstätte an, so kompliziert sich die ohnehin genug
komplizierte Moldavitfrage noch mehr, denn wir haben dann vier
beziehungsweise — wenn wir die isolierten Vorkommnisse von
Neuhaus in Böhmen als ein selbständiges Gebiet betrachten. —
fünf!) Moldavitfundgebiete, die voneinander durch weite Strecken
(meist über 100 km!) getrennt sind, auf welchen sich noch nie eine
Spur von Moldaviten gefunden hat. Dabei ist noch besonders
bemerkenswert, dab die Kuttenberger Kugeln nach Weinschenk
eine neue Gruppe oder gar — wie Prof. Weinschenk mit
Rücksicht auf die Verschiedenheiten der beiden Kugeln gemeint
hat („Zum Streit über die Echtheit der Moldavite“, loc. cit.
S. 549) — zwei neue Gruppen von Moldaviten repräsentieren,
d. h. mit anderen Worten: einem selbständigen Fall, vielleicht
sogar zwei solchen Fällen, von Glasmeteoriten angehören. die
mit dem südböhmisch-westmährischen „Kettenfall“ zeitlich nicht
zusammenfallen. Es wird nun unter diesen Umständen wohl jeder
Unbefangene gewil) zugeben, dab es im höchsten Grade un-
wahrscheinlich ist, dab gerade Böhmen auf die Glasmeteoriten
eine solche Anziehungskraft ausgeübt hat, dab sie hier zweimal
oder dreimal zu verschiedenen Zeiten, niedergefallen sind.
Entweder fielen die Kuttenberger Kugeln zufällig mitten in das
Verbreitungsgebiet der übrigen böhmisch-mährischen Moldavite,
oder diese letzteren wurden, sofern sie jünger sind als die Kutten-
berger, in einem nicht ganz geschlossenen Kreise um diese herum
gestreut. Wenn man auf der Landkarte mit dem Radius Kutten-
berg—Budweis einen Kreis beschreibt, so fallen tatsächlich alle
bekannten Moldavitfundstätten in diesen Kreis. Wohl niemand
wird hier einen besonderen Zufall gelten lassen wollen, so dab
also schon allein durch die geographische Situation des „Fall-
') Den Fundort „Eggenburg in Niederöstereich“ ziehe ich, als nicht
vollkommen sichergestellt, gar nicht in Betracht.
45
ortes“ — wenn man mit Weinschenk eine Verschleppung für
„nicht recht wahrscheinlich“ hält — die kosmische Herkunft der
Kuttenberger Glaskugeln im höchsten Grade zweifelhaft ist.
Auch Prof. Weinschenk hat eingesehen (Zentralbl. f.
Miner. usw., 1909, S. 550), daß „ein gewisses Mal von Unwahr-
scheinlichkeit vorhanden ist, dab von so seltenen Vorkommnissen
zwei verschiedene Arten ın so großer Nähe voneinander nieder-
gefallen sein sollen“. Er hat jedoch gleichzeitig auf einen analogen
Fund unter den Billitoniten, nämlich auf „zwei Glasstücke* hin-
gewiesen, „welche mit den Kuttenberger Kugeln wenigstens äußerlich
große Ähnlichkeit zu haben scheinen und von dem normalen
Typus (der Billitonite) weit abweichen“. Er meint offenbar die
beiden auf dem Berge Muhria (Java) gefundenen und im Museum
zu Amsterdam aufbewahrten Glaskugeln, von denen jedoch bloß
eine von den normalen Billitoniten stark abweicht. Die Fund-
verhältnisse sind keineswegs vollständig sichergestellt und trotzdem
die Fundstätte ein quartärer oder gar pliozäner Tuff sein soll,
hat F. E. Suess doch (Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsanst.,
1999, S. 390) die Vermutung ausgesprochen, dal diese Glaskugel
vom Vulkan Muhria „möglicherweise ein Kunstprodukt“ sein
könnte. Nach Prof. Weinschenk scheint auch unter den Austra-
liten eine analoge Erscheinung vorzuliegen, indem unter über-
wiegenden Gläsern mit dem spezifischen Gewicht von „zirka 2°4*
(nach der von F. E. Suess mitgeteilten Tabelle schwankt das
spezifische Gewicht der Australite von 2'419 bis 2'470; vgl.: „Die
Herkunft der Moldavite usw.“, Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst.
1910, 50. Bd., S. 244) ein solches mit dem spezifischen Gewicht
von +78 gefunden worden sein soll. Diese letztere Angabe
Weinschenks ist jedoch auf einen Flüchtigkeitsfehler zurück-
zuführen, da aus der Suess’schen Tabelle ganz deutlich hervor-
geht, dab es sich hier gar nicht um einen Australit, sondern
um eine „olivinführende Bombe“ von Broken Hill handelt!
Dagegen geben Ježek und Woldřich in ihrer, erst nach
der Weinschenkschen (zweiten) Mitteilung, veröffentlichten Schrift
„Beitrag zur Lösung der Tektitfrage“ (Bull. internat. de VAcad.
des Sciences de Bohéme, 1910, S. 11 des Sonderabdruckes) die
Dichte eines von ihnen untersuchten Australiten mit 2'386 an.
Eine größere Bedeutung käme dieser Differenz wohl nur dann zu,
wenn sich das betreffende Stück auch in anderen Eigenschaften
46
von den normalen Australiten unterscheidet. Im seiner neuesten
Publikation (S. 240) weicht Prof. Weinschenk, um die Schwierig-
keiten, welche die Verteilung der Fundorte der Tektite bietet, zu
umgehen, von seiner ursprünglichen Ansicht ab, indem er meint,
daß für die Bewertung eines solchen Glaskörpers die zufällige
Fundstelle „natürlich auszuscheiden“ habe; er scheint also nun-
mehr anzunehmen, daß in den meisten Fällen eine Verschleppung
stattgefunden hat.
Bei Moldaviten ganz ungewöhnlich und daher sehr verdächtig
ist die Kugelform und ebenso die fast genau gleiche Gröbe
(nahezu 10 mm im Durchmesser) der Kuttenberger Glasstücke.
Bei einer weitgehenden Erweichung der Glassubstanz auf ihrem
Wege durch die Atmosphäre konnte sich allerdings leicht die
Kugelform ergeben, es ist dann aber um so unwahrscheinlicher,
dab sich diese Kugelform auch noch nach dem immerhin mit
einer großen Gewalt erfolgenden Aufschlagen auf die Erde voll-
kommen erhalten hat. Die Australite besitzen wohl häufig Kugel-
form, diese tragen aber auch den charakteristischen Randwulst.
der beim Auffallen des weichen Glaskörpers auf die Erdoberfläche
entstanden ist und sich in ähnlicher Weise auch bei bleiernen
Gewehrkugeln, die gegen die Erde abgeschossen werden, bildet.
Prof. Weinschenk hat allerdings auch an einer der beiden
Kuttenberger Kugeln beobachtet, „dal der Äquator des Gebildes
unter der Lupe als winziger erhöhter Glaswulst deutlich hervortritt
und daß parallel zu ihm verlaufende Breitegrade in ähnlicher
Ausbildung und größerer Anzahl rings um den Stein verfolgt
werden können“ (vgl. Zentralbl. f. Miner. usw., 1908, S. 739).
Meines Erachtens läßt sich diese nur unter der Lupe erkennbare
Eigentümlichkeit durchaus nicht mit der Wulstbildung der Australite
vergleichen und als Argument zugunsten des kosmischen Ursprungs
der Kuttenberger Glaskugeln geltend machen, sie ist ohne Zweifel
auf die Fabrikation dieser Kugeln zurückzuführen.
Bezüglich der Farbe der Kuttenberger Kugeln hat schon
F. E. Suess (Zentralbl. f. Miner. usw., S. 465) bemerkt, daß er
keinen der beiden Farbentöne — die eine der Kugeln ist nämlich
mehr bläulichgrün, die andere mehr gelblichgrün gefärbt — jemals
an Moldaviten beobachtet habe. Ich lege in diesem Falle auf die
Färbung keinen allzugroben Wert, kann aber ebenfalls konstatieren,
dal) unter den Hunderten von Moldaviten, die ich gesehen habe,
kein einziger ähnliche Farbentöne aufweist, wie wir sie an den
Kuttenberger Glaskugeln sehen. Übrigens läßt die ziemlich be-
trächtliche Differenz in der Färbung der beiden zusammen auf-
gefundenen Glaskugeln die gemeinsame Abstammung recht zweifel-
haft erscheinen.
Die „edelsteinartige Erscheinung“, die Prof. Weinschenk
(Zentralbl. f. Miner. usw., 1908, S. 738) an den Kuttenberger
Glaskugeln hervorhebt, ist zum Teil auf die Farbe, zum Teil aber
auf das Brechungsvermögen der Glassubstanz zurückzuführen. Der
Brechungsexponent wurde von Prof. Becke bei der blaugrünen
Kugel mit 1'544, bei der gelbgrünen mit 1'556 bestimmt, während
der bei Moldaviten beobachtete Brechungsexponent nach Schwantke
(Zentralbl. f. Miner. usw., 1909, S. 26) für die einzelnen Farben
des Spektrums zwischen 1'475 (rot) bis 1'514 (blau-violett), nach
Jezek-Woldrich (loc. eit. S. 11 des Sonderabdruckes) zwischen
14764 (Moldavit von Radomilitz in Böhmen, für die Lithium-
flamme) und 14952 (Moldavit von Krochoty in Mähren, für die
Thalliumflamme) schwankt, also immer erheblich niedriger ist als
der Brechungsexponent der künstlichen Gläser. Die Kuttenberger
Kugeln schließen sich also in dieser Beziehung an die letzteren
an und sind schon aus diesem Grunde, wie Prof. Becke (in
F. E. Suess, Notizen über Tektite, loc. cit. S. 467) bemerkt,
jedenfalls keine Moldavite, sondern „irgend ein Artefakt“.
Unter der Lupe läßt sich erkennen, daß die Kuttenberger
Glaskugeln viel zahlreichere Luftbläschen enthalten als die Moldavite;
die Fluidalstrucktur ist — wie bei den Moldaviten deutlich
wahrzunehmen. Kristallinische Einschlüsse konnte ich nicht fest-
stellen, wohl aber ließen einzelne, räumlich sehr beschränkte
Partien der Glasmasse im polarisierten Licht zwischen gekreuzten
Nikols ein deutliches Aufleuchten erkennen.
Eine chemische Analyse der Kuttenberger Glaskugeln wurde
bisher nicht ausgeführt; es ist jedoch von vornherein mit Sicherheit
anzunehmen, daß die chemische Zusammensetzung derselben weit
mehr den künstlichen Gläsern als den Moldaviten entspricht. Der
lebhafte Glanz deutet auf einen hohen Kalkgehalt.
Wir haben nun noch die Oberflächenbeschaffenheit der
Kuttenberger Glaskugeln zu besprechen. Prof. Weinschenk
meint in seiner ersten Abhandlung (Zentralbl. f. Miner. usw., 1908,
S. 738f.), daß die Oberfläche der „chrysolithfarbigen“ Kugel
48
(es ist dies jene, die ich hier als blaugrün bezeichne) „über und
über von kleinen, näpfchenähnlichen Vertiefungen von verschiedener
Größe bedeckt“ sei und dab sie in dieser Beziehung „mit der
Oberfläche zahlreicher verwandter Bildungen wohl übereinstimmt“.
Ich habe schon in meiner ersten Entgegnung (Zentralbl. f. Miner.
usw., 1909, S. 453) behauptet, daß die Oberflächenskulptur der
Kuttenberger Glaskugeln mit jener der Moldavite „so gut wie
sar keine Ähnlichkeit“ aufweist und daß sie einfach darauf
zurückzuführen ist, daß die durch Zersetzung des Glases ent-
standene Rindenschichte längs den zahlreichen, feinen Rissen,
welche sie (durchsetzen und von der unveränderten Glasmasse
trennen, sich abgelöst hat, wobei erhöhte, mehr oder weniger
polygonal bis rundlich begrenzte Teilchen der letzteren an der
Rinde hängen blieben, genau so, wie ich es an unzweifelhaft
künstlichen Gläsern wiederholt beobachtet habe. Auch F, E. Suess
bestreitet („Notizen über Tektite“; Zentralbl. f. Miner. usw., 1909,
S. 466) die Ähnlichkeit der Oberflächenskulptur der Kuttenberger
Glaskugeln mit der Skulptur der Moldavite.
Der Verlauf der erwähnten Risse erinnerte mich lebhaft an
das sogenannte „Uraquelde-Glas“. Durch das Ausbrechen ein-
zelner, von den Üraquelde-Rissen begrenzter Partien der unver-
änderten Glasmasse entstehen an der Oberfläche jene kleinen Ver-
tiefungen, die Prof. Weinschenk mit den „Nápfchen“ der Molda-
vite verglichen hat. In Wirklichkeit haben sie jedoch mit den
Näpfchen nur eine sehr geringe Ähnlichkeit, schon infolge
des Umstandes, daß ihre Form durch den Verlauf der einzelnen,
zusammenstoßenden, zumeist nur schwach bogenförmig gekrümmten
Risse bedingt ist. Niemals treten selbständige, von den übrigen
getrennte, rundliche Vertiefungen auf, die Grübchen ziehen sich
vielmehr dicht aneinander, nur durch die mehr oder weniger
scharfen, den ursprünglichen Rissen entsprechenden Kanten von-
einander geschieden.
Diese eigentümliche Skulptur findet sich nur an Gläsern, von
deren Oberfläche eine von zahlreichen Kapillarklüften durchzogene
Zersetzungsschichte abgelöst wurde, und der von Prof. Weinschenk
(Zentralbl. f. Miner. usw., 1908, S. 739) hervorgehobene besondere
Glanz ist eben nur darauf zurückzuführen, daß es sich um frische
Bruchtlächen handelt; aus demselben Grunde erscheint, wie
Prof. Weinschenk selbst bemerkt, auch die Unterseite der Rinde
49
glánzend und zeigt einen vollkommenen Abdruck aller Details
der darunter liegenden Glasoberfläche.
Aus dem eben (resagten ergibt sich von selbst, daß die
(srübchen der Kuttenberger Glaskugeln unmöglich als Analoga der
Näpfchen hingestellt werden können. Die Näpfchen der Moldavite
zeigen, wie überhaupt alle Skulpturformen derselben, die auf
„aolische Korrosion“ zurückgeführt werden, niemals den lebhaften
Glasglanz frischer Bruchflächen, sondern den charakteristischen,
matten „Lackglanz“, der wiederum der Oberfläche der Kuttenberger
Glaskugeln gänzlich mangelt. Die Skulptur der Kuttenberger
Kugeln ist — um einen von F. Berwerth („Oberfláchenstudien
an Meteoriten“; Tschermaks Miner. u. petrogr. Mitt., 1910, N.
W. XXIX. Bd., S. 160) eingeführten, in unserem Falle durchaus
zutreffenden Ausdruck zu gebrauchen — ausgezeichnet „rhegma-
glyptisch“, d. h. durch mechanisches Ausbrechen entstanden.
Auf der „aquamarinfarbigen“ Kugel will Prof. Weinschenk
„äuberst zarte, manchmal mäandrisch sich verschlingende, aber
ziemlich unregelmäßig angeordnete Schmelzrinnen“ beobachtet
haben. Ich fand die Oberflächenskulptur dieser Kugel zwar etwas
abweichend von der der „chrysolithfarbigen“, aber im Wesen doch
mit der letzteren insofern übereinstimmend, als auch hier die
(srübchen ohne Zweifel durch Ausbrechen der an der äußerlichen
Zersetzungsschichte anhaftenden Glasmasse entstanden sind. Bei
beiden Kugeln ist die Skulptur durch einen plötzlich wirkenden,
mechanischen Eingriff, nämlich durch die Ablösung der Rinde,
entstanden und kann unmöglich durch einen Korrosionsvorgang
— weder durch äolische noch durch chemische Korrosion — erklärt
werden, da die Oberfläche der korrodierten Glassubstanz niemals
den lebhaften „besonderen“ Glanz besitzt, wie ihn die „Ziselierung“
der Kuttenberger Kugeln zeigt. Ganz ausgeschlossen ist die
Ansicht Weinschenks, dab diese „Ziselierung“ die normale
Oberfläche der vermeintlichen Moldavite darstellt, da ja die
Rindenschichte ursprünglich eine glatte, an einzelnen Stellen noch
jetzt deutlich glasglänzende Oberfläche besaß. Wäre diese Zer-
setzungsschichte wirklich, wie Prof. Weinschenk behauptet, eine
Schmelzrinde, so hätte ja durch die Bildung dieser Schmelz-
rinde die ursprüngliche „Ziselierung“ vollständig zerstört
werden müssen, da ja die Schmelzrinde doch immer nur durch
eine Umschmelzung der oberflächlichen Partien der Glaskugeln
Zeitschrift des mähr, Landesmuseums. XIT, 1. 4
50
entstehen konnte. War einmal die Glasmasse während ihres sup-
ponierten Fluges durch die Atmosphäre an der Oberfläche so weit
erweicht, dab sie der äolischen Korrosion zugänglich war, so
konnte bei noch stärkerer Erweichung der Glassubstanz entweder
eine noch schärfere Ausbildung (etwa wie die hakenförmigen
Umbiegungen an dem Glaskörper von Kälna in Schonen) oder
aber eine Aufschmelzung, d. h. Vernichtung der ursprüng-
lichen Skulptur eintreten. Wenn sich eine besondere „Schmelz-
rinde“ hätte bilden können, so mübte diese — wie dies bei wirk-
lichen Meteoriten der Fall ist — sich den Unebenheiten der
Skulptur anschmiegen; bei den Kuttenberger Kugeln trifft dies
nicht zu, denn bei einer derselben, die noch ansehnliche Teile
der Rinde trägt (bei der andern ist die Rindenschichte fast ganz
abgebröckelt), läßt sich mit voller Sicherheit erkennen, daß, wie
bereits oben bemerkt, die Oberfläche der Rinde ganz glatt und
glasglänzend war. Unter einer solchen skulpturlosen „Schmelz-
rinde“ konnte sich jedoch unmöglich die „normale Oberfläche
„mit Näpfchen usw.“ erhalten. Es sei hier übrigens bemerkt, dab
einer der hervorragendsten Meteoritenkenner, nämlich Prof. Ber-
werth in Wien, die eigentümliche Skulptur der Moldavite nicht
als einen Beweis ihrer kosmischen Herkunft gelten lassen will (vgl.
F. Berwerth: „Oberflůchenstudien an Meteoriten“; Tschermaks
Miner. petrogr. Mitteil., 1910, N. F. XXIX. Bd., S. 165), dieselbe
vielmehr auf irdische Einflüsse zurückzuführen geneigt ist. Wie
meinen Hinweis auf die Rindenbildung alter Glasgefüße hat Prof.
Weinschenk auch die schwerwiegenden Ausführungen Berwerths
vollständig ignoriert!!)
Die Schmelzrinden wirklicher Meteoriten verhalten sich, wie
Prof. Weinschenk in seiner ersten Abhandlung (Zentralbl. f.
Miner. usw., 1908, S. 741) selbst bemerkt, insofern ganz anders
als die angebliche Schmelzrinde der Kuttenberger Glaskugeln, als
!) In neuester Zeit ist es dem Assistenten am böhmischen Museum in
Prag, Dr. B. Ježek, gelungen, auf Obsidiankugeln und oberflächlich angeschlif-
fenen Moldaviten durch Behandlung mit verdünnter Fluorwasserstoffsäure
Korrosionserscheinungen hervorzurufen, die lebbaft an die Skulptur der Billi-
tonite, zum Teil auch an gewisse Typen der Moldavitskulptur erinnern (vgl.
Dr. B. Ježek: „Dnešní stav otázky vltavinové“; Sep.-Abdr. aus dem 41. Jahres-
ber. des „Prirodoved. klub“ in Prag, 1911). Die künstlich korrodierten Obsidiane
und Moldavite besitzen auch den charakteristischen Lackglanz, der den Kutten-
berger Glaskugeln, wie bereits früher bemerkt wurde, gänzlich mangelt.
sie sich, wenn sie nicht zu fest an der unveránderten Substanz
haften, mit „ziemlich glatter Unterflůche“ ablösen, während die
abgebröckelten Rindenpartien der Kuttenberger Kugeln auf der
Unterseite immer noch etwas von der darunter liegenden unver-
änderten Glassubstanz mitnehmen.
Es drängt sich aber auch noch die Frage auf, wie so es
kommt, dal die bis zur Bildung einer Schmelzrinde erweichte
Oberfläche der Glaskugeln gar keine Spuren von äolischer
Korrosion erkennen läßt. Prof. Weinschenk hat sich ebenfalls
diese sehr wichtige Frage vorgelegt und eine Beantwortung
derselben in der Annahme gefunden, dab die „matte, fast ganz
gerundete und gar nicht ziselierte Außenfläche der Rindenschicht
des Moldavits von Kuttenberg“ gar nicht die ursprüngliche
Außentläche der Rinde darstelle, sondern dab die durch „ganz
bestimmte Außenformen“ (damit sind jedenfalls die Wirkungen
der äolischen Korrosion gemeint) charakterisierte eigentliche Auben-
schichte „höchstwahrscheinlich später durch Abbröckeln des split-
terigen Materials“ diese „Außenformen“ wieder verloren hat.
Mit dieser Annahme werden die Kuttenberger „Moldavite“
plötzlich zu so komplizierten Körpern, daß ihre Ähnlichkeit mit
den wirklichen Moldaviten noch um ein bedeutendes verringert
wird. Wenn wir uns einen Durchschnitt durch eine solche Kugel,
wie sie nach Weinschenk unmittelbar nach dem Niederfallen
beschaffen war, hergestellt denken, so ergibt sich folgendes Bild:
Der innere Glaskörper zeigt die grubige (,ziselierte“) Ober-
fläche, welche nach Weinschenk die „normale“ Oberfläche sein
soll. Über diese hat sich eine „Schmelzrinde“ (2) gebildet, deren
Oberfläche stellenweise noch ganz glatt und glasglänzend, an
4*
anderen Stellen infolge der auch von Weinschenk angenommenen
„mechanischen Abnutzung“ mehr rauh und matt ist. Über diese
Schichte soll sich ursprünglich noch eine weitere Außenschichte (c)
gebreitet haben, welche an der Oberfläche wiederum, wie der
innere Glaskörper, die Kennzeichen der äolischen Korrosion ge-
tragen hat, die jedoch später „durch Abbröckeln des splitterigen
Materials“ wieder gänzlich verloren gegangen sind.
Es ist wohl leicht einzusehen, dab eine derartige Struktur
bei wirklichen Tektiten gar nicht entstehen kann. Ich halte
schon die Bildung einer eigenen, von der übrigen Glasmasse leicht
ablösbaren Schmelzrinde bei den Moldaviten für ganz unmöglich
und bin — im Gegensatze zu Prof. Weinschenk — davon über-
zeugt, dal) die wirklichen Moldavite niemals eine solche Rinde,
wie sie an den Kuttenberger Glaskugeln zu beobachten ist, be-
sessen haben. Nach Prof. Weinschenk ist diese Rinde „zweifellos
ein Umschmelzungsprodukt des Moldavits“; diese „Umschmel-
zung“ kann jedoch nur vor oder während der Ausbildung des
Oberflächenreliefs stattgefunden haben, da durch eine nachherige
Umschmelzung die oft sehr scharfkantigen Skulpturformen ohne
Zweifel wesentlich modifiziert oder ganz verwischt worden wären;
die dünnwandigen Erhöhungen würden selbstverständlich zuerst
geschmolzen sein und die geschmolzene Glasmasse hätte die Ver-
tiefungen ausgefüllt, so daß endlich eine glatte Oberfläche, wie
wir sie an der Rinde der Kuttenberger Kugeln sehen, entstanden
wäre. Unter einer auf diese Weise entstehenden Schmelzrinde
konnte sich natürlich unmöglich die ursprüngliche Skulptur er-
halten; wollte man jedoch annehmen, dab die einzelnen Skulptur-
details jedes für sich eine oberflächliche Umschmelzung erlitten
haben, dann bleibt die Bildung der glatten Oberfläche der an-
geblichen „Schmelzrinde“ unerklärt, ganz abgesehen davon, dab
sich durch eine oberfächliche Umschmelzung einer Glasmasse
niemals eine leicht ablösbare Rinde bilden wird. Wäre dies der
Fall, so müßten Reste einer solchen bei den Moldaviten sehr
häufig zu sehen sein, da sie aus den tiefen Kerben und Einschnitten
unmöglich vollständig herausfallen konnte. In Wirklichkeit kennt
man jedoch, wie bereits oben bemerkt, solche Rinden an den
Moldaviten nicht, denn die „sehr dünne Schmelzrinde“, auf welche
nach F. E. Suess („Über den kosmischen Ursprung der Moldavite‘;
Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsanst., 1908, S. 392) wahrschein-
lich der lebhafte Lackglanz der Moldavite zurückzuführen ist,
läßt sich, wenn sie überhaupt existiert, durchaus nicht mit der
verhältnismäßig dicken, spröden, leicht ablösbaren Rinde der
Kuttenberger Kugeln vergleichen. Auch die Oberfläche des von
Fr. Eichstädt und später auch F. E. Suess („Notizen über
Tektite“; Zentralbl. f. Miner. usw., 1909, S. 462 ff.) und W. Wahl
(„Beiträge zur Kenntnis des Tektiten von Kůlna in Skáne“; Geolog.
For. i. Stockholm Förh. 1909, XXXI. Bd., S. 471—478) beschrie-
benen, von Kálna in Schweden stammenden, moldavitáhnhchen
Glaskörpers, die nach F. E. Suess ein feines Netzwerk wirr durch-
einanderlaufender Schmelztältchen bildet und im verkleinerten
Maßstabe das Bild der Schmelzrinde des Meteorsteines von Stannern
wiederholt, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit der Ober-
fläche der vermeintlichen Schmelzrinde der Kuttenberger Glas-
kugeln. Ich bin überzeugt, dab sich die firnisartig glänzende Ober-
fläche des Glaskörpers von Kälna ebensowenig wie bei den Mol-
daviten und korrodierten künstlichen Gläsern von der übrigen
Glasmasse ablösen läßt; sie dürfte überhaupt keine selbstän-
dige Schichte bilden und daher in einem normal zur Ober-
tläche geführten Schnitt auch bei sehr starker Vergrößerung von
der eigentlichen Glassubstanz gar nicht zu unterscheiden sein.
Auch wenn man zugibt, daß die lack- und firnisartig glänzende
Oberfläche der Moldavite durch eine Aufschmelzung entstanden
ist, so darf man doch kaum von einer wirklichen, selbständigen
„Schmelzrinde“ sprechen, mag man sich diese auch noch so dünn
denken. Auch F. E. Suess meint in seinem auf der 81. Ver-
sammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Salzburg ab-
gehaltenen Vortrage: „Über Gläser kosmischer Herkunft“ (ab-
gedruckt in der „Naturwiss. Rundschau“, 1909), dab bei den
(kosmischen) Gläsern eine „flüssige Schmelzrinde, welche sich von
der festgebliebenen Substanz scharf sondert“, anscheinend gar
nicht zustande gekommen ist.
Diese Ansicht findet eine kräftige Stütze in den von J. Bares
(loc. eit.) ausgeführten Schmelzversuchen. Diese haben ergeben,
daß sich der Moldavit bei 1250° C, also noch ziemlich weit unter
dem Schmelzpunkte, mit einer grünen, undurchsitigen, sehr dünnen
Schichte überzog, während die bei 14009 C eingetretene Um-
schmelzung ein schön grün gefärbtes, nur durch einzelne Streifen
der früher erwähnten, undurchsichtigen Schichte verunreinigtes
Glas ergab. Die Bildung einer von der übrigen Glasmasse unter-
scheidbaren oder gar ablösbaren „Schmelzrinde“ wurde nicht
beobachtet und es ist demnach wohl kaum anzunehmen, dab sich
eine solche auf natürlichem Wege bilden könnte. Diese Rinde
ist eben keine Schmelzrinde, sondern, wie weiter unten ein-
sehender bewiesen werden wird, das Produkt einer langsamen ober-
Háchlichen Zersetzung der Glassubstanz. Die Tatsache, daß sich
bei Moldaviten eine solche Zersetzungsschichte noch niemals vor-
gefunden hat, wird man ja vielleicht sogar als einen der vielen
Unterschiede, die ohne Frage zwischen den Moldaviten und den
künstlichen Gläsern bestehen, hinstellen dürfen.
Schon in meiner ersten Entgegnung an Prof. Weinschenk
habe ich darauf hingewiesen, dab ganz ähnliche Rinden, wie sie
die blaugrüne Glaskugel von Kuttenberg zeigt, gar nicht selten
auf unzweifelhaft künstlichen Gläsern, die lange Zeit in der Erde
selegen sind, infolge einer von außen nach innen wirkenden, oft
nur auf einzelne Partien der Oberfläche beschränkten Zersetzung
der Glassubstanz gebildet werden. Die Widerstandsfähigkeit des
Glases gegen äußere Einwirkungen wird ja gewöhnlich stark über-
schätzt; in Wirklichkeit sind die meisten Gläser außerordentlich
empfindlich und werden bei hoher Temperatur und entsprechendem
Druck schon durch Wasser vollständig zersetzt. Durch
kochendes Wasser werden nach Pelouze (Comptes rendus, 1856,
XLIII. Bd., S. 117) 10—33°/, der Glassubstanz zersetzt und die
alkalische Reaktion, welche mit Wasser angefeuchtetes Glaspulver
zeigt, beweist, dal) eine teilweise Zersetzung des Glases durch
Wasser auch schon bei gewöhnlicher Temperatur eintritt.
Unter den mannigfaltigen Veränderungen, welche die Gläser
erleiden können, ist nur die bei höherer Temperatur eintretende
„Entglasung“ oder das „Krátzigwerden“ näher studiert worden,
während man sich für die bei gewöhnlicher Temperatur und dabei in
der Regel sehr allmählich auftretenden Veränderungen seit Sorby
nur in geringem Mabe interessiert zu haben scheint. Allen Glas-
technikern ist es aber sehr wohl bekannt, daß schon die Luft-
feuchtigkeit eine gewisse Einwirkung auf das Glas ausübt.
Bunsen hat nachgewiesen, daß das Glas an seiner Oberfläche
Wasser verdichtet und energisch zurückhält; dieses Wasser vermag
seinerseits eine sehr bedeutende Menge (mehr als das 2000fache
Volumen!) von Kohlendioxyd aus der Luft aufzunehmen und dadurch
insbesondere jenen Prozel) zu beschleunigen, den man als das
„Blindwerden“ des (rlases bezeichnet.
Selbst sehr schwache Säuren wirken auf manche Gläser so
energisch ein, dal) eine oberflächliche Zersetzung sehr rasch eintritt.
So teilt Warrington (in Erdmanns Journal 1845, XXXVL Bd.,
S. 37) die Analyse eines Flaschenglases mit, welches durch den
in der Flasche aufbewahrten Wein zersetzt worden war und Peligot
berichtet (Ann. du Conserv., II. Ba., S. 458) über die Untersuchung
des Glases einer Champagnerflasche, deren Inhalt infolge einer
eingetretenen Veränderung des Glases nach wenigen Tagen verdarb.
In beiden Fällen handelt es sich um ungewöhnlich kalkreiche,
kieselerdearme Gläser, auf welche wir später noch zurück-
kommen werden.
Bei der langsamen, durch relativ sehr schwache Agentien
bewirkten Zersetzung der Glassubstanz bilden sich sehr häufig
dünne, irisierende Häutchen, welche leicht abblättern. Mitunter
bleiben aber die zersetzten Schichten miteinander ziemlich fest
verbunden, so dab sich nach und nach eine Art Rinde bildet, die
jedoch immer noch eine deutlich blätterige Struktur erkennen
läßt. Die unter dieser Rinde liegende Glasoberfläche zeigt in der
Regel einen schwachen Glanz, der an den Lackglanz der Moldavite
erinnert, sowie zarte, grubige Korrosionen. Bei mittelalterlichen
(rlasgefäßen, die viele Jahrhunderte hindurch in der Erde gelegen
sind, ist diese Rindenbildung mitunter so weit vorgeschritten, dal
auf dem Querbruche des Glases nur mehr ein ganz schmaler
Streifen durchsichtiger, unveränderter Glassubstanz zu erkennen
ist, während die übrige Masse undurchsichtig, mürbe und an der
Oberfläche mit einem perlmutterartigen bis ausgesprochen metal-
lischen Glanz versehen erscheint.
Diese Art der langsamen Zersetzung des rlases scheint
ziemlich allgemein bekannt zu sein, ist jedoch durchaus nicht die
einzige. Man findet nämlich sehr häufig, dal) die Zersetzung nicht
die gesamte Oberfläche des Glases gleichmäbig angreift, sondern
dab sie von einzelnen Punkten ausgeht, sowohl seitwärts als auch
gegen das Innere der Glasmasse fortschreitend. Mitunter zeigen
sich in der durchsichtigen Glasmasse winzig kleine, weibe Pünktchen,
die unter der Lupe wie strahlige Kristallaggregate aussehen, bei
der Untersuchung im polarisierten Lichte jedoch als nichtkristalline,
optisch-isotrope Gebilde erkannt werden. Mit Entglasungsvor-
gängen hat ihre Entstehung nichts zu tun, sie dürften vielmehr,
da sie fast stets ganz nahe an der Oberfläche des Glases auftreten,
durch einen lokalen Zersetzungsprozeb hervorgerufen worden sein.
Viel häufiger als diese eigentümlichen Gebilde entstehen an
verschiedenen Punkten der Glasoberfläche rundliche oder rundlich-
polygonale Flecken von weißer oder gelblicher Farbe, die sich
von der umgebenden Glasmasse sehr scharf abheben. Sie ver-
größern sich allmählich und verschwimmen schließlich miteinander
zu wolkigen Partien, die sich von der darunter betindlichen Glas-
masse, wenn auch meist nicht gerade leicht, abheben lassen, wobei
die Oberfläche der letzteren ein grubiges Relief annimmt. Die
Gruben entstehen hier dadurch, daß die Zersetzung von den er-
wähnten Flecken aus nicht bloß seitlich, sondern verhältnismäßig
rasch auch nach der Tiefe fortschreitet; die zersetzte Glasmasse
ist gewöhnlich nur in sehr dünnen Schichten durchscheinend und
zeigt mitunter ein deutlich blätteriges Gefüge.
Ziemlich abweichend ist eine dritte Art der langsamen Zer-
setzung des Glases. Auch hier entstehen von einzelnen Punkten
aus Flecken, die sich vergrößern und schlieblich eine zusammen-
hängende Rindenschichte bilden. Diese Rindenschichte ist immer
anders getärbt als die unveränderte Glasmasse, von zahlreichen,
teils gröberen, teils sehr zarten Sprüngen durchsetzt, jedoch zum
Unterschiede von den früher betrachteten Zersetzungsrinden immer
noch ausgesprochen glasig. In der Regel zeigt diese Rinde
eine gelbliche bis bräunliche Färbung, offenbar infolge der Oxydation
des in der Glasmasse vorwiegend als Monoxyd enthaltenen Eisens;
die innerste, sehr dünne Schichte hebt sich manchmal mit weißer
Farbe von der darunterliegenden Glasmasse ab.
Bei den einzelnen Flecken kann man zumeist deutlich er-
kennen, dab von einem Punkte aus, welcher gleichsam das Zentrum
der Zersetzung bildet, mehr oder weniger radial verlaufend, flach-
bogige Sprünge ausgehen. Diese sind untereinander durch Quer-
klüfte verbunden, so dab ein ganzes Netz von Diskontinuitäten
die Zersetzungsrinde durchzieht und die geringe Festigkeit der-
selben bedingt. Mitunter zieht sich zwischen den Radialklüften
ein System äußerst zarter, eng gedrängter, konzentrischer Bogen-
linien, die unter dem Mikroskop lebhaft an die Guillochierung der
Fischschuppen erinnern und ebenfalls nichts anderes wie Zerklüftungs-
erscheinungen sind: häufig werden sie erst nach dem Befeuchten
57
der Rinde mit Wasser deutlich sichtbar. An der Oberfläche der
Bruchstücke eines (höchstwahrscheinlich altvenezianischen) Glas-
bechers beobachtete ich Aussprengungen sehr flacher, perlmutter-
glänzender Kugelkalotten mit nur sehr wenigen konzentrischen
Bogenlinien und ohne Radialklüfte.
Die die Rinde durchsetzenden und sich teilweise bis in die
unveränderte Glasmasse hineinziehenden zarten Sprünge erinnern
mitunter sehr lebhaft an die Oberfläche des sogenannten „Craguelé“-
(Glases. Sie verlaufen im allgemeinen annähernd normal zur Glas-
oberfáche, doch gibt es auch Risse, die — wie z. B. die früher
erwähnten, eine Art Guillochierung erzeugenden — mehr oder
weniger parallel zur Oberfläche verlaufen. Da mitunter auch die
glasigen Zersetzungsrinden eine deutlich blätterige Struktur er-
kennen lassen, so ist die Art und Weise, wie sich die Zersetzungs-
rinde von der übrigen Glassubstanz abtrennt, bei den verschiedenen
(släsern ziemlich verschieden. Wenn sie leicht abblättert, so pflegt
die zurückbleibende Glasoberfläche mit einer sehr dünnen, matt-
glänzenden, feingrubigen Schichte, die sich nicht ablösen läßt,
überzogen zu sein. In anderen Fällen reichen die die Rinde
durchziehenden Sprünge so tief in die unveränderte Glasmasse
hinein, daß die Rinde zwar leicht, aber doch nicht ohne Ver-
letzung der unzersetzten Glassubstanz entfernt werden kann. Dann
erscheint die Oberfläche des Glaskörpers unter der Rinde lebhaft
glänzend und mit einer eigentümlichen Skulptur versehen, die
sich sehr leicht dadurch erklärt, daß beim Ausbrechen der einzelnen
Rindenteilchen auch immer noch etwas von der unveränderten
Glasmasse mitgenommen wurde. Die Grübchen der Glasoberfläche
entsprechen der Konvexitäten der abgesprengten Rindenpartikel
und ihre Begrenzungen dem die Rinde durchziehenden System
von Klüften.
Die Unterseite der abgelösten Rinde und die Oberfläche des
zurückbleibenden Glaskörpers sind also substanziell ganz gleich
und nur durch das Relief voneinander; verschieden, indem] sich
Vertiefungen und Erhöhungen gegenseitig entsprechen. Gibt man
dies zu, so kann man dieses Relief selbstverständlich nicht länger
für die „normale Ziselierung“, d. h. für die Wirkung einer äoli-
schen Korrosion, halten. Daß meine Erklärung richtig ist, be-
weist übrigens auch eine von Prof. Weinschenk (Zentralbl. f.
Min. usw. 1908, S. 739) mitgeteilte, aber nicht gebührend gewůr-
digte Beobachtung. Er bemerkt nämlich ganz richtig, daß sich die
matte Rinde der „chrysolithfarbigen“ Kugel ziemlich leicht „mit
slänzender Unterfláche“ von dem unter ihr lebhaft glasglänzen-
den Körper des „kompakten Moldavits“ abhebt. Diese „glänzende
Unterfläche* rührt jedoch nicht von der als matt bezeichneten
Rinde, sondern zweifellos von der der Unterseite der Rinde anhaf-
tenden, unveränderten Glassubstanz her.
k
Fig. 2.
Prof. Weinschenk hat bei seiner Beschreibung der Kutten-
berger Glaskugeln (loc. cit. S. 739) auf das Vorhandensein der
„Rindenschicht“ ein ganz besonderes Gewicht gelegt und gemeint,
daß es kaum einen strikteren Beweis für die kosmische Na-
tur der Kuttenberger Glaskugeln gibt. Ich habe schon in meiner
ersten Entgegnung zwei GlasgefäBe beschrieben, welche genau
dieselbe Rindenbildung zeigen wie die Kuttenberger Kugeln;
der untere Teil eines dieser (efäße ist auch hier (Fig. 2) darge-
Qt
stellt und läßt deutlich erkennen, daß die Glassubstanz zum Teil
noch ganz unverändert ist (die dunklen Partien der Figur), zum
Teil helle, isolierte oder zu größeren Komplexen vereinigte Zer-
setzungsflecken aufweist, während sich auf der Bodenpartie eine
Rinde gebildet hat, die an den mit X bezeichneten Stellen bereits
ausgebrochen ist. Diese Rinde stimmt in allen Eigenschaften
mit der von mir ebenfalls untersuchten Rindenschicht der
Kuitenberger Kugeln überein; für die kosmische Natur der
letzteren hat also das Vorhandensein der Rinde nicht die geringste
Beweiskraft.
Seit meiner ersten Publikation habe ich die Bildung einer
Zersetzungsrinde auch noch an verschiedenen anderen Glasresten
beobachtet. An dem Fragment eines dünnwandigen, kunstvoll ge-
blasenen Glasbechers (wahrscheinlich altvenezianischen Ursprungs),
dessen Glasmasse ich einer quantitativen chemischen Analyse unter-
zogen habe, erreicht die Rinde ungefähr !/, der Wandstärke; durch
ihre gelbbraune Farbe hebt sie sich scharf von der darunter liegen-
den, blaugrünen Glasmasse ab und hinterläßt nach dem Ausbrechen
auf der Oberfläche der letzteren rundliche oder elliptische, mitein-
ander teilweise verschmelzende Vertiefungen, die unter der Lupe
eine zarte Guillochierung erkennen lassen.
An einer kleinen Medizinflasche aus hellgrünlichem Glas fand
ich den größten Teil der Oberfläche mit einer gelblichen bis bräun-
lichgelben Rinde bedeckt, während sich auf der Innenseite nur sehr
dünne, irisierende Blättchen ablösen ließen. Die Rindenbildung
folgt auf diesem Gefäße ganz deutlich den Linien, die der Fluidal-
struktur des Glases entsprechen. Es bilden sich kleine, perlschnur-
artig aneinandergereihte, rundliche Vertiefungen oder langgestreckte
Furchen, die an den Enden meist rundlich begrenzt, mitunter
jedoch in eine nahezu geradlinige, scharfe Spitze ausgezogen er-
scheinen. Auch von den an Wurmgänge erinnernden Furchen
laufen mitunter nach seitwärts geradlinige, scharf zugespitzte Apo-
physen, die den Eindruck hervorbringen, als hätte man es mit
Entglasungserscheinungen Kristallisationen) zu tun: im polarisier-
ten Licht erweisen sich auch diese Rindenpartien als isotrop.
Bei einer aus der Umgebung von Krasna stammenden Glas-
kugel, die noch deutlich den Ansatz der Pfeife und in der blau-
grünen Glasmasse zahlreiche, nur zum Teil geschmolzene Quarz-
körner erkennen läßt, beobachtete ich Reste einer sehr dünnen,
60
braungelben Rinde, welche ursprünglich wohl die ganze Oberfläche
der Kugel bedeckt hat. Bemerkenswert ist die Skulptur der unter
der Rinde liegenden Glasoberfläche, welche mit ihren verhältnis-
mäßig tiefen Gruben und wurmgangähnlichen Korrosionen viel
eher mit der Skulptur der Moldavite verglichen werden kann, als
dies bei den Kuttenberger Kugeln der Fall ist!).
Schon die wenigen hier angeführten Beispiele zeigen zur Ge-
nüge, daß auch die Bildung einer Zersetzungsrinde in recht mannig-
faltiger Weise vor sich gehen kann. Es spielen hier außer der che-
mischen Zusammensetzung des Glases und der Art der auf letzteres
einwirkenden Agentien ohne Zweifel auch noch andere Faktoren
mit, die sich unserer Kenntnis entziehen. So scheint z. B. die
Tatsache, daß Außen- und Innenseite von Glasgefiben oft ganz
verschiedene Arten der Zersetzung aufweisen, darauf hinzudeuten,
daß auch geringe Differenzen in den im Glase vorhandenen inneren
Spannungen einen gewissen Einfluß auf den Verlauf der Zersetzungs-
prozesse haben. Auf die chemischen Veränderungen, die mit der
Rindenbildung des Glases verbunden sind, komme ich erst am
Schlusse dieser Abhandlung zu sprechen. Hier will ich mit Rück-
sicht auf die Wichtigkeit, welche Prof. Weinschenk der Rinden-
schicht der Kuttenberger Kugeln beilegt, auf die physikalischen
Eigenschaften der Zersetzungsrinde zweifellos künstlicher Gläser
noch etwas näher eingehen.
Daß die Rinde von zahlreichen feinen Sprüngen durchsetzt
ist, wurde bereits bemerkt; mit dieser Tatsache hängt nicht nur
ihre Sprüdigkeit und leichte Zerbrechlichkeit, sondern auch ihre
Eigenschaft, an der Zunge oder an der feuchten Lippe zu
haften, zusammen. Diese Eigenschaft erwähnt Weinschenk
(Zentralbl. für Miner. usw. 1908, S. 740) auch von der Rinde
der Kuttenberger Kugeln und bemerkt ganz richtig, dab sie
„nicht die Folge einer blasigen Struktur“ sei, sondern auf
1) Eine ähnliche Glaskugel mit tiefen Korrosionsfurchen bildet Dr. B.
Ježek in seiner neuesten Schrift („Dnešní stav otázky vltavinové“, loc.
cit. S. 9 d. Sep.-Abdr.) ab. Eine mit dieser bei Bohuslawitz (unweit von Neu-
stadt an der Mettau) in Böhmen gefundenen Glaskugel auch in der Größe
übereinstimmende Kugel kam kürzlich mit einer Suite von Moldaviten in den
Besitz des mährischen Landesmuseums. Sie wurde bei Slawitz nächst Trebitsch,
also im Verbreitungsgebiete der mährischen Moldavite, gefunden, ist aber ohne
Zweifel ein Kunstprodukt.
61
einer ,auberordentlich feinrissigen Beschaffenheit“ der Rindensub-
stanz beruhe. Merkwiirdigerweise spricht Prof. Weinschenk in
einer späteren Mitteilung (Zentralbl. f. Miner. usw. 1909, S. 547)
von einer „braunen, blasigen Glasrinde“ und einige Zeilen weiter
von der „braunen, blasigen Hülle aus Glas“!), indem er meint,
daß sich eine solche unmöglich durch Verwitterungsprozesse,
sondern „nur durch momentane enorme Erhitzung“ bilden könne.
In Wirklichkeit sind auch die zweifellos durch langsame Zer-
setzung („Verwitterung“ ist hier nicht der zutreffende Ausdruck)
entstandenen Glasrinden feinrissig, aber niemals blasig, gerade
so wie die Rinde der Kuttenberger Kugeln. Es besteht demnach
in dieser Beziehung zwischen der letzteren und den unzweifelhaften
Zersetzungsrinden der künstlichen Gläser nicht der geringste
Unterschied, während anderseits der als Tektit aufgefaßte Glas-
körper von Kälna in Schweden nach W. Wahl (Beitr. zur Kennt-
nis des Tektiten von Kälna in Skáne; Geol. Fór. i. Stockholm
Förh. 1909, XXXL. Bd., S. 471—178) eine blasenreiche Schmelz-
rinde besitzt, die sich ganz gewib von dem übrigen Glaskórper
nicht leicht trennen läßt.
Eine weitere Eigenschaft der durch langsame Zersetzung an
künstlichen Gläsern entstehenden Rinde ist die Schwerschmelz-
barkeit derselben. Ich habe schon in meiner ersten Entgegnung
(S. 459) darauf hingewiesen, dal) die Rindensubstanz der in Fig. 2
abgebildeten Glasflasche in der Flamme des Teklubrenners nicht
schmilzt und dab sich selbst sehr dünne Splitter auch an den
schärfsten Kanten kaum abrunden. Genau so verhielt sich ein
von mir untersuchtes, scharfkantiges Körnchen der Rindensubstanz
der Kuttenberger Kugel. Es färbte sich in der Flamme, in welcher
ein Messingdraht von 07 mın Dicke (in meiner ersten Mitteilung
ist infolge eines Druckfehlers die Dicke mit 7 mm angegeben)
leicht zum Schmelzen gebracht werden konnte, bloß etwas dunkler,
zeigte aber keine Spuren von Schmelzung. Diese Tatsache
spricht wohl sehr entschieden gegen die Ansicht, daß die Rinde
der Kuttenberger Kugeln eine „Schmelzrinde“ sei, da eine bloße
1) Um einen Schreib- oder Druckfehler kann es sich hier wohl kaum
handeln, da man doch nicht von einer „glasigen Glasrinde“ oder einer „glasigen
Hülle aus Glas“ sprechen wird. Die ursprüngliche Angabe Weinschenks ist
die richtige, denn von einer „blasigen“ Rinde kann bei den Kuttenberger
Kugeln tatsächlich nicht die Rede sein.
62
Aufschmelzung der Glasobertläche keineswegs hinreicht, die außer-
ordentliche Schmelzbarkeit der neugebildeten Rinde zu erklären und
bei den Moldaviten nicht bloß die peripherischen, sondern auch
die zentralen Partien der Glasmasse durch einen auffallend hohen
Schwerschmelzpunkt ausgezeichnet sind. Auch die von Weinschenk
(Zentralbl. f. Miner. usw., 1908, S. 740) hervorgehobene „unter-
geordnete Oxydation des Eisengehaltes“ genügt nicht, um die be-
deutende Veränderung des Schmelzpunktes zu erklären. Diese
Oxydation findet auch — wie die gelbe bis braune Farbe der
Rinde beweist — bei der langsamen Zersetzung der künstlichen
Gläser statt; auch im letzteren Falle bilden sich die von Wein-
schenk erwähnten Anhäufungen brauner Punkte, namentlich längs
der die Rinde durchziehenden Risse. Diese braunen Punkte
dürften übrigens zum Teil auf humusartige Substanzen zurück-
zuführen sein, da sie sich auch auf anderen Gegenständen), die mit
den Glasresten in der Erde gelegen sind, vorfinden. „Magnetit-
ähnliche Kristallisationen“, wie sie Weinschenk in der
Rinde der Kuttenberger Kugeln beobachtet haben will, treten in
den Zersetzungsrinden künstlicher Gläser niemals auf; ich habe
aber auch in der Rindensubstanz der Kuttenberger Kugeln gar
nichts gefunden, was auch nur entfernt an magneteisenähnliche
Ausscheidungen erinnern würde. Es ist ja auch von vornherein
höchst unwahrscheinlich, dab sich bei der Umschmelzung
eines Glasflusses der verhältnismäßig doch sehr unbedeutende
Eisengehalt in der Form von Magnetit ausscheiden wird, da die
Bildung dieser hohen Oxydationsstufe des Eisens selbst bei eisen-
reichen Schlacken nicht gerade häufig beobachtet wird.
Die von Weinschenk in seiner ersten Beschreibung (S. 739)
der Kuttenberger Kugeln erwähnte, „oft deutlich schlierige“ Be-
schaffenheit der glasigen Rinde ist ohne Zweifel ein primäres
Merkmal der Glasmasse und nicht erst auf die Umschmelzung
der oberflächlichen Partien der letzteren zurückzuführen, da durch
eine solche nicht tiefgreifende Aufschmelzung eine deutliche Fluidal-
struktur kaum hervorgerufen werden kann. Es ist viel eher zu
erwarten, dal die in der Glasmasse etwa vorhandene Fluidal-
1) Näheres über die mit den hier erwähnten alten Gläsern aufgefundenen
Gefäße und sonstigen Objekte enthält meine Abhandlung: „Die Gefäßfunde
im Baugrunde der Brünner Häuser“: Zeitschr. d. mähr. Landesmuseums, 1909,
D. 921.
63
struktur in den aufgeschmolzenen Oberffichenpartien mehr oder
weniger verwischt wird — wie dies z. B. von der „Schmelzrinde“
des Glaskörpers von Kälna angegeben wird (vgl. W. Wahl, loc.
cit.) — während sie in der Rinde zersetzter Gläser in der Regel
deutlich erhalten bleibt. Die schlierige Beschaffenheit der Rinde
der Kuttenberger Glaskugeln spricht also meiner Ansicht nach
ebenfalls gegen die Entstehung dieser Rinde durch Aufschmelzung
der Oberfläche der Glasmasse.
Im polarisierten Licht erscheinen die glasigen Zersetzungs-
rinden vollkommen isotrop. Was ihr Lichtbrechungsvermögen an-
belangt, so habe ich gefunden, dal) der Brechungsexponent geringer
ist als bei der unveränderten Glasmasse und sich dem mittleren
Brechungsexponenten der Moldavite nähert. Diesem Umstande
kommt jedoch keine besondere Bedeutung zu, da der Brechungs-
exponent künstlicher Gläser mitunter bis auf 1'465, also noch
unter den kleinsten für die Moldavite ermittelten Wert (1'488,
nach Prof. F. Becke in: F. E. Suess, Notizen über Tektite,
S. 466, 1:4861 nach Ježek und Woldřich: „Beitrag zur Lösung
der Tektitfrage“; Bull. internat. de l’Acad. des Sciences de Bohème,
1910, S. 11 des Sonderabdruckes; beide Werte gelten für Natrium-
licht) herabsinkt. Auch bei der Rindensubstanz der Kuttenberger
Kugeln fand ich den Brechungsexponenten im Tageslicht kleiner
als den des Xylols (1'495), während die Glasmasse nach Prof.
F. Becke einen bedeutend höheren Brechungsexponenten (1544
bei der blaugrünen, 1'556 bei der gelbgrünen Kugel) besitzt.
Ich habe mich bei der Besprechung der Zersetzungsrinden
alter Gläser absichtlich etwas länger aufgehalten, weil die Bildung
solcher Rinden anscheinend wenig bekannt ist und Prof. Wein-
schenk die Ansicht ausgesprochen hat, daß es sich hierbei zweitel-
los um ein „Umschmelzungsprodukt“ handelt. Obwohl ich
nun bereits in meiner ersten Entgegnung nachgewiesen zu haben
olaube, daß glasige, feinrissige Rinden, die in allen Eigenschaften
mit der Rinde der Kuttenberger Glaskugeln vollständig über-
einstimmen, auch auf unzweifelhaft künstlichen Gläsern
als Folge einer langsamen Zersetzung auftreten, ist Prof. Wein-
schenk in seiner zweiten Schrift (Zum Streit über die „Echtheit“
der Moldavite: Zentralbl. f. Miner. usw., 1909) bei seiner Ansicht
geblieben und hat sogar (S. 549) der Meinung Ausdruck gegeben,
daß „eine absolute Voreingenommenheit“ dazu gehöre, die
64
äußere Beschaffenheit der Kuttenberger Glaskugeln mit sekundären
Veränderungen an künstlichen Gläsern zu vergleichen. Nun, ich
hatte Gelegenheit, die Zersetzungserscheinungen an alten Gläsern
ohne jede Voreingenommenheit schon vor vielen Jahren zu
studieren und ebenso die Kuttenberger Kugeln eingehend zu unter-
suchen. Prof. Weinschenk kennt nur die letzteren, scheint aber
Rindenbildungen an alten, künstlichen Gläsern noch niemals gesehen
zu haben. Es fällt mir gar nicht ein, ihm daraus einen Vorwurf
zu machen, denn meine Kenntnis alter Gläser verdanke ich ja
auch nur dem Umstande, dab ich mich nebenbei auch ein wenig
mit Archäologie beschäftige: wohl aber mul) sich Prof. Wein-
schenk den Vorwurf gefallen lassen, daß er meine gewiß sehr
gewichtigen Einwendungen gegen seine Deutung der Rinde der
Kuttenberger Glaskugeln nicht zu entkräften versucht hat. Aller-
dings ist ein solcher Versuch von vornherein aussichtslos und an
der kosmischen Herkunft der Kuttenberger Kugeln kann man nur
so lange festhalten, als man es über sich bringt, Flaschen und
andere Glasgefäße, welche genau dieselben Rindenbildungen,
beziehungsweise Skulpturverhältnisse zeigen, vollständig zu igno-
rieren oder auch diese Kunsterzeugnisse als vom Himmel ge-
fallene, richtige „Bouteillensteine* anzusehen.
Von der Bezeichnung der Kuttenberger Kugeln als „Molda-
vite“ ist Prof. Weinschenk bereits abgekommen, indem er zugibt,
dab in Anbetracht der zweifellos bestehenden beträchtlichen Dif-
ferenzen, namentlich im Lichtbrechungsvermögen, aber auch in der
Skulptur und in der Art des Glanzes, die Kuttenberger Glaskörper
aus der Gruppe der Moldavite!) entfernt werden müssen. In seiner
neuesten, in Gemeinschaft mit H. Steinmetz veröffentlichten
Schrift (Weitere Mitteilungen über den neuen Typus der Molda-
vite; Zentralbl. f. Miner. usw., 1911, S. 231 ff.) bezeichnet er aller-
dings die Kuttenberger Kugeln wiederum als „moldavitartig“ und
bespricht eine Reihe von weiteren Vorkommnissen, die sich seiner
Ansicht nach an die ersteren anschließen und wie diese als Tektite
aufzufassen sind. Es handelt sich da um Glaskügelchen, welche,
!) In seiner zweiten Mitteilung (Zentralbl. f. Miner. usw., 1909, S. 550)
identifiziert Weinschenk die Begriffe „Tektite“ und „Moldavite“, was natür-
lich ganz unzulässig ist, da die Moldavite nur eine Untergruppe der Tektite
darstellen und letztere auch nach dem „älteren Sprachgebrauch“ unmög-
lich als „Moldavite“ bezeichnet werden können.
05
wie Prof. Weinschenk (loc. cit. S. 231) sagt, nach Suess und
Rzehak „prähistorische Glasperlen“ sind, die „allenthalben in
Böhmen und Mähren auf den Feldern“ vorkommen. Weinschenk
hebt den betreffenden Satz mit Anführungszeichen hervor, so
dal) jeder mit der einschlägigen Literatur nicht genügend vertraute
Leser den Eindruck bekommen muß), es sei dieser Satz in irgend
einer Publikation von „Suess und Rzehak“ enthalten. Was
mich anbelangt, so erinnere ich mich nicht, jemals mündlich oder
schriftlich behauptet zu haben, daß „prähistorische Glasperlen“ in
Böhmen und Mähren „allenthalben“ auf den Feldern vorkommen;
ich kann nur sagen, dab sicher prähistorische Glasperlen und
Glaskugeln in Mähren zu den Seltenheiten gehören. In meiner
ersten Entgegnung heißt es auf Seite 461: „Mehrere Glaskugeln,
die mir vorliegen und die in verschiedenen Gegenden Mährens
(eine davon im Zentrum des mährischen Moldavitvorkommens)
ganz isoliert aufgefunden wurden, können nur als verschleppte
künstliche Erzeugnisse aufgefaßt werden“. Es wird hier also bloß
von mehreren, ganz isoliert aufgefundenen Glaskugeln und
nicht von „allenthalben“ vorkommenden „prähistorischen Glas-
perlen“ gesprochen. Meines Wissens hat auch Prof. F. E. Suess
niemals gesagt, dal) „prähistorische Glasperlen“ in Böhmen
und Mähren allenthalben auf den Feldern gefunden werden; wohl
aber findet sich in seinen „Notizen über Tektite“ (S. 467) der
folgende Schlußsatz: „Die Glaskugeln von Kuttenberg sind sicher
keine Moldavite, sondern irgend welche Zufallsprodukte eines Glas-
ofens oder einer Schmelzhütte, wie sie im Schutt und auf den
Äckern in Böhmen und Mähren nicht selten gefunden werden“.
Diese Bemerkung bezieht sich jedoch, wie man sieht, keineswegs
auf prähistorische Glasperlen, so daß Prof. Weinschenk seine
in Forın eines Zitates, d. h. mit Anführungszeichen veröffentlichte
Angabe weder nach Suess noch nach Rzehak gemacht hat;
diese beiden Namen gehören zu dem betreffenden Passus ebenso-
wenig wie die Anführungszeichen.
Ich mußte auf diesen an sich vielleicht ziemlich nebensäch-
lichen Umstand schon deshalb eingehen, weil Prof. Weinschenk
eine von ihm analysierte Glaskugel von Oberkaunitz in Mähren an
mehreren Stellen seiner neuesten Schrift als prähistorisch be-
zeichnet. So erwähnt er S. 231, dab die vier Glaskugeln von
Oberkaunitz, die ihm durch die besondere Liebenswürdigkeit des
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII, 1. )
66
Direktors der prähistorischen Abteilung des mährischen Landes-
musenms zur Untersuchung überlassen worden waren, „neben Bronzen
in prähistorischen Gräbern“ gefunden wurden. Das Ehrenamt eines
Direktors der prähistorischen Abteilung des mährischen Landes-
museums habe ich selbst, solange diese Institution bestand, bekleidet
und zur Übersendung der Oberkaunitzer Glaskugeln an Prof. Wein-
schenk sehr gerne meine Zustimmung gegeben; die Angabe jedoch,
dal) diese Kugeln „neben Bronzenin prähistorischen Gräbern“ gefunden
worden sind, stammt nicht von mir. Ich habe zwar in meiner Schrift:
„Die prähistorische Sammlung des Franzensmuseums in Brünn“
(Annales Mus. Francise., 1899, S. 78) diese Glaskugeln unter
den Artefakten der Hallstattperiode eingereiht, aber gleichzeitig
bemerkt, daß das Alter derselben nicht sichergestellt ist,
und in meiner Mitteilung: „Zur Geschichte des Glases in Mähren“
(Mitteil. d. mähr. Gewerbemuseums, XV. Jahrg., 1897, S. 65 ff.)
heißt es bei Erwähnung der Oberkaunitzer Kugeln auf S. 70 ganz
ausdrücklich: „Der prähistorischen Zeit gehören diese Stücke
meiner Ansicht nach nicht an“. Es liegt hier ohne Zweifel eine
Verwechslung vor mit den von mir in meiner ersten Entgegnung
(S. 462) erwähnten Fundstücken von Eiwanowitz in Mähren,
die ich selbst irrtümlich als „Glaskügelchen, die lebhaft an die
Kuttenberger Stücke erinnern“, bezeichnet habe. In Wirklichkeit
sind die neben Armringen der jüngeren Bronzezeit aufgefundenen
Glasartefakte von Eiwanowitz keine Kugeln, sondern durchbohrte,
sehr unregelmäßig gestaltete Glasperlen, die mit den Kuttenberger
Kugeln gar keine Ahnlichkeit haben, wie aus der Beschreibung
derselben in meiner oben zitierten Schrift: „Zur Geschichte des
(Glases in Mähren“ (S. 68) hervorgeht. Immerhin ist es bemerkens-
wert, dab auch die trotz ihrer Durchsichtigkeit mehr schlacken-
als glasartige Masse dieser Perlen einen sehr hohen Schmelzpunkt
besitzt und stellenweise in eine poröse, schaumige, leicht zerreibliche
Substanz umgewandelt erscheint, die die größte Hitze des Teklu-
brenners aushält, ohne sich wesentlich zu verändern).
Prof. Weinschenk fand an den Glaskugeln von Oberkaunitz
eine Skulptur, ähnlich derjenigen, die auf den Kuttenberger Stücken
1) Ich benutze die Gelegenheit, um einen störenden Druckfehler zu kor-
rigieren, der sich in meine Mitteilung „Zur Geschichte des Glases in Mähren“
eingeschlichen hat. Statt „Impfartikel“ soll es dort (S. 68) richtig „Import-
artikel“ heißen.
67
vorhanden ist. In der Farbe stimmen nicht zwei derselben voll-
kommen überein, während sie im spezifischen Gewicht untereinander
fast ganz genau übereinstimmen. Der Umtsand, daß dieses Gewicht
(2:656) dasselbe ist wie das des Quarzes, hat natürlich gar keine
Bedeutung, da die spezifischen Gewichte der künstlichen Gläser
zwischen sehr weiten Grenzen schwanken, ohne jedoch anscheinend
bis auf den für Moldavite ermittelten Wert (unter 24) herab-
zusinken. Bemerkenswert ist, dab sich auch bei den Oberkaunitzer
Glaskugeln der Brechungsexponent von dem der Moldavite sehr
weit entfernt und noch beträchtlich höher (nach Weinschenk
— 1'571, gemessen mit dem Abbe’schen Totalretlektometer) ist als
bei den Kuttenberger Stücken.
Die mikroskopische Untersuchung bietet nicht den geringsten
Anhaltspunkt für die Auffassung der Oberkaunitzer Glaskugeln
als kosmische Gebilde. Die stellenweise „ziemlich massenhaft“
vorhandenen kristallinischen Ausscheidungen von Kalzinmmeta-
stlikat sprechen entschieden für die künstliche Herstellung des
betreffenden Glasflusses, da sich das genannte Silikat, wie Prof.
Weinschenk selbst bemerkt, in künstlichen kalkreichen Schmelzen
auberodentlich leicht bildet. Es ist ja eines der bekanntesten
Produkte der „Entglasung“, die eine in der Praxis (unter dem
Namen „Krátzigwerden“ des Glases) sehr bekannte Erscheinung
ist und um so leichter eintritt, je komplizierter die Zusammen-
setzung des Glases ist. Im allgemeinen entglasen die kalkreichen
Gläser am leichtesten, wobei das Kalziumoxyd zum Teil durch
Baryumoxyd ersetzt sein kann, wie bei dem kürzlich von Donath
und Indra (Über leicht entglasendes Glas“; Zeitschr. f. d. keram.,
Glas- u. verwandten Industrien, Koburg, 191, XLIV. Jahre.)
untersuchten Glas. Nach Pelouze (Dinglers Polytechn. Journ.,
ULXXXIV. Bd., S. 510) begünstigt auch ein größerer Gehalt an
Magnesiumoxyd den Entglasungsprozeß, der aber auch beim ge-
wöhnlichen grünen Flaschenglas nicht selten eintritt. M. Gröger
hat (Dinglers Polytechn. Journ, CCXLIL Bd., 1881, S. 297 ff.)
einen solchen Glasfluß © Aussiger Flaschenglas) untersucht, welcher
neben 64-399/; S10, blob 12-819/,; CaO und 061"/, MgO enthält
und dennoch —- wie eine in meinem Besitze befindliche Probe
beweist — große kugelige Ausscheidungen von kristallinischem
Kalziummetasilikat einschließt.
Die leicht eintretende Entglasung der Substanz der Ober-
5*
68
kaunitzer Kugeln erklärt sich aus ihrer ungewöhnlichen Zusammen-
setzung, welche nach Prof. Weinschenk mit ein Grund ist, die
erwähnten Kugeln nicht als künstliche Gebilde gelten zu lassen.
Die von Weinschenk ausgeführte chemische Analyse einer
der vier Oberkaunitzer Glaskugeln ergab folgendes Resultat:
0.0
ZO Je 0 heaalı
PEUR 5 dd rn DY
MAO rn TE O RECU
DO PSE v ee
SD Je
Der Rest (15719) entfällt hauptsächlich auf Alkalien.
Prof. Weinschenk betont („Weitere Mitteil. über d. neuen Typus
d. Moldavite“; Zentralbl. f. Mineral. usw., 1911, S. 234) selbst,
dal) bei einem so ungewöhnlich basischen, kalkreichen Glas die
Neigung zur Entglasung naturgemäß sehr groß sein muß, zieht
jedoch aus dieser Tatsache gewisse Schlüsse, die durchaus nicht
zutreffend sind. So meint er z. B., dal) die leichte Entglasung
und die mit dieser eintretende Schwerschmelzbarkeit es sehr un-
wahrscheinlich erscheinen lassen, „daß die prähistorischen Menschen
gerade ein so schwer zu behandelndes Gemenge zur Herstellung
ihrer Schmucksachen zusammengestellt hätten“ und dab es „auf
ein geradezu undenkbares Raffinement in den ersten Stadien der
Kultur“ schließen ließe, wenn man „diese merkwürdig zusammen-
gesetzten Gebilde“ wirklich „prähistorischer Kunstfertigkeit“ zu-
schreiben wollte.
Da ist nun vor allem zu bemerken. daß es sich bei den
Oberkaunitzer Glaskugeln — wie schon oben ausgeführt wurde —
höchst wahrscheinlich nicht um prähistorische Gegenstände handelt.
Sie mögen vielleicht einige Jahrhunderte alt sein, dürften aber
der prähistorischen Zeit schon deshalb nicht angehören, weil die
unzweifelhaft prähistorischen, in Europa blob bis in die jüngere
Bronzezeit zurückreichenden Glaskugeln nicht nur von ganz anderer
Beschaffenheit, sondern auch — so viel mir bekannt — immer
durchbohrt, also als Perlen zu bezeichnen sind. Diese fanden
selbstverständlich als Schmuck Verwendung, während ein kugeliger,
undurchbohrter Glaskörper wohl kaum als Schmuckgegenstand
benutzt werden kann. Die ältesten, in Mitteleuropa aufgefundenen,
69
prähistorischen Glasperlen sind ohne Zweifel aus dem Orient im-
portiert, woselbst die Kenntnis des Glases und seiner Verarbeitung
sehr weit zurückreicht. Die altägyptischen Gläser haben an-
nähernd dieselbe Zusammensetzung wie die viel späteren römischen
und frühmittelalterlichen Gläser. Sie sind alle reich an S10, und
Na,O, arm an ALO, und Eisen; der Kalkgehalt ist verhältnis-
mäßig gering. bei vier Analysen altägyptischer Gläser zwischen
9:17 und 8:56°/, schwankend (nach Muspratts Chemie, 4. Aufl,
Ill. Bd. S. 1365). Die erstaunlich hohe Entwicklung der Glas-
industrie im alten Ägypten wird unter anderem durch die Auf-
findung einer geschliffenen Urne aus Überfangglas in einem
(srabe, welches dem 17. Jahrhundert vor Christi angehört, be-
wiesen, Auch in den südlichen Alpenländern fanden sich auf
Kulturstätten der Hallstattepoche, die sich ja zum Teile mit der
jüngeren Bronzezeit der nördlicheren Gebiete deckt, Gegenstände
aus Glas — ich nenne nur eine Bronzetibel, deren Bügel in eine
Glashülle eingeschlossen erscheint — die eine bedeutende Kunst-
fertigkeit und hochentwickelte Glastechnik verraten. Bei derlei
Júrzeugnissen in einer so frühen Zeit kann man, obgleich es sich
ja längst nicht mehr um die „ersten Stadien der Kultur“ handelt,
vielleicht von einem „Raffinement“ sprechen; ein abnorm zusammen-
gesetzter Glastlul) beweist jedoch in chronologischer Beziehung
gar nichts, denn er kann ebensogut prähistorisch wie modern
sein. Wenn auch derartige Glasflüsse im allgemeinen als fehler-
hafte Gläser zu bezeichnen sein werden, so dürfen sie doch nicht
alle, etwa deshalb, weil sie leicht entglasen, als unbrauchbar
bezeichnet werden. So war z. B. die Glasmasse, aus welcher die
Oberkaunitzer Kugeln hergestellt sind, ohne Zweifel zur Erzeugung
solcher Kugeln ganz geeignet, ebenso wie das besonders leicht
entglasende, von Donath und Indra (loc. cit.) analysierte Glas
ohne Schwierigkeit zur Erzeugung ‘von (Glasröhren verwendet
werden konnte.
Ohne Zweifel wurden fehlerhafte Glasflüsse in früheren
Zeiten viel häufiger erhalten als jetzt. Aber auch heute noch ist
die Herstellung eines tadellosen, dem bestimmten Zwecke voll-
kommen entsprechenden Glases keine ganz einfache Sache; trotz
der sorgfältigen Untersuchung des Rohmaterials und der peinlichen
Einhaltung der erprobten Mischungsverhältnisse und Arbeits-
methoden hat auch die moderne Glasindustrie in der Herstellung
70
der Glasflüsse mitunter Mißerfolge zu verzeichnen, deren Ursache
nur schwer oder gar nicht zu ergründen ist. Deshalb sind auch
abnorm zusammengesetzte Gläser keineswegs so selten, wie es Prof.
Weinschenk anzunehmen scheint; wenn zahlreichere Glasanalysen
vorliegen würden, so ließen sich auch die tatsächlich sehr bedeu-
tenden Schwankungen in der Zusammensetzung der künstlichen
Gläser besser übersehen, als dies augenblicklich möglich ist.
Immerhin finden sich in der einschlägigen Literatur mehrere
Analysen von Gläsern, die in ihrer chemischen Zusammensetzung
der Glasmasse der Oberkaunitzer Kugeln recht nahe kommen.
Prof. Weinschenk bemerkt („Weitere Mitteil. usw.“, Zentralbl. f.
Miner. usw., 1911, S. 236), daß unter allen Analysen alter und
neuer künstlicher Gläser nur eine einzige gefunden werden
konnte, „welche einigermaßen wenigstens Ähnlichkeit mit dem
Glas von Oberkaunitz hat“. Es handelt sich um ein französisches
Champagnerflaschenglas, dessen Zusammensetzung (in abgerundeten
Prozentzahlen) folgende ist:
Ben Rn RE EN CET IR En
A RE re
Bea En lee l a EI aa
C re N ee er
AUG Deren L O
100%,
Diese Analyse bezieht sich ohne Zweifel auf eine von Clichy
stammende, von Dumas untersuchte Glasmasse; die genaueren
Analysenresultate finden sich in Muspratt, 4. Aufl., III. Bd,
S. 1365 verzeichnet. Dieselbe Quelle lehrt uns aber auch Gläser
kennen, welche sich, wie wir weiter unten sehen werden, der Ober-
kaunitzer Glasmasse noch mehr nähern als das oben erwähnte
Glas von Clichy.
Ein von Maumené analysiertes böhmisches Champagner-
flaschenglas war in folgender Weise zusammengesetzt:
DIU Na re 123.0), >
AO ne ame ren date P
Bess. 4 osm Nu ky a SOUS
CARRE EN CNT NET A OURS
N, ma Kun 16 Be
KO en ae CE PRISE
Dieses Glas bildet gewissermaßen den Übergang zwischen
normalen Gläsern und jenen Typen, die sich durch einen noch
geringeren Kieselerdegehalt und hohen Gehalt an Kalk auszeichnen.
Es enthält noch weniger Tonerde als das Glas von Clichy und
schließt sich in dieser Beziehung an die gewöhnlichen, tonerde-
armen bis tonerdefreien Gläser an; daß der Alkaligehalt größer
ist als bei dem Glas von Clichy, aber kleiner als der der Ober-
kaunitzer Kugeln, beweist weiter nichts als die bekannte Tatsache,
dab die chemische Zusammensetzung brauchbarer Gläser in
ziemlich weiten Grenzen schwanken kann und daß sich gewisse
Gemengteile bis zu einem gewissen Grade gegenseitig zu ver-
treten vermögen.
So kann z. B. ein hoher Alkaligehalt durch einen Überschuß
von Kieselerde kompensiert werden und der Gehalt an letzterer
um so geringer sein, je mehr die Alkalien dem Kalk gegenüber
zurücktreten. Differenzen in den Verhältnissen zwischen Kieselerde,
Tonerde und dem Kalk-Alkaligehalt können deshalb meines
Erachtens keine besondere Bedeutung beanspruchen und die Glas-
masse der Kugeln von Oberkaunitz muß nicht schon deshalb
kosmischen Ursprungs sein, weil sie doppelt so viel Tonerde und
etwas mehr als doppeit soviel Alkalien enthält als das Glas
von Clichy.
Das Glas einer Champagnerflasche, in welcher der Wein
nach einigen Tagen völlig verdorben war, fand Péligot in fol-
gender Weise zusammengesetzt:
ee ee Lo
NEO a Aba sera,
RAD En RE u 40
CADRE ER ne 1 00
BDI: S TE EB
100509/5
Dieses Glas ist noch etwas kieselerdeärmer als das von
Maumené analysierte; es enthält nur etwa 659; S10, mehr als
die Glaskugeln von Oberkaunitz und 1:59/; ALO, weniger als letztere.
Der Kalkgehalt ist um fast 5°/, größer, der Alkaligehalt hingegen
wesentlich geringer.
Ein von Warrington analysiertes französisches Flaschenglas,
welches durch die schwache Säure des in den Flaschen auf-
bewahrten Weines sehr rasch angegriffen wurde, hatte die fol-
gende Zusammensetzung:
SEO LT DU Sue
KO AA o o o
PO ON oka deo IT LD
CAGE En NS PRE ae
NOVO p za OR I CR A")
FE SR RP UN nd: NÍ 32 08
100-000/,
Hier haben wir ein Glas vor uns, das sich nicht mehr
wesentlich von dem Material der Oberkaunitzer Kugeln unter-
scheidet. Da bei den letzteren ein auffallend geringer und durch
eine Kontrollanalyse nicht sichergestellter Eisengehalt (0:799/; FeO)
angegeben wird, so wäre es immerhin möglich, dal irgend ein
Fehler (vielleicht nicht vollkommene Reduktion des Fe,O, in dem
Gemenge von Al,O, und Fe,O,, aus welchem der Gehalt an FeO
bestimmt wurde) unterlaufen ist; dann würde sich die Differenz
im Alkaligehalt etwas ausgleichen und man könnte von einer
wesentlichen Übereinstimmung der beiden Glasflüsse sprechen.
Auch dieses abnorm zusammengesetzte Glas war zur technischen
Verarbeitung ganz geeignet, wenn auch die daraus verfertigten
Flaschen zur Aufbewahrung von Wein nicht benutzt werden
konnten; die „sinnwidrige Zusammensetzung“ hat hier ebensowenig
wie bei der Glasmasse der Oberkaunitzer Kugeln eine praktische
Bedeutung, sofern es sich nur um die Möglichkeit der glashütten-
technischen Verwendung handelt. Auf alle Fälle muß Prof. Wein-
schenk zugeben, dab es nicht ganz zutreffend ist, wenn er behauptet
(Zentralbl. f. Miner. usw., 1911, S. 238), die Glaskugeln von Ober-
kaunitz ließen „keinen irgendwie gearteten Vergleich“ mit künst-
lichen Gläsern zu. Unzweifelhaft richtig ist blob, daß sie nach
ihrer chemischen Zusammensetzung mit irdischen Gesteinen nicht
verglichen werden können; es ist auch meines Wissens bisher
niemandem eingefallen, das (Gegenteil zu behaupten.
Die Meinung Weinschenks, „dab auch die hochentwickelte
moderne Glasindustrie solche Gebilde (wie die Oberkaunitzer Glas-
kugeln) wohl kaum hervorbringen könnte“, wird durch die hier
mitgeteilten Analysen moderner Gläser widerlegt. Aber auch die
antiken Gläser halten sich durchaus nicht immer in den von
Fehling (Handwörterbuch der Chemie) mitgeteilten und von
Weinschenk in seiner neuesten Publikation (S. 239) reproduzierten
(Grenzwerten „normaler“ Gläser. Schon bei der von Weinschenk
analysierten römischen Glaskugel von Regensburg liegt der Kalk-
gehalt, wie Weinschenk selbst sagt, „etwas außer der Reihe“,
denn er beträgt 12°85°/, gegen das von Fehling mit 8°56°/, an-
gegebene Maximum. Das von Geuther (Jahresber. d. chem.
Techn., 1856, S. 166) analysierte, durch das Vorhandensein einer Zer-
setzungsrinde ausgezeichnete römische Glas enthielt bloß 59-29; S10,
also um 5°/, weniger als das von Fehling angegebene Minimum
(64-25°/,), während der Gehalt an Tonerde nur wenig geringer
(5:69) ist als bei der Oberkaunitzer Kugel. Es kommen eben
außer „normalen“ Gläsern auch sehr häufig abnormale vor;
leider ist, wie bereits einmal bemerkt wurde, die Zahl der vor-
handenen Analysen älterer Gläser eine sehr geringe, und die Zu-
sammensetzung sicher prähistorischer Gläser aus mitteleuropäischen
Fundgebieten ist uns sogar bis heute so gut wie ganz unbekannt. Bei
den Glaskugeln von Oberkaunitz deutet die chemische Zusammen-
setzung viel mehr auf die neuere Zeit als auf die prähistorischen
Kulturepochen.
Da Prof. Weinschenk in seiner neuesten Publikation auf
die Rindenbildung der fraglichen Glaskugeln kein so großes
Gewicht wie früher zu legen scheint, hingegen der chemischen
Zusammensetzung eine besondere Bedeutung beilegt, so habe ich
die Glasmasse des bereits erwähnten Fragments eines wahr-
scheinlich venezianischen Bechers, dessen Oberfläche stellenweise
mit einer Rinde bedeckt erscheint, die der Rindenschicht der
Kuttenberger Kugeln durchaus entspricht, einer chemischen Analyse
unterzogen. Ich habe die üblichen Methoden angewendet und mit
tunlichster Sorgfalt gearbeitet, so dab gröbere Fehler jedenfalls
ausgeschlossen sind. Bloß der Gehalt an Tonerde und Eisenoxyd
ist wohl als etwas zu niedrig anzunehmen, da infolge einer un-
vollständigen Oxydation nicht der gesamte Eisengehalt ausgefällt
wurde. Derselbe wurde zwar durch Titration mit 1'57°/, bestimmt,
doch läßt sich diese Zahl zur Berechnung des Tonerdegehaltes
aus der zu klein gefundenen Gesamtmenge von Al,O, + Fe,0,
natürlich nicht benutzen. Der verhältnismäßig hohe Mangangehalt
verriet sich schon durch die intensive Färbung der beim Auf-
schließen mit Alkalikarbonat erhaltenen Schmelze.
74
Ich setze hier des Vergleiches wegen neben die Resultate
der von mir ausgeführten Analyse (I) die von Weinschenk für
die von ihm untersuchte Glaskugel von Oberkaunitz gefundenen,
bereits früher mitgeteilten Werte (IL):
1 LE,
MO ten O0 En om V ea
AO HO M A NOEUDS)
Monte Po, 5% 3 200. D29 T
CA LL ze se PRPEI ODE: „Ve o Aba
MOO W -mm a RONDES NE CN ADR
Alkalien (Differenz) 1462 , . . . . . . . 1558,
100-009 100009,
Es ist selbstverständlich nur ein Zufall, daß die beiden Glas-
flüsse eine so bedeutende Übereinstimmung in ihrer chemischen
Zusammensetzung aufweisen. Da jedoch, wie ich bereits bemerkt
habe, gröbere Analysenfehler ausgeschlossen sind, so kann diese
Übereinstimmung nicht in Abrede gestellt werden. Für mich liegt
in dieser Tatsache durchaus nichts Überraschendes, da ich von
vornherein davon überzeugt war, dab ein Glas, welches besondere
Zersetzungserscheinungen (Rindenbildung) aufweist, auch eine chemi-
sche Zusammensetzung besitzen wird, welche von der Zusammen-
setzung „normaler“ Gläser abweicht. Die Art der Zersetzung des
betreffenden Glases wird natürlich auch von den auf dasselbe ein-
wirkenden Agentien abhängen, so daß ähnlich zusammengesetzte alte
Gläser nicht notwendigerweise dieselben Zersetzungserscheinungen
zeigen müben. Speziell die Rindenbildung scheint zumeist wesentlich
mit einer Verminderung des Alkaligehaltes, einer relativen An-
reicherung der Kieselsäure und Aufnahme von Wasser verbunden
zu sein. Ich fand in der Rindensubstanz des untersuchten Glas-
becherfragments 62-28°/, SiO,, bezogen auf die ungeglühte Substanz;
nach einviertelstündigem Glühen über der (ebläseflamme des
Teklubrenners färbte sich die gepulverte Rindensubstanz etwas
rötlich und sinterte ein wenig zusammen, ohne zu schmelzen.
Durch das Glühen erlitt sie einen Gewichtsverlust von 21919,
ein Beweis, daß bei der Bildung der Zersetzungsrinde offenbar
auch eine beträchtliche Wasseraufnahme stattfindet, denn um
!) Zum Zwecke des Vergleiches aus Weinschenks Angaben berechnet.
75
andere flüchtige Substanzen kann es sich — geringe Mengen or-
ganischer Stoffe ausgenommen — nicht wohl handeln. Die Rinde
des bereits erwähnten, von Geuther analysierten römischen Glases
erwies sich als völlig alkalifrei, enthielt dagegen 19:3°/,
Wasser, also fast so viel wie die von mir untersuchte Rinden-
substanz; der Kieselsäuregehalt war hingegen geringer (4889)
als in der unveränderten Glasmasse (5929).
Es steht sonach unzweifelhaft fest, daß es künstliche Gläser
gibt, welche einerseits genau dieselbe Rindenbildung zeigen wie
die Kuttenberger Glaskugeln, anderseits eine ganz analoge chemische
Zusammensetzung besitzen wie die Glasmasse der Kugeln von
Oberkaunitz. Zum Überfluß kommen an den fraglichen Glaskugeln,
wie Weinschenk selbst (Zentralbl. f. Min. usw., 1911, S. 237)
bemerkt, öfter Andeutungen von „Ansatzzapfen“ vor, ein Merkmal,
welches ihnen nicht von der Natur, sondern nur von der ars
vitraria aufgeprägt werden konnte.
„Es sind der Rätsel zu viele,“ sagt Weinschenk im Hinblick
auf die beträchtlichen Differenzen zwischen den von ihm unter-
suchten Glaskörpern. Diese Rätsel bestehen allerdings, aber nur
so lange, als man alle diese Glaskugeln durchaus zu Tektiten
machen will. Wie aus meinen Ausführungen hervorgeht. gibt es
jedoch nicht einen einzigen triftigen Grund, der uns zwingen
würde, den fraglichen Glaskugeln einen kosmischen Ursprung zu-
zuschreiben, während sich anderseits gegen die Deutung derselben
als künstliche Gläser kein stichhaltiger Einwand erheben läßt.
Die Diskussion über Weinschenks „neue Typen der Moldavite“
kann also ohne weiters als abgeschlossen betrachtet werden.
Einige ältere illustrierte Druckwerke
der mährisehen Landesbibliothek.
Beschrieben vom Landesbibliotheksdirektor Dr. Wilhelm Schram.
Um die Besucher unserer Bibliothek mit den älteren Bücher-
schätzen, die in ihr aufbewahrt sind, besser bekannt zu machen,
veranstalte ich im Frühjahr 1912 in unserem Ausstellungsraume
eine Buchausstellung. Dieselbe wird eine Reihe von Inkunabein,
ferner eine große Zahl von in Böhmen, Mähren und Schlesien
im 16. und 17. Jahrhundert gedruckten Büchern und endlich eine
Auswahl von interessanten illustrierten Werken, die in dieser
Zeit in anderen Ländern zur Ausgabe gelangten, dem Publikum
vor Augen führen. — Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der
Beschreibung der ausgewählten illustrierten Werke — es sind
ihrer im ganzen 17 in 20 Bänden — und nimmt hierbei eben-
sowohl auf die Bedürfnisse der Laien, als auf die Ansprüche der
gelehrten Kreise tunlichste Rücksicht. — Über unsere wenigen
Inkunabeln habe ich schon in den Annalen des Franzensmuseums
(Annales Musei Franciscei. MDCCCXCV. Brunae, MDCCCXCVI,
p. 131-151) einen Aufsatz publiziert. Über die böhmischen,
mährischen und schlesischen Drucke, wird ebenso wie ich auch
Herr Landesbibliothekar Dr. H. Jarnik seinerzeit an geeigneter
Stelle Bericht erstatten.
Nr. 1 (Signatur: XIII. 7964).
Officia M. T. C. Ein Buch, so Marcus Tullius Cicero der Römer
zu seynem Sune Marco von den tugentsamen ämptern vnd zu-
sehörungen eines wol vnd rechtlebenden Menschen in Latein
geschrieben, Welchs auff begere Herren Johansen von
Schwartzenberg etc. verteutschet vnd volgends Durch jne
{AN
in zyerlicher Hochteutsch gebracht mit vil Figuren vnnd
Teutschen Reymen gemeynem nutz zu gut in Druck gegeben
worden. Gedruckt in der Kayserlichen Stat Augspurg durch
Heynrichen Steyner. Vollendet am III. tag Augusti. Im
MDXXXI. jar. fol.
Auf 8 Blätter Vorrede und Register folgt der eigentliche
Text, der 91 Blätter umfaßt. Auf der Rückseite des Titelblattes
ist, umgeben von 16 Wappenbildern, das prächtige Porträt des
‚Joh. Freih. zu Schwarzenberg in Holzschnitt ausgeführt zu sehen.
Oberhalb des Bildes stehen die Worte: Herrn Johansen freyherrn
zu Schwartzenberg etc. pildnus, wie die seines alters bey füntzig
jaren Erstlich durch Albrechten Dürer abconterfest vnd zu disem
nachtruck zu wegen bracht worden. Unterhalb des Porträts liest
man: Starb Anno, etc. 28.!) seines Alters bey 64. jaren vnd ist
nachgesetzts schwartzen strichs zweyntzig lang gewesen.
—————— 77215
Die Zahl der Holzschnitte beträgt 102. Sie werden dem
Hans Burgmair zugeschrieben. Nur ein einziger Holzschnitt hat
das Monogramm H. B. und stellt eine Versammlung von Gelehrten
um einen Tisch vor. Ein zweites Blatt ist mit den Initialen H W
bezeichnet. Es müssen also zwei Künstler an der Illustration teil-
genommen haben. Man vergleiche hierüber G. K. Naglers Werk:
Die Monogrammisten, III. Bd., N. 252 f.
Johann Freiherr zu Schwarzenberg und Hohenlandsberg, dem
wir dieses Buch verdanken, wurde am 25. Dezember 1468 geboren
und gehörte dem fränkischen Rittergeschlechte an, das mit den
Markgrafen von Brandenburg und den Bischöfen von Würzburg in
Lehensverbindung stand. Nach einer wildbewegten, kriegerischen
Lebensführung wandte er sich später ernsten Studien zu und gab
zunächst wichtige juridische Werke heraus. Auch stellte er sich
in die Reihe der Volksschriftsteller, welche die Laster der Zeit
unnachsichtlich geißelten. Das „Büchle wider das Zutrinken“, das
Gedicht „Wider das Mordlaster des Raubens“ und das mit den
Holzschnitten von Dürer und Schäuffelin geschmückte vortreffliche
1) 1528.
2) Der Strich ist in derselben Länge nachgebildet. Freih. v. Schwarzen-
berg war danach 1m und 92cm hoch.
78
Volksbuch „Memorial der Jugend“ stammen aus seiner Feder.
Auch vorliegende volkstümliche Übersetzung des Ciceronschen
Werkes über die Pflichten verdanken wir seiner Anregung und
Mitwirkung. Da er nur seiner Muttersprache mächtig war, so ließ
er sich Ciceros Schrift von seinem Hofkaplan Neuber wörtlich
übersetzen und brachte dann das Ganze unter Hinzufügung von
Reimen zu den einzelnen Abschnitten „in zierliches Hochteutsch“.
Über Schwarzenbergs Leben und Wirken unterrichtet eine inter-
essante und zum Teil drastisch geschriebene Vorrede. Vgl. auch
den betreffenden Artikel in der „Allg. deutschen Biographie“,
Ba. III, S.305 f., wo die einschlägige Literatur sorgfältig verzeichnet
ist. Unser Druck ist nebst zwei anderen (die Frankenchronik des
Joh. Trithemius in deutscher Sprache und die „Perkwerchs frey-
heit in der Graffschafft Glatz“) dem Werke des Joh. Stumpf:
„Des grossen gemeinen Cociliums zu Costencz beschreybung“ bei-
gebunden. Unser, diese vier Werke umfassende Pergamentband ent-
hält das Ex libris des Friedrich Grafen Sylva Tarouca.
Nr. 2 (Signatur: XIIL 6313).
(Petrarca). Das Glückbuch, Beydes dess Guten und Bösen, darinn
leere vnd trost, wess sich menigklich hierin halten soll. Durch
Franciscum Petrarcham vor im latein beschriben vnd yetz
grüntlich verteutscht, mit schönen Figuren, Concordantzen.
Getruckt zu Augspurg durch Heynrich Steyner. Im Jar.
M.D.XXXIX. Fol. 1 Bd.
Die Übersetzung dieses aus 2 Büchern bestehenden Werkes
besorgte, wie wir der Vorrede entnehmen, ein gewisser Stephanus
Vigilius, der das erste Buch dem Augsburger Bürger Martin
Weyss, „seinem geliebten Herrn und Patron“, das zweite dem
Fürsten Azo, Herzog zu Ferrer, „seinem gnädigsten Herrn“ zu-
eignete. In jedem Kapitel sind lateinische und entsprechende
deutsche Verse hinzugefügt, die des Vigilius getreuer Präzeptor,
Johann Pinitian verfaßte. Die vielen und schönen Holzschnitte (258)
dieses Glücksbuches dürften von Hans Burgmair dem ‚Jüngeren
herrühren. Die erste deutsche Ausgabe des Werkes erschien 1532
(gleichfalls bei H. Steiner in Augsburg). In unser Exemplar ist
eın gedruckter Zettel eingeklebt, auf dem die Worte stehen: Ex
Bibliotheca Conventus Leucensis ad S. S. Nicolaos Ord. Erem.
=
©
S. P. Augustin. Wie wir aus einer darunterstehenden handschrift-
lichen Notiz erfahren, wurde nach Aufhebung dieses Klosters
(Lukahaus, unweit Güns in Ungarn) unser Buch von dem Öden-
burger Kunstmaler und Zeichenmeister Jos. Ehringer im Jahre
1820 bei einer Lizitation erstanden.
Nr. 3 (Signatur: XII. 804).
(Bibel). Die Proheten alle Deudsch. D. Mar. Luth. Wittemberg.
(Fol. I—CLII, davor vier Btt Vorrede ohne Bezeichnung).
Apocrypha, Das sind Buecher, so der heiligen Schrifft nicht
gleich gehalten, vnd doch nützlich vnd gut zu lesen sind.
I. Iudith. II. Sapientia. III. Tobias. IIII. Syrach. V. Baruch.
VI. Maccabeorum. VII. Stuecke in Esther. VIII. Stuecke in
Daniel. D. Mar. Luther, Wittemberg. (Fol. CLXIIT—CCLX).
Das New Testament. D. Mart. Luth. Wittemberg. MDXL.
(F. I-CXCL), dann noch ein unsigniertes, nur vorn be-
drucktes Blatt mit der Aufschrift: Dem christlichen Leser.
Am Schlusse: Gedruckt zu Wittemberg, Durch Hans Lufft,
Anno MDXL.
Das Buch mit den schönen Holzschnitten des Lucas Cranach
geziert, stammt aus dem Besitze des bekannten mährischen Mize-
naten Friedrich Grafen Sylva Tarouca, dessen Bücherzeichen auf
der Innenseite des oberen Deckels eingeklebt ist.
Diese prächtige und seltene Bibel ist, wie oben angegeben,
von dem berühmten „Bibeldrucker“ Hans Lufft gedruckt, bei
dem Luther seit 1530 fast seine sämtlichen wichtigeren Werke
drucken lieb.
Nr. 4 (Signatur: XII. 804).
Biblia: das ist: die gantze Heilige Schritt, Deudsch, Auffs new
zugericht. D. Mart. Luth. Begnadet mit Kuerfurstlicher zu
Sachsen freiheit. gedruckt durch Hans Lufft, zu Wittemberg.
MDXLI. Fol. 1 Bd.
Dieses Buch ist genau wie das vorhergehende Werk aus-
gestattet, bringt den Wortlaut des von Herzog zu Sachsen Johann
Friedrich im Jahre 1534 verliehene Privilegium, eine Vorrede von
vier Blättern und dann die ersten 19 Bücher des alten Testaments,
schließt somit mit dem Hohen Lied Salomonis (F. L—CCCOVIT).
80
Auch in diesem Bande finden wir das Bücherzeichen des Friedrich
Grafen Sylva Tarouca.
Nr. 5 (Signatur: XII. 805).
Biblia: Das ist: Die gantze heilige Schrifft: Deudsch. Doct. Mart.
Luth. Begnadet mit Kurfürstlicher zu Sachsen Freiheit.
Wittemberg. Gedruckt durch Hans Lufft, 1562. Fol. 2 Bände.
Die Holzschnitte (andere Bilder, als früher) stammen in
dieser Ausgabe nicht von Uranach, sondern von dem Meister HB
der sie in den Jahren 1549 und 1550 verfertigt hat. Die Blätter
sind mit arabischen Ziffern bezeichnet, während in der Ausgabe von
1540, respektive 1541 nur Bezeichnungen mit römischen Zahlzeichen
vorkommen. Auf dem Titelblatt ist ein Kruzifix abgebildet, links
davon der Kurfürst Johann Friedrich kniend und betend, rechts
in derselben Haltung Luther selbst. Es ist dies eine Art Buch-
druckerzeichen, das Lutft statt des gewöhnlichen (mit den nach
unten gewendeten Schlangen) auf den Postillen, den letzten Bibeln
und Neuen Testamenten anzuwenden pflegte. Unser Exemplar ist
mit dem Ex libris des Grafen Tarouca versehen.
Vgl. über Lufft und seine Bibeldrucke den betreffenden
Artikel in der „Allg. deutschen Biographie“ (19. Bd.) und Graesses
trésor des livres rares, der übrigens unsere Bibel vom Jahre 1562
nicht erwähnt.
Nr. 6 (Signatur: V. 7963).
Stumpf Joh. Gemeiner loblicher Eydgenossenschaft Stetten Landen
und Völckeren chronikwirdiger Thaatenbeschreibung. Zürich,
Froschouer 1548. Fol. IL. Band.
Die Schweizerchronik des Johannes Stumpf ist eine vor-
treffliche Arbeit und blieb daher auch bis zum Anfang des 18. Jahr-
hunderts!) das Hauptwerk, aus dem man eine eingehende Kenntnis
der Schweiz und ihrer Geschichte schöpfen konnte. Mit vorzüg-
lichen Holzschnitten geschmückt, die besonders Städteansichten,
kriegerische und friedliche Vorgänge, Wappen und Bildnisse dar-
stellen, ist diese Chronik auch in typographischer und künstlerischer
Hinsicht eine höchst beachtenswerte Leistung. Christoph Froschauer
') Tschudis berühmte Helvetische Chronik, die nur bis 1470 reicht,
wurde erst 1734—1736 cedruckt.
sl
(Froschover) ist der erste Buchdrucker der Stadt Zürich. Außer
dieser Chronik lieferte er besonders zahlreiche Bibeldrucke, welche
sich durch Schönheit und Korrektheit auszeichneten. Wir kennen
von ihm gegen 30 Ausgaben der ganzen Bibel, die in den Jahren
1524—1564 in deutscher, lateinischer und englischer Sprache in
GroB-Folio bis Duodez erschienen. Was den vorliegenden zweiten
Band seiner Chronik anbelangt — wir besitzen leider bloß diesen —,
so enthält er Buch 3 —13, welche der topographischen Beschreibung
und Geschichte der einzelnen Gaue gewidmet sind und mit einer
allgemeinen Geschichte der Eidgenossenschaft vom Jahre 1314 bis
auf des Verfassers Zeit ihr Ende finden. Das siebente Buch handelt
von dem Aargau (Aergow) und bringt auf fol. 212 und 213
„UGenealogy oder Geburtbaum der edlen Fürsten von Oesterreich
des geschlächts von Habspurg“ und „Waapen der fürnemsten Keisern,
Künigen vnd personen, durch die dises geschlächt an eeren vnd
guot erhoecht ist“.
Nr. 7 (Signatur: XIII. 7497).
Schrot Martin. Wappenbuch des Heiligen Roemischen Reichs vnd
allgemainer Christenheit in Europa. Getruckt in der fürst-
lichen Statt München bey Adam Berg. MDLXXXI. Fol. 1 Bd.
Das Buch beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, dem sich
ein „Farb-Register“ (wie ein jeder Wappen nach seiner rechten
Farb und Freyheit sol eingetheilt werden) anschließt. An Wappen
sind in Holzschnitt reproduziert: das Wappen des h. röm. Reichs,
die Wappen der 7 Kurfürsten, der Stände des h. röm. Reichs,
die Wappen der Eidgenossenschaft und der ihr zugewandten Stätte,
die Wappen der Universitäten und hoben Schulen, der König-
reiche Dänemark, Schweden, England, Spanien, Frankreich, Italien,
Polen usw., die Wappen der Kardinäle usw. Überall wird auf die
geistlichen Wappen das Hauptgewicht gelegt. Der Text ist sehr
mangelhaft und spärlich und besteht zum großen Teile aus recht
ungenießbaren deutschen und lateinischen Gedichten. Von den
Wappen, die unsere Monarchie betreffen, finden sich unter anderem
folgende abgebildet: Königreich Böhmen (Fol. 10), Bosnien, Dal-
matien, Slavonien, Kroatien, Siebenbürgen, Kärnten, Krain, Steier-
mark, Mähren (Fol. 18 und 19), die Wappen der ungarischen Bis-
tümer (Fol. 21, 22), der Bistümer „im Königreich Beham vnd
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums, XII, 1, 6
+
O0
II
Österreich“, darunter B. Prag, B. Wien, B. Olmütz und das
Wappen „Zun Schotten in Wien“ (Fol. 25 und 24), die Wappen
der schlesischen Fürstentümer Lignitz, Briga, Miinsterberg, Tescha,
Troppa und Glatz, die Wappen des Erzbistums Salzburg und der
ihm unterstehenden Bistümer, das Wappen der „Teutschmaister“
(Fol. 36), das Wappen der Grafen von Salm (Fol. 70), des Mark-
graftums „Merhern“ (Fol. 70), der Grafen von Tirol (Fol. 75),
der 4 Ritter von Österreich: Wolfardt, Vngnad, Stalberg, Meron
(Fol. 81), der 4 Edelknechte von Österreich: Wallsee, Hohenheim,
Liechtenstein, Rechberg (Fol. 83), der 4 Bauern des Reichs, dar-
unter Salzburg (Fol. 89), das Wappen der freien Reichsstadt Eger
(Fol. 98) mit den Versen:
Eger auch gleich ein Reichsatt war,
Welch Keyser Ludwig versetzet gar
Umb 40 tausend Marck Silber fein
Der Kron Beham zu pfand hinein.
Von den Wappen der Universitäten!) seien die der Prager,
Wiener und Krakauer Hochschule erwähnt. Unter den Abbildungen
stehen erläuternde lateinische Verse (Fol. 122, 148, 155).
Der Verfasser des Buches, Martin Schrot, war ein prote-
stantischer Tendenzdichter und hervorragendes Mitglied der Augs-
burger Meistersängerschule. Sein Tod dürfte kurz vor 1576 erfolgt
sein. An den religiösen Streitigkeiten beteiligte er sich nur bis
1552 und so konnte es geschehen, dab er sich am Ende seines
Lebens mit dem Wappenbuch beschäftigte, das als bestellte Lohn-
arbeit sogar die geistlichen Wappen in den Vordergrund treten
läßt. Vgl. über sein Leben und seine Werke Roethes Aufsatz in
der „Allg. deutschen Biographie“ (Bd. 32, S. 556-558).
Unser Exemplar mit alter schöner Lederpressung enthält auf
der Oberseite des vorderen Deckels den Ausspruch: Dominus
mutat regna und darunter das bayrische Wappen.
-
| Nr. 8 (Signatur: XII. 2552).
(Josephus). Flauij Josephi, des Hochberühmten Jüdischen (Ge-
schichtsschreibers, Historien und Bücher: Von alten Jüdischen
Geschichten zwentzig, sambt eynem von seinem Leben: Vom
‘) Ein geschlossenes Buch bildet fast bei allen Universitätswappen den
Hauptbestandteil.
08
Jüdischen Krieg, vnd der Statt Jerusalem, vnd des gantzen
Lands zerstörung, siben: Von den Juden altem Herkommen
wider Apionem Grammaticum, zwei: Von Meysterschafft der
Vernunfft, vnd der Machäbeer Marter, eyns. Alles auß
dem Griechischen Exemplar, sammt aller Bücher vnd
Capitel Summarischer Innhalt, mit höchstem Fleiß von newem
verteutscht vnnd zugerichtet, darzu mit biblischen Concor-
dantzen, Jarrechnung, ordentlichem Register, vnd schönen
Figuren, deßgleichen vorhin im Truck nie außgangen, gezieret
Mit Römischer Keys. Majestat vnd Churfůrstlicher
zu Sachsen, Gnad vnd freiheyt. Auf der Rückseite des
letzten Blattes: Getruckt zu Strassburg, durch Theodosium
Rihel. M.D.LXXXI. Fol. 1 Bd.
Beigebunden: Egesippi, des Hochberiihmten Fürtrefflichen Christ-
lichen Geschichtschreibers, fünff Bücher: Vom ‚Jüdischen
Krieg, vnd endlicher der Herrlichen vnd gewaltigen Statt
‚Jerusalem. Jetz nemlich auß dem Latein auffs trew-
lichest verteutschet, mit kurzen Summarien aller vnnd
jeder Bücher vnd Capitel, auch ordentlicher Jahrrechnung
gezieret, vnd mit Concordantzen beydes auff die Heylige
bibel vnd vnsern newen Teutschen Josephum gerichtet.
Sammt eynem nützlichen Register vnd schönen Figuren.
Mit Römischem Keys. Maiest. freiheyt. Auf der Rückseite
des letzten Blattes: Getruckt zu Strassburg durch Theodosium
Rihel. MDLXXXL Fol.
Beide Werke sind von Konrad Lautenbach übersetzt, der
1534 zu Mutislar in Thüringen geboren, als Theolog, lateinischer
und deutscher Dichter hervorragte und am 18. April 1595 als
Prediger der Katharinenkirche zu Frankfurt starb. Die Übersetzung
verfaßte er zu Hunkweiler (Hunaweiler), einem württembergischen
Orte des Oberelsasses. Das erstgenannte Werk hat eine Vorrede
vom Jahre 1574 mit der Widmung für den Grafen Fridrich zu
Wirtemberg, das zweite eine solche vom Jahre 1575 mit der
Widmung an den Bürgermeister und Rat zu Reichenweiler. Das
dem Hegesippus (Egesippus) zugeschriebene Werk, welches Lauten-
bach übersetzte, ist nichts anderes, als eine lateinische Bearbeitung!)
1) Dieselbe wurde im Jahre 1864 zu Marburg von Weher-Caesar heraus-
gegeben.
6*
84
aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. unter dem aus Josephus durch
Entstellung entstandenem Namen Egesippus. Die hübschen Holz-
schnitte der beiden Drucke stammen von den Meistern F. und ©.
Stimmer und C. v. Sichem. (E$ US, bisweilen unter Hin-
zufügung des Schneidemesserchens.) Zwischen dem Druckort und
der Jahreszahl hat der Buchdrucker sein reichgeschmücktes Drucker-
zeichen eingefügt. Zwei Bücherzeichen schmücken das Buch, das
jüngere ist das des Grafen Tarouca, das ältere zeigt im Wappen
und Kleinod einen aufsteigenden Widder. Der Pergamenteinband
mit reichen ornamentalen und figuralen Verzierungen, stammt aus
dem Jahre 1580.
Nr. 9 (Signatur: XIII. 6891).
Roo, Gerardus de. Annales rerum belli domique ab Austriacis
Habspurgicae gentis principibus A Rudolpho primo usque ad
Carolum V. gestarum. Oeniponti. Excudebat Joannes Agri-
cola. MDXCIL Fol. 1 Band.
Dieses prächtige Werk wurde von dem Niederländer Gerhard
van Roo (+ ca. 1590), Bibliothekar des Erzherzogs Ferdinand von
Tirol, verfaßt, der es jedoch nicht mehr vollenden konnte. Sein
Freund Conrad Decius von Weidenberg gab es mit Beihilfe Anderer
(Justin Moser, Anton Clüsel, Friedrich Altstetter und Gottfried
Zott von Perneck) ergänzt und berichtigt im Jahre 1592 zu Inns-
bruck heraus. Gedruckt wurde unser Buch von Joh. Agricola
(Bauer) in nicht mehr als 100 Exemplaren!), daher es jetzt zu
den größten Seltenheiten gehört. Einen besonderen Schmuck
bilden der abgebildete Stammbaum des Hauses Österreich und (auf
sechs Blättern) 48 Wappenbilder derjenigen Provinzen, Herr-
schaften, Grafschaften, Herzogtümer und Königreiche, die im Laufe
der Zeit an das genannte Herrscherhaus gelangt sind. Alle Bilder
sind prächtig und sorgfältig koloriert. Unter jedem Wappen steht
ein vierzeiliger entsprechender Vers.
Unter dem mährischen Wappen (ein einköpfiger, von Silber
und Rot geschachter Adler im blauen Felde) stehen folgende
Zeilen:
!) Nach Jóchers Gelehrtenlexikon Ill. Teil, Sp. 1211. Andere bestreiten
die Richtigkeit dieser Angabe.
Quod vitae sociam sibi iunxit Regis Elyssam
Albertus, largas contulit Austriae opes.
Albis erit testis, testis guogue florida terra,
Cuius nune Moraui pinguia prata colunt.
Nr. 10 (Signatur: V. 7479).
Schrenkius a Notzing., Jacobus. Augustissimorum Imperatorum,
Serenissimorum Regum atque Archiducum, Illustrissimorum
Principum necnon Comitum, Baronum etc. verissimae imagines
et rerum ab ipsis domi forisque gestarum succinctae de-
scriptiones; quorum arma a Ferdinando Archiduce Austriae
partim conquisita, partim ab illorum haeredibus transmissa
in Ambrosianae arcis Armamentario conspiciuntur. Oeniponti,
Joannes Agricola 1601. Gr. Fol.
Dieses berühmte und seltene Prachtwerk enthält in unserem
Exemplare!) sechs Blatt Text als Einleitung und 121 Kupfer-
tafeln. Das Titelbild zeigt uns in reichster Verzierung mit alle-
sorischen Figuren den Erzherzog Ferdinand von Tirol, während
die übrigen Kupferstiche die Bildnisse der hervorragendsten Fürsten
und Feldherrn, von denen die Leibrüstungen und Waffen in Ambras
bewahrt wurden, mit genauer Wiedergabe dieser, zur Darstellung
bringen. Die Kupfer sind von Dom. Custos nach den Zeichnungen
J. A. Fontanas trefflich gestochen. Während die Porträts reiche
architektonische Umrahmungen aufweisen, ist der auf der Rück-
seite befindliche Text von interessanten Holzschnittbordüren um-
rahmt. Am Fußgestelle der Bildnisse sieht man Schrifttafeln für
Gredichte, von denen jedoch nur wenige ausgefüllt sind.
Von den bei Schrenk abgebildeten Rüstungen fehlen der
gegenwártig im Wiener Kunsthistorischen Hofmuseum befindlichen
Sammlung 23, nämlich die Ludwigs II., Königs von Ungarn und
Böhmen, 9 nach Frankreich gebrachte Stücke und 13, die wahr-
scheinlich niemals in der Sammlung waren, wie z. B. die Rüstung
des Johann Ziska. In unseren Exemplare fehlen vier Kupfertafeln,
darunter das Porträt des Feldherrn Karl Freiherrn von Zierotin
(geb. 1509, + 1560)?).
L) Welches von Hohenembs durch die Gräfin Walpuga Truchsess nach
Kunewald und später durch ihren Erben Schindler in unsere Bibliothek gelangte.
2) Es gelang mir zum Glück, im Jahre 1905 letzteenanntes Blatt auf
antiguarischem Wege um 3 K 60 h zu erwerben. Gegenwärtig ist es der Porträt-
sammlung der Landesbibliothek einverleibt.
86
Im Jahre 1603 kam durch Engelbrecht Noyse von Campen-
houten eine deutsche Úbersetzung unseres Prachtwerkes mit den-
selben Kupfern heraus. Einige Blätter dieser deutschen Übersetzung
enthált das lateinische Werk des Schrenk, welches die Bibliothek
der Matice moravská besitzt. Im Jahre 1735 erschien bei David
Köhler zu Nürnberg eine etwas umgearbeitete Auflage in 4°, welche
gute Kopien der Tafeln enthalten soll.
Vgl. Primisser, die Ambrasersammlung (Wien, 1819), Sacken,
Ed. Freiherr v., die k. k. Ambraser Sammlung (Wien, 1825), Graesse,
Tresor de livres rares et précieux (6. Band) und den 565. Lager-
katalog des Frankfurter Antiquariats Jos. Baer & Co. (1909), in
welchem ein ganz vollständiges Exemplar des Schrenkschen Werkes
(1601) um 300 Mark angeboten wird.
Nr. 11 (Signatur: IV. 7920).
Strada a Rosberg. De vitis Imperatorvm et Caesarvm Romanorvm,
tam occidentalivm qvam orientalivm, nec non vxorvm et
liberorvm eorvm, item tyrannorvm omnivm, qvi diuersis tem-
poribvs Romanum imperium attentare et oceupare conati
sunt, inde a ©. Ivlio Caesare, primo Monarcha, vsque ad
D. N. Imperatorem Caesarem Matthiam, vna cum eorvm
effigiebus et symbolis. Frankofvrti ad Moenvm. Imprimebat
Johannes Bringervs, MDCXV. Fol., 1 Band.
Dieses für Numismatiker wichtige Werk, das mit 531 zart
ausgeführten Münzabbildungen geziert ist, wurde von dem römischen
Bürger und Hofantiquarius des Kaisers Rudolf, Octavius de Strada
a'Rosberg, verfaßt und von dessen gleichnamigem Sohne veröftent-
licht. Der Verfasser ist der Sohn des aus Mantua gebürtigen
Antiquarius Jacob de Strada, welcher in der Mitte des 16. Jahr-
hunderts lebte und Epitomen thesauri atiquitatum schrieb, worin
er die Geschichte der Kaiser von Julius Caesar bis auf Karl den
Groben aus alten Münzen erläuterte, die er in der kaiserlichen
Bibliothek zu Wien in 10 Bänden mit unendlichem Fleiße ab-
gezeichnet hatte. Vgl. Jöchers Gelehrtenlex. IV. Bd., Sp. 854.
Unser Exemplar ist mit dem einen riesigen Bibliothekssaal dar-
stellenden Bücherzeichen des berühmten Büchersammlers Zacharias
Konrad von Uffenbach (geb. 1683 in Frankfurt a. M., 7 eben-
daselbst 1734) versehen. Uffenbach (eig. Offenbach) brachte mit
.
1
der Zeit eine Bibliothek von mehr als 12.000 gedruckten Bänden,
ferner eine Handschriftensammlung von 2000 Bänden und 20.000
Briefe zusammen. Seine sehr wertvolle Francofurtensien-Sammlung
befindet sich jetzt im Stadtarchiv seines Geburtsortes, während die
von ihm gesammelten hebräischen Handschriften und zirka 20.000
Briefe heute im Besitze der Stadt Hamburg sind.
Vgl. Jöchers Gelehrtenlex. (IV. 1562), ferner Allg. deutsche
Biographie (Aufsatz des R. Jung im 39. Bde., S. 135—137) und
Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Neue Folge Bd. I,
S. 335 fi. (Verzeichnis der Francofurtensia, verfaßt von Kelcher).
Nr. 12 (Signatur: V. 8449).
Vignola, Giacomo Barozzi da. Regola delli cingue ordini d’archi-
tettura. Siena, 1635. Fol. mit 45 Kupfertafeln.
Die erste Ausgabe erschien 1563 zu Rom; dann wurden Neu-
drucke im Jahre 1570, 1582 und 1596 zu Venedig veranstaltet.
Unsere Edition erschien zu gleicher Zeit auch in französischer,
deutscher und holländischer Übersetzung. Das Titelblatt zeigt in
reicher Umrahmung das Porträt des Autors.
Giacomo Barozzi da Vignola, geboren 1. Oktober 1507 in
Vignola bei Modena, gestorben 7. Juli 1573 in Rom, war als
Architekt der katholischen Reformzeit, Archäolog und Schrift-
steller ein Mann von hoher Bedeutung. Unter Papst Julius III. nach
Rom berufen, wurde er nach Michelangelos Tode 1564 Architekt der
Peterskirche. Seine Kunstweise war, namentlich innerhalb des
Jesuitenordens, lange Zeit hindurch maßgebend. Das vorliegende
Werk über die fünf Säulenordnungen galt als architektonisches
Kanon.
Nr. 15 (Signatur: V. 7150).
Sandrart, Joachim von. Der teutschen Academie zweyter und
letzter Haupt-Theil, von der edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-
Künste. Nürnberg, 1679. Gedruckt durch Christian Sigismund
Froberger, in Verlegung des Authoris, zu finden in Franckfurt
bey Michael und Johann Friedrich Endter und Johann von
Sandrart. Fol. 1 Bd.
Dieser zweite Teil der berühmten Sandrartschen „teutschen
Academie“, welche noch heute eine unentbehrliche Quelle für die
O0
O0
Kunstgeschichte ist, besteht aus drei Büchern. Das erste Buch han-
delt von der Baukunst und enthält 57 Kupfertafeln (Abbildungen
von Griibern, Tempeln, Triumphbogen, Bildsäulen, Pyramiden,
Kirchen, Palästen, Lusthäusern, Fontänen usw.), meist gezeichnet
von Joachim von Sandrart, gestochen von seinem Grobneffen Joh.
Jakob Sandrart, von Joh. Meyer, Johann Frank, von Susanna
von Sandrart). Das letzte Blatt zeigt uns das Kloster der Bene-
diktiner in Lambach und das Gut Stockau (bei Jngolstadt), das
dem Joachim v. Sandrart durch seine erste Frau Johanna v. Milkau
als Eigentum zugefallen war. Am Ende ist auf einem groben
Doppelblatt ein Plan der Stadt Rom aus dem Jahre 1677 hinzu-
sefügt. Das zweite Buch beschäftigt sich zunächst mit der Skulptur.
Zur Erläuterung des Textes dienen 57 von Joahim v. Sandrart
gezeichnete und von Richard Collin, ©. G. Amling, J. J. Thour-
neyser, J. A. Baener, Waldreich, J. Franck, G. C. Eimmärt und
Joh. Jakob Sandrart gestochene Blätter. Am meisten interessieren
uns hier die Porträtbüsten der ersten zwölf römischen Kaiser.
Den Schluß bildet eine Beschreibung der „Kunst- und Schatz-
kammern hoher Potentaten, Churfürsten und Herren“ (Fol. 71—91).
Das dritte Buch endlich „von der Pictura oder Mahler-Kunst“
enthält Kunstregeln, spricht von der notwendigen Beschaffenheit
der Bilder, von der Mischung und dem Gebrauch der Farben,
gibt eine Anleitung zur Landschaftsmalerei, berichtet über Porträts
berühmter Personen des Altertums und widmet ein längeres Ka-
pitel den Malern der neueren Zeit. Daran schließt sich (Fol. 87—92)
eine Abhandlung „von unterschiedlichen antiquischen oder uralten
Gefáben, (rebäuden, Ruinen, Hörnern u. a. d.“, die meisten Kupfern
stammen von R. Collin, einige von C. Meyer und G. C. Eimmert.
Auf drei Blättern sind 18 Malerbildnisse, gezeichnet von Joachim
von Sandrart, schön gestochen von seinem Schüler Richard Collin
(geboren 1626 zu Luxemburg, besonders in Antwerpen und Brüssel
tätig) zu sehen.
Nr. 14 (Signatur: IV. 5522).
Tavernier Joh. Bapt., Freih. v. Aubonne, Vierzig-Jährige Reise-
Beschreibung, worinnen dessen durch Türkey, Persien, Indien
und noch mehr andere Oerter höchst-löblichst-vollbrachte
sechsmalige Reise, benebenst der eigentlichen und wahren Be-
schaffenheit selbiger mächtigen Königreiche Religion, Regiment,
89
der Innwohner Natur, Sitten und Gewonheit, Handel und
Gewerb; ingleichen der alda gangbaren Münze, Maß, Ge-
wicht und deren Werth ausführlichst verzeichnet, auch durch
accurate Kupfer auf das genaueste abgebildet. Aus dem
Französischen in das Teutsche treulichst übergetragen und
zum Druck befördert durch „J. Menudier, del) Hochstfürstl.
Bayreuth. Collegii Christian-Ernestini Prof. Publ. Nürnberg,
In Verlegung Johann Hoffmanns, Buch- und Kunsthändlers,
daselbst gedruckt bey Andreas Knorzen, im Jahr Christi
MDCLXXXI. Fol. 3 Teile in 1 Bd.
Der bekannte Reisende Joh. Bapt. Tavernier wurde im Jahre
1605 zu Paris als der Sohn des Geographen Gabriel Tavernier
geboren und starb zu Moskau im Jahre 1689. Er sammelte auf
seinen Reisen ungeheure Reichtümer und wurde im ‚Jahre 1669
von Ludwig XIV., an den er um 3 Millionen Franks Edelsteine
verkaufte, geadelt. Im nächsten Jahre wurde er in der Schweiz
(im Kanton de Vaud) Freiherr von Aubonne. Nach Abschluß
seiner Reise beteiligte er sich an großen Handelsunternehmungen,
kam aber durch einen betrügerischen Neffen um sein Vermögen.
Unter seinen beliebten und noch heute in Frankreich geschätzten
Reisebeschreibungen ist vor allem zu nennen: „Les six voyages
de Jean-Baptiste Tavernier en Turguie, en Perse et aux Indes.“
Das Buch erschien 1676 zu Paris und erlebte viele Auflagen und
Übersetzungen, unter welch letzteren die vorliegende deutsche!)
im Jahre 1681 in Nürnberg erschien. Während das Originalwerk
in 12° und 4° ausgegeben wurde, ist die deutsche Übertragung
in Folio erschienen. Die zur Erläuterung hinzugefügten Kupfer-
stiche (von J. Jakob Schellenberger usw.) sind recht mittelmäßig;
hingegen ist das dem Text vorangehende Porträt des berühmten
Reisenden, im Jahre 1679 von Joh. Heinzelmann nach dem Leben
gezeichnet und gestochen, ein prächtiges Blatt. Unser Exemplar
ist mit dem Ex libris des Friedrich Grafen Sylva Tarouca ver-
sehen. Vgl. insbesondere Graesse, Trésor des livres rares et pré-
cieux. 6. Bd., S. 42f. und Jöchers Gelehrten-Lexikon, 4. Teil, Sp.
1024 und Sp. 1025.
!) Sie stammt aus der Feder des französischen Sprachmeisters Johannes
no
Menudier, der zwischen 1673 und 1690 am ansbachischen Hofe lebte.
90
Nr. 15 (Signatur: V. 7151).
Nandrart à Stockav, Joachim de. Academia nobilissimae artis
pictoriae. Noribergae, Literis Christiani Sigismundi Frobergi,
sumtibus autoris. Francofurti apud Michaelis ac Johan.
Friderici Endterorum haeredes et Johan. de Sandra(rt). Anno
MDCLXXXII. Fol. 1 Vol.
Hinter dem Haupttitel befindet sich das prächtige Porträt
des Autors, zu Brüssel von R. Collin 1679 gestochen, der damals
schon königlich-spanischer Hofkupferstecher war; dann folgt die
Dedikation (das Buch wurde der Republik Venedig gewidmet). Der
erste Teil handelt von der Malerei und ihren verschiedenen Re-
quisiten. Der zweite Teil enthält drei Bücher. Das erste Buch
beschäftigt sich mit den berühmtesten Malern des Altertums, das
zweite mit den neueren italienischen Malern, das dritte mit den
deutschen, belgischen, französischen, englischen und sonstigen
Malern). Die Porträts dieser Künstler (mehr als 200) sind nach
Zeichnungen des ‚Joachim von Sandrart von verschiedenen guten
Stechern gestochen. Wir nennen Joachims Neffen Jacob v. Sand-
rart, den Großneffen Joh. Jacob v. Sandrart, Philipp Kilian,
G. ©. Eimmart, Bart. Kilian, R. Collin, Waldtreich, G. A. Wolf-
gang, Leonhard Heckenauer. Den Schlub unseres Werkes nimmt
eine 16 Seiten lange Biographie des Joachim von Sandrart ein;
die von seinen Verwandten und Schülern kompiliert wurden. — Sie
zählt auch die meisten Arbeiten des Meisters auf.
Nr. 16 (Signatur: IV. 3793).
Hohberg, Wolff Helmard Freiherr von. Georgica curiosa aucta.
Das ist umständlicher Bericht und klarer Unterricht von dem
adeligen Land- und Feldleben, auf alle in Teutschland übliche
Land- und Haus-Wirtschafften gerichtet, hin und wieder mit
vielen untermengten raren Erfindungen und Experimenten
versehen, einer mercklichen Anzahl schöner Kupfer geziert
und in zweyen absonderlichen Theilen, deren jeder in sechs
Büchern besteht, vorgestellet. Nürnberg bei Endters Erben,
1687. Fol. 2 Bde.
') Daneben finden wir auch Biographien und Bildnisse von Kupfer-
stechern, Goldschmieden, Bildhauern und Baumeistern.
Dieses Werk, welches zuerst im Jahre 1682 erschien und
mehrere Auflagen erlebte (die vierte Auflage 1716 in drei Teilen),
ist in kameralistisch-ökonomischer, landwirtschaftlich - technischer
und historisch-politischer Richtung eine bedeutsame und wichtige
Schöpfung, die in Österreich und Deutschland mit srößtem Beifall
aufgenommen wurde. Der erste Teil der Georgica behandelt die
Einrichtung der Landgüter, die Verwaltung der damit verbundenen
Realitäten und Gefälle wie der technischen Nebengewerbe, die
gesamte Hauswirtschaft, den Wein- und Gartenbau. Im zweiten
Teile beschäftigt sich der Autor mit dem Feldbau, der Wiesen-
und Weidenkultur, der Viehzucht, Bienenzucht, Fischzucht, Jagd
und anderen in die Wirtschaft einschlägigen Dingen. Das aus-
gezeichnete Werk bringt reiches Material für die Geschichte der
österreichischen Landwirtschaft, worauf hier mit Nachdruck auf-
merksam gemacht wird. Hunderte von Kupferstichen veranschau-
lichen und beleben den Text. — Beide Bände sind den Ständen
der Erzherzogtümer Unter und Ob der Enns gewidmet. Darauf
deuten auch die beiden Wappen hin, welche auf dem schönen
Titelbilde (gezeichnet von Dan. A Neuberg, gestochen von dem
bekannten Augsburger Kupferstecher Matth. Küsel) zu sehen sind.
Nun einiges über den Autor des Werkes. Wolfgang Helmhard
Freiherr von Hohberg wurde am 20. Oktober 1612 zu Ober-
Thumritz (nach Goedekes Grundrib zur Geschichte der deutschen
Dichtung, zweite Aufl., III. Bd., S. 243 jedoch in Lengefeld) in
Niederösterreich geboren, genoß eine sehr sorgfältige Erziehung,
beteiligte sich an einer Kampagne unter dem Generalfeldmarschall
Holk (1633), widmete sich aber später nur der Landwirtschaft und
Poesie. Als die Lage der Protestanten in den nächsten Jahrzehnten
in Österreich bedenklich wurde, verkaufte er 1664 seine Güter
Rohrbach, Klingenbrunn, Ober-Thumritz, Süßenbach usw. und lieb
sich im nächsten Jahre in Regensburg nieder, wo er nicht nur
die Georgica curiosa, sondern auch verschiedene Dichtungen, wie
z. B. den „Lust- und Arzneigarten oder die mit deutschen Saiten
überzogene Cron-Harfe des königl. Propheten Davids“ (1675)
herausgab. Sein fast 40.000 Verse umfassendes Heldengedicht
„Der Habspurgische Ottobert“ erschien schon früher (1664) in
Erfurt. Freiherr v. Hohberg war seit 1652 Mitglied der öster-
reichischen ständischen „fruchtbringenden Gesellschaft“ und hieb als
solches „Der Sinnreiche“. Sein Tod erfolgte 1688 zu Regensburg.
Vergleiche Ersch und Gruber, allgemeine Enzyklopädie der
Wissenschaften und Künste, IX. Teil (Artikel „Hochberg“), den
Aufsatz des Leisewitz über Hohberg in der „Allgemeinen deutschen
Biographie“ (XII. Bd.) und den bereits oben zitierten Grundrib
Goedekes.
Nr. 17 (Signatur: V. 689).
Palatius Joannes. Gesta pontificym Romanorvm a Nancto Petro
apostolorvm principe vsque ad Innocentivm XI P. O. M.
Additis pontiticum imaginibus ad vivum aere exculptis, cum
hieroglyphicis, numismatibus, signis, sigillis ete. Opus qua-
tuor voluminibus absolutum. Venetiis, MDULXXXVII et
MDCLXXXVIIL Apud Joannem Pare, sub Signo Fortunae.
Fol. 2 Bde. Beigebunden ist der fünfte Teil, der 1690 er-
schien und die Biographien Innozenz XI. und Alexander VIE.
enthält. Die Porträts sind von einem guten, jedoch nicht ge-
nannten Stecher ausgeführt. Nur einige Blätter, die Palatius
selbst gestochen hat (sie sind bezeichnet: Giov. Palazzı fecit.
sculpsit), sind weniger gelungen.
Giov. Palazzi (Jo. Palatius) war beider Rechte Doktor, 1684
Professor juris canonici in Padua und seit 1688 Pfarrer der Kirche
S. Mariae in Venedig. Mit dem Titel eines kaiserlichen Rates aus-
gezeichnet, starb er gegen das Ende des 17. Jahrhunderts. Seine
historischen Werke sind in Jóchers Gelehrten-Lexikon, III. Teil,
Sp. 1189 f. angeführt.
Das Alter der Brůnner Eruptivmasse.
Von Prof. A. Rzehak.
Das weitaus vorherrschende Gestein der Briinner Eruptiv-
masse ist bekanntlich ein Hornblendegranitit, der in der Gegend
nordlich von Brünn mitunter syenitartig wird, ohne jedoch in
echten — das heibt quarzfreien — Syenit überzugehen. In der süd-
lichen Fortsetzuug des langgestreckten Granititstockes verschwindet
die Hornblende an vielen Stellen — so auch bei den räumlich
sehr beschränkten Vorkommnissen im Weichbilde der Stadt Brünn —
vollständig, während sie sich an anderen Stellen bei gleichzeitigem
Zurücktreten des Orthoklas derart anreichert, daß dioritartige
Gresteine und auch echte Hornblendediorite entstehen.
Diese dioritischen Massen sind jedoch nur zum Teile auf
magmatische Saigerungsprozesse des Hornblendegranitits zurück-
zuführen. Das Vorkommen scharfkantiger Einschlüsse von fein-
körnigem Diorit im typischen Hornblendegranitit beweist vielmehr,
dab wenigstens ein Teil der Diorite zu den ältesten Gesteinen
‚unserer Eruptivmasse gehört. Es mögen auch viele rundliche Diorit-
einschlüsse, die den Eindruck von „basischen Schlieren“ machen,
nichts anderes wie abgeschmolzene Bruchstücke älterer Diorit-
gesteine sein.
Im Gegensatze hiezu sind gewisse, noch basischere Gesteine
entschieden jünger als der Hornblendegranitit. Im geologischen
Kartenbilde der Umgebung von Brünn fällt ein langgestreckter.
sehmaler Zug von Gesteinen auf, die auf F. Foetterles geologi-
scher Karte von Mähren (der sogenannten „Wernervereinskarte“)
nicht besonders ausgeschieden, auf der im Jahre 1883 von Ma-
kowsky und Rzehak veröffentlichten geologischen Karte der Um-
gebung von Brünn hingegen als „dioritische Schiefer- und Massen-
gesteine“ bezeichnet sind. F. E. Suess hat (vorläufiger Bericht über
94
die geologische Aufnahme im südlichen Teile der Brünner Eruptiv-
masse: Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1908,
S. 385) den Nachweis erbracht, dab diese zum größten Teile durch
die Verwitterung stark zersetzten (Gesteine mit den dioritischen
Typen der Brünner Eruptivmasse nicht zusammengeworfen werden
dürfen, sondern einen uralitisierten und auch sonst mannigfach
veränderten Diabas darstellen. Dieses stellenweise kataklastische,
in „Grinschiefer“ umgewandelte Gestein erscheint auf der geo-
logischen Karte als eine Einlagerung im Granit, die sich in einem
langen, schmalen Zuge, dessen Ränder annähernd parallel zu den
Rändern des Granititstockes verlaufen, aus der Gegend von Brünn
(woselbst der Franzensberg und Spielberg wesentlich aus diesem
(Gesteine bestehen) bis gegen Czernahora verfolgen läßt. Der un-
mittelbare Kontakt zwischen Granitit und Diabas ist meines Wissens
nirgends aufgeschlossen; immerhin tritt in der ehemals Czerwinka-
schen Ziegelei am Fube des „Gelben Berges“ unter einer Lage
von mittelmiozänem Sand, der dem Komplex der „Oncophora-
schichten“ angehört, in relativ geringer Entfernung (40—50 m) vom
anstehenden Granitit ein eigentümliches, hornfelsähnliches Gestein
auf, welches man als ein Kontaktprodukt zwischen Diabas und
Granitit auffassen könnte. Zahlreiche Gänge und Schnüre eines
dunkelgrünen, dichten Gesteins, die hie und da den Granitit durch-
schwärmen und die wohl vorwiegend dem Diabas angehören, be-
weisen zur Genüge, dab wir es bei dem letzteren mit einem (Gestein
zu tun haben, welches jünger ist als die Hauptmasse unseres Gra-
nitits; F. E. Suess hat (Vorlage des Kartenblattes Brünn; Verh.
der k. k. geol. Reichsanst., 1906, S. 148) sogar die Vermutung
ausgesprochen, dab dasselbe einen Teil des Unterdevons vertreten
könnte.
Auch unter den sonstigen (sesteinstypen der äuberst man-
nigfaltigen Brünner Eruptivmasse werden sich leicht ältere und
jüngere Glieder unterscheiden lassen; viel schwieriger ist die Fest-
stellung des Altersverháltnisses all dieser Eruptiva gegenüber den
Sedimentärformationen der Umgebung von Brünn. Die älteren
Forscher nahmen übereinstimmend den „Nyenit“ als das älteste
Gestein des Gebietes an; erst im Jahre 1872 tauchte eine ab-
weichende Ansicht auf, indem E. Suess in seinem Werke: „Die
Entstehung der Alpen“ (S. 70) dem Brünner ,Syenit“ ein post-
permisches Alter zuschrieb. Diese Ansicht gründete sich haupt-
sächlich auf die Verschiedenheit der Ablagerungen, die zu beiden
Seiten der Eruptivmasse an die letztere angrenzen, sowie auf das
scheinbare Einfallen dieser Sedimente — im Osten Devon, im
Westen das Rotliegende — unter die Eruptivmasse. Eine Diffe-
renz in der Verteilung der Sedimente zu beiden Seiten des Granitit-
zuges besteht allerdings, wenn auch nicht in der Schärfe, wie
sie E. Suess angenommen hat; man kann bloß sagen, daß das
Rotliegende auf der Ostseite des Brünner Granititstockes wohl
fehle, daß jedoch das Devon und nach neueren Erfahrungen auch
der Kulm der „böhmischen Scholle“ keineswegs ganz fremd sind.
H. Wolf hat schon vor einem halben Jahrhundert (Zeitschr. der
deutschen geol. Ges. 1860) in gewissen Sandsteinen dieses Gebietes
Kulmgrauwacken vermutet, während F. E. Suess in verschiedenen
Publikationen (zum ersten Male im „Führer zu den Exkursionen
des IX. internat. Geologenkongresses“, Wien 1903, Exkursion nach
Segengottes) eine ganze Reihe von Punkten namhaft gemacht hat,
an denen kleine, zum Teile stark veränderte Schollen von Kulm-
grauwacken erhalten geblieben sind. Er hat auch nachgewiesen,
daß die Konglomerate am Ostrande der hier in Betracht kommen-
den Partie der „Boskowitzer Furche“ zum Unterschiede von jenen
des Westrandes vorwiegend aus Kulmgeröllen bestehen. In neuester
Zeit wurden gelegentlich einer Tiefbohrung in etwa 630 m Tiefe
ziemlich nahe an der Gneisgrenze Gesteine angetroffen, deren Zu-
gehörigkeit zum Kulm mindestens sehr wahrscheinlich ist. Was das
Devon anbelangt, so ist dasselbe schon seit langer Zeit durch
Fossilfunde (Korallen im Kalkstein des Czebinkaberges wurden
schon von Makowsky-Rzehak in den Erläuterungen zur geolo-
gischen Karte der Umgebung von Brünn erwähnt) mit voller Sicher-
heit nachgewiesen.
Kleine Schollen der als unterdevonisch aufgefabten roten
Sandsteine und Quarzkonglomerate finden sich bei Brünn (Roter
Berg, Gelber Berg) und am Babylom mitten im Gebiete der Eruptiv-
masse; bei Lelekowitz lagert überdies (auf dem nordöstlichen Ab-
fall der bewaldeten Kuppe, die auf der Generalstabskarte mit der
Höhenkote 397 bezeichnet ist) im Hangenden des ziemlich mäch-
tigen und gut aufgeschlossenen roten Quarzkonglomerats eine kleine
Scholle von stark gestörtem Devonkalkstein, deren (tektonischer)
Kontakt mit zersetztem Diabas deutlich zu erkennen ist; sie fällt
steil gegen den die erwähnte Kuppe zusammensetzenden Diabas
96
ein und hat sich, ohne Zweifel nur infolge ihrer tektonischen Ver-
senkung in die umgebende Eruptivmasse erhalten. Obzwar die
Granitgrenze in verhältnismäßig geringer Entfernung verläuft, ge-
stattet dieses Vorkommen ebensowenig wie die Konglomerate vom
Babylom und jene in der Umgebung von Brünn einen sicheren
Schluf) auf das Alter unseres Granitstockes.
Auch die Lagerungsverhältnisse der westlich und östlich an
den Granit angrenzenden Sedimentärbildungen sind keineswegs
solche, daß sich aus ihnen das Alter der Granitmasse ableiten
ließe. E. Suess sagt darüber (loc. cit. S. 70): „Die Ränder beider
Schollen, der böhmischen wie der sudetischen, neigen sich unter
die Ausfüllungsmasse der Fuge und der Syenit ist jünger als
beide.“ Es ist nun zwar richtig, dab die Ablagerungen des Rot-
liegenden im allgemeinen gegen den Brünner Granitstock einfallen,
so daß E. Suess seinerzeit in den hart am Granit liegenden,
wie wir jetzt wissen devonischen Kalksteinen Aguivalente des
Zechsteins vermuten konnte. Auch das Unterdevon der Um-
sebung von Brünn fällt an einzelnen Stellen ganz deutlich gegen
den Granit (z. B. im Schwarzatal gegenüber der ehemaligen
Bauerschen Zuckerfabrik und auf der bewaldeten Kuppe, Kote
370, südlich von Lelekowitz) beziehungsweise gegen den Diabas
(Gelber Berg, besonders deutlich am Babylom, wo die Konglome-
ratbänke in steiler Stellung in den unterlagernden Diabas förmlich
eingespießt erscheinen), doch lassen sich diese Lagerungsverhält-
nisse ganz ungezwungen auf Absenkungen an Brüchen zurück-
führen. Bezüglich des Rotliegenden deuten schon die ältesten Pro-
file durch das Rossitzer Steinkohlenbecken ein westliches Ein-
fallen an der Granitgrenze an. Wenn auch nach den sehr verdienst-
vollen Aufnahmen dieses Gebietes durch Prof. Dr. F. E. Suess
das „Rokytnakonglomerat“ nicht mehr, wie dies früher üblich war,
als „Hangendkonglomerat“ der Rossitzer Permablagerungen gedeu-
tet werden kann, so haben diese Aufnahmen doch die älteren An-
gaben, nach welchen dieses Konglomerat am Granitrande ein west-
liches Einfallen zeigt, durchaus bestätigt und auch für die älteren
Ablagerungen (Devon und Kulm) dieselbe Lagerung wahrscheinlich
semacht. So erscheint z. B. auf dem von F. E. Suess in seiner
inhaltsreichen Abhandlung: „Die Tektonik des Steinkohlengebietes
von Rossitz und der Ostrand des böhmischen Grundgebirges“
(Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst., 57. Bd., 1907, Taf. XIX) mit-
97
geteilten Profil I der Devonkalk des Czebinkaberges im Liegenden
des hier flach nach Westen einfallenden Rokytnakonglomerats.
Auf Profil III folgen Devonkalk, Kulm und Rokytnakonglomerat
mit sehr steilem, aber doch unzweifelhaft westlichem Einfallen kon-
kordant aufeinander und nur lokal (wie z. B. auf Profil II und
Profil IV) zeigt die Kulmgrauwacke ein Verfliichen gegen Osten.
Von einem allgemeinen Einfallen der gesamten, westlich vom
Brünner Granitit gelegenen paläozoischen Scholle unter diesen
Granitit kann also keine Rede sein.
Aber auch die Devonkalksteine des östlichen Gebietes sinken
nicht unter den Granit und wo dies doch der Fall zu sein scheint,
ist die Ursache teils in Absenkungen an Brüchen, oder Überschie-
bungen, teils in sekundären Erscheinungen (wie z. B. Transversal-
schieferung), welche die tatsächlichen Lagerungsverhältnisse ver-
schleiern, zu suchen. Es ist ja auch von vornherein wenig wahr-
scheinlich, daß sich bei dem Empordringen eines Eruptivmagmas
längs einer Spalte die Ränder der beiden durch die Spaltenbildung
aus dem Zusammenhange gerissenen Schollen gegen die Spalte
neigen werden. Wenn man auch heute noch den aufsteigenden
Eruptivmassen im allgemeinen jede hebende Kraft abzusprechen
pflegt, so wird man ihnen doch mindestens so viel mechanische
Aktivität zuschreiben dürfen, daß an den Rändern der von ihnen
durchbrochenen Sedimente eher Aufwulstungen als Einsenkungen
zu erwarten sein werden. Gewil) werden auch letztere vorkommen
können, aber stets nur als eine lokale, keineswegs als allgemeine
Erscheinung. In unserem Falle ist die Annahme eines Ergusses
des Granitmagmas über die beiderseits in die Tiefe gesunkenen
Schollenränder schon durch die mitten im Granitgebiete vorhan-
denen Denudationsreste des Paläozoikums (Sandsteine und Quarz-
konglomerate, Kalkstein von Lelekowitz) ganz ausgeschlossen. Das
Emporsteigen des Brünner Granitits in höhere Zonen der Erdrinde
dürfte überhaupt nicht längs einer Linie (der „Bruchlinie von
Brünn“) stattgefunden haben, da seine oberflächlichen Begrenzun-
gen wesentlich tektonische Grenzen sind und daher die im
geologischen Kartenbilde so auffällige lineare Erstreckung des
Brünner Granitstockes keine richtige Vorstellung von seiner eigent-
lichen Begrenzung zu geben vermag, ebensowenig wie die heutige
„Boskowitzer Furche“ das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des
mährischen Permokarbons darstellt.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII, 1.
-
98
Da unser Granitit allenthalben die Merkmale eines typischen
Tiefengesteins aufweist, so muß er zurzeit seines Emporsteigens
und seiner Erstarrung von einer mächtigen Rindenschichte bedeckt
gewesen sein, kann sich also gar nicht in der von E. Suess an-
gedeuteten Art über die Oberfläche der beiden Schollen ergos-
sen haben. An der Zusammensetzung der Deckschichte können
zunächst folgende (Gebilde teilgenommen haben: 1. die mannig-
faltigen kristallinen Schiefer der böhmischen Masse; 2. die nur
zum Teil kristallin gewordenen, vordevonischen, altpaläozoischen
oder algonkischen Sedimente der „moravischen Zone“ (F. E. Suess),
die namentlich aus der Umgebung von Tischnowitz schon seit lange
bekannt sind; 3. das sogenannte „Unterdevon“ der Umgebung von
Brünn, welches möglicherweise ebenfalls vordevonisch, zum Teil
aber, wie ich bei einer anderen Gelegenheit nachweisen werde,
sicher mitteldevonisch ist und heute dort, wo es nicht von jiin-
geren Ablagerungen bedeckt ist, bereits stark abgetragen erscheint;
4. das sichere Devon (vorwiegend Mittel- und Oberdevon); 5. der
Kulm; 6. das Oberkarbon; 7. das Rotliegende.
Wenn auch alle diese Ablagerungen keine geschlossene
Schichtenfolge bilden und vielfach durch Diskordanzen voneinander
geschieden sind, so dürften sie doch zur Zeit des supponierten
späten Emporsteigens unseres (rranitits eine sehr ansehnliche.
jedenfalls einige Tausende von Metern betragende Gesamtmáchtig-
keit besessen haben. Die Frage ist nun: wie hoch ist das Granit-
magma, wenn es jungpaläozoisch ist, in dieser Decke emporge-
stiegen ?
E. Suess hat angenommen, dal der „Syenit“ noch jünger
als das untere Perm sei. Eine Intrusion in das Perm selbst würde
bei dem schon betonten „plutonischen“ Charakter des (Gesteins
natürlich eine weitere Verstärkung der Decke verlangen, für welche
dann noch die in unserem (Gebiete vertretenen mesozoischen Sedi-
mente (Oberjura und Kreide) heranzuziehen wären. Mit anderen
Worten heißt dies nichts anderes, als dab die Eruptionszeit unseres
Granitits hoch in das mesozoische Zeitalter hinaufgerückt
werden müßte, was auch wieder seine Bedenken hat, denn das
Paláozoikum war nach der varistischen Auffaltung einer so weit-
gehenden Abtragung ausgesetzt, daß die Sedimente des oberen
‚Jura auf dem von der karbonischen Decke bereits teilweise befreiten
und sogar „verkarsteten“ Devonkalk lagern. Das emporsteigende
99
Granitmagma hätte also auch in der mesozoischen Zeit kaum eine
so mächtige Überlagerung vorgefunden, daß es als vollkristallines
Tiefengestein hätte erstarren können.
Auf alle Fälle aber müßten, wenn das Lagerungsverhältnis
des Granitits zu den paläozoischen Ablagerungen ein „durchgrei-
fendes“ wäre, die charakteristischen Erscheinungen der Kontakt-
metamorphose an vielen Stellen konstatierbar sein. Wenn auch die
Grenzen zwischen Granit und Devonkalk vorwiegend tektonische
Grenzen sind, so gibt es doch immerhin genug (Gegenden, in wel-
chen der Devonkalk dem Granit gegenüber so situiert ist, daß er
unbedingt in den ,Kontakthof“ des letzteren fallen müßte, wenn
ein solcher überhaupt bestünde. Längs der ganzen Ostgrenze des
Granitzuges findet sich aber nicht die geringste Veränderung des
Kalksteins, welche auf eine Berührung mit dem Granitmagma
deuten würde. Die kleine Devonkalkscholle von Lelekowitz, die den
letzten Rest der einst über das ganze Granitgebirge ausgebreiteten
Decke von Devonkalk darstellt, zeigt zwar Faltungserscheinungen,
aber keine Spur von Kontaktmetamorphose, nicht einmal jene
leichte Marmorisierung, die man etwa am Kalkstein der „Czebinka“
auf die Nähe des Granits zurückführen könnte, wenn schon der
letztere durchaus als jünger gelten soll.
Ganz ähnlich wie bei der Kalkscholle von Lelekowitz liegen
die Verhältnisse bei der von H. Bock (Zur Tektonik der Brünner
Gegend; Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst. 1902, 52. Bd., S. 260 ff.)
nachgewiesenen Devoninsel (Kote 508 der Generalstabskarte
1: 75,000) nördlich vom alten Hochofen im Josefstale bei Adams-
thal. Nach Bocks Darstellung ist dort die Auflagerung des Devon-
kalksteins auf dem Granit deutlich zu erkennen; der Genannte
konnte keine Spur einer Kontaktmetamorphose entdecken und
bemerkt, daß auch die flache, muldenförmige Auflagerung der
Devonschichten „eher ein Argument gegen als für die Annahme
einer nachdevonischen Eruption des Granitsyenits“ bilde. Auf Grund
meiner wiederholten Besuche der fraglichen Lokalität kann ich
die Angaben Bocks nur bestätigen.
Da nun unser Devonkalk keinerlei Spuren einer Kontakt-
metamorphose erkennen läßt, so muß er, wenn dem Granit ein
postdevonisches Alter zukommt, vor der Einwirkung des letzteren
durch eine genügend mächtige Zwischenlage älterer Ablagerungen
geschützt gewesen sein. Obwohl eine solche Annahme gewiß zulässig
DES
1°
100
wäre, so ist sie doch sehr unwahrscheinlich, da sich sofort eine
neue und kaum zu beantwortende Frage aufwirft, námlich: wieso
ist diese trennende, die Kontaktmetamorphose des Kalksteins ver-
hindernde Zwischenlage wieder gänzlich verschwunden ? Zwar könnte
man auf das sogenannte „Unterdevon“ hinweisen, doch war dieses
gewiß nicht mächtig genug, um einen absoluten Schutz des Kalk-
steins gegen die sehr intensiven Wirkungen des Granitkontaktes
zu gewährleisten. Namentlich bei der Kalkscholle auf der Kuppe
am nördlichen Gehänge des Josefstales (Kote 508) ist die Ent-
fernung zwischen Devonkalk und Granit so gering, dab die unter-
devonische „Schutzschichte“ nur eine sehr unbedeutende Máchtig-
keit besitzen kann. Es müßten sich auch, wenn das „Unterdevon“
mit dem Granitmagma in unmittelbare Berührung gekommen wäre,
gewisse Anzeichen dieser Berührung, wie z. B. Granitapophysen,
Injektionen oder zum mindesten Frittungserscheinungen, erkennen
lassen; dies ist jedoch nicht einmal bei dem Schieferton von Petro-
witz bei Sloup der Fall und es wurde deshalb seit jeher und mit
Recht das gänzliche Fehlen der Kontaktmetamorphose im Brünner
Paläozoikum als ein gewichtiges Argument gegen das postdevonische
Alter der Brünner Eruptivmasse geltend gemacht.
Da trat plötzlich im Jahre 1900 F. E. Suess mit der über-
raschenden Mitteilung vor die Öffentlichkeit, er habe einen „Kon-
takt zwischen Syenit und Kalk in der Brünner Eruptivmasse“
(Verhandl. der k. k. geol. Reichsanstalt 1900, S. 374 ff.) entdeckt.
Er gab zwar zu, daß die nördlich von Eichhorn gelegenen, durch
Fossilien (Cyathophyllum und Calamopora, welch letztere
wohl als Amphipora zu deuten ist) als devonisch erkannten
Kalkvorkommnisse keine kontaktliche Beeinflussung durch den
Syenit (recte Granit) erkennen lassen, wies jedoch darauf hin, dab
der „südliche Kalkzug“ (ungefähr von Tetschitz bis nach Eiben-
schitz) „in hohem Grade metamorphosiert und zum groben
Teil in Kalksilikathornfels umgewandelt“ ist.
An der Existenz dieser Kontaktgebilde ist gewiß nicht zu
zweifeln. Sie reichen auch, wie aus späteren Mitteilungen von F. E.
Suess hervorgeht, über Teetschitz hinaus ziemlich weit nach Norden,
so dab sie sich den unveränderten Devonkalken bis auf wenige
Kilometer nähern. In seinem „Vorläufigen Bericht über die geo-
logische Aufnahme im südlichen Teile der Brünner Eruptivmasse“
(Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanst., 1908, S. 387) erwähnt
101
der genannte Forscher das Vorkommen einzelner Blócke vou harten
Kalksilikatgesteinen im Granitgebiete östlich von Schwarzkirchen
(bei „Svinská obora“ der Generalstabskarte). In demselben Gebiete
wurden in neuester Zeit zu Straßenbauzwecken mehrere kleine
Steinbrüche im Kalksihkatfels angelegt, über welche ich selbst
kurze Mitteilungen (in den Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanst.
1910, Nr. 5, S. 129 £, und ib. 1911, Nr. 2, S. 51 ff.) veröffentlicht
habe. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß diese Vorkommnisse
in der Praxis schon seit langer Zeit bekannt zu sein scheinen und
dab man insbesondere die vorzügliche Eignung der außerordentlich
zähen Kalksilikatgesteine zu Straßenschotter frühzeitig erkannt haben
dürfte. Nur so erklärt es sich, daß man in dem gut bewaldeten
Gebiete die räumlich immerhin ziemlich beschränkten Vorkommnisse
unter der dicken Humusschichte so leicht aufzufinden wußte. Auch
den Mineralogen waren die offenbar in Steinbrüchen aufgeschlos-
senen Kalksilikathornfelse schon vor langer Zeit bekannt, wenn sie
auch nicht als das erkannt wurden, was sie sind. Immerhin kam
schon der heimische Mineraloge W. Hruschka — seinem Berufe
nach „bürgerlicher Töpfermeister“, wie er sich in den von ihm
veröffentlichten mineralogischen Notizen selbst nennt — vor nahezu
90 Jahren der heute geltenden Anschauung über die Genesis der
Kalksilikathornfelse sehr nahe, indem er gelegentlich der Beschrei-
bung des von ihm entdeckten Vesuvianvorkommens „in der Gegend
von Schwarzkirchen“ folgendes sagt: „Der Idokras ist hier in einer
Gebirgsart eingewachsen, die früher Urkalk gewesen zu sein
scheint, jetzt aber durch Verkieselung in Hornstein umgewandelt
ist. Auch ist Augit und kristallisierter Chlorit in dem Hornstein
eingewachsen.“ („Vorkommen und Kristallisation einiger mährischer
Fossilien“; Mitteil. der k. k. mähr.-schles. Gesellschaft zur Beförde-
rung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde, Brünn 1825,
DVE)
Obzwar also schon W. Hruschka die Eigentümlichkeiten
unserer Kalksilikathornfelse auf eine Metamorphose von „Urkalk“
zurückzuführen suchte, wurden diese Gesteine in der Folge doch
entweder verkannt (so z. B. von F. A. Kolenati in seinem Buche:
„Die Mineralien Mährens und Oesteri.- Schlesiens“, Brünn 1854,
für „Quarzit“ gehalten) oder gänzlich unbeachtet gelassen. Herrn
Prof. F. E. Suess gebührt auf alle Fälle das Verdienst, dieselben
als im Granitkontakt veränderte Kalksteine erkannt zu
102
haben; strittig bleibt nur die Frage, ob es sich hier tatsächlich,
wie F. E. Suess meint, um veränderte Mitteldevonkalke
oder vielleicht, wie ich vermute, um kontaktmetamorphe Kalksteine
der kristallinen Schiefer, speziell jene der „moravischen Zone“,
handelt.
In seiner ersten Mitteilung (Verhandl. der k. k. geolog. Reichs-
anstalt 1900) hat F. E. Suess die „Zusammengehörigkeit der kon-
taktmetamorphen Tetschitz-Eibenschitzer Kalke mit den Mittel-
devonkalken von Eichhorn“ bloß als wahrscheinlich bezeichnet.
In den Erläuterungen zur geologischen „Exkursion nach Segen-
gottes“ (Führer zu den Exkurs. d. IX. internat. Geologenkongresses,
Wien i9053) findet sich auch schon die Deutung des „gneisartigen
Randgesteins“ der Kulmgrauwacke von Neslowitz als eine Kon-
taktbildung und die Bemerkung, dab das Fehlen des Devonkalkes
in jener Strecke des Eruptivstockes, in welcher die Kalksilikat-
hornfelse auftreten. sowie das Verhältnis der Kontaktkalke zur
Kulmgrauwacke kaum daran zweifeln lassen, dal) es sich hier um
veränderte Devonkalke handle. Noch bestimmter heißt es dann
in der Abhandlung: „Mylonite und Hornfelsgneise in der Brünner
Intrusivmasse“ (Verh. der k. k. geolog. Reichsanst. 1906, S. 295 f.):
„Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dab bei Neslowitz Schollen
eines grauwackenartigen Sediments in Verbindung mit Kalkschollen
in die Brünner Intrusivmasse versenkt wurden und eine hochgradige
Kontaktmetamorphose erlitten haben. Ein Zusammenhang, der nur
zugunsten des devonischen Alters der Neslowitzer Kon-
taktkalke gedeutet werden kann, denn sowohl im Osten als auch
im Westen der Intrusivmasse sind Devonkalk und Kulmgrauwacke
ebenfalls stets innig vergesellschaftet und aus diesen beiden Ge-
steinen bestehen die an dem westlichen Randbruche gegen die
Boskowitzer Furche eingeklemmten Schollen“.
Während F. E. Suess in seiner ersten Abhandlung (1900)
die endgültige Entscheidung über das Alter der Eruptivmasse
davon abhängig machte, „ob es gelingen wird, die wahrscheinliche
Zusammengehörigkeit der kontaktmetamorphen Kalke mit den
Mitteldevonkalken von Eichhorn mit Sicherheit nachzuweisen
oder zu widerlegen“, glaubt er in der zuletzt zitierten Schrift (1906)
das Zusammenvorkommen der Kalksilikatgesteine mit mürben Gnei-
sen, die für kontaktmetamorphe Kulmgrauwacke erklärt werden,
nur zugunsten des devonischen Alters der ersteren deuten zu
103
können. So kam es, dab Dr. H. Vetters in seinen vor kurzer
Zeit erschienenen „Erläuterungen zur geologisch-tektonischen Über-
sichtskarte des Wiener Beckens und seiner Randgebirge“ (S. 34)
das postdevonische Alter des Brünner Granitits als eine unzweifel-
hafte Tatsache hinstellen konnte, obwohl ich schon vor einem
‚Jahre (Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanst. 1910, S. 129 f.) darauf
hingewiesen habe, dal es auch noch eine andere Möglichkeit gibt,
durch welche das Auftreten von Kontakterscheinungen im Gebiete
des Brünner Granitstockes in befriedigender Weise erklärt werden
kann. Meine Ausführungen waren allerdings nur sehr knapp ge-
halten und auch in meiner zweiten Mitteilung („Zur Kenntnis der
Kalksihkathornfelse der Brünner Eruptivmasse“, Verhandl. der
k. k. geolog. Reichsanst. 1911, S. 51 ff.) habe ich mich nur kurz
gefaßt. Da es sich um eine vor fast vierzig Jahren aufgeworfene,
aber bis heute noch durchaus nicht endgültig erledigte Frage
handelt, will ich an dieser Stelle alle Momente, die meiner Ansicht
nach gegen das postdevonische Alter der Briinner Granitintrusion
sprechen, etwas eingehender und völlig frei von jeder Voreinge-
nommenheit darlegen.
Zunächst will ich noch einmal konstatieren, dab das voll-
ständige Fehlen der Erscheinungen der Kontaktmetamorphose in
den östlich vom Brünner Granitzuge gelegenen, sehr ausgedehnten
Devon- und Kulmablagerungen, sowie an den innerhalb des ge-
nannten Granitzuges erhaltenen Schollen von kieseligem „Unter-
devon“ und Devonkalk (Josefstal, Wesselitz) eine unbestreitbare
Tatsache ist, deren Gewicht, wie ich glaube, nicht gar zu gering
geachtet werden darf.
Auch auf der Westseite des Granitzuges finden wir eine lange
Reihe von räumlich allerdings meist sehr beschränkten Schollen
von Devonkalk, an welchen, wie auch F. E. Suess ohneweiters
zugibt, keinerlei Kontaktmetamorphose zu erkennen ist. Das
von F. E. Suess geologisch aufgenommene Blatt Brünn der Gene-
ralstabskarte ist leider noch nicht erschienen; es läbt sich also
vorläufig noch nicht genau feststellen, wie weit sich nach der An-
sicht des genannten Forschers die unveränderten Devonkalk-
schollen am Westrande des Granitzuges nach Süden erstrecken.
Auf der geologischen Karte der Umgebung von Brünn von Ma-
kowsky-Rzehak ist eine solche Kalkscholle ungefähr 0°5 km west-
lich vom Schloß Eichhorn eingezeichnet. F. E. Suess erwähnt in
104
seiner bereits zitierten Abhandlung: „Die Tektonik des Steinkohlen-
gebietes von Rossitz und der Ostrand des böhmischen Grundge-
birges“ (Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanst., 57. Bd., 1907, S. 809)
ebenfalls blaugrauen, weiß und rot geäderten Devonkalk, der gegen-
über von Schlob Eichhorn an grobkörnigen Hornblendegranitit
angrenzt; die Berührungsstelle ist zwar nicht aufgeschlossen, doch
scheint es sich um eine tektonische Grenzlinie zu handeln. F. E.
Suess hat aber (ib. S. 811) auch noch ein etwas weiter südlich
gelegenes Vorkommen von unverändertem Devonkalk und zersetzter
Kulmgrauwacke konstatiert, und zwar in der seichten Furche, die
von dem Dorfe Hozdetz in nahezu östlicher Richtung gegen das
Granitgebirge hinabzieht. Von hier angefangen bis über Mähr.-
Kromau hinaus soll jedoch anstehender, unveränderter Devonkalk
nicht mehr vorkommen und auch die Kulmgrauwacke bis auf Spu-
ren (bei Neslowitz) verschwunden sein. Statt der unveränderten
Kalksteine treten in diesem Landstrich nach F. E. Suess die
Kalksilikatgesteine als Produkte der Kontaktmetamorphose, die die
in das Granitmagma eingesunkenen Kalkschollen erlitten haben,
auf, während die Kulmgrauwacken in gneisähnliche Gesteine umge-
wandelt erscheinen.
Es muß gewiß zugegeben werden, dab die von F. E. Suess
aus der räumlichen Verteilung der unveränderten Devonkalksteine
und der zweifellos durch Kontaktmetamorphose entstandenen Kalk-
silikatgesteine gezogene Schlußfolgerung auf den ersten Blick
durchaus naturgemäß erscheint; es bleibt jedoch noch zu unter-
suchen, ob sie auch tatsächlich mit allen sonstigen Beobachtungen
und Erwägungen im Einklang steht.
Was nun zunächst das gänzliche Fehlen des Devonkalksteins
am Granitrande zwischen Hozdetz im Norden und Mähr.-Kromau
im Süden anbelangt, so sei auf die Möglichkeit hingewiesen, dab
einzelne kleine Kalkinseln, ähnlich der bei Schloß Eichhorn (an
der Straße nach Eichhorn-Bitischka), in dieser kalkarmen Gegend
durch den Abbau zum Zwecke des Kalkbrennens verschwunden
sein können. Schon im Jahre 1855 hat F. Foetterle (Bericht
über die im Jahre 1855 in der Gegend nordwestlich von Brünn
ausgeführte geologische Aufnahme) darauf hingewiesen, daß der
Ostrand der Permformation unseres (rebietes von einem sehr
schmalen, oft nur wenige Klafter mächtigen Kalkzuge gebildet
werde. welcher unmittelbar mit jenen Gebilden zusammenhängt,
105
„die bei Boskowitz entschieden der devonischen Grauwacke ange-
hören“. K. Schwippel spricht in seiner Abhandlung: „Das Rossitz-
Oslawaner Steinkohlengebiet“ (Verhandl. des naturf. Vereins in
Brünn, III, 1864, S. 13) von einem bei Tetschitz auftretenden
„Kalksteinflótz“ und trägt auch auf der von ihm entworfenen geo-
logischen Karte am Granitrande südlich von Tetschitz eine Kalk-
partie ein. Dieselbe erscheint auch auf der Kartenskizze, welche
W. Helmhacker seiner „Übersicht der geognostischen Verhält-
nisse der Rossitz-Oslawaner Steinkohlenformation“ (Jahrb. der
k. k. geol. Reichsanst., XVI, 1866, S. 447 ff.) beigegeben hat. Auf
dieser Kartenskizze sind aber auch mehrere andere Kalkvorkomm-
nisse, namentlich am Granitrande zwischen Neslowitz und Eiben-
schitz, verzeichnet.
Im Text der zitierten Abhandlung werden sie nur ganz kurz
erwähnt, indem der Autor bemerkt, daß der „vielleicht schon dem
Devon angehörige“ Kalkstein zwischen der Permformation und
dem „Urgebirge“ (gemeint ist der Brünner Granitzug) in einzelnen
„sich ausscheidenden und wieder ansetzenden Lagen“ auftritt.
Auf der von F. Foetterle entworfenen und vom „Werner-
verein“ im Jahre 1867 herausgegebenen geologischen Übersichts-
karte von Mähren und Schlesien sind zwischen Tetschitz und
Eiïbenschitz merkwürdigerweise — wohl infolge eines Irrtums bei
der Reproduktion der Karte — blob „Sandsteine des flötzführenden
Karbons“ verzeichnet. Auf der im Jahre 1884 erschienenen geo-
logischen Karte der Umgebung von Brünn von Makowsky und
Rzehak sind in der genannten Strecke drei isolierte Devonkalk-
vorkommnisse eingetragen.
An der Existenz dieser Kalkvorkommnisse kann wohl nicht
gezweifelt werden; man kann höchstens mit F. E. Suess den Ein-
wand erheben, daß die fraglichen Kalkinseln nicht als an-
stehendes Devon, sondern bloß als große, abgequetschte Blöcke
von Devonkalkstein aufzufassen sind. Das Vorkommen solcher Blöcke
längs des Ostrandes der Boskowitzer Furche gibt nämlich der ge-
nannte Forscher ohneweiters zu, ja er sagt sogar bei Besprechung
der interessanten „Lettenkluft“ von Budkowitz (loc. cit. S. 822),
dab uns die in dieser Lettenkluft auftretenden, bis kopfgroben
Blöcke von Devonkalk eine Erklärung geben für das Vorkommen
solcher Blöcke „an zahlreichen Punkten entlang des Ostrandes der
Boskowitzer Furche, zwischen den größeren Kalkvorkommnissen
106
von Eichhorn im Norden und denen von Lissnitz im Süden.“ In
den Erliuterungen zur geologischen Karte der Umgebung von Briinn
von Makowsky und Rzehak wird (S. 46 des Sep.-Abdr.) bemerkt,
daß auf der 9 4m langen Strecke zwischen Neuhof bei Eichhorn
und Tetschitz einzelne Kalkgerölle das einstige Vorhandensein des
Kalksteins verraten. Selbst bei Neslowitz, also unweit der großen
Aufschlüsse im Kalksilikathornfels, hat F. E. Suess noch bis zu
1m Länge erreichende Blöcke von unverändertem Devonkalk
gefunden. In der Gegend des Fürstenwaldes sind sie so zahlreich,
daß man nach F. E. Suess (loc. cit. S. 823) „fast im Zweifel
darüber sein könnte, ob nicht der Schutt im obersten Teil der
kleinen Waldschluchten eine anstehende Kalkpartie verdeckt“. Es
ist das die Stelle, an welcher schon W. Helmhacker eine Devon-
kalkinsel eingetragen hatte, die auch auf der geologischen Karte
der Umgebung von Brünn von Makowsky-Rzehak verzeichnet
erscheint. Die großen Blöcke von Devonkalk in der Nähe der
Eisenbahnstation Mähr.-Kromau und die zahlreichen Kalktrümmer,
die in der Umgebung verstreut sind, deuten doch wohl auf an-
stehendes Devon, wenn es auch bisher nicht möglich war, eine Kalk-
partie aufzufinden, die man mit voller Sicherheit als anstehend
bezeichnen könnte. Bei der kleinen Devonkalkscholle von Hozdetz
ist dies ja auch nicht der Fall und doch sagst F. K. Suess selbst,
daß man sie als anstehend gelten lassen könne (loc. cit. S. 822).
Für die Entscheidung unserer Frage scheint es mir übrigens ziemlich
gleichgültig, ob zwischen Hozdetz und Eibenschitz wirklich an-
stehende Reste von Devonkalk oder nur abgequetschte Blöcke
vorkommen, da ja die letzteren ohne Zweifel auch nur von größeren,
anstehenden, unveränderten Kalkmassen abgequetscht wurden.
Diese Abquetschung erfolgte bei der Bildung des östlichen Rand-
bruches der Boskowitzer Furche, also in postpermischer, höchstens
oberpermischer Zeit. Da nun diese Kalkblöcke ebenso wie die als
anstehend geltenden, kleineren und größeren Kalkschollen keine
Spur einer Kontaktmetamorphose erkennen lassen, so ergibt
sich daraus, daß in dem fraglichen Gebiete, das heißt in der dem
Vorkommen der Kalksilikatgesteine entsprechenden Zone, zur Zeit
des ausgehenden Paläozoikums auch unveränderte Devonkalke
vorhanden waren. Sie müssen auch schon damals wenigstens teil-
weise bloßgelegt gewesen sein, denn die permokarbonischen Kon-
glomerate enthalten außer Kulmgerüllen auch unveränderte
107
Devonkalksteine, stellenweise sogar ziemlich zahlreich. Die von
F. E. Suess entworfene „hypothetische Darstellung des Oberkarbon
und Perm der Boskowitzer Furche vor der Grabensenkung“ (Die
Tektonik des Steinkohlengebietes von Rossitz usw., S. 806, Fig. 1)
läßt erkennen, daß die Bildungszeit des mächtigen „Rokytnakon-
glomerats“ nicht nur das Oberkarbon, sondern zum Teil auch das
vom Oberkarbon nicht deutlich geschiedene Unterperm umfaßt.
Wenn nun in unserem Gebiete unveränderte Devonkalke in die
unterpermischen Konglomerate gelangen konnten, so läßt sich dies
nur auf zweifache Art erklären, nämlich entweder durch die An-
nahme, dab die Kontaktmetamorphose der hier noch vorhandenen
Devonkalke bloß eine teilweise war, oder aber daß die Granit-
intrusion (und somit auch die Kontaktmetamorphose) in die ober-
permische Zeit oder gar in das Mesozoikum fällt. Zugunsten
eines so jugendlichen Alters der Brünner Granitintrusion läßt sich
kaum eine Tatsache geltend machen; hingegen könnte man wohl
sagen, dab die Kontaktmetamorphose naturgemäß nur die tiefsten
Partien des Devonkalksteins betroffen hat, welche in Kalksilikat-
gesteine umgewandelt wurden, während die zutage tretenden, der
Denudation ausgesetzten Partien infolge der bedeutenden Mächtig-
keit des Devonkalksteins vollständig intakt geblieben sind.
Aber auch diese letztere Annahme befriedigt uns nicht voll-
ständig. wenn wir alle Verhältnisse gleichmäßig berücksichtigen.
Die Unterlage des Devonkalksteins haben wahrscheinlich auch im
Gebiete der Boskowitzer Furche zunächst teils kieselige, teils tonige
Gesteine, die man dem „Unterdevon“ des östlichen Devongebietes
vergleichen kann, gebildet. Bei Kodau sind tatsächlich derlei Ge-
steine bekannt, die ihrerseits wiederum die kristallinischen Schiefer
der moravischen, beziehungsweise (in der Gegend südlich von Eiben-
schitz) moldanubischen Zone zur Unterlage gehabt haben. Das auf-
steigende Granitmagma mul die Unterlage des devonischen Kalk-
steins nahezu vollständig durchbrochen beziehungsweise einge-
schmolzen haben, um die weitgehende Umwandlung des letzteren
zu Kalksilikathornfels verursachen zu können.
Die ursprünglich tief gelegenen, kontaktmetamorphen Partien
müssen aber später in einzelnen Schollen so weit emporgehoben
worden sein, daß sie nach Abtragung ihrer Decke in das oro-
graphische Niveau der unverändert gebliebenen Kalkmassen gelangen
konnten. Es ist hierbei ganz gleichgültig, ob wir annehmen, dab
108
die devonischen Kalksteine nur an ihrer unteren Begrenzungsfläche,
in welcher sie durch Einschmelzung ihrer Unterlage in unmittel-
bare Berührung mit dem Granitmagma kamen, verändert wurden
(vgl. die oben zitierte Fig. 1 bei F. E. Suess), oder ob einzelne
Kalkschollen in das Granitmagma eingesunken sind und durch die
allseitige Einwirkung des letzteren eine vollständige Umwandlung
in Kalksilikathornfelse erlitten haben. Die Annahme bedeutender
Niveauveränderungen der kontaktmetamorphen Partien kann un-
möglich umgangen werden, da die letzteren heute vielfach in der-
selben orographischen und geologischen Position auftreten wie die
intakt gebliebenen Kalke. Da die Kalksilikathornfelse vorwiegend
in der Gegend zwischen Hozdetz und Eibenschitz und in dem
annähernd durch die Parallelkreise der genannten Orte begrenzten
Teile des Brünner Granitstockes (westlich von Schebetein, bei Po-
puwek usw.) auftreten, so müßte man weiters annehmen, dal) die
oben erwähnten Niveauveränderungen an Querbrüchen vor sich
gegangen sind. Die tatsächliche Existenz solcher Querbrüche läbt
sich jedoch nicht nachweisen; man kann im Gegenteil mit Sicher-
heit behaupten, dab solche Querbrüche in unserem Gebiete nicht
existieren.
Bei der Devonkalkscholle von Lelekowitz ist das Fehlen
jeglicher Kontaktmetamorphose auch durch die kompliziertesten
Niveauveränderungen nicht zu erklären. Man könnte höchstens
sagen, dab das hier etwa 40—50 m mächtige Quarzkonglomerat,
welches im liegenden der Kalkscholle auftritt, die Einwirkung des
Granitmagmas auf den Kalkstein verhindert habe. Der Granit ist
hier in einer verhältnismäßig geringen Entfernung von den eben
erwähnten Konglomeraten südlich von der Ortschaft durch einen
Steinbruch aufgeschlossen, der Kontakt mit dem Konglomerat jedoch
nicht sichtbar; er fällt gerade in den Streifen, über welchen die
Straße nach Zinsendorf führt. Auf der höheren bewaldeten Kuppe
südlich von Lelekowitz (Kote 370 der Generalstabskarte wird das
Liegende der ostwärts einfallenden Konglomerate von Diabas ge-
bildet, die Grenze gegen den Granit ist eine tektonische. Spuren
einer Kontaktmetamorphose sind an den Konglomeraten und Sand-
steinen nicht zu erkennen.
Gegen die Deutung unserer Kalksilikathornfelse als kontakt-
metamorphe Devonkalke sprechen aber auch noch andere Tatsachen.
So findet man z. B., daß die erstgenannten Gesteine häufig gebän-
109
dert erscheinen, während der Devonkalk nur ganz ausnahmsweise
einen mehrfach wiederholten Wechsel von rein kalkigen und kalkig-
tonigen Schichten erkennen läßt. Sehr auffallende Begleiter der Kalk-
silikatgesteine unseres Gebietes sind die mürben, dünnblätterigen,
zum Teil gneisähnlichen Glimmerschiefer, die F. E. Suess als kon-
taktmetamorphe Kulmgrauwacken auffaßt. In dem Verhältnis der
Kontaktkalke von Neslowitz zur dortigen Kulmgrauwacke findet F. K.
Suess eine wichtige Stütze für die Ansicht, „daß man es mit ver-
änderten Devonkalken zu tun hat“ (Exkursion nach Segengottes bei
Brünn, S. 8). Er bemerkt, dab bei Neslowitz eine westlich fallende,
veränderte Kalkbank in den zersetzten, schieferigen, als eine dem
Harzer „Eckergneis“ analoge Kontaktbildung der Grauwacke auf-
gefaßten Gesteinen eingeschlossen ist. Auch ich fand in den neuen
Aufschlüssen der Kalksilikathornfelse in der Gegend zwischen
Schebetein und Schwarzkirchen (vgl. meine diesbezüglichen Notizen:
Neue Aufschlüsse in d. Kalksilikatgest. d. Brünner Eruptivmasse,
Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1910, S. 129 £, und: Zur Kenntnis
d. Kalksilikathornfelse d. Brünner Eruptivmasse, ib. 1911, S. 51 ff.)
die Kalksilikatgesteine mit blätterigen, teils gneis-, teils glimmer-
schieferähnlichen Gesteinen so enge verknüpft, dab mir die Deu-
tung der ersteren als kontaktmetamorphe Devonkalke und der
letzteren als kontaktmetamorphe Kulmgrauwacken oder Kulmschiefer
durchaus unzulässig erscheint. Beide gehören ohne Zweifel zusam-
men und sind durch Kontaktmetamorphose einer Gesteinsscholle
entstanden, in welcher gebänderte Kalksteine in wiederholter Wechsel-
lagerung mit tonig-sandigen Schichten auftraten. Unserem Devon-
kalk sind Einlagerungen der letzteren Art im allgemeinen ganz
fremd, wenn auch hie und da tonreiche Zwischenlagen auftreten.
Die Bänderung unserer Kalksilikathornfelse und ihre innige
Verknüpfung mit den dünnblätterigen Biotitgneisen erklärt sich
sehr leicht, wenn wir annehmen, daß das ursprüngliche Material
nicht Devonkalk und Kulmgrauwacke, sondern eine jener wahr-
scheinlich paläozoischen, aber vordevonischen Kalkschollen war,
die sich am äußersten Ostrande der böhmischen Masse, namentlich
in der Umgebung von Tischnowitz, vorfinden. Diese Kalksteine
enthalten vielfach dünne, tonige Zwischenmittel und sind teils von
Tonschiefern, teils von grauwackenähnlichen Sandsteinen begleitet.
Die Gesteine der „moravischen“ Zone sind zwar vom Brünner
Granitstock durch die Boskowitzer Furche getrennt, treten jedoch
21)
im Untergrunde der letzteren miteinander ohne Zweifel in Berüh-
rang. Schon in der Gegend südlich von Mähr.-Kromau reichen
ınoravische und moldanubische Gesteine bis an den Granit heran
und dasselbe ist noch weiter im Süden der Fall, denn der mit
Gneis und Phyllit verknüpfte Granit von Maissau (vgl. die von
F. Mocker in Tschermaks Miner. petrogr. Mitteilungen, 1910,
N. F., XXIX. Bd., S.352, veröffentlichte geologische Kartenskizze)
gilt als eine Fortsetzung des Brünner Granitstockes. Biotitgneise
und „Biotitschiefer“ treten ja selbst innerhalb des Brünner Granit-
gebietes (Tikowitz-Mieltschan) auf, mitunter von Kalksilikatgesteinen
begleitet. Bei diesen Vorkommnissen läßt es F. E. Suess (Mylo-
mite und Hornfelsgneise ın der Brünner Intrusivmasse; Verh. d.
k. k. geol. Reichsanst. 1906, S. 296) vorläufig unentschieden, ob
sie ebenfalls durch den Granitkontakt veränderte Sedimente von
vermutlich paläozoischem Alter sind.
Mit Rücksicht auf die Situation der Kalksilikathornfelse von
Popuwek, Womitz, Josefshof (Kyvalka) und Schebetein mul man
wohl zugeben, daß die Entstehung dieser Kontaktprodukte dem
Brünner Granitit zugeschrieben werden könnte. Es ist jedoch zu
bemerken, daß die Substanz der innerhalb der Kalksilikatgesteine
in Form von Adern und Gängen auftretenden granitischen Intrusionen
mit dem Brünner Granitit sehr wenig Übereinstimmung aufweist.
Schon F. E. Suess hat (Mylonite und Hornfelsgneise usw.,
Verh. der k. k. geol. Reichsanst. 1906, S. 293) betont, daß in
einzelnen feldspatreichen Lagen der Hornfelsgneise zahlreiche, bis
3 mm lange Säulchen von schwarzem Turmalin auftreten, während
dieses Mineral sonst in den Massengesteinen und Ganggesteinen
der Brünner Intrusivmasse niemals angetroffen wird. Die erwähn-
ten „feldspatreichen Lagen“ sind wohl als Injektionen aufzufassen
und ihre Abweichung von den aplitischen und pegmatitischen
Gängen des Brünner Granitstockes gewiß bemerkenswert. Ich selbst
habe bei Schebetein Stücke von Kalksilikatgestein mit aplitischen
und pegmatitischen Gängen gesammelt, deren Ähnlichkeit mit den
analogen Vorkommnissen des Brünner Granitgebietes ebenfalls nur
gering ist. Die Abweichung betrifft zunächst den Feldspat, welcher
nicht die charakteristische rote Farbe besitzt, sondern weiß, hell-
grau bis dunkelgrau, im feuchten Zustande mitunter fast schwarz
erscheint. Eine nähere Untersuchung dieses Feldspats auszuführen
war mir bisher nicht möglich.
111
An den Salbändern der feldspatreichen Adern findet man
nicht selten einen diallagähnlichen, grünen, im zersetzten Zustande
auf den Absonderungsflächen mit einer dünnen Schichte von me-
tallisch glánzendem Eisenhydroxyd überzogenen Pyroxen, der in
ganz ähnlicher Ausbildung an vielen Stellen der „moravischen
Zone“ vorkommt, dem Brünner Granitstock aber ebenso fremd ist
wie der früher erwähnte Turmalin. Es sprechen also auch diese
Verhältnisse ganz entschieden zugunsten meiner Annahme, daß die
Kalksilikathornfelse der Brünner Eruptivmasse auf die Kontakt-
metamorphose einer vordevonischen, der moravischen Zone ange-
hörigen Kalkscholle zurückzuführen sind. Sie füllen nicht die
Lücken in dem langen, schmalen Devonkalkzuge aus, der den öst-
lichen Randbruch der Boskowitzer Furche begleitet. sondern liegen
zum größten Teil innerhalb des Granitstockes, während anderseits
in unmittelbarer Nähe der randlichen Vorkommnisse (Tetschitz,
Nesslowitz, Eibenschitz) auch unveränderte Devonkalke — min-
destens ın Form von zahlreichen Blöcken, höchstwahrscheinlich
aber auch anstehend — auftreten.
Zugunsten der Ansicht, daß der Brünner Granitit möglicher-
weise doch jünger ist als das angrenzende Paläozoikum, wurde
auch das angebliche Fehlen von Granititgeröllen in den ziemlich
verbreiteten paläozoischen Konglomeraten unseres Gebietes geltend
gemacht; das in den Permsandsteinen und Permkonglomeraten
mitunter sehr reichlich vorkommende kristallinische Material hat
man anscheinend — und vielleicht mit Recht — immer nur auf
das Gneisgebiet im Westen der Boskowitzer Furche zurückgeführt.
Obwohl sich die bekanntlich als „Unterdevon“ aufgefaßten
roten Quarzkonglomerate der nächsten Umgebung von Brünn infolge
ihrer Eintönigkeit keineswegs als ein vielversprechendes Forschungs-
objekt darstellen, habe ich ihnen doch mit Rücksicht auf ihre
Ähnlichkeit mit den „archaischen“ Konglomeraten der Umgebung
von Tischnowitz seit jeher eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt.
Ich habe insbesondere nach fremden, das heißt nicht aus Quarz
bestehenden Einschlüssen gefahndet, war aber auch bemüht, den
Kontakt zwischen dem „Unterdevon“ und dem Granitit, beziehungs-
weise Uralitdiabas, aufzufinden. Meine durch mehrere Jahre fort-
gesetzten Untersuchungen ergaben schließlich doch einige Resultate,
die nicht bloß die Charakteristik unseres sogenannten „Unterdevons“
um manchen neuen Zug bereichern, sondern auch wertvolle An-
112
haltspunkte zur Beurteilung des geologischen Alters der Briinner
Eruptivmasse bieten.
Fremde Einschlüsse sind in unseren Quarzkonglomeraten
äußerst selten; am häufigsten findet sich ein dunkelgrauer bis
schwarzer Kieselschiefer, dessen mikroskopische Untersuchung nichts
Bemerkenswertes bietet, ganz vereinzelt in kleinen Fragmenten ein
feinkörniger, serizitischer Gneis. Nur ein einzigesmal fand ich ein
kantiges Bruchstück von feinkörnigem, fast jaspisähnlichem Quar-
zit, der sich durch seine eigentümliche rote Farbe und den lack-
artigen Glanz von der übrigen Gesteinsmasse sehr scharf abhob.
In der Nähe des sogenannten „Helgolandfelsens“ auf dem Gelben
Berge fand ich lose ein kleines, abgerolltes Stückchen von Amphibol-
schiefer; dab auch dieses dem Konglomerat entstammt, will ich
nicht behaupten, möchte jedoch bemerken, daß eine zufällige Ver-
schleppung höchst unwahrscheinlich ist.
Auch Einschlüsse fremder Mineralien werden im Brünner
(Juarzkonglomerat nur selten beobachtet. In den Erläuterungen zur
geologischen Karte der Umgebung von Brünn von Makowsky und
Rzehak werden (S. 39 des Sep.-Abdr.) auber Glaukonit nur
„derber Eisenglanz in blátterigen Stücken“ und als besondere
Seltenheit Rutil (nur ein einzigesmal von F. A. Kolenati gefunden)
genannt.
Ich fand überdies ein kleines, schwarzes, unscharf begrenztes
Kristallsäulchen als Einschlul) im Quarz; die mikroskopische Unter-
suchung ergab parallele Auslöschung, es dürfte sich also wahr-
scheinlich um Turmalin handeln. Auf Kluftflächen einzelner Quarz-
serölle beobachtete ich kleine, glänzende Blättchen von Muskowit,
die zum Teil als Neubildungen aufzufassen sein dürften.
Viel Interesse bot die optische Untersuchung von Dünn-
schliffen des Quarzkonglomerats; es zeigte sich, dab die im gewöhn-
lichen Lichte ganz intakt erscheinenden Quarzkôrner im polari-
schen Lichte ein förmliches Mosaik bilden, dessen einzelne Teile
miteinander oft in der kompliziertesten Weise verzahnt sind und
häufig eine undulöse Auslöschung besitzen. In manchen Partien
des Konglomerats sieht man zwischen den einzelnen Quarzkörnern
kleine, opake Mineralkörnchen eingestreut, die im auffallenden
Lichte einen deutlichen Metallglanz erkennen lassen. Mitunter sind
diese Körnchen groß genug, um mit freiem Auge wahrnehmbar
zu sein; da ich Einschlüsse, die man für Glaukonit halten könnte,
115
bei meinen Untersuchungen des Briinner Quarzkonglomerats nicht
gefunden habe, so darf ich es wohl als zweifellos hinstellen, daß
der vermeintliche „Glaukonit“ mit den oben erwähnten Erzkörn-
chen identisch ist (vgl. meine Abhandlung: „Über einige geologisch
bemerkenswerte Mineralvorkommnisse Mährens“, Verh. d. naturf.
Ver. in Brünn, X LVIII. Bd., 1909, erschienen 1910). Eine genauere
Prüfung der letzteren ist kaum möglich. Es ist mir jedoch zufällig
gelungen, bei einem Besuche des großen Steinbruches am „Roten
Berge“ eine Gesteinspartie zu finden, in welcher diese Erzkörnchen
zu einer mehrere Zentimeter mächtigen, auf etwa 1 m» Länge ver-
folgbaren Schichte angehäuft waren. Da konnte ich nun leicht
feststellen, daß wir es mit titanhältigem Eisenglanz zu tun haben,
der sich hier, am Roten Berge, als letztes Residuum irgend eines
basischen, der Zerstörung anheimgefallenen Eruptivgesteins, als
fossiles Analogon der rezenten „Titaneisensande“ abgelagert hat.
Während der unser Konglomerat fast ausschließlich zusam-
mensetzende Quarz auf keinen Fall der Brünner Eruptivmasse
entstammt, sondern ohne Zweifel aus größerer Entfernung — wahr-
scheinlich aus dem kristallinischen Gebiete der Gegend von Tischno-
witz!) — transportiert wurde, könnte man bezüglich der Provenienz
des Eisenglanzes wohl an einzelne Eruptivgesteine der näheren
Umgebung von Brünn denken, in erster Linie an die Diabase.
F. E. Suess erwähnt bei der Beschreibung des Brünner Diabas-
vorkommens (Vorläufiger Bericht über die geol. Anfnahme im süd-
lichen Teile der Brünner Eruptivmasse; Verh. d. k. k. geol. Reichs-
anst. 1903, S. 385) unter den Gemengteilen dieses Gesteins auch
Titaneisen, welches er für eine Pseudomorphose nach Titanit er-
klärt. Die scharfe Unterscheidung zwischen Titaneisen und titan-
haltigem Eisenglanz wird bei sehr kleinen Körnern nicht immer
leicht sein; ich selbst habe die Erzkörnchen unseres Quarzkonglo-
merats mit Rücksicht auf die deutliche Titanreaktion, die ich bei
ihrer Untersuchung beobachtete, ursprünglich auch als Ilmenit
bezeichnet, dann aber die Bezeichnung „titanhaltiger Eisenglanz“
1) Es ist bemerkenswert, daß Quarzgerülle nicht bloß in den bisher als
archaisch geltenden Konglomeraten von Wohantschitz usw., sondern auch in
dem dichten, meiner Vermutung nach paläozoischen (vordevonischen) Kalk-
stein des Kwietnitzaberges (Südabhang) bei Tischnowitz vorkommen; sie sind
mitunter bis haselnußgroß. Kleine Quarzkörner treten mitunter auch im mittel-
devonischen Kalkstein auf und vermitteln Übergänge desselben in Sandsteine.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII, 1. S
114
vorgezogen, weil die Mehrzahl der Kórner beim Zerreiben ein
rötlichbraun gefärbtes Pulver gibt. Für unsere Frage ist es übrigens
ganz gleichgültig, ob wir es mit Ilmenit oder Eisenglanz zu tun
haben; wichtig ist jedoch die Tatsache, daß es unter den „Grün-
steinen“ der Umgebung von Brünn auch solche gibt, welche ganz
gleiche Erzkörner enthalten wie das unterdevonische Quarzkonglo-
merat. Ich fand ein Geröllstück von dichtem, stark verändertem
Grünstein, auf dessen geglätteter Oberfläche ziemlich reichliche,
dunkelgraue, metallisch glänzende Körnchen schon mit freiem Auge
erkennbar sind, in dem „unterdevonischen“ Konglomerat des Haiden-
berges (Hadyberg), ein Fund, der auf ein wenigstens zum Teil
vordevonisches Alter unserer Diabasergüsse hinweist. Die letzteren
sind ja heute bereits sehr stark abgetragen und es läbt sich des-
halb ohneweiters annehmen, daß gerade die durch reichlicheres
Vorkommen von Eisenglanzkörnern ausgezeichneten Partien der
Zerstörung anheimgefallen sind. Überreste dieser zerstörten Partien
sind eben die Gerölle im „unterdevonischen“ Konglomerat des
Haidenberges und die Eisenglanzkörner der Brünner Quarzkon-
olomerate. Die rote Färbung der letzteren ist zum Teil auf die
primäre Färbung der Quarzgerölle, hauptsächlich aber auf das
dem Bindemittel beigemengte Eisenoxyd zurückzuführen. Das letztere
tritt entweder als rotes Pulver oder auch in Gestalt dünner, me-
tallisch glänzender Häutchen auf der Oberfläche der Gerölle oder
auf Kluftflächen auf; ausnahmsweise beobachtete ich auch winzige,
sechsseitig begrenzte Täfelchen. In gewissen Partien der Konglo-
merate und Sandsteine finden sich reichliche Ausscheidungen von
Limonit, mitunter — wie z. B. im großen Steinbruch am Roten
3erge — größere traubige Massen von schwarzbrauner Farbe.
Dieser auffallende Eisenreichtum dürfte wenigstens zum Teil auf
die Zerstörung basischer, eisenreicher Diabasgesteine der Umgebung
von Brünn zurückzuführen sein; daß hier solche Gesteine schon
in vordevonischer Zeit tatsächlich vorhanden und der Denudation
preisgegeben waren, beweisen unwiderleglich die oben erwähnten
(reröllstücke aus dem Konglomerat des Haidenberges.
Aber auch die granitischen Gesteine der Brünner Eruptiv-
masse scheinen in den altpaläozoischen Sedimenten Spuren ihres
Vorhandenseins hinterlassen zu haben. Ein Teil der „unterdevoni-
schen“ Sandsteine trägt nämlich den Charakter typischer Arkosen,
deren reichliche Feldspatbeimengung ganz ungezwungen auf den
115
Brünner Granit zurückgeführt werden kann, wenn es auch bei der
immerhin ziemlich vorgeschrittenen Zersetzung der Feldspate schwer
möglich ist, ihre Identität mit den Feldspaten des Brünner Granits
mit voller Sicherheit nachzuweisen. Hie und da — so z. B. am
rechten Schwarzaufer zwischen dem Roten Berge und dem Schreib-
wald — ist den Sandsteinen auch sehr reichlich Glimmer beige-
mengt; viele Glimmerblättchen sind noch dunkelgrün, andere sind
hellgrün bis nahezu silberweiß, wobei sich zwischen den verschie-
denen Farben alle möglichen Abstufungen vorfinden. Einzelne
dieser Glimmerblättchen bilden verhältnismäßig große, deutlich
sechsseitig begrenzte Tafeln, die genau dem zumeist idiomorph
ausgebildeten Biotit des Brünner Granitits entsprechen und meiner
Überzeugung nach auch tatsächlich diesem Gestein entstammen;
ihre helle Farbe ist ohne Zweifel bloß auf eine Ausbleichung
zurückzuführen, wie sie auch an den anderen Glimmerblättchen
deutlich zu erkennen ist.
Es wäre meiner Ansicht nach sinnlos, diese Glimmereinschlüsse
auf irgend ein entiernteres Gesteinsvorkommen beziehen zu wollen,
da schon die Erhaltung der scharfen, kristallographischen Begren-
zung bei einem so weichen Mineral die Annahme eines längeren
Transportes ausschließt. Es wäre wohl auch gar nicht leicht, auber-
halb des Brünner Granitstockes ein Gestein aufzufinden, welches
den idiomorphen, dunkelgrünen Biotit geliefert haben könnte.
Auch das früher erwähnte Konglomerat des Haidenberges
enthält granitischen Detritus. Stellenweise ist roter Orthaklas reich-
lich angehäuft und auch Brocken von Granit finden sich vor.
Allerdings läßt sich die Zugehörigkeit dieser Granitbrocken zum
Brünner Granitit sehr schwer beweisen; der letztere zeigt aber
heute noch eine so bedeutende Mannigfaltigkeit in der Ausbildung,
daß es nicht angeht, die Möglichkeit der Zugehörigkeit der erwähn-
ten Graniteinschlüsse zum Brünner Granitstock von vornherein zu
bestreiten. Schon in den Erläuterungen zur geolog. Karte der Um-
gebung von Brünn (S. 39 d. Sep.-Abdr.) von Makowsky und Rze-
hak werden die Konglomerate des Haidenberges als syenitische
Konglomerate bezeichnet; gleichzeitig wird bemerkt, dal die Granit-
einschlüsse derselben „mit einigen Varietäten des vielgestaltigen
granitischen Syenits von Brünn“ vielfach übereinstimmen. Die Ab-
weichungen können, ähnlich wie bei den früher erwähnten Diabas-
gesteinen, wohl dadurch erklärt werden, daß die schon in vor-
8*
16
devonischer Zeit der Abtragung zugänglichen, peripherischen Par-
tien unserer Granitmasse etwas anders ausgebildet gewesen sein
können als die jetzt bloßgelegten tieferen Teile des Batholithen.
Bei einer kürzlich zum Zwecke der Wasserbeschaffung im Alt-
brünner Bräuhause ausgeführten Bohrung traf man in der dilu-
vialen Schotterschichte auf Granitgerölle, die mit dem Typus des
Brünner Granitits nur wenig Ähnlichkeit besitzen und doch ohne
Zweifel unserer Eruptivmasse entstammen. Sie erinnern ziemlich
lebhaft an den sehr glimmerarmen, durch grellroten Orthoklas aus-
gezeichneten Granit der Umgebung von Schebetein, aber ebenso
lebhaft auch an die interessanten Granitgerölle aus dem Kulm der
Gegend von Waldenburg. Das Ursprungsgebiet dieser letzterwähn-
ten Gerölle ist bisher gänzlich unbekannt; durch meine Beschrei-
bung des Granits von Schebetein (in der zitierten Abhandlung
„Über einige geologisch bemerkenswerte Mineralvorkommnisse
Mährens“, S. 167) sah sich Herr Prof. Dr. Zimmermann in
Berlin veranlaßt, mir gegenüber die Ähnlichkeit dieses Granit-
vorkommens mit gewissen Varietäten der granitischen Kulmgerölle
von Waldenburg zu betonen und die Möglichkeit eines Zusammen-
hanges anzudeuten. Nach Austausch einiger Probestücke konnte
ich konstatieren, dal der rote Granit der Kulmgerölle von Gaablau
bei Gottesberg mit dem roten Granit von Schebetein tatsächlich
eine sehr große Ähnlichkeit besitzt; noch größer ist die Überein-
stimmung desselben mit dem Granit aus dem Diluvialschotter von
Altbrünn, und wenn es auch vielleicht gewagt ist, aus der äuber-
lichen Übereinstimmung zweier Gesteine weitgehende Schlüsse zu
ziehen, so kann ich doch nicht umhin, dem Gedanken Ausdruck
zu geben, daß die Granitgerölle im Kulm von Waldenburg einem
nördlichen, jetzt der Beobachtung nicht mehr zugänglichen Aus-
läufer des Brünner Granitstockes entstammen mögen. Wie bereits
bemerkt wurde, gilt ja auch der Granit von Maissau als eine
Fortsetzung des Brünner Granitstockes, obzwar die petrographische
Übereinstimmung keine vollständige ist; die Entfernung Brünn —
Maissau ist jedoch ungefähr ebensogrol) wie die Entfernung Brünn —
Waldenburg. Dazu kommt, daß die Vorkommnisse von Walden-
burg annähernd in die Streichrichtung des Brünner Granitzuges
fallen, so dab sich aus der Situation keinerlei Einwände gegen
die Annahme eines genetischen Zusammenhanges dieser Vorkomm-
nisse ableiten lassen. Wenn nun im Kulm der Umgebung von
117
Waldenburg Granitgerölle vorkommen, deren Zugehörigkeit zum
Brünner Granitstock zum mindesten als wahrscheinlich bezeich-
net werden kann, so ist zu erwarten, dal) auch das Paläozoikum
der Umgebung von Brünn nicht ganz frei von derartigen Ein-
schlüssen sein dürfte. Mag man auch annehmen, dab die bereits
erwähnten Vorkommnisse (Feldspate und Biotit in den „unter-
devonischen“ Sandsteinen der Umgebung von Brünn, die „syeniti-
schen“ Konglomerate des Haidenberges) nicht mit Sicherheit
auf den Brünner Granit zurückgeführt werden können, so lassen
sich doch einige Tatsachen anführen, die ganz entschieden
gegen das postdevonische Alter der Brünner (Granitintrusion
sprechen.
Schon K. Reichenbach hat in seinen „Geolog. Mitteilungen
aus Mähren“ (Wien, 1834) angegeben, dal) in der Gegend zwischen
Hradkow, Wratikow und Walchow (bei Boskowitz) stellenweise
ein allmählicher Übergang zwischen „Syenit“ und dem Sandstein
des „Lathons“ beobachtet werden kann: das Bindeglied bilden
„Syenitschiefer“ und verschiedenartige quarzreiche, mitunter talkige
oder tonige Schiefergesteine. Ähnliche Gesteine treten auch in
anderen Gegenden unseres Granitgebietes (so z. B. im Punkwatal,
aber auch in der näheren Umgebung von Brünn) auf, sind jedoch
wenigstens zum Teil auf mechanische Beeinflussungen des Granits
(in sogenannten „Quetschzonen“) zurückzuführen.
Es gibt jedoch tatsächlich in unserem Devongebiet Vorkomm-
nisse, die man wohl mit dem die Unterlage bildenden Granit in
genetische Beziehungen bringen darf. Ob die Wuarzkörner gewisser,
anscheinend den liegendsten Schichten des Mitteldevons angehöriger
Kalksteine mittelbar (durch das sandige „Unterdevon“) dem Granit
entstammen, wie Reichenbach (loc. cit. S. 78 f.) angenommen
hat, läbt sich nicht beweisen; wohl aber kann die oft überreich-
liche Beimengung von granitischem, durch roten Othoklas charak-
terisiertem Detritus in den die Basis des Devonkalksteins bildenden
Konglomeraten des Haidenberges und der Umgebung von Billowitz
ohne jeden Zwang auf den granitischen Untergrund zurückgeführt
werden. Ein nicht seltener Bestandteil dieser Konglomerate sind
rote, sehr feinkörnige bis nahezu dichte Aplite, wie sie im Brünner
Granitgebiet allenthalben verbreitet sind. Die Grundmasse, in der
die Gerölle eingebettet erschemen, ist oft so reich an granitischem
Detritus, daß einzelne Gesteinspartien, in denen nur sehr wenige
118
oder gar keine Gerölle eingeschlossen sind, ganz das Aussehen
von „regeneriertem“ Granit besitzen.
Die Schichtungslosigkeit erhöht die Ähnlichkeit mit Granit
so, dab einzelne Vorkommnisse — wie z. B. das in unmittelbarer
Nähe des Billowitzer Försterhauses ganz in den Granit eingesenkte,
sehr gut aufgeschlossene Gestein — erst durch die Einschlüsse
von Geröllen als unzweifelhaft klastische Gebilde zu erkennen sind.
Die Auflagerung derselben auf dem Granit ist nicht zu sehen;
die horizontale Schichtung, die H. Bock (loc. cit. S. 262) in dem
von der eisernen Brücke in Billowitz ostwärts gegen den Kanitzer
Berg führenden Tälchen etwa 500 m von der Brücke beobachtet
hat, bezieht sich nur auf Trümmer der Konglomerate und Sand-
steine, die von den Geh'ingen des Kanitzer Berges herabgetragen
und in der 'Talsohle auf der Granitunterlage deponiert worden
sind. Es läßt sich leicht feststellen, dab die Talhänge selbst aus
Granit bestehen, während nur wenige Schritte hinter dem Förster-
hause ein unzweifelhaftes Konglomerat mit vorwiegendem graniti-
schem Detritus an Brüchen in den Granit versenkt erscheint.
Diese granitischen Konglomerate scheinen echte „Grundkon-
glomerate“ zu sein, die bei der Transgression des Devonmeeres
entstanden sind. In dem großen, auf dem Haidenberge eröffneten
Kalksteinbruche, der die am Fuße des Berges gelegene Zement-
fabrik alimentiert, sind seit einiger Zeit die granitischen Konglo-
merate sehr schön aufgeschlossen; sie stoßen auf der nördlichen
Wand des Steinbruches an einer fast saiger einfallenden Verwer-
fung an den flach gelagerten Kalkstein, der in den tieferen Par-
tien teils konglomeratartig, teils als eine Reibungsbrekzie entwickelt
ist. Granitischer Detritus mengt sich hier vielfach mit dem Kalk,
der entweder in einzelnen Schnüren auftritt oder auch das Binde-
mittel der Granittrümmer und Granitgerölle bildet. Ich fand in
einem Stück des kalkigen Granitkonglomerats ein sehr deutliches,
unabgerolltes Cyathophyllum, ein Beweis, daß die Bildungszeit
dieser Konglomerate tatsächlich in die Devonzeit allem An-
scheine nach in das untere Mitteldevon — fällt. Der rote Orthoklas
tritt in diesen Gesteinen zumeist sehr auffällig hervor, doch finden
sich auch Stücke von arkoseähnlichen, grell roten Sandsteinen,
die ziemlich große Tafeln von dunkelgrünem Biotit enthalten, so
dab meiner Ansicht nach an der Zugehörigkeit dieser Granite zur
3rünner Eruptivmasse nicht gezweifelt werden kann. Es fehlen
119
auch die roten, aplitischen Gesteine nicht, doch kommen auch
Gerólle vor, die sich vom Typus des Brünner Granits ziemlich
weit entfernen; auch bei diesen ist die Zugehörigkeit zur vielge-
staltigen Brünner Eruptivmasse durchaus nicht ausgeschlossen,
wenn man berücksichtigt, daß es sich ja um Überreste von zer-
störten Teilen unseres Batholithen handelt. Einzelne Gerölle er-
innern lebhaft an den glimmerarmen Granit von Schebetein, sowie
an die bei der Bohrung in Altbrünn aufgefundene Varietät und
an gewisse Granitgerölle der Waldenburger Kulmkonglomerate.
An der Südwand des großen Haidenbergsteinbruches wird
undeutlich geschichteter Kalkstein von einer mächtigen, ungeschich-
teten Lage von granitischem Konglomerat scheinbar überlagert.
Die Grenze gegen den Kalk ist ziemlich scharf, das Einfallen der
Grenzfläche mäßig steil (etwa 45°) gegen Südwest. Unweit von der
Kalkgrenze ziehen sich durch das Konglomerat einzelne kalkige
Schnüre, welche andeuten, daß nach der Ablagerung der Haupt-
masse dieser Konglomerate die Sedimentierung von Kalkschlamm
begann. Die scheinbare Auflagerung der Konglomerate auf dem
Kalkstein ist wohl auf eine Überkippung oder Überschiebung zurück-
zuführen, denn daß der Granit älter ist als der Kalkstein, beweist
unwiderleglich ein von mir aufgefundenes Kalksteinstück, in welchem
ein scharfkantiges Fragment von rotem Granit allseitig vom Kalk-
stein umschlossen erscheint. Für diesen Graniteinschluß einen
Transport aus entlegenen und überdies kaum auffindbaren Granit-
gebieten — dem Ostrande der böhmischen Masse sind derlei rote
Granite gänzlich fremd — anzunehmen, wird wohl niemand wagen
wollen; es dürfte somit durch dieses Fundstück die Frage nach
dem Alter der Brünner Eruptivmasse endgültig beantwortet sem.
Feuersbrunst in Nikolsburg 14. September 1784.
Von Prof. Dr. Josef Samsour.
In seiner kirchlichen Topographie von Mähren, Band II,
Seite 45, führt Wolny an, daß am 14. September 1784 eine
furchtbare Feuersbrunst in Nikolsburg auber 350 städtischen
Häusern auch die herrliche Kirche St. Anna und die berühmte
Lorettokapelle samt der inneren Einrichtung von Holz und dem
kostbaren Altarbilde, wie auch das in der Nähe befindliche Ka-
puzinerkloster und dessen Kirche verzehrte. Bei Gelegenheit der
Durchsicht der Aufhebungsakten der mährischen Klöster unter
Kaiser Josef II. entdeckte ich in dem Faszikel K 20.32 der
k. k. Statthaltereiregistratur unter Nr. 18433/2884 einen amtlichen
Bericht über diese Feuersbrunst, welchen der damalige Brünner
Kreishauptmann Johann Nep. Graf Althann, der sich gleich
bei erhaltener Nachricht nach Nikolsburg begeben hatte, dem
damaligen mährischen Gubernator Grafen Ludwig Cavriani
einsendete. Da derselbe nicht ohne Interesse sein dürfte, übergebe
ich ihn hier mit der Erlaubnis der p. t. Redaktion der Offent-
lichkeit. Der Bericht hat folgenden Wortlaut:
Euere Excellenz!
Gleich bei erhaltener traurigen Nachricht einer in der Stadt
Niklaspurg untern 14' dieses, Nachmittags gegen halb ein Uhr
entstandenen und daselbst heftig gewütet gehabten Feuersbrunst,
eilte ich in die durch den Brand verunglückte Stadt. Den 16' Vor-
mittags gelangte ich allda an und nahme ohnverweilt die von den
Feuersflammen hinterlassene Brandstätte in den aufmerksamsten
Augenschein.
Bei dem Stadt niklaspurger Postmeister — allwo die Feuers-
brunst, der allgemeinen Sage nach, ihren Anfang genommen haben
. solle wurde auch der Anfang zur Besichtigung gemacht.
121
Elie und bevor noch die gänzliche Summe der eingeäscherten
Häusern von mir bestimmet wird, muß ich erwähnen: daß das
neben dem Postmeister zur rechten Hand (wenn das Angesicht
gegen Sonnenaufgang gewendet wird) gelegene Bankalhaus, ausser
der Amtierungsstube, und 4 gewölbten Zimmern, die doch eben
von den Thüren und Fenstern hierin ausgebrennet sind, gänzlich zu
Grunde gegangen seyn; daß die zur linken Hand situirten Frohn-
festen, worunter auch das Rathaus begriffen ist, zum gröbten
Teil: und endlich dab die neben dem Bankalhaus abwerts herunter
gestandene Kapuziner St. Annakirche, und Loretto-Kapellen, samt
dem Kloster ein Raub der Flammen geworden seyen.
Die Verwüstung in der Stadt selbst ist ungemein groß, und
begreift lediglich in dem Stadtviertel 20 Häuser.
In der Vorstadt ist dieselbe noch viel grösser:
Das Oberdorfer Viertel zehlet . . . . . . 88
das Obersteinzeilviertel . . . . . . . . . 154
und das Untersteinzeilviertel . . . . . . 80 Häuser.
In der Summe also hat Niklaspurg 342 meisten Theils bis
in den Grund ab- und ausgebrennte Häuser durch die Feuers-
brunst verlohren.
Es verbliebe also nur ein Theil der Häuser in der Stadt,
samt dem fürstlichen Schloße, und einige herrschaftlichen Ge-
bäuden unbeschädiget.
Die Judenstadt ward ebenfalls von dem Brande unberührt
belassen: und endlich ein sehr kleines Stück der in der Vorstadt
gelegenen Neustift; samt dem Piaristenkloster, und ein Theil in
dem Oberdorfer Viertel hatte das Glück, von dieser Feuersbrunst
errettet zu seyn. Aber auch der ganze Überrest dieser gleich ge-
dachten Häusern wäre in Flammmen aufgegangen, wenn nicht die
sowohl von dem Bürgerstand, als auch den allda liegenden
Militaire angeboten Kräften — vereinbaäret, die besten Mittel zur
Rettung des annoch über gebliebenen Theils — angewendet, und
hiedurch dem gewaltigen Raube des Feuers Einhalt gethan
worden wäre.
Das Feüer hatte schon in der benannten Neustift viele
Häuser eingeäschert; durch die schleünigst vorgenommene Ab-
dachung des daselbst situirten Hauses sub N° 81 wurde es aber
weiter schreiten zu können, gehemmet. Eben das nämliche geschahe
in der Stadt, wo durch ein ununterbrochenes Gissen des Wassers
auf das Haus des allda bestehenden Apothekers, die nach selben
weiter lauffende Reihe vom Feüer befreiet worden sind.
Die Wut der ausgebrochenen, und augenblicklich weit um
sich her gegriffenen Flammen, solle der vollständig iibereinstim-
menden Sage des Militairs — der Beamten — und allseitigen
Bürgern so grol) gewesen seyn, dab sie sammentliche glaubten
die ganze Stadt Niklaspurg würde — ohne Ausnahme — in die
Asche geleget werden. Von dieser Warheit ward ich bei Be-
augescheinigung der Brandstätten überführt. Die von den bürger-
lichen Wirtschaftsmännern eingefechsente Frucht wurde in Asche
verwandlet; ihre sammentliche Habseligkeiten und Hausgerät-
schaften mußten — wegen dem so eilends über Hand genom-
menen Feüer im Stiche gelassen werden; und die Menschen hatten
kaum so viel Zeit sich — und ıhr besitzendes Vieh retten zu
können. Der bei diesen Unglück verbrennten Personen zehlet
man schon dermalen 18 an der Summe, zum größten Theil er-
wachsene Personen, die bei dem Unternehmen ihr Gutt in Sicherheit
bringen zu wollen, das Leben einbübten.
Von dem zu Grunde gegangenen Vieh läßt sich noch nichts
gewisses bestimmen: weilen das verlohren gegangene, mithin izt
noch vermissende Vieh sich auch — ohne in den Brand zu ge-
raten — habe verlaufen können. Von zwei Pferden und einem
Knechte, die das Feüer verzehrt hatte, erhielte man allererst eine
Gewibheit, da sie in der Asche vergraben befunden worden sind.
Und da die eingeäscherten Haüser noch größten Theils in
ihrem Einsturze liegen, gefolglich von dem zusamm gefallenen
Schotter und verbrennten Balken noch nicht geräumet sind; So
wird sich der Verlust an Menschen und Vieh allererst damals
genau bestimmen lassen, wenn die Räumung der Brandstätten
vollends zu Stande gebracht sein wird. Die hie und da annoch
in glühender Asche liegende Häusermauern und Brandstellen
tragen auch bei, dab dieselben von ihrem verbrennten Unrate
nicht gereiniget werden können.
Bei meiner Ankunft nach Niklaspurg trafe ich das annoch
hell brennende Feüer bei verschiedenen Brandstätten an. Meine
vorzüglichste Sorge ware daher — mittelst Vorruffung der zur
Herrschaft Niklaspurg gehörigen, und nahe bei der Stadt in
Dörfern vorhanden Unterthanen (welches zugleich auch geschahe
123
von der angrenzenden Herrschafft Dürnholz) den annoch in ver-
schiedenen Oertern ansichtig gewordenen Brand zu löschen, und
damit die Sicherheit von aller — durch einen neuen Ausbruch des
Feüers entstehen könnenden Gefahr — herzustellen.
Im ganzen genommen: muß man dermalen in Niklaspurg den
größten Theil dieser Stadt in blossen Mauern und leer stehenden
Schorsteinen erblicken; die in Jammer und Elend versezte und
um Hilfe anrufende Leüte aber bemittleiden.
Um diese in der Not darbende Abbrändler aufs wenigste von
dem Hunger zu befreien, machte ich die Verfügung: dal) das in der
Stadt vorräthige Mehl den Beckern zu Verback — und Austheilung
des Brods an die ärmst — Verunglückte, Haus für Haus zugeführet,
und durch zween Ratsdeputirte ordentlich ausgespendet wurde.
Zur Erleichterung der Abbrändlern ist das Militaire einst-
weilen bis auf weiters vom hohen Orte treffende Verfügung in die
der Kaiserstrassen am nächsten gelegene Ortschaften: Pardorf,
Klentitz, Bergen, Ober- Unterwisternitz und Tracht, mit dem
Schlafkreuzer, bis auf den Herrn Obristwachtmeister, Wappler,
und einen Offizier mit 30 Mann, welche in den gemeinschaftlichen —
gar nicht beschädigten Zimmern, oder Chambreen, zu Bewachung
der Schatzkammer, die, wie schon berichtet, ohne Thüren sind,
und des in der Loretto Schatzkammer, sich annoch befindlichen
Schatzes, verblieben, verlegt worden.
Nach der in etwas geschilderten traurigen Laäge, in welcher
sich nunmehr die ganze Stadt Niklaspurg befindet, sehe ich mich
bemüssiget annoch folgende Auskünfte zu geben:
1'»s- Sind die in der ebenfalls halb eingeäscherten Frohn-
feste gewesene Delinquenten, einstweilen auf die herrschaftliche
Schloßwache, zur sicheren Aufbewahrung untergetheilet worden.
2'ens: Unterliegt das annoch von der Feüersflamme gerettete
Bankalsgebäude bei etwa einfallenden starken Regewetter, welches
nach so lang fürgewehrter Trockene wohl bald und anhaltend er-
folgen kännte, einem unausbleiblichen Einsturze, wenn selbes nicht
bald bedachet würde. Weßhalben auch die Oberbeamte aus —
und in die Stadt einquartieret werden müssen. Und für das zum
nötigen Vorrat künftig beiführende Salz, da für das gerettete,
durch vorläufige Eindachung mit Brettern die Vorsehung getroffen
wird, habe bei den P. T. Piaristen drei gewölbte Zimmer aus-
findig gemacht.
124
3tns Fande ich bei der abgebrennten Lorettokirche einen
sehr beträchtlichen, oben schon beriihrten Schatz, der der Kirche
gehörig zu seyn angegeben wurde. Ich hatte denselben als ein dem
Religionsfond zugehöriges Gutt aus diesem Grunde anbetrachtet,
weilen die — durch -die fürgewesene Feüersbrunst zerstehrte
Kirche nicht anderst anzusehen kömmt.
In Rücksicht dessen wurde denjenigen, die bisher die Obsorge
darüber getragen hatten, solche fernerhin mit dem Zusatze bei-
belassen: dab selbe zu dessen hinkünftigen sichern Aufbewahrung
die nötige Verschläge machen lassen sollten, um auf den ersten
Befehl solchen demjenigen, der dazu beordert werden würde, über-
seben zu können. Nur kömmt zu bemerken: daß dieser Schatz
bis zur Stunde sicher aufbewahret seye; Weilen jedannoch den in
zımlicher Anzahl — den Vernehmen nach, — herum irrenden
liederlich- und raüberischen Gesindl nicht zu trauen ist; Do
olaubete ich ohnmaäßgebigst, dab solcher je eher desto besser von
da gehoben, und in das fürstliche Schlob zur Aufbewahrung über-
geben werden sollte. Zu dessen mehrerer Sicherheit ist zu den
Aufbewahrungsort eine Militairewache gestellet worden; und diese
erhielt zugleich den Auftrag keinen Menschen in die ebenfalls
durch die Flammen verwüste Lorettokapellen zu lassen: eines
Theils weilen die hie und da einstürzen wollende Mauern, jedem
sich herbei nahenden, die Gefahr einer Beschädigung drohen, und
andern Theils, weilen unter den daselbst sich gehaüften Schotter
verschiedenes, aus der Kapelle — ob der vorhanden gewesenen
Unmöglichkeit nicht gerettet wordenes Sielber, verborgen lieget.
Um also einer Neits allem Unglücke vorzubeügen, und anderer
Seits das besagter massen mit dem Schotter verschütte Sielber
der Entfremdung nicht auszusetzen, wurde jedem der Zutritt dahin
untersaget.
Zum Schluße mul ich Euer Excellenz die über die Entstehung
des Feüers aufgenommenen Konstituten, weilen jedoch zu wissen
daran gelegen ist: důrch wem? wie? und wo Orten dieses Feiier
entstanden seye? Dann ob es aus Unvorsichtigkeit — Nachlässig-
keit — oder gar aus Bosheit seine Entstehung habe? und über-
haupt, wer entweder des Ursprunges, oder Verhöhlung, oder aber
Nichtilgung desselben, da solches in seiner Macht stunde, beschul-
diget werden könne? gehorsamst vorlegen; und so viel als durch
allmöglich angewendete Mühe mit Vernehmung der gleich bei dem
125
Anfange des Feüers gegenwärtig gewesenen Individuen, erheben
konnte, einberichten, daß das Feüer im Hause des zu Niklaspurg
bestehenden Postmeisters entstanden seye. Allda habe nämlich
der vorhandene Misthaufen den 14t* dieses, um halbe ein Uhr
Nachmittags gebrennt; von selben das daran stehende zu Auf-
bewahrung der Postkaleschen gewidmet gewesene Schupfendach
gefangen, und ohne die Flammen ersticken, oder erlöschen zu
können, sich augenblicklich mit der anfangs erwähnten Wut
verbreitet.
Von jedem verhörten Konstituten wird gleichstimmig an-
gegeben: dal das Feüer in des Postmeisters Wohnung am ersten
entdecket worden seye. Der diesen Brand verunglückte Postmeister
stellet dieses Angeben selbst nicht in Abrede.
Allein wie dieses Feüer auf dem Misthaufen entstanden seye?
ob durch Nachlässigkeit, oder Unbesorgsamkeit der beim Post-
meister dienenden Postknechte? oder gar durch Argheit eines
Bößwichts die Feüersflamme erwecket, und also diesem der Stadt
zugestossenen betrübten Schicksaäle Ursach gegeben worden seye?
mit einem Worte: wie der in des Postmeisters Behausung gelegene
Misthaufen sich gezunden habe? ware noch nicht auszuforschen.
Und da blosse Mutmassungen in einem dem dritten zur Straffe
angerechnet werdenden Falle, nicht Platz greifen; So kann auch
in der gegenwärtigen traurigen Geschichte auf eine Vermutung,
da sie von keinem Beweise unterstützet wird, nichts gegründet
werden.
Was übrigens die den Abbrändlern nötige Unterstützung
und erforderliche Hilfe belanget, ohne welcher sie ihren gehabten
Besitzstand ungezweifelt verlassen müßten, und auf andere —
vielleicht gar unerlaubte Wege — ihr Leben fristen; So bin ich
der Meinung: daß ihnen erstens mit der gewöhnlichen Aushilfe
einer Landesbonifikazion; und zweitens mit den Beiträgen einer
allgemeinen Almosensammlung, in sammentlichen kaiserlichen Erb-
ländern, das empfundene Unglück erleichteret werden sollte.
Weilen aber diese zwei belobte Hilfsmittel sich allererst in
einem Verlaufe der Zeit wirksam bezeigen; wo doch die Elenden
einer thätigen Unterstützung schon dermalen bedürftig sind, und
solche um so mehr benöthigen, als der rauhe Winter sich annähert,
durch welchen sie ohne einer ihnen izt schon angebotenen hilflichen
Hand, wenn nicht zu Grunde gehen, aufs wenigste im aüssersten
126
Elende schmachten müßten; Als würde die allermildeste Vorsorge
unsers allergnädigsten Regentens — diesen äusserst dürftigen
Unterthanen ihre drückende Bürde des Unglücks in diesem Falle,
ohne Mal) erleichtern, und vorsonderliche Ausgiebigkeit beischaffen
können.
Dieser so reichlichen Quelle vorausgesetzet, werde auch ich
nicht unterlassen die Grundobrigkeit der diesfälligen Bedrängten —
mit Vorstellung ihres Jammers — anzugehen, womit selben zugleich
von dieser Seite mit thätiger Hilfe beigesprungen werden möchte.
Brünn den 18* September 1784.
Michael Johann Graf von Althann.
Ein máhrischer Literarhistoriker.
Vortrag,
gehalten in der Máhr. Museumsgesellschaft zu Briinn am 7. Oktober 1911
von Bernhard Münz.
Was ist die Aufgabe eines Literarhistorikers? Der Zweck,
der ihm zu oberst vorzuschweben hat, besteht in der Anregung
und Wegweisung für den Leser zum eigenen Genu der Literatur-
werke. Es gibt trotz des ungeheuren Betriebes der Literatur-
wissenschaft immer noch Hunderttausende hochgebildeter Deutscher,
die von der Beschäftigung mit Literatur nicht so sehr gelehrtes
Wissen wie edelste Geistesbildung und innere Erhebung begehren.
Vornehmlich für solche Leser sind die Studien des mährischen
Literarhistorikers, über den ich heute hier spreche, bestimmt. Er
spricht nicht überwiegend an den Werken, die ihn beschäftigen,
vorbei oder hoch über sie hinweg seine selbstbewußten Ansichten
aus, sondern er bietet dem Leser möglichst viele Tatsachen und
er will vor allem andern zum Lesen der Werke, nicht zum Nach-
sprechen von Urteilen antreiben. Denn alle Literaturgeschichten,
auch die berühmtesten, gehen dahin; einzig und allein die Werke
der Literatur bleiben.
Ein Führer des Lesers soll der Literarhistoriker sein, kein
Vormund seines Urteils. Unser Literarhistoriker hat denn auch das
ästhetische Gerede über die Literaturwerke zurückgestellt, hinter
die Tatsachen und die Werke selbst, und gerade bei den größten
und bekanntesten Dichtungen hat er absichtlich das eigene Urteil
am meisten eingeschränkt.
Der Literarhistoriker ist nicht Sittenrichter; er hat auch nicht
die Aufgabe, mäkelnd und vorwitzig zu untersuchen, was aus
diesem oder jenem Dichter wohl geworden wäre, wenn er irgend
128
etwas anderes hätte sein wollen, als was er tatsächlich gewesen
ist. Einer unserer besten neueren Dichter, J.G. Fischer, wünschte
sich von allen Literaturgeschichten eine solche, „welche gelassen
den Mann, wie ihn sein Herrgott erschuf“. Eine literargeschicht-
liche Betätigung darf auch den Verfasser nicht dazu verleiten, voll
Stolz auf sein notwendig grobes Wissen jemals die Ehrerbietung
vor den wahrhaft Schaffenden, auch vor den kleineren, zu vergessen.
Es ist vielmehr seine Pflicht, ungerecht übersehene und vergessene
Schriftsteller oder einzelne Werke unabhängig von der Überlieferung
nach Verdienst hervorzuheben, nie verjährendes Unrecht gutzu-
machen. — Es versteht sich von selbst, dal) literarhistorische Bücher
con amore geschrieben, ein Werk der Liebe und Begeisterung
sein müssen. Nur aus Begeisterung für die Literatur und unter
ihrem steten Ansporn konnten die Bücher unseres Historikers
entstehen, an denen ein großes Stück Leben hängt. Er schämt
sich seiner Begeisterung gar nicht, sondern hält es mit Goethes
Worten an Schiller: „Mir kommt immer vor, wenn man von
Schriften wie von Handlungen nicht mit einer liebevollen Teil-
nahme, nicht mit einem gewissen partelischen Enthusiasmus spricht,
so bleibt so wenig daran, dal) es der Rede gar nicht wert ist.“
Die weitverbreitete Ansicht, dal es Nichtdichtern möglich
sei, durch Gelehrsamkeit, durch immer mehr Gelehrsamkeit hinter
das Geheimnis des Schaffens zu dringen, teilt unser Literarhistoriker
nicht. Goethe durfte den Wunsch und die Freude aussprechen,
dichterische Werke „im Entstehen aufzuhaschen“, und an Schiller
schreiben: „Ich möchte wissen, wie Sie in solchen Fällen zu Werke,
gegangen sind.“ Es war der Wunsch und die Freude des Künst-
lers gegenüber dem Künstler. Die Gelehrsamkeit täuscht sich
und andere, wenn sie glaubt, dem Genius durch die Erforschung
von Quellen, Strömungen und „Milieu“ wesentlich näher zu
kommen. Irgend ein Unerforschliches muß auch die Wissenschaft
an der Kunst gelten lassen und die Erforscher Goethes z. B.
sollten seinen Ausspruch beherzigen: „In der Kunst und Poesie
ist die Persönlichkeit alles.“
Auf den lebendigen Menschen kommt es an: hinter jedem
großen Buche steht der ebenso wichtige große Mensch. Unser
Literarhistoriker hat sich deshalb bemüht, nicht bloß von gedruckten
Büchern zu reden, sondern ihre Verfasser als Menschen unter
Menschen möglichst lebendig zu machen. Daher auch der Grund-
129
satz, jeden Schriftsteller als eine einheitliche Persünlichkeit ein-
heitlich zu schildern, dazu gehören unter anderem viele Jahres-
zahlen. Der Leser braucht sie nicht auswendig zu lernen; sie sind
aber unentbehrlich zur Vermenschlichung der Literatur, denn das
Lebensalter, in dem ein Schriftsteller sein Werk geschaffen, ist
die wichtigste von allen äußerlichen Kenntnissen über das Werk.
Noch in anerzogenen akademisch abgegrenzten Bahnen be-
wegt sich unser Literarhistoriker in seinen Goethestudien, die
sich über Clavigo und Erwin und Elmire erstrecken; es sind
zwei sehr fleißig gearbeitete, kritisch gehaltvolle Untersuchungen,
die sich in Fachkreisen bedeutender Anerkennung erfreuen. Sie
regen zur Forschung an und erfüllen somit ihre Aufgabe in voll-
ster Weise. Wertvolle Arbeiten sind ferner die mit einer aus-
führlichen Einleitung und erläuternden Noten versehene Ausgabe
des Raigerner Liederbuches, eines Manuskriptes aus dem
18. Jahrhunderte, und der Essai über das Königslied, der so-
wohl den Germanisten wie den Kulturhistoriker interessieren mul).
Eine andere Tat unseres Historikers ist ein vortreffliches,
großzügiges, Licht und Schatten unbefangen verteilendes Lebens-
bild Ludwig Goldhanns (1896), der 1823 in Wien geboren war
und 1893 in Brünn, wo er einen großen Teil seines Lebens ge-
wirkt hatte, starb. Sein Andenken verdiente fürwahr aufgefrischt
zu werden. Tragisch floß das Dasein des Dichters dahin. Nicht
etwa, daß die gemeinen Sorgen des Tages an ihm nagten, aber
es ging ein Rib durch sein Leben. Er fand keine Anerkennung,
wurde dadurch verbittert und verlor schließlich den Glauben an
sich selbst. Er war gewissermaßen Quietist und konnte sich auch
nicht zur Selbsterkenntnis aufraffen. Seine starke Seite war die
Lyrik und er wähnte sich zum Drama geboren. Sein Gemüt,
weich und warm, gab sich gerne zarten Eindrücken und Stimmungen
hin und in jedem, auch dem kleinsten Gedichte, gewinnt der
Gedanke eine feste, faßbare Gestalt. Die Verse sind voll einfacher
Grazie und Wohllaut, der Rhythmus strömt Musik aus, poesie-
durchglühtes Pathos und empfindungswarme Natürlichkeit sind zu
einer Einheit verschmolzen, die Form deckt sich mit dem Inhalt,
Verstand, Gemüt und Phantasie durchdringen sich gegenseitig.
3jei allem Hang zur Schwermut findet der Dichter nicht selten
Ton und Stimmung für naiv-humoristische Auffassung und Dar-
stellung. Diese Mischung von tiefsinnigem Ernst und heiterer
Zeitschrift des máhr. Landesmuseums. XII, 1. 9
150
Lebensanschauung, von düsterer Wehmut und leichttindelndem
Scherz und Frohsinn verleiht seinen Dichtungen einen vielfarbigen
Charakter und erzeugt in dem Leser ein gesundes Gefühl des
Wohlbehagens. Er versteht es auch, mit den Waffen der ätzenden
Satire zu kämpfen und tüchtige Hiebe auszuteilen.
Doch wußte Goldhann seinen Liederschacht nicht nach
Gebühr zu schätzen und zu würdigen. Sein Sinn stand ihm nach
dem Drama, er wollte Lorbeeren ernten auf den Brettern, welche
die Welt bedeuten. Diese verschlossen sich ihm jedoch und so
liegt der Schlüssel zu seinem Lose in dem Zwiespalt zwischen den
Bedürfnissen des eigenen künstlerischen Triebes und der ehernen
Notwendigkeit im Verlaufe unseres nationalen wie unseres Theater-
lebens.
Es ist traurig, aber wahr, es ist eine Ironie des Schicksals,
dab eigentlich diejenigen Dichtungen, die Goldhann sorglos in
alle Welt hinausflattern ließ, seinem Namen in der Literatur-
geschichte ein dauernderes Denkmal bewahren werden als seine
von ihm so heiß geliebten Dramen, die unser Literarhistoriker in
seiner feinfühligen und eindringenden Weise analysiert und charak-
terisiert.
Eine andere literarische Tat ist die köstliche Rehabilitierung
eines Volksstückes von einem Autor, der von Kotzebue das Zepter
übernommen, dessen zahlreiche Werke einst den Berliner Spiel-
plan beherrschten und von Spree-Athen ihren Triumphzug über
sämtliche deutsche Bühnen antraten. Ernst Raupach ist eine
abgetane Größe, sein Name ist fast verschollen und vergessen. Nur
das Stück „Der Müller und sein Kind“ schien eine unver-
wüstliche Lebenskraft zu haben und erhielt sich durch mehr als
zwei Menschenalter auf den Brettern. In neuerer Zeit wandten
sich die sogenannten Gebildeten von dem „(Gespensterstiicke“ ab
und halten es für gerade gut genug, dem niedern Volk ein Gru-
seln einzujagen und den Aberglauben zu befördern. Unser Literar-
historiker bricht nun ganz energisch eine Lanze für das Stück,
indem er auf das Volkstümliche in demselben hinweist und den
Umstand hervorhebt, dab das Stück gegen und nicht für den
Aberglauben geschrieben ist. Er stützt seine Ansicht durch ihm
zustimmende Stellen aus Briefen seiner Freunde Rosegger, Bettel-
heim, Prem, Saar, Alexander Strakosch, Lewinsky u. a.
Eine Art Seitenstück zu Goldhann war der mit unserem
Literarhistoriker aufs innigste befreundete Dichter Alfred Meißner,
dem er auch wohltuende „Erinnerungen“ geweiht hat. Meißners
zahlreiche Romane sind allerdings nach unserer abweichenden
Ansicht nicht mit Unrecht vergessen. Ein Bösewicht namens
Hedrich hat nach Meißners Tod behauptet, der eigentliche Ver-
fasser aller Romane Meißners zu sein. Wir wissen mit Sicherheit
nur, dal er durch seine erpresserischen Drohungen Meißner zum
Selbstmordversuch getrieben und in den Tod gehetzt hat. Die
Wahrheit über Hedrichs Mitarbeiterschaft ist nicht bestimmt zu
ermitteln; es liegt auch nichts daran, da Meißners Dichterruhm
gar nicht auf jenen Romanen ruht, sondern einzig und allein auf
den schönen Liedern, deren unbezweifelter Verfasser er gewesen
ist. „Die Nachtwache der Liebe“, ein Gedicht auf Hölderlin, „Eine Be-
stattung“ (der Leiche Shelleys), vor allen aber die Lieder der
Reihe „Venezia“ werden Meißners Namen dauernd erhalten. Von
seinen drei Dramen, auf die er sich besonders viel zugute tat,
verdient Erwähnung sein „Weib des Urias“, zu dem Heine, dem
er in den letzten Lebens- und Leidensjahren treueste Freundschaft
erwies, eine Vorrede verfaßt hatte. Laube schrieb an Meißner
über das Stück: „Es ist so unmoralisch, daß es Ihnen die Mohren
im Timbuktu auspfeifen würden.“ Ebenso schlimm wie die Un-
moral ist aber die Unpoesie und die dramatische Unmöglichkeit
des Stückes, die Mischung von hohem Schwung und glatter Prosa,
und es gibt wenige so überzeugende Beiträge zu dem Mangel an
Selbstkritik bei den Dichtern, wie die Tatsache, dal) Meißner sein
Drama vom Weibe des Urias bis zuletzt für sein Meisterwerk ge-
halten hat.
Hochinteressant ist das Verhältnis Meibners zu den Studien
und ersten literarischen Versuchen unseres Literarhistorikers. Er
war gegen diese kein milder Zensor. „Wenn wir einmal zu-
sammen sein werden“, schrieb er im Mai 1878, „da wird sich
gewiß im Gespräche bald viel entwickeln. Ich werde bald sehen,
was für Sie paßt, dann würde ich, je nach Ihrer Richtung, Ihre
Aufmerksamkeit auf die und jene Stoffe richten. Es gibt so viel,
was ich ins Auge gefaßt, aber nicht ausführen konnte, ich würde
Sie dazu führen. Sie haben unleugbar Talent zum kritischen und
literarischen Essai, sind aber noch zu kurz angebunden, wie ein
befangener, junger Mann, dem mehr Freiheit in Haltung und Be-
wegung zu wünschen wäre. Aber das kommt mit der Zeit, die
9*
132
Hauptsache ist, dal) Sie Herz und Sinn für ernste Fragen haben
und sie klar und scharf ins Auge fassen.“ Meißner drängte ihn
zum Essai und er hat seinen Rat befolgt. In einem seiner letzten
Briefe schrieb er dem Freunde: „Ich habe eine reine Freude an
der guten Faktur, der Anordnung der Gedanken, der Richtigkeit
des Ausdruckes usw. So war ich nebenbei hocherfreut, Sie als
vortrefflichen Stilisten zu sehen. Ich kenne Sie ja von der Zeit
her, als Sie Ihre ersten Schritte taten, auf dem schweren Boden
der deutschen Prosa gehen lernten. Nun freue ich mich Ihrer
Reife, Ihrer Sicherheit.“
Unser Essaiist behandelt noch einen Dichter, dessen Fiasko
als Dramatiker sein Schicksal war. — Ferdinand von Saar, mit dem
er so vertraut war, daß er in seiner Seele wie in einem offenen
Buche lesen konnte. Als „Die beiden de Witt“ auf dem Burg-
theater gegeben wurden, schrieb kein Geringerer als Ludwig
Speidel: „Es sind weniger die Personen, als die Verhältnisse, die
das entscheidende Wort sprechen.“ Es ist dies ein Wahrwort,
denn bei Saar ist der Held nicht die Verkörperung des drama-
tischen Gedankens, er ist nicht die Achse des Stückes. Über ıhn,
über alle Personen hinweg, sie zu Boden werfend, stürmt das
(Geschick. Wir wollen sehen, wie Menschen mit dem Schicksal
ringen, nicht wie ein unglückseliges Geschick über ihre Passivität
hinweg stürmt. Saars Menschen ergeben sich alle in ihr Schicksal,
statt sich gegen dasselbe zu empören. Nichtdestoweniger hatte er
recht, wenn er dem Freunde erschütternd klagte: „Meine Dramen
sind nicht schlechter, als viele, die man aufgeführt hat und auf-
führt. Man hat mich nicht auf die Bühne gelassen, man hat die
Stücke nicht erprobt, ich habe keine Gelegenheit gehabt, an mir,
an meinen Dramen die Bühnenwirkung zu studieren und Fehler,
die jeder Dramatiker am Anfang macht, zu verbessern.“ Ein
| andersmal ließ er sich vernehmen: „Die beiden de Witt“ erregten
in mir Hoffnungen und ich meine, das Stück ist gut und hätte
auch eingeschlagen, wenn’s nicht an der Gleichgültigkeit der da-
maligen Bühnengewaltigen zugrunde gegangen wäre. Ich sage
Ihnen, die ersten 3 Akte hatten Beifall gefunden, dann aber
wurde alles überhastet und so fiel das Drama. Ich war auf der
Bühne und hörte nach dem 4. Akte Lewinsky sagen: ‚Nur schnell
weiterspielen, das Stück ist so hin.‘ Ich habe den Schlag lange
nicht überwunden, erst in Mähren habe ich dann Ruhe gefunden,
133
ganz wie mein armer Schreiber Bacher in der Novelle ‚Tambi‘,
und manchmal habe ich damals Lust bekommen, in einer so unter-
geordneten Lebensstellung unterzutauchen und Frieden und Ver-
gessenheit zu finden.“ Wie vollberechtigt Saars Klage gewesen,
zeigt uns in eklatanter Weise das Beispiel Schillers. Er wohnte
der Aufführung „Der Räuber“ bei. Welche Genugtuung ihm auch
durch die enthusiastische Aufnahme seines Dramas zuteil wurde,
mit welch freudigem Stolze ihn auch der ungeheure Erfolg erfüllte,
so sah er doch erst durch die Bühnendarstellung die Schwächen
des Werkes. Durch sie erst wurde ihm bewußt, daß er sich viel-
fach in der Zeichnung der Charaktere vergriffen habe, und er
erklärte dies nachträglich selbst, wenn er sagte, er habe Menschen
geschildert, ehe ihm nur einer begegnet war.
Vortrefflich ist der Essai über Schillers „Volksstůck“, das
so modern-realistisch gewissen Kreisen die nackte Wahrheit als
Spiegelbild vorhält. Es ist dies sein drittes Drama „Louise Millerin“
oder, wie er es später auf Ifflands Rat nannte, „Kabale und Liebe“.
Mit Recht sieht der Verfasser in der Urkraft dieses Dramas den
Ouell für jene Dichtungsart, die man heute so gern als die Offen-
barung des Realismus preist. Es ist das erste Werk, in dem wir
Schiller auf realem Boden begegnen, es ist das erste, das die
realistische Kraft, die in der Poesie des Dichterfürsten bisher ge-
bunden war, löste. Nicht in der Schilderung der Hofpartei ent-
faltete der Dichter alle seine Kraft, sondern in der prächtigen
Darstellung des kleinbürgerlichen Lebens. Der ehrliche Musikus
Miller in seiner bescheidenen Geradheit, der trotz der beschrän-
kenden Enge seiner Verhältnisse seine vornehmen (Gegner mensch-
lich hoch überragt, die Mutter in ihrer gemeinen, dummen Grob-
tuerei, das sind zwei Gestalten, wie sie die deutsche Literatur
bisher nicht aufzuweisen hatte, und am wenigsten das deutsche
Drama.
Wäre Schiller damals auf dem Wege weiter geschritten, den
er in „Kabale und Liebe“ eingeschlagen hatte, das deutsche Drama
hätte wahrscheinlich ganz andere Umrißlinien erhalten, das
Schauspiel wäre der modernen Bahn zugeführt worden. Allein in
Schillers Dichtung lag zu viel, zu hohes Pathos, für dessen Be-
tätigung ihm auf dem Boden des bürgerlichen Dramas Raum und
Freiheit fehlten und das ihn nach einer andern Richtung hin-
drängte.
134
Unser Essaiist ist aber nicht nur in der deutschen Literatur
zu Hause, sondern er meistert auch die englische Literatur und
Kunst. Diese ist seine Hauptdománe; in dem englischen Kultur-
leben des 16., 17. und 18. Jahrhunderts weiß er ganz besonders
Bescheid. Ich mul) es mir leider, um die einem Vortrage gesteckte
Zeit nicht zu überschreiten, versagen, auf die vielseitige Tätigkeit,
die er auf diesem (rebiete entfaltete, hier einzugehen. Ich will es
hier nur bei der Anführung der Tatsache bewenden lassen, dab
er der anglistische Beirat eines Ästhetikers von dem Range des
im Jahre 1910 verstorbenen Wiener Hochschulprofessors Josef
Bayer war, dem er im „Heimgarten“ einen trefflichen Nachruf
hielt. Zu seinen englischen Freunden gehören unter anderen
F. J. Furnivall, der Gründer der New Shakespeare Society, und
Professor Eugen Oswald in London, der Verfasser des bedeuten-
den Buches: Goethe in England and in America.
Höher aber als der zwei Welten sicher beherrschende Ge-
lehrte, dem die seltene Gabe eigen ist, die Gegenstände seines
Forschens mit plastischer Deutlichkeit wiederzugeben, steht uns
der Mensch, der vorurteilslose, schlichte, bescheidene, liebens-
würdige, treue deutsche Mann, von dem wir mit Fug und Recht
sagen können:
„Und hinter ihm im wesenlosen Scheine
Liegt, was uns alle bändigt, das Gemeine.“
Er ist auch ein ganzer, tapferer, willenskräftiger Mann. Er
hatte als Jüngling und junger Mann mit dem Leben zu ringen
und rang sich, allen Hindernissen zum Trotze, zu dem ersehnten
Ziel empor. Er ist ein dvio moArtoonos, er hat ein vielbewegtes
Leben hinter sich. Er widmete sich anfangs dem Kaufmannsstande
und war zuerst in Brünn und dann in Wien tätig. In Brünn war
er unter anderem auch 4!/, Jahre in der Maschinenfabrik des
Schotten Thomas Bracegirdle, der späteren Ersten Brünner Ma-
schinenfabriks-Aktiengesellschaft angestellt. Disponent war damals
‚Josef Lehmann, der spätere Oberdirektor der mährischen Eskompte-
bank. Dieser erzählte, unser Literarhistoriker habe einmal in die
Prima Nota anstatt eines Buchsatzes zwei Verse aus Shakespeare
eingetragen. Er, Lehmann, habe schon damals gesehen, der Jiingling
werde eine Schwenkung machen. In Wien machte er 22jährig
als Bankbeamter den unseligen Krach von 1873 mit. Er hatte
195
auch Neigung zum Theater und schwankte eine Zeitlang, ob er
nicht Schauspieler und zwar Charakterdarsteller werden solle. Er
versuchte sich auch mit Glück als Rezitator. Da er jedoch in
allen diesen Berufen keine Befriedigung fand, begann er im Alter
von 25 Jahren, sich auf die Gymnasialmaturitätsprüfung privat
vorzubereiten. 1879 bezog er die Wiener Universität, seit 1884
wirkt er-unausgesetzt als Professor in seiner Vaterstadt Briinn,
von der er wiederholt größere Studienreisen, besonders nach Eng-
land unternahm.
Und nun sei es mir gestattet, den Schleier zu lüften. Der
Mann, dem mein heutiger Vortrag galt, ist ein Brünner Kind,
der um die kulturellen Institutionen der mährischen Landeshaupt-
stadt so hoch verdiente Schulrat Prof. Emil Soffe. Er feierte
am 4. Oktober sein 60. Wiegenfest. Ich wünsche dem jungen
Jubilare aus dem tiefsten Grunde meines Herzens, dab es ihm
noch lange beschieden sein möge, Saatkörner seines reichen Geistes
auszustreuen !).
1) Wir schöpfen Hoffnung für die Erfüllung unseres Herzenswunsches
daraus, dab er uns eben zu Weihnachten mit einem Buche („Mosaik“) be-
schenkt hat, das u. a. eine hochinteressante Studie über den Dramatiker
Schiller und die zeitgenössische Tageskritik enthält und durch den Essai
„Shylock als Rolle“ der Shakespeare-Forschung neue Bahnen eröffnet.
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ZEITSCHRIFT
DES
© MÂHRISCHEN LANDESMUSEUMS
HERAUSGEGEBEN VON DER
MÄHRISCHEN MUSEUMSGESELLSCHAFT
REDAKTION
PROF. A. RZEHAK
K. SCHIRMEISEN SCHULRAT E. SOFFE
XIIL BAND
BRÜNN
DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER
1913.
Zur Beachtung!
Da die „Máhrische Museumsgesellschaft“ die Rechtsnachfolgerin
ist sowohl der ehemaligen „K. k. mähr.-schles. Gesellschaft zur Be-
fórderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde“ als auch
der späteren „K. k. máhr. Landwirtschaftsgesellschaft“ und der
„Museumssektion der k. k. máhr. Landwirtschaftsgesellschaft“, so
sind alle Sendungen von Biichern und Zeitschriften nur an die
„Mährische Museumsgesellschaft“
(Landesbibliothek)
zu adressieren. Hingegen sind die für die ehemalige „Historisch-
statistische Sektion“ der k. k. mähr. Landwirtschaftsgesellschaft be-
stimmten Sendungen an den „Deutschen Verein für die Geschichte
Mährens und Schlesiens“ zu richten.
Für das Kuratorium:
Dr. A. Fischel,
Präsident.
ZEITSCHRIFT
MÄHRISCHEN LANDESMUSEUMS
HERAUSGEGEBEN VON DER
MÄHRISCHEN MUSEUMSGESELLSCHAFT
REDAKTION:
PROF. A. RZEHAK
K. SCHIRMEISEN SCHULRAT E. SOFFE
XIII. BAND.
BRUNN
VERLAG DER MÄHRISCHEN MUSEUMSGESELLSCHAVT,
DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER
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; or : S . : . | —
Die Pilzmücken Mährens.
II. Teil.
Von Karl Landrock, Brünn.
Vorwort.
Im letzten Hefte der Zeitschrift des mährischen Landes-
museums (Bd. XII, S. 273, 1912) habe ich die ersten sechs Unter-
familien der Fungivoriden (Mycetophiliden) behandelt und schließe
als Fortsetzung mit vorliegender Arbeit die nächstfolgende Sub-
familie, die Sciophilinen, an.
Ich gebe auch in diesem Teile die Flügelabbildungen sämt-
licher besprochenen Gattungen und überdies bei der Gattung My-
comya Rond. (Sciophila) die Zeichnungen des präparierten Hypo-
pygiums wenigstens von einer Seite bei, da mir eine sichere
Bestimmung der Arten dieser schwierigen Gruppe nur auf diese
Weise möglich erscheint.
Als Ergänzung der im I. Teil angeführten Literatur sind
folgende Arbeiten über Fungivoriden anzugeben:
G. Enderlein: Diptera. Mycetophilidae. Trans. of the linn. soc.
of London. 1910, p. 59.
— Sciariden, Mycetophiliden etc. Arch. f. Naturgesch. 1911. 1.
3. Suppl., p. 116—201 (mit 2 Tafeln).
— Neue Gattungen und Arten außereuropäischer Fliegen. St.
E.-Z. 1911, S. 135.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 1
SMITHSONIA
AN
INSTITUTION JAN 1 9 195
O. A. Johannsen: The Mycetophilidae of North-America. Part.
III. Mycetophilidae. Bull. the Maine agric. Exper. Stat,
Orono. 1911, p. 249 (mit 5 Tafeln).
K. Landrock: Das Weibchen von Phronia Tiefi Dzied. W. E.-Z.
1912, p. 253 (mit 2 Textfiguren).
— Exechia tenuicornis v. d. Wulp. u. Exechia nigrosoutellata
nov. spec. W. E.-Z. 1912 (mit Textfiguren).
In der systematischen Anlage folge ich dem bekannten Pilz-
mückenkenner O. A. Johannsen.
Brünn, im Juli 1912.
Karl Landrock.
VII. Sciophilinae.
Tabelle zum Bestimmen der Gattungen.
1. Posticalis nicht gegabelt (Fig. 1) . . . Monoclona Mik.
Posticalis gegabelt , . + . . . . . .2
2. Cubitalquerader mehr als doppelt so
lang als das Basalstück der Cubitalis
und fast horizontal liegend (Fig. 2) . Tetragoneura Win.!)
Cubitalguerader nur wenig länger, so
lang oder kürzer als der Basalteil der
Cubitalis und niemals horizontalliegend 3
3. Costa nur bis zum Cubitus reichend . . Mycomya Rond. (Scio-
phila Win.)
Costa über den Cubitus hinausragend .4
. 1) G. Enderlein teilt diese Gattung in Tetragoneura Win, (Typus
sylvatica Curt.) und Ectrepesthoneura nov. gen. (Typus hirta Win.). Es wäre
daher in der Tabelle statt Tetragoneura 2a einzusetzen und vor 3 ein-
zufügen:
2a Posticalis schon an der Basis gegabelt; Mediasti-
nalis in die Subcosta mündend . . . . . . . . Ectrepesthoneura End.
Posticalis erst auf der Flügelmitte sich gabelnd;
Mediastinalis kurz, frei. . . . . . . . . . . . Tetragoneura Win.
U
ir
4. Spitzengabel fast sitzend oder kurz ge-
stielt; Untergabelbasis immer jenseits
der Spitzengabelbasis (Fig. 3) . . . . Sciophila Meig. (Lasio-
soma Win.)
Spitzengabel lang gestielt; ist der Stiel
kurz, dann liest die Untergabelbasis
stets vor der Basis der Spitzengabel . 5
5. Ocellen im Dreiecke auf der Stirne dicht
beieinanderstehend, das mittlere ge-
wöhnlich sehr klein . . . . . . . . NeoempheriaOst.-Sack.
Ocellen voneinander entfernt . . . . .6
6. Basis der Untergabel vor oder gerade
unter der Cubitalquerader liegend .
1
Untergabelbasis deutlich hinter dieser
Querader liegend . <- < < < < . 10
7. Mediastinalis vollständig, in die Costa
fnundend 2 © 4 ua ne la O
Mediastinalis in die Subcosta mündend . 9
8. Mediastinalguerader fehlt (Fig. 7). . . Apolephthisa Grz.
Mediastinalquerader vorhanden, immer
vor der cell. subcostalis (Zellchen)
stehend (Fig. 4). < . . < .:. ... Paratinia Mik.
9. Rüssel verlängert, so lang wie der Kopf,
Hinterleib achtringelig . . . . . . . Hadroneura Lundstr.
Rüssel von gewöhnlicher Länge, Hinter-
leib siebenringelig . . . . . Dziedzickia Johanns.
10. Mediastinalis hinter dem Zellchen in
den Flügelvorderrand mündend (Fig. 5)
oder vor der Subcostalzelle abgebrochen Polylepta Winn.
Mediastinalis über der Subcostalzelle
mündend (Fig. 6) . . . . . . . . . Empalia Win.
Anmerkung: In der Bezeichnung der Gattungen Sciophila
Meig. (= Lasiosoma Win.) und Mycomya Rond. (= Sciophila
Meig. part.) folge ich der Auffassung Johannsens, da diese
Namen die Priorität besitzen. Die außereuropäischen und fossilen
Gattungen wurden in der Tabelle nicht berücksichtigt.
1*
1. Gattung: Monoclona Mik.
W. E. Z. 1886. 279.
Staegeria Wulp., Tijdskr. v. Ent. 1876. 49.
Sciophila Staeg., Zett, Walk.
Kopf tiefstehend, Netzaugen lánglich; drei Punktaugen auf
der Stirne vorhanden, das mittlere kleiner. Fiihler 2 + 14gliederig.
Mittelleib hoch gewölbt, Schildchen klein. Beine schlank,
Schienen gespornt. Flügel (Fig. 1) länger als der Hinterleib. Costa
deutlich über den Cubitus hinausragend. Midiastinalis vollständig,
in den Flügelvorderrand mündend; Querader vorhanden. Ra-
dialis kurz und steil, Subcostalzelle klein. Spitzengabel kurzstielig.
Posticalis einfach, ungegabelt. Analis unvollständig. Hinterleib
siebenringelig.
1. Monoclona unicornuta Dzied. 3. 5'/; mm.
Pam. Fiz. 1884. 21 (sep. p.).
Kopf schwarzbraun, Gesicht und Rüssel schmutziggelb. Fühler
schwarzbraun, Wurzelglieder und die Basalhälfte des ersten Geißel-
gliedes gelb.
Der Thorax ist nach Dziedzicki blabgelb, mit drei getrennten,
schwarzbraunen Striemen, das Schildchen schmutziggelb. Bei dem
einzigen Männchen, das ich besitze, sind diese Striemen zusammen-
geflossen, glänzend schwarzbraun und lassen einen allerdings großen,
lichtgelben Schulterfleck frei, der sich an den Brustseiten bis zu
den Hüften herabzieht. Die übrigen Partien der Brustseiten und
der Hinterrücken sind braun, das Schildchen schwarz. Thorax-
rücken gelbhaarig, Schwingerstiel lang, blaßgelb, Köpfchen braun.
Hüften und Schenkel gelb, zweites Hüftglied verdunkelt; Schienen
sehwach bräunlich, Tarsen dunkler. Hinterschenkel an der äußersten
Spitze verdunkelt. Flügel gelblich mit gelbbraunen Adern. Geäder
wie in der Gattungsdiagnose angegeben.
Hinterleib nach Dziedzicki schwarzbraun, gelbhaarig; erster
bis fiinfter Ring mit gelbem Hinter- und Seitenrand und gelbem
Bauche. Sechster und siebenter Ring ganz schwarzbraun. Bei meinem
Exemplare ist der ganze Hinterleib oberseits schwarzbraun und zeigt
nur ganz schmale, seitlich kaum erweiterte, gelbe Hinterrandssäume
an den vorderen Ringen, die Endringe sind einfärbig schwarzbraun.
Auf mein männliches Stück paßt viel besser die von Strobl
gegebene Beschreibung von Monoclona atrata (Wiss. Mitteilg.,
Bosnien. 1900. 651), allein das präparierte Hypopygium gleicht
mit Ausnahme einiger längerer Borsten auf der Unterseite voll-
kommen den Zeichnungen von Dziedzickis unicornuta. Ob beide
Arten zusammenfallen, will ich auf Grund eines einzigen Stückes
nicht entscheiden. Strobl bezweifelt übrigens auch das Artenrecht
der M. unicornuta und meint, dal) sie wahrscheinlich mit M. hal-
terata Staeg. zusammenfalle (I. c. und Siebenb. Zweifl., 1897. 15).
Josefstal, 18. Mai.
Abbild.: Pam. Fiz. 1884. t. IX. f. 32—34 (Hypopygium,
forceps).
2. Gattung: Tetragoneura Win.
St. E. Z. 1846. 18.
Sciophila Zett., Curt.
Kopf rund, vorn fach, tiefstehend. Netzaugen kreisrund,
etwas vorgequollen. Drei Punktaugen vorhanden, in krummer Linie
auf der Stirne stehend. das mittlere klein. Taster viergliederig,
erstes Glied klein, das Endglied dünn, am längsten. Fühler
2 + l4gliederig, die Wurzelglieder deutlich abgesetzt, das erste
becherförmig, das zweite napfförmig, beide an der Spitze borstig.
Geißelglieder etwas zusammengedrückt, walzentürmig.
Mittelleib hochgewölbt; Schildchen klein mit stumpfer Spitze,
am Hinterrande lang beborstet. Beine mäßig lang mit breit-
gedrückten Schenkeln; Schienen mit Seitendörnchen.
Flügel (Fig. 2) etwas länger als der Mittelleib, mikroskopisch
behaart. Costa weit über den Cubitus hinausragend, die Flügel-
spitze nicht erreichend. Mediastinalis kurz, in die Subcosta mündend
oder nur ein freies, kurzes Zähnchen bildend. Mediastinalquerader
fehlend. Radialis kurz und steil, Subcostalzelle klein, länglichvier-
eckig. Cubitalquerader lang, fast horizontal verlaufend. Spitzen-
und Untergabel vorhanden; die Basis der letzteren vor der Basis
der ersteren gelegen oder auch bis zur Flügelwurzel zurückgezogen.
Analis unvollständig, oft nur rudimentär.
Hinterleib siebenringelig.
Tabelle zum Bestimmen der Arten.
Mediastinalis verlängert, in die Subcosta mündend;
Basis der Untergabel bis zur Flügelbasis zurück-
gezogen (Ectrepesthoneura End.) . . . . . . hirta Win.
Mediastinalis ein kurzes Zähnchen bildend; Basis
der Untergabel auf der Flügelmitte liegend . sylvatica Curt.
1. Tetragoneura (Ectrepesthoneura) hirta Win. S. 3 mm.
St. E. Z. 1846. 19.
dissimilis Zell. (Seiophila), Dipt. Scand. 1853. XI. 4137.
Kopf schwarzbraun, Rüssel und Taster gelb. Fühler schwarz-
braun, Wurzelglieder, oft auch das erste Geißelglied gelb.
Mittelleib einfärbig schwarz, Rückenschild grau schimmernd,
mit langen, weißgelben Haaren besetzt. Hüften und Schenkel gelb,
Schienen bräunlich, Tarsen braun. Das zweite Hüftglied ganz oder
teilweise verdunkelt. Die Unterseite der Hinterschenkel an der
Basis mit braunem Striche, die Spitze derselben gebräunt. Schienen-
dorne schwarz, die Sporne gelb. Flügel glashell, die Adern auf
dem Vorderrande stark, schwarzhraun, die übrigen bla. Costa über
den Cubitus hinausreichend, Mediastinalis abwärts geschwungen,
in die Subcosta mündend. Zellchen schmal, rechteckig. Posticalis
sich gleich an der Wurzel gabelnd, Untergabel daher bedeutend
länger als die Spitzengabel. Analis kurz und unscheinbar.
Hinterleib des Männchens einfärbig schwarz, weibgelbhaarig,
höchstens der Bauch der vorderen Ringe gelb oder lichtbräunlich,
der des Weibchens nach Winnertz gelb mit breiten, schwarz-
braunen Vorderrandsbinden und gleichfarbiger Rückenlinie auf dem
ersten bis fünften Ringe, die beiden Endringe schwarz, Hypopygium
schwarz, Legeröhre lichtbraun.
Die Larven leben nach Winnertz in faulem Holze und in
Pilzen.
Ich besitze nur ein einziges Männchen, das ich am 26. Juni
an dem Fenster meiner Wohnung in Brünn erbeutete.
Abbild.: Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1868. t. XIX.f.13 a (Flügel).
Die Gattung Ectrepesthoneura End. wurde von Dr. G.
Enderlein in der St. E.-Z. 1911, S. 155, aufgestellt.
2. Tetragoneura sylvatica Curt.
Brit. Ent. 1837. 641 (Sciophila).
distineta Win. St. E. Z. 1846. 19.
Kopf, Mittel- und Hinterleib einfärbig schwarz. Fühler
schwarzbraun. zweites Basalglied gelb. Rüssel und Taster gelb.
Thorax etwas grau schimmernd. Hüften und Schenkel gelb,
zweites Hüftglied gebräunt, Hinterschenkel auf der Unterseite von
der Basis bis zur Spitze braun, an der Spitze ebenfalls deutlich
gebräunt, Schienen verdunkelt, Tarsen braun. Flügel glashell mit
schwarzbraunen Randadern. Mediastinalis unvollständig, ein kurzes
ZÄähnchen bildend. Subcostalzelle sehr eng. (Bei einem meiner Stücke
lehnt sich der Cubitus direkt an die Subcosta an und verläuft mit
ihr verschmolzen ein Stück horizontal. Radialis und die Subcostal-
zelle fehlen.) Basis der Untergabel auf der Flügelmitte, etwa unter
der Mitte des Spitzengabelstieles. Analis zart.
Hinterleib ganz schwarz, weißgelb behaart.
Die Larven leben in faulem Holze und in Pilzen (Win.).
Selten. Bilowitz, 15. Mai.
Abbild.: Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1865. t. XIX. £ 134 (Flügel).
3. Gattung: Sciophila Meig. (Lasiosoma).
S. B. I. 245. 1818.
Lasiosoma Win., Verh. zool.-bot. Ges. 1863. 748. — Sciophila Rond.
(nec. Win.), Maegq., Staeg., Zett., Curt, Walk.
Kopf klein, tiefstehend. Netzaugen eirund, innen etwas aus-
gerandet. Drei Punktaugen vorhanden, auf der Stirne, selten auf
dem Scheitel stehend.
'asterviergliederig eingekrümmt. Fühler 2 + 14gliederig,
Wurzelglieder deutlich abgesetzt, becherfórmig.
Mitteileib hochgewölbt; Rückenschild meist lang behaart.
Schildchen klein. Beine mäßig lang, Schienen gespornt und mit
Seitendörnchen versehen. Flügel (Fig. 3) länger als der Hinterleib,
haarig. Costa weit über den Cubitus hinausragend, die Flügel-
spitze aber nicht erreichend. Mediastinalis vollständig, in die Costa
mündend: Querader vorhanden. Radialis fast senkrecht stehend,
Subcostalzelle klein. Spitzengabel äußerst kurz gestielt oder beinahe
sitzend. Basis der Untergabel jenseits der Spitzengabelbasis liegend.
Analis unvollständig.
Hinterleib siebenringelig, an der Wurzel verengt, haarig.
Tabelle zur Bestimmung der Arten.
1. Vorherrschend schwarz gefärbte Mücken . . 2
Rückenschild und Brustseiten ganz gelb oder
doch mit a selben oder a
PATIO : „4
2. Spitzengabel bs zen oder ne nur A
kurzstielig . . . . . robusta Win.
Spitzengabel deutlich EU Stiel et länger
als die Cubitalquerader . . . . =
3. Nur das erste Fühlergeißelglied an er Be
gelb; obere Zinke der Untergabel im Basal-
teile biaf oder gänzlich fehlend . . . . . interrupta Win.
Die beiden ersten (reißelglieder gelb; Unter-
gabel vollständig . . . . . . analis Win.
4. Hypopygium grob, so lang wie de del jeher
Hinterleibsringe; größere Art . . . . . analis Win.
Hypopygium Kan. so lang wie die beiden
Endringe; kleinere Art . . . . . . . . tenuis Win.
1. Sciophila interrupta Win. S. 2!/, mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 750.
Kopf schwarzbraun. Taster gelb. Fühler braun, Wurzel-
glieder und die Basis des ersten Fühlergeibelgliedes gelb.
Mittelleib schwarzbraun, glänzend, gelb behaart. Schwinger,
Hüften und Beine gelb; Schenkelringe mit braunem Punkt, Tarsen
an der Spitze verdunkelt. Sporne gelb. Flügel schwach bräunlich.
Subcostalzelle quadratisch. Obere Zinke der Untergabel an der
Basis oft verblaßt oder wirklich fehlend. Analis zart.
Hinterleib schwarzbraun, glänzend, gelbhaarig.
Die Larven leben in Hydnum repandum (Win.).
Nur das Männchen. Bilowitz, 4. ‚Juni.
2. Sciophila analis Win. Z2. 5 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 752.
Kopf sehwarzbraun, Taster gelb. Fühler schlank, braun,
Wurzelglieder und zwei Fühlergeißelglieder gelb.
Mittelleib dunkel rotgelb; Thoraxrücken einfürbig gelbbraun,
meist aber mit drei glänzend schwarzbraunen, oft vollständig zu-
sammengeflossenen Längsstriemen. Schildchen verdunkelt, Hinter-
rücken braun, Brustseiten braun getleckt. Oft ist der ganze
Mittelleib samt den Brustseiten stark verdunkelt, fast schwarz und
nur kleine Schulterflecke erscheinen lichter. Schwinger gelb. Hüften
und Beine gelb, Tarsen besonders an der Spitze gebräunt. Schenkel-
ringe mit schwarzem Punkt. Sporne gelb. Flügel fast glashell. Costa
weit über den Cubitus hinausragend. Subeostalzelle klein, quadratisch.
Hinterleib glänzend schwarzbraun, beim Mänchen mit großen,
rotgelben Hypopygium, beim Weibchen mitebenso gefärbter Legerühre.
An Waldbächen nicht selten.
Ich zog diese Mücke aus Larven, welche in Boletus scaber
lebten.
Bilowitz, 19. Mai. — Hobitschau. — Schreibwald, 21. April.
5. Seiophila tenuis Win. S. 3 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 759.
Kopf braun, Untergesicht schmutziggelb. Rüssel und Taster
gelb. Fühler schlank, braun, Wurzelglieder, oft auch die beiden
ersten Geißelglieder gelb.
10
Mittelleib und Schwinger gelb. Thoraxrücken oft und be-
sonders auf der hinteren Hälfte verdunkelt. Behaarung gelb. Hüften
und Beine gelb, Tarsen lichthraun. Schenkelringe mit schwarzem
Punkt. Sporne gelb. Flügel glashell, weißlich schimmernd. Costa
weit über den Cubitus hinausgehend. Subcostalzelle meist rechteckig.
Hinterleib dünn. gelb, braun oder schwarzbraun, meist mit
helleren Einschnitten. Hypopygium kaum so lang wie die beiden
Endringe, gelbbraun. Behaarung lichtbraun.
Die Larven wurden aus Boletus scaber gezogen (Win.).
Bilowitz, Mai bis Juni. — Nicht selten.
4. Sciophila robusta Win. 2. 5 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 761.
Kopf schwarz, Taster gelb. Fühler schwarzbraun, Wurzel-
glieder gelb.
Mittel- und Hinterleib glänzend braunschwarz, gelbhaarig.
Hüften und Beine gelb. Schenkelringe und Schienenspitze sowie
die Tarsen verdunkelt. Sporne gelb. Flügel gelblich, an der Spitze
und auf dem Hinterrande mehr bräunlich. Costa den Cubitus etwas
überragend. Spitzengabel sehr kurzstielig, fast sitzend. Analis derb.
Legeröhre rotgelb.
Bilowitz, 4. Juni.
4. Gattung: Paratinia Mik.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1874. 353.
Kopf tiefstehend; Taster viergliederig. Netzaugen länglich,
innen eingebuchtet; drei Punktaugen vorhanden. Fühler 2 + 14glie-
derig, Wurzelglieder naptformig, Geibelglieder walzig, sitzend.
Mittelleib hochgewölbt, Schildchen klein, ohne längere Borsten.
Schienen kahl. Flügel (Fig. 4) breit, den Hinterleib nicht über-
11
ragend, behaart. Costa über den Cubitus hinausragend. Mediasti-
nalis vollständig, Querader vorhanden. Subcostalzelle sehr lang.
Basis der Untergabel weit vor der Spitzengabelbasis liegend. Analis
unvollständig.
| Hinterieib lang und dünn, siebenringelig.
Von den zwei Arten dieser Gattung, difficilis Dzied. und
sciarina Mik., wurde noch keine in Mähren aufgefunden.
Abbild.: Mik, Verh. zool.-bot. Ges. 1874. t. VIL f. 2 (Flügel).
5. Gattung: Polylepta Win.
Verh. zool.-bot, Ges. Wien. 1863. 745.
Kopf klein, tiefstehend. Netzaugen länglich, innen etwas aus-
gerandet. Punktaugen drei vorhanden, in etwas bogiger Linie auf
der Stirne stehend. Taster viergliederig, erstes Glied klein, viertes
am längsten. Fühler 2 + 14gliederig, Wurzelglieder deutlich ab-
gesetzt, becherförmig, an der Spitze borstig. Geibelglieder flaum-
haarig, walzenförmie.
TA
Fig. 5.
Mittelleib kurz, hoch gewölbt; Schildchen klein. Beine schlank,
Schienen gespornt und mit Seitendörnchen. Flügel (Fig. 5) kürzer
als der Hinterleib, mikroskopisch behaart. Costa mehr oder weniger
über den Cubitus hinausragend; Mediastinalis vollständig, in den
Vorderrand mündend, oder an der Querader abgebrochen. Unter-
gabelbasis vor der Basis der Spitzengabel. Analis unvollständig,
Axillaris fehlt.
Hinterleib meist stark verlängert, siebenringelig.
Tabelle zur Bestimmung der Arten.
Mediastinalis an der weit zurückgezogenen Quer-
ader abgebrochen >: . leptogaster Win.
Mediastinalis vollständig, Querader auf oder hinter
der Subcostalzelle stehend . . , . . . . undulata Win.
12
1. Polylepta leptogaster Win. 2. 5 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 746.
Kopf braun. Fühler braun, Basis etwas heller, die Geißel-
glieder bedeutend länger als breit.
Mittel- und der sehr verlängerte Hinterleib braun. Hüften
und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun. Flügel fast
glashell; Costa über den Cubitus hinausragend, bis zur Flügel-
spitze reichend. Mediastinalis unvollständig, kurz hinter der weit
vor der Subcostalzelle stehenden (uerader abgebrochen. Diese
nicht ganz zweimal so lang als breit. Basis der Untergabel jenseits
der Subcostalzelle liegend, Analis unvollständig.
Ein einziges Weibchen aus den Wäldern bei Ratschitz, im
August.
Abbild.: Wulp.. Dipt. Neerl. t. VI. f. 5.
2. Polylepta unduluta Win. 32. 4—6 mm.
Verh. zool.-bot. es. Wien. 1863. 746.
Eine in Größe und Färbung sehr varnerende Art; ich besitze
Stücke, die kaum die Länge von 4 mm haben, während andere
(namentlich Weibchen) bis 6 mm erreichen.
Fühler schlank, braun, Wurzelglieder gelb, oft auch die ersten
Geibelglieder lichter. Kopf entweder gelb, häufiger aber stark ver-
dunkelt oder schwarzbraun.
Ebenso variiert die Farbe des Mittelleibes. Dieser ist ent-
weder einfärbig gelb, oft mit dunklen, mehr oder weniger deut-
lichen Striemen auf dem Thoraxrücken, meistens ist der Rücken
aber ganz schwarzbraun mit kleinen gelben Schulterflecken. Die
Brustseiten zeigen oft braune Flecken, oder sind samt dem Hinter-
rücken einfärbig schwarzbraun. Hüften und Schenkel gelb, zweites
Hüftglied mit schwarzem Punkt. Schienen bräunlich, Tarsen braun.
Flügel fast glashell. Costa weit über den Cubitus hinausragend,
die Flügelspitze jedoch nicht erreichend. Mediastinalis vollständig,
jenseits der Subcostaizelle in die Costa mündend; Querader bald
auf, bald hinter der Subcostalzelle liegend. Cubitus stark wellen-
törmig gebogen. Basis der Untergabel weit vor der Basis der
Spitzengabel.
13
Hinterleib sehr schlank und verlángert, gelb, mit schwarz-
braunen Hinterrandssäumen, die bei den dunkleren Stücken oft
sehr verbreitert sind, aber auch bei den licht gefärbten Exemplaren,
bei denen das Gelb auch auf dem Hinterleibe vorherrschend ist,
immer deutlich, wenn auch schmäler erscheinen.
Die Hypopygien der lichten und dunklen Stücke gleichen
einander vollständig.
Die Art ist in unserem Mittelgebirge an Waldbächen nirgends
selten, kommt aber auch, allerdings seltener, in der Ebene vor.
Mai bis August.
Anmerkung: Auch im Flügelgeäder kommen oft Unregel-
mäßigkeiten vor; besonders häufig scheint die Radialis zu fehlen.
doch selten nur auf beiden Flügeln gleichzeitig.
6. Gattung: Empalia Win.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 762.
Sciophila Meig., Maca., Zell, Walk.
Kopf, Netzaugen, Fiihler und Beine wie bei der vorigen
Gattung. Die drei Punktaugen in fast gerader Linie auf der Stirne
stehend, das mittlere sehr klein. Taster viergliederig, erstes Glied
klein, zweites länger als das dritte, das Endglied dünn und faden-
förmig, länger als das vorangehende.
Fig. 6.
Thorax kurzhaarig, Schildchen klein. Flügel (Fig. 6) kürzer
als der Hinterleib, nur mikroskopisch behaart. Costa den Cubitus
überragend, vor der Flügelspitze endigend. Mediastinalis vollständig,
über der sehr kleinen Subcostalzelle in die Costa mündend. Spitzen-
gabel kurzstielig. Basis der Untergabel vor der Basis der Spitzen-
gabel, manchmal sogar vor der Cubitalguerader liegend. Analis
unvoliständig. Axillaris fehlend oder vorhanden.
Hinterleib siebenringelig, an der Wurzel verengt.
14
I. Empalia vitripennis Meig. S. 3!/, mm.
S BU 18182251.
Kopf schwarzhraun, Rüssel und Taster weibgelb, ersterer oft
verdunkelt. Fühler braun, die Wurzelglieder und zwei Geißel-
glieder gelb.
Rückenschild schmutziggelb, mit drei schwarzbraunen, ganz
zusammengeflossenen, etwas glänzenden Striemen, die meist so aus-
gebreitet sind, daß der ganze Thoraxrücken schwarzbraun erscheint
und nur gelbe Schulterflecken frei bleiben. Brustseiten, Schildchen
und Hinterrücken mehr oder weniger verdunkelt. Rückenschild
weißlich behaart. Kopf und der ganze Mittelleib grau schimmernd.
Hüften und Schenkel gelb, Spitzen der Hinterschenkel mehr oder
weniger deutlich gebräunt. Schienen bräunlich, Tarsen braun.
Schienensporne gelb. Flügel fast glashell. Geäder wie in der
Gattungsdiagnose. Lundström beschreibt in Act. soc. p. fauna et
for. fenn. 1906 ein Männchen aus Finnland, bei welchem die
Mediastinalis an der Spitze abgebrochen ist und einfach, ohne Spur
einer Fortsetzung gegen die Costa hin über der Subcostalzelle in
die Subcosta mündet‘). Die Basis der Untergabel liegt vor der
Cubitalguerader und nicht, wie Winnertz angibt, hinter dieser
Stelle (vgl. I. c. Abbild. 7).
Hinterleib schwarzbraun, mit schmalen, gelben Dreiecksflecken
an den Seiten; beim Weibchen sind diese Flecken größer und hängen
mit den Spitzen am Rücken der Ringe zusammen. Die beiden
Endringe des Männchens, sowie das Hypopygium schwarz. Lege-
röhre des Weibchens gelb.
Die Larven fand Winnertz in einem faulen Stamme von
Carpinus betulus.
Sehr selten. 1 Männchen, 4. Juni. Bilowitz.
7. Gattung: Apolephthisa Grzeg.
B. E. Z. 1885. 205.
Fühler 2 + 14gliederig. Flügel (Fig. 7) mikroskopisch behaart.
Josta weit über den Cubitus reichend. Mediastinalis vollständig,
ohne Querader. Subcostalzelle verlängert. Spitzengabel ziemlich
') Dieses S ist nach Lundström, Beiträge zur Kenntnis der Dipteren
Finnlands. VILI. Suppl. 2. 1912, p. 14 eine neue Art Loewiella relicta.
15
lang gestielt. Basis der Untergabel etwas vor der Cubitalquerader
liegend. Analis unvollständig.
Hinterleib siebenringelig.
Apolephthisa rara Grzeg. wurde bisher in Mähren nicht be-
obachtet.
Abbild.: B. E. Z. 1885. t. IX (Flügel).
8. Gatlung: Dziedzickia Johanns.
Genera insect. 1909. 44.
Hertwigia Diied., Pam. Fiz. 1885. 5.
Diese Gattung steht der folgenden sehr nahe. Das Flügel-
geäder (Fig. 8) gleicht fast vollständig dem der Gattung Hadro-
neura Lundst., nur sind die Adern am Vorderrande weniger, immerhin
noch stark verdickt. Der Rüssel ist aber nicht verlängert, der
Hinterleib nur siebenringelig.
Dz. marginata Dzied., auf welche diese Gattung begründet
wurde, ist auf mährischem Boden noch nicht gefangen worden.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. TV. f. 1—7 (Mücke, Flügel,
Taster, Hypopygium).
9. Gattung: Hadroneura Lundst.
Act. soc. pro faun. et flor. fenn. 1907. 29.
Rüssel schnabelartig verlängert, etwa so lang wie der Kopf
hoch. Taster viergliederig.
16
Flügel (Fig. 9) mikroskopisch behaart; Randader wenig, aber
deutlich über den Cubitus hinausragend. Die Adern am Vorder-
rande auffallend verdickt. Subcostalzelle groß. dreimal länger als
breit. Mediastinalis in die Subcosta mündend. Basis der Unter-
gabel fast unter der Mitte der Basalzelle. Analis derb, Axillaris lang.
Hinterleib achtringelig.
Die einzige hierher gehörige Art H. Palméni Lundst. wurde
bisher in Mähren nicht beobachtet.
Abbild.: Lundst., Act. soc. p. faun. et flor. fenn. 1968. t. I. f.
3—6 (Kopf, Flügel, Hypopygium) u. 1909. t. I. f. 7 u. 8 (Hypopygium).
10. Gattung: Neoempheria Ost.-Sack.')
Cat. Dipt. N. Amer. II. 1878. 9 et 216.
Empheria Wim., Verh. zool.-bot. Ges. 1863. 738.
Se/ophila Meig., Staeg., Zett.
Kopf klein, vorn flachgedrückt, tiefstehend. Netzaugen in
beiden Geschlechtern durch eine breite Stirne getrennt, kreisrund.
Drei Punktaugen vorhanden, im Dreiecke stehend, Rüssel kurz,
Taster viergliederig. Fühler etwas zusammengedrückt, walzenförmig,
2 + 14gliederig, Wurzelglieder deutlich abgesetzt.
Fig, 10.
Mittelleib hochgewölbt, Schildchen klein, halbkreisig. Beine
wie bei der Gattung Mycomya, nur fehlen die Dorne der Mittel-
hüften beim Männchen. Flügel (Fig. 10) mit deutlich über den
1) Johannsen schlägt diese Gattung in Genera insectorum mit My-
comya zusammen, erhebt sie aber in The Mycet. of North Amerik. II. 157.
1910 wieder zu einer selbständigen Gattung.
17
Cubitus hinausragender Randader. Subcostalzelle bald verlängert,
bald kurz und klein; Mediastinalis vollständig, in die Costa mündend,
nur bei einer Art (tarsata Win.) abgebrochen, Flügelbasis zu-
weilen stumpf lanzettlich. Flügel sonst wie der Mycomya.
Hinterleib siebenringelig.
Tabelle zur Bestimmung der Arten.
Uber Stirne und Scheitel geht eine braune Längslinie striata Meig.
Stirne mit schwarzem Punkt . . . . . . . . . . lineola Meig.
1. Neoempheria lineola Meig. G9. 6—7 mm.
S. B. 1818. 246.
Kopf geib, Taster gelb, oft sind die Endglieder verdunkelt.
Auf der Stirne ein runder, schwarzer Punkt, in welchem die Ocellen
stehen. Fühler kürzer als Kopf und Mittelleib zusammen, Wurzel-
glieder gelb, GeiBel bis zur Mitte gelb, die Spitzenhälfte braun.
Mittelleib gelb, Thorax mit drei lichtbraunen Striemen, die
jedoch in der Regel so blab sind, daß sie sich von der Grund-
farbe kaum abheben, so daß der Thorax fast einfärbig erscheint.
Schildchen gelb, Hüften und Beine gelb. Tarsen verdunkelt. Sporne
und Seitendörnchen der Schienen braun. Flügel gelblich mit
dunklerem Vorderrande, Flügelspitze und ein großer, fast dreieckiger
Fleck am Hinterrande schwarzbrann. Cubitalquerader und die
Wurzel des Cubitus, Radialis und meist auch die Mediastinal-
querader braun gesäumt. Costa nur wenig über den Cubitus hinaus-
reichend, Mediastinalis vollständig, über der sehr veriángerten Sub-
costalzelle in den Vorderrand mündend. Querader vor der Mitte
der Subcostalzelle stehend. Obere Zinke der Spitzengabel nicht
immer dreimal so lang wie der Stiel, sondern oft bedeutend kürzer,
wie schon Strobl (Dipt. Steierm. III. T. 1894) erwähnt. Analis derb.
Hinterleib einfärbig gelb, im Tode oft etwas verdunkeit. Halt-
zange und Legeröhre gelb.
Adamstal, 27. Mai und 16. Juni. — Bilowitz, 18. Juni. —
Vereinzeit.
2. Neoempheria striata Meig. 9. 6 mm.
S. B. I. 1818. 246.
Der vorigen Art sehr ähnlich, durch folgende Unterschiede
von ihr getrennt: Fühlergeißel fast ganz braun. Kopf gelb, über
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 2
18
Stirne und Scheitel eine braune Längslinie laufend. Thorax mit
fünf braunen Striemen, die indessen nicht immer deutlich er-
scheinen. Der Hinterleib ist gelb mit braunen Einschnitten und
gleichfärbiger Rückenlinie, doch sind die braunen Zeichnungen oft
undeutlich und der Hinterleib erscheint mehr oder weniger ver-
dunkelt.
Lultsch, 15. August. — Selten.
Abbild.: Wulp., Dipt. Neerl. 1877. t. VI. f. 3.
12. Gattung: Mycomya Rond. (Sciophila).
Dipt. ital. Prod. I. 184. 1856.
Sciophila Meig. (part.), Win. — Platyura Meig.
Asindulum Lair.
Kopf tief am Mittelleibe stehend, ziemlich klein, Scheitel
etwas erhöht. Netzaugen durch die breite Stirne getrennt, läng-
lichrund, innen etwas ausgerandet. Punktaugen drei, auf der Stirne
im Dreiecke stehend. Rüssel kurz, Taster viergliederig, erstes Glied
sehr kurz, die folgenden an Länge zunehmend. Fühler 2 + 14 glie-
derig, die Wurzelglieder deutlich abgesetzt, becherförmig, am Ober-
rande beborstet, die Geibelglieder walzenförmig, flaumhaarig.
Mittelleib hochgewölbt. Schildchen klein. Hüften haarig oder
beborstet, beim Männchen oft mit einem langen, bogenförmig nach
vorn gerichteten Dorn an der Spitze des ersten Gliedes der Mittel-
hüften. Schenkel mäßig breit, auf der Unterseite gewimpert. Schienen
mit zarten Seitendörnchen, an der Spitze mit Spornen. Flügel
(I. Teil, Fig. B) etwas länger als der Hinterleib und mikroskopisch
behaart. Costa nicht über den Cubitus hinausragend, meist bis zur
Flügelspitze reichend. Mediastinalis in den Vorderrand mündend
und durch eine Querader mit der Subcosta verbunden, oft aber
an dieser Querader abgebrochen. Radialis kurz und steil, Discoi-
dalis und Posticalis gegabelt. Analader unvollständig, Axillaris
fehlend.
Hinterleib siebenringelig, an der Wurzel etwas verengt. Die
männlichen Geschlechtsorgane der Gattung Mycomya werden nach
Lundström hauptsächlich aus der lamella terminalis infera ge-
bildet, welche unterseits an der Basis meist tief ausgeschnitten
erscheint; ihr Hinterrand ist vielfach zu einem Fortsatz ausgezogen,
für welchen Lundström den Namen processus vorschlägt. Rechts
19
und links von diesem Fortsatze steht ja ein Anhángsel (appendix
infera). Von oben gesehen zeigt das Hypopygium die eingelenkten,
paarig angeordneten Teile der appendices intermediae, zwischen
welchen sich innen das adminiculum befindet; nach außen von
den apendices intermediae stehen die appendices superae, die jedoch
nicht immer vorhanden sind. (Lundström, Acta soc. p. fauna et
flora fenn. Helsingfors. 1990. p. 6—7.)
Der oben erwähnte processus, der nur bei wenigen Arten
fehlt oder nicht auffallend erscheint, ist nach meinen Beobachtungen
für ein und dieselbe Art stets sehr charakteristisch geformt und
beborstet und gibt ein ausgezeichnetes Merkmal zur Trennung der
vielfach verschwommenen Arten ab. Ich habe aus diesem Grunde
in der analytischen Tabelle auf diesen Teil vielfach Rücksicht ge-
nommen, da ich zu der Überzeugung gelangt bin, daß die von
Winnertz und Schiner angegebenen Merkmale (Färbung, Geäder,
die verältnismäßige Länge einzelner Körperteile usw.) eine sichere
Unterscheidung der Arten nicht immer ermöglichen. Allerdings
wird hierdurch die Tabelle einseitig, da nur die Männchen darnach
mit Sicherheit bestimmt werden können, allein ich konnte diesem
Übelstande nicht ausweichen, da die weiblichen Legeröhren der
verschiedenen Arten einander sehr gleichen und nur schwer greif-
bare Unterschiede herauszufinden sind. Man wird daher, wenn die
Mücken nicht kopuliert gefangen oder gezogen wurden, aus anderen
Umständen (gleicher Fangort, derselbe Habitus usw.) auf die Zu-
gehörigkeit des Weibchens schließen müssen. Freilich muß auch
dieser Schluß nicht immer zutreffend sein. Einzelne Weibchen
bestimmen zu wollen, muß der Anfänger überhaupt aufgeben, da
es selbst dem erfahrenen Kenner der Pilzmücken meist schwer
fallen wird, in solchen Fällen einwandfreie Determinationen zu
liefern.
Tabelle zur Bestimmung der Arten.
11). Basis der Posticalgabel vor der Basis
der Cubitalquerader . . . . . . . . .2
Basis dieser Gabel senkrecht unter der
Gubitalguerader 0. ko
1) Auch die Lage der Untergabelbasis ist nicht immer zuverlássig, weshalb
einige Arten in zwei Abteilungen vorkommen, Sc. incisurata Zett. sogar in
allen dreien angeführt werden mußte.
M
20
6.
0
Eb
12.
Posticalgabelbasis deutlich hinter dieser
Stelle: 4 8M- A se UT
. Thorax einfärbig gelb, höchstens mit
schwachen Spuren von Striemen . . .flavicollis Zett.
Thorax mit dunklen, meist deutlich ge-
trennten Striemen. . . . . . . . . .8
Thorax braunschwarz oder grau, oft mit
gelbem Schulterfleck . . . . . . . .13
Processus an der Spitze nicht ausge-
schnitten (Fig. 11—12) . . . . . „A
Processus an der Spitze ausgeschnitten oder
wenigstens eingekerbt (Fig. 13, 17, 22) 10
Processus gegen die Spitze breiter als am
Grunde, keulenförmig (12, 15, 22) . .5
Processus gegen die Spitze allmählich
schmäler werdend oder Die à (Fig. 14,
16, 18) :
Hinterrand der lam. ju jn am Conde
des processus mit zwei lang beborsteten
Höckern (Fig. 15) en. . occultans Win.
Hinterrand der lam. term. inf. He Höcker 6
Processus breit und plump (Fig. 12) . . hyalinata Meig.
Processus schlank (Fig. 11, 20, 21). . .7
O0
. App. inf. breit, lamellenartig (Fig. 21) . bicolor Dzied.
App. inf. dünn, fast fadenförmig (Fig. 25) Siebecki Land.
Processus in eine Spitze ausgezogen (Fig. 16) fasciata Fries.
Processus stumpf, am Ende breit . . . .9
Processus seitlich lang beborstet (Fig. 14) limbata Win.
Processus seitlich nur kurz beborstet (Fig.23) Wankowiezi Dzied.
App. inf. auf der inneren Seite mit kammartig
angeordneten Börstchen besetzt (Fig. 17) Winnertzi Dzied.
App. inf. höchstens behaart, aber nie kamm-
artig beborstet . . . . . sd
Processus tief ausgeschnitten, ist ee
(Big. 92) "< rn nun be z Ma Dzied
Processus nur seicht ausgeschnitten oder
eingekerbi? LE
Processus in der Mitte am breitesten
(Fig. 24) . . . < . . . . . . . . .livida Dzied.
13
14.
15.
in
17.
18
.
VD
20.
22.
23.
Processus an der Spitze breiter als in der
Mitte (Fig. 19) . . . : MCE
Processus kurz, stumpf (Fig. 18) SE
Processus lang, schlank (Fig. 19, 20)
App. inf. an der Spitze ausgeschnitten
GERS OR ER NE CL PE
App. inf. nicht non (Fig. 20
Thorax einfärbig gelb oder mit mehr oder
weniger deutlichen Längsstriemen . . .
Thorax braunschwarz oder grau, oft mit
gelbem Schulterfleck MD
Thorax einfärbig gelb, höchstens mit
schwachen Spuren von Striemen
Thorax mit fünf Striemen; erscheint die
Thoraxmitte striemenlos, dann steht je
ein dunkler striemenartiger Fleck über
der Flügelwurzel
Thorax mit drei dunklen och
Thoraxstriemen glänzend .
Thoraxstriemen matt TE
App. inf. auf der inneren Seite mit Cane
artig gereihten Borsten versehen
App. inf. höchstens unregelmäßig beborstet
Processus fast so lang wie die app. inf.
(Fig. 21) siert
Processus bedeutend zer se a app.
inf. (Fig. 24) »:
Fůhlergeibel ganz einfärbig cs
Wenigstens das erste Fühlergeißelglied
ganz oder teilweise gelb
Die ersten vier Geißelglieder gelb . .
Nur das erste Fühlergeibelglied ganz oder
teilweise gelb LE
Männchen ohne Hüftdorne . . . . . .
Männchen mit Hüftdornen
Mediastinalis meist abgebrochen;
lang und schlank .
Mediastinalis vollständig,
processus
in den Flügel-
punctata Meig.
cinerascens Zett.
14
incisurata Zett.
exigua Win.
16
20
flavicollis Zett.
timbriata Meig.
17
ornata Meig.
18
Winnertzi Dzied.
19
bicolor Dzied.
hvida Dzied.
lucorum Win.
21
marginata Dzied.
22
tumida Win.
23
incisurata Zett.
vorderrand mündend ; processus kurz, stumpf cinerascens Zett.
ID
BDÍ
LD
=]
LÝ
«©
20,
Striemen.
4. Cellula subcostalis (Zellchen) verlängert,
fast dreimal so lang als breit
Zellchen von gewöhnlicher Länge .
. Hypopygium mit langen, nach innen sanft
gebogenen Borsten (Fig. 30) . . :
Hypopygium ohne auffallend lange Borsten
. Basis der Posticalgabel weit jenseits der
Ursprungsstelle der Cubitalguerader, fast
unter der Mitte des Zellchens liegend
Basis der Posticalgabel nur wenig hinter
der Querader, stets vor der Mitte des
Zellchens liegend
. Fühlergeißel einfirbig schwarzbraun
Wenigstens das erste Fühlergeißelglied
sanz oder teilweise gelb .
. Nur das erste Geißelglied ganz oder wenig-
stens an der Basis deutlich gelb
Die ersten vier Greibelglieder gelb .
Stiel der Spitzengabel so lang oder länger
als die obere Zinke;
nur unbedeutend PP
Spitzengabelstiel immer bedeutend kürzer
die obere Zinke, fast nur halb so
wenn kürzer, so
als
lang E fon:
Männchen ohne Hüftdorne .
Männchen mit Hüftdornen .
25
26
apicalis Win.
trivittata Dzied.
affinis Staeg.
27
lucorum Win.
28
29
marginata Dzied.
30
parva Dzied.
trilineata Zett.
incisurata Zett.
1. Mycomya flavicollis Zett. 79. 5 mm.
Dipt. Scand. XI. 1852. 18.
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb, Stirne und Scheitel
licht bräunlich. Fühler an der Basis gelb, gegen die Spitze dunkler
werdend.
Rückenschild blaßgelb, oft mit Spuren von blaßbräunlichen
Brustseiten, Hinterrücken, Schildchen und Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen dunkler, Tarsen braun.
Flügel schwach bräunlich. Mediastinalis meist an der Querader
abgebrochen. Basis der Untergabel nur wenig vor, oft gerade unter
der Cubitalquerader liegend. Analis zart.
Hinterleib gelb, mit ziemlich breiten, lichtbraunen Vorder-
randsbinden, die oft und namentlich beim Weibchen den größten
Teil der Ringe einnehmen und nur schmale Hinterrandssäume frei
lassen. Bauch gelb.
Hypopygium Fig. 11.
Schreibwald bei Brünn. Selten. 11. Juni. — Bilowitz, 7. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. t. VIIL f. 23 u. t. IX. f. 1 (Hypo-
pygium).
2. Mycomya hyalinata Meig. S2. 5!/, mm.
S. B. VL 1830. 295.
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb. Fühler braun, Basal-
glieder und die Basis des ersten Geißelgliedes gelb.
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Fig. 12
Rückenschild rostgelb, mit drei dunklen Striemen, die mittlere
meist durch eine feine gelbe Linie geteilt. Brustseiten mit drei
braunen Flecken, Hinterrücken verdunkelt. Schwinger gelb. Hüften
und Schenkel gelb, zweites Hüftglied mit dunklem Punkt an der
Spitze, die hinteren Hüften mit einem braunen Wisch auf der
Außenseite. Hüftdorne vorhanden, Schienen bräunlich, Tarsen
braun. Flügel fast glashell. Mediastinalis meist vollständig, oft aber
an der Spitze abgebrochen.
24
Hinterleib schwarzbraun, mit gelben Ringeinschnitten am
ersten bis fünften Ringe, die öfters und besonders beim Weibchen
breit, bindenartig erscheinen. Hypopygium Fig. 12.
Selten. Frain (Siebeck).
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz.1855.t. VILLf.17u.18(Hypopygium).
3. Mycomya punetata Meig. 49. 5—5'/, mm.
Bass- I, 1804. 101.
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb, Scheitel und Hinterkopf
verdunkeit, grau schimmernd. Fühler braun, Wurzelglieder und
zwei bis drei Geißelglieder geib.
Thorax gelb, mit drei matten Striemen, die mittlere wenigstens
vorn geteilt. Brustseiten meist blaßbraun gefleckt, Schildchen und
Hinterrücken gelb, letzterer oft verdunkelt. Schwinger gelb. Hüften
und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen lichtbraun. Hüft-
dorne vorhanden. Flügel schwach grau getrübt, an der Spitze
dunkler; Subcostalzelle nicht gebräunt. Mediastinalis vollständig.
Hinterleib rostgelb, mit breiter, schwarzbrauner, an den Ein-
schnitten breit unterbrochener Rückenstrieme, die auf dem fünften
Ringe am schmälsten erscheint. Die beiden Endringe schwarzbraun,
der vorletzte mit schmalem, gelbem Einschnitte.
Dziedzicki zieht (Pam. Fiz. V. 1885) M. punctata und
M.limbata zusammen, Lundström (Act. soc. p. faun. et flor. fenn.
1309, p. 9) trennt sie aber wieder mit Hinweis auf die Verschiedenheit
im Bau des Hypopygiums. Die appendices superae sind bei punc-
tata länger und lang behaart, der processus anders geformt und
an der Spitze gespalten. Hypopygium Fig. 13.
Schreibwald bei Brünn, 1. Mai. — Mohratal, August. —
Bilowitz, April.
Abbild.: Lundst., Act. soc. pr. faun. et flor. fenn. 1909. t. I.
f. 1 u. 2 (Hypopygium).
25
4. Mycomya limbata Win. 49. 5—6 mm.
Verh. zool.-bot. (es. Wien. 1863. 716.
Eine in Größe und Färbung sehr veränderliche Art, deren
sichere Bestimmung nur auf Grund der Untersuchung des prä-
parierten Hypopygiums möglich ist.
Sie ähnelt der vorigen Art, doch ist meist nur das erste
Fühlergeißelglied ganz oder teilweise gelb. Thorax mit schwarz-
grauen Striemen, die mittlere gespalten. Brustseiten einfärbig
gelb oder mit zwei bis drei dunklen Flecken, oft ganz ver-
dunkelt. Schwinger gelb. Hüften oft mit einem braunen Fleck auf
der Außenseite, der indessen nicht immer deutlich erscheint.
Flügel graulich getrübt, Vorderrand schwach gelblich, Spitze
dunkler, Subcostalzelle deutlich gebräunt. Mediastinalis meist
vollständig.
Hinterleib gelb, mit breiten, mitten erweiterten, braunen
Vorderrandsbinden, welche oft die ganze Rückenfläche des Ringes
einnehmen und hinten nur einen schmalen, gelben Saum übrig
lassen; die beiden Endringe beim Männchen ganz schwarzbraun,
beim Weibchen mit gelben Hinterrandsäumen. Hypopygium Fig. 14.
Die Larven wurden aus Daedalea quercina gezogen (Win.).
Eine der gemeinsten Arten, die im ganzen Gebiete häufig
vorkommt.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 6 und 7 (Hypop.
punctata).
o. Mycomya oceultans Win. S. 4 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1865. 719.
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb, Hinterkopf braun.
Fühler braun, Wurzelglieder und ein oder auch mehrere Geibel-
glieder gelb, letztere so lang wie breit.
Thorax gelb, mit drei dunkelrotbraunen, hinten oft zusammen-
geflossenen Striemen, die mittlere geteilt. Brustseiten gelb, ober
den Mittelhüften ein blabbraunes Fleckchen; Schwingerwulst und
Hinterriicken braun oder wenigstens teilweise verdunkelt. Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, "arsen
braun. Hüftdorne vorhanden, derb. Flügel schwach graulich ge-
trübt, mit gelblicher Wurzel; Subcostalzelle meist schwach gelblich-
braun angelaufen. Mediastinalis vollständig.
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Fig. 15.
Hinterleib gelb, mit breiten, in der Mitte erweiterten, braunen
Vorderrandsbinden; Endringe schwarzbraun. Hypopygium Fig. 15.
Die Larven leben in Daedaler quercina und in lederartigen
Polyporus-Arten und verpuppen sich in den Pilzen. (Win. 720).
Sehr selten; ich fing nur ein Männchen am 4. Mai in Bilowitz.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VII. f. 13 und 14. (Hypo-
pygium).
6. Mycomya faseiata Zett. 79. 6—7 mm.
Ins. Lapp. 1838. 858. p. t.
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb, Hinterkopf braun.
Fühler braun, Wurzelglieder und ein bis drei Geißelglieder gelb.
Fig. 16.
Thorax gelb, mit drei schwarzbraunen, glanzlosen Striemen.
Brustseiten gelb, ein Fleck über den Mittelhüften, Schwingerwulst
und Hinterrücken braun. Schwinger gelb. Hüften und Schenkel
gelb, Schienen dunkler, Tarsen braun. Hüftdorne vorhanden. Hüften
und Schenkel schwarz behaart. Flügel glashell. Untergabel auch
beim Weibchen weit vor der Basis der Cubitalguerader.
Hinterleib gelb oder rostgelb, mit breiten, schwarzbraunen
Rückenflecken, die nur einen mäßig breiten gelben Hinterrand frei
lassen; sechster und siebenter Ring ganz braun. Hinterleibsseiten
und Bauch gelb. Hypopygium Fig. 16.
Lultsch, 15. August. Sehr selten.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIIL.f. 11 und 12, (Hypo-
pygium).
Das von Winnertz (Monogr. p. 721) angeführte Weibchen
(Untergabel nahe vor der Wurzel des Cubitus liegend) dürfte der
sehr ähnlichen Winnertzi Dzied. angehören.
7. Mycomya Winnertzi Dzied. S2. 5—6 mm.
Pam. Fiz. 1885. 23.
fasciata Win. (nec Zell).
sororeula Zett.? (vid. Lundst.)
Gleicht der vorigen Art fast vollständig, unterscheidet sich
aber von ihr durch ganz anderen Bau der Geschlechtsorgane.
Die in eine auswärts gerichtete Spitze auslaufenden app. inf. sind
auf der Innenseite mit kammartig angeordneten Borsten versehen,
der processus ganz anders geformt und beborstet. Bei allen meinen
Stücken, deren Hypopygien genau mit den Zeichnungen bei
Dziedzicki übereinstimmen, liest die Basis der Untergabel kaum
vor, fast unter der Querader. Hypopygium Fig. 17.
Bilowitz, 15. Mai. — Adamstal, 13. Mai.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 8 und 9 (Hypo-
pygium).
28
9. Mycomya einerascens Maeg. S ©. 4—41/, mm.
Recuil Soc. Sc. Agric. Lille. 1826. 101.
alacris Win.
inanis Win.
Kopf gelb, Stirne und Scheitel verdunkelt. Fühler braun,
Basalglieder und erstes Geißelglied an der Basis oder ganz gelb.
Der Thorax ist gelb, mit mehr oder weniger deutlich ge-
trennten, schwarzbraunen Striemen (var. alacris Win.); meistens
sind diese Striemen vollständig zusammengeflossen, grauschwarz
und lassen nur einen Schulterfleck von der Grundfarbe frei. Sehr
selten ist der Thorax einfärbig gelb. Brustseiten meist braun ge-
fleckt, Hinterrücken verdunkelt. Schwinger gelb. Hüften und
Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun. Hüftdorne vor-
handen. Hinterhüften oft mit braunem Wisch auf der Außenseite.
Flügel fast glashell, Mediastinalis vollständig, nur selten an der
Querader abgebrochen.
Fig. 18.
Hinterleib gelb, mit breiten schwarzbraunen Vorderrands-
binden (var. inanis Win.) oder schwarzbraun, mit schmalen,
gelben Einschnitten. Endringe meist ganz verdunkelt. Hypopygium
Fig. 18.
An Waldbächen nicht selten. Bilowitz, Adamstal, Mai bis Juni.
Die von Winnertz als Arten angeführten inanis und alacris
sind nach Dziedzicki nur Varietäten der cinerascens.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIIL f. 5 und 6 (Hypo-
pygium).
9. Mycomya incisurata Zett. Z2. 41/,—5 mm.
Ins. Lapp. 1838. 859.
Fühler braun, Wurzelglieder und das erste Geißelglied an
der Basis gelb. Kopf braun, Rüssel gelb. Beim Weibchen oft
mehrere Geißelglieder und das Untergesicht gelb.
29
Rückenschild schwarzgrau, mit gelben Schultern; Schildchen
braun, Brustseiten und Hinterrücken braunschwarz. Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun.
Hüftdorne vorhanden. Flügel etwas getrübt, die Spitze gewöhnlich
dunkler. Mediastinalis in den meisten Fällen an der Querader ab-
gebrochen, selten vollständig. Basis der Gabel der Posticalis nur
wenig vor, oft genau unter, selten sogar etwas jenseits der Cubital-
querader liegend.
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Hinterleib schwarzbraun, mit schmalen, gelben Hinter-
randssäumen, die jedoch und besonders beim Weibchen breit,
bindenartig erscheinen. Endringe schwarzbraun. Hypopygium
Fig. 19.
Ich fing die Art am 10. August in einem Seitentale der
Mohra in zahlreichen Stücken beiderlei Geschlechtes.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 2 und 3 (Hypo-
pygium).
10. Mycomya exigua Win. S. 41/, mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 725.
Kopf braun. Fühlergeibel ganz braun, Wurzelglieder der
Fühler gelb.
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Fig. 20.
Mittelleib ganz schwarzbraun, nur ein kleiner Schulterfleck
gelb. Beine wie bei der vorigen Art. Flügel kaum getrübt, mit
heller Spitze und vollständiger Mediastinalis. Untergabelbasis deut-
lich vor der Cubitalquerader liegend.
90
Hinterleib schwarzbraun, auch der Bauch; Behaarung gold-
gelb schimmernd. Hypopygium Fig. 20.
Bilowitz, 20. Mai. — Schreibwald, 11. Mai.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 4 und 5 (Hypopygium).
11. Mycomya bicolor Dzied. S. 5—6 mm.
Pam. Fiz. 1885. 16 (sep. p.).
Fiihler länger als Kopf und Mittelleib, kráftig, braun, Wurzel-
glieder und erstes (Geibelglied gelb. Untergesicht gelb. Hinter-
kopf braun.
Rückenschild gelb, mit drei braunen, meist deutlich getrennten
Längsstriemen, die mittlere durch eine feine gelbe Linie geteilt.
Schildchen gelb. Brustseiten gelb, ober den Hüften zwei braune
Fleckchen; Schwingerwulst teilweise oder ganz braun. Hinterrücken
mit breiter, lichtbrauner Mitteistrieme. Schwinger gelb. Hüften
und Schenkel gell, Schienen bräunlich, Tarsen dunkler. Hüftdorne
vorhanden. Flügel etwas grau getrübt, die Adern um die Subcostal-
zelle schwach bräunlich umsäumt. Analis lang und kräftig.
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Fig. 21.
Hinterleib gelb, mit schwarzbrauner Riickenstrieme, die auf
den hinteren Ringen breiter wird und nur an den Einschnitten
durch gelbe Hinterrandssiiume unterbrochen ist. Bauch gelb. Hypo-
pygium Fig. 21.
Bilowitz, 13. Mai. — Schreibwald, 1. Mai.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIII. f. 15 und 16 (Hypo-
pyglum).
12. Mycomya fulva Dzied. S 9. 5—6 mm.
Pam. Fiz. 1885. 25. (sep. p.)
Untergesicht, Rüssel und Taster gelb, Hinterkopf verdunkelt.
Fühler verlängert, kräftig gebaut, braun, Wurzelglieder und ein
bis zwei Geißelglieder gelb.
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Thorax gelb, mit drei schwarzbraunen Striemen, die mittlere
geteilt. Brustseiten, Schildchen und Hinterrücken gelb, letzterer
höchstens schwach bräunlich; oft stehen auch über den Hüften
an den Brustseiten schwach bräunliche Fleckchen. Schwinger gelb.
Hüften und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun.
Hüftdorne vorhanden. Flügel kaum getrübt, die Adern um die
Subeostalzelle schwach gebräunt.
Hinterleib gelb, mit breiter, schwarzbrauner Rückenstrieme
auf dem ersten bis fünften Ringe; Einschnitte schmal gelb, die
beiden Endringe schwarz. Das Weibchen, welches von Dziedzicki
nicht beschrieben wird, hat auf dem Hinterleibe eine schmälere
Rückenstrieme, so daß die gelbe Grundfarbe desselben vor-
herrschender erscheint. Hypopygium Fig. 22.
Adamstal, 29. Mai. — Schreibwald, 11. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 12 und 13 (Hypo-
pygium).
15. Mycomya Wankowiezi Dzied. S. 6 mm.
Pam. Fiz. 1885. 26 (sep. p.).
Untergesicht und Taster gelb, Hinterkopf braun. Fühler
schwarzbraun, Wurzelglieder und ein Geißelglied gelb.
Thorax gelb, mit drei schwarzbraunen, etwas glänzenden
Längsstriemen; die mittlere geteilt. Brustseiten, Schildchen und
Hinterrücken einfärbig gelb. Schwinger gelb. Hüften und Schenkel
92
gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun. Hüftdorne vorhanden.
Flügel getrübt, Mediastinalis meist vollständig, Analis derb
und lang.
Hinterleib rötlichgelb, mit breiten, schwarzbraunen, mitten
erweiterten (fast dreieckigen) Vorderrandsbinden. Hinterrand der
Ringe, Seiten und Bauch gelb. Hypopygium Fig. 23.
6 Männchen aus der mährischen Schweiz. Adamstal, 27. Mai. —
Bilowitz, 20. Mai. Schreibwald, 11. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 14 und 15 (Hypo-
pygium).
14. Mycomya livida Dzied. S. 4—4!/, mm.
Pam. Fiz. 1885. 22 (sep. p.).
Untergesicht und Taster gelb. Fühler braun, Wurzelglieder
und erstes Fühlergeißelglied gelb.
Eig. 24.
Rückenschild gelb, mit drei blaßbraunen Striemen. Brust-
seiten, Hinterrücken, Schildchen und Schwinger gelb. Hüften und
Schenkel gelb, Schienen verdunkelt, Tarsen braun. Hüftdorne vor-
handen. Flügel etwas getrübt; Mediastinalis vollständig. Dziedzicki
reiht diese Art in die Abteilung II nach Winnertz ein. Bei
dem einzigen Männchen, das ich besitze, liegt aber die Basis
der Untergabel deutlich vor der Cubitalguerader; das práparierte
Hypopygium stimmt aber vollkommen mit den Zeichnungen
Dziedzickis überein. Ich habe die Art daher in beiden Gruppen
berücksichtigt.
Hinterleib gelb, mit breiten, schwarzbraunen Vorderrands-
binden und schmalen, gelben Hinter:andssäumen; nur der erste
Ring hinten breiter gelb. Hypopygium Fig. 24.
Bilowitz, 2. Juni. Sehr selten.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIII. f. 21 und 22 (Hypo-
pygium).
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15. Mycomya Siebecki Land. S. 4—5 mm.
W. E. Z. 1912. p. 27.
Untergesicht und Taster gelb, Hinterkopf braun. Fiihler
schwarzbraun, Wurzelglieder und ein bis zwei Geißelglieder gelb.
Thorax gelb, mit drei dunklen Striemen; bei einem Stücke
fehlt die Mittelstrieme fast vollständig. Brustseiten gelb, bei einem
Stücke mit blaßbraunen Flecken über den Mittelhüften. Hinter-
rücken mit blasser, breiter Mittelstrieme. Schildchen und Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen verdunkelt, Tarsen
braun. Hüftdorne vorhanden. Flügel fast glashell, Mediastinalis
vollständig.
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Fig. 25
Hinterleib gelb, mit schwarzbrauner, ziemlich breiter Rücken-
strieme, die nur an den Einschnitten durch schmale gelbe Säume
unterbrochen ist. Hypopygium Fig. 25.
Bilowitz, 20. Mai. — Adamstal, 27. Mai. — Drei Männchen.
Abbild.: Land., W. E. Z. 1912, Fig. 1 und 2 (Hypopygium).
16. Mycomya ornata Meig. S29. 5—5!/, mm.
B. BL, 19132250.
Kopf schwarzbraun, Rüssel, Taster und Mundrand gelb.
Fühler schwarzbraun, Wurzelglieder und das erste Geibelglied gelb.
Rückenschild gelb, mit drei schwarzen, stark glänzenden
Striemen, die oft ganz zusammengeflossen sind. Schildchen gelb.
Brustseiten gelb, meist mit drei braunen Flecken; Hinterrücken
ganz oder im unteren Teile schwarzbraun. Schwinger gelb. Hüften
und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun. Zweites
Hüftglied mit dunklem Punkt an der Spitze, Hinterhüften mit
braunem Wisch auf der Außenseite. Hüftdorne fehlen. Flügel fast
glashell. Mediastinalis meist vollständig, doch kommen auch Stücke
vor, bei denen sie abgebrochen ist. Analis sehr zart.
Zeitschrift des mähr, Landesmuseums. XIII, 3
34
Hinterleib gelb, mit breiten, schwarzbraunen Vorderrands-
binden auf dem zweiten bis fünften Ringe. Erster Ring meist un-
gefleckt, die beiden Endringe ganz schwarz. Beim Weibchen ist
das Gelb des Hinterleibes oft verdunkelt, doch sind auch hier die
Binden deutlich. Hypopygium Fig. 26.
Nicht häufig. Schreibwald, 11. Mai, 11. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VI. f. 26 und 27 (Hypo-
pygium).
17. Mycomya tumida Win. S. 6 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1864. 727.
Fühler braun, Wurzelglieder und das erste Geißelglied gelb-
lich. Taster und Rüssel gelb, Kopf braun.
Rückenschild grauschwarz, matt, Schulterfleck gelb. Schildchen,
Brustseiten und Hinterrücken schwarzbraun. Schwinger gelb. Hüften
und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, arsen braun. Hinter-
hüften mit braunem Wisch auf der Aubenseite. Hüftdorne fehlen.
Flügel etwas getrübt mit dunklerer Spitze.
Hinterleib gelb, mit breiten, mitten erweiterten Vorderrands-
binden, die nur schmale Binden am Hinterrand der Ringe von
der Grundfarbe frei lassen; diese Binden erweitern sich an den
Seiten zu dreieckigen gelben Flecken, die mit dem Gelb des
Bauches zusammenhängen. Hypopygium Fig. 27.
Selten. Adamstal, 13. Mai.
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Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VI. f. 28 und 29 (Hypo-
pygium).
18. Mycomya lucorum. Win. 32. 6 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 727.
Fühler lang, braun, nur die Wurzelglieder gelb. Rüssel und
Taster gelb, Kopf braun.
Thorax graubraun, mit gelben Schultern, selten mit wenigstens
vorn deutlich getrennten Striemen. Schildchen ganz oder doch
an der Basis braun. Brustseiten und Hinterrücken verdunkelt.
Schwinger gelb. Hüften, Schenkel und Schienen gelb, Tarsen ge-
bräunt mit heller Wurzel. Hüftdorne fehlen. Flügel fast glashell.
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Fig. 28.
Hinterleib gelb, mit breiter, schwarzbrauner Binde am Hinter-
rande und ebenso gefirbter Mittelstrieme auf den mittleren Ringen;
erster und zweiter Ring sowie die beiden Endringe meist ein-
färbig schwarzbraun. Hypopygium Fig. 28.
Nicht zu häufig. Bilowitz, 4. Juni. — Adamstal, 15. Mai
und 6. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIL f. 14—16 (Hypo-
pygium, Zange).
19. Mycomya marginata Dzied. S. 5 mm.
Pam. Fiz. 1885. 19 (sep. p).
Fühler schwarzbraun, Wurzelglieder und drei bis vier Geilel-
glieder gelb. Untergesicht, Rüssel und Taster gelb.
Thorax braun, mit gelbem Schulterfleck, selten mit deutlich
getrennten Striemen. Brustseiten und Schildchen rötlichgelb,
Hinterrücken kaum verdunkelt. Schwinger gelb. Hüften und
Schenkel gelb, Schienen und Tarsen verdunkelt. Hüftdorne vor-
handen. Flügel kaum getrübt. Subcostalzelle etwas verlängert.
Mediastinalis bisweilen vollständig, meist aber abgebrochen. Basis
3*
96
der Untergabel meistens unter der Querader und nur in wenigen
Fällen jenseits dieser Stelle liegend.
Hinterleib schwarzbraun, mit schmalen, gelben Hinterrands-
siumen auf dem ersten bis vierten Ringe; die drei Endringe ge-
wöhnlich ganz schwarzbraun. Hypopygium Fig. 29.
Bilowitz, 3. Juni. — Hobitschau, 15. Mai.
Anmerkung: Herr Professor K. Lundström zieht in seiner
Arbeit über finnische Mycetophiliden (Act. soc. p. faun. et flor.
fenn. 1904, p. 7) den Namen marginata ein und stellt ihn als Syno-
nym zu trivittata Zett. Da das Hypopygium der Zetterstedtschen
Art nicht untersucht worden ist, die Färbung allein bei einer
Mycomya-Art aber nicht maßgebend sein kann, behalte ich den
Namen marginata bei.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIIL £. 9 und 10 (Hypo-
pygium).
20. Mycomya fimbriata Meig. 2. 5—51/, mm.
S. B. I. 1818. 247.
Kopf braun, Rüssel und Taster gelb. Fühler braun, Wurzel-
glieder und das erste Geibelglied gelb, letzteres oft nur an der Basis.
Thorax gelb, an den Seiten über der Flügelwurzel je eine
braune, fleckenartige, verkürzte Strieme; zwischen diesen liegen
auf der Mitte des Rückens die gewöhnlichen drei Striemen, die
indessen in den meisten Fällen sehr verblaßt erscheinen, oft ganz
fehlen. Brustseiten gelb, über den Mittelhüften und am Grunde
des Schwingerwulstes braun gefleckt. Hinterrücken ganz oder teil-
weise braun Schwinger gelb. Hüften und Schenkel gelb, zweites
Hüftglied mit braunschwarzem Punkt an der Spitze. Hüftdorne
fehlen. Schienen bräunlich, Tarsen braun. Flügel fast glashell, an
der Wurzel und am Vorderrande schwach gelblich. Mediastinalis
vollständig. Untergabelbasis unter der Cubitalguerader liegend.
37
Hinterleib gelb, mit braunschwarzen Hinterrandsbinden, der
letzte Ring ganz schwarzbraun.
Bilowitz, 4. Juni und 25. Mai.
Winnertz führt die Art in seiner dritten Abteilung (Basis
der Untergabel jenseits der Cubitalguerader liegend) an. Bei allen
meinen mähr. Stücken liegt jedoch die Untergabel fast senkrecht
unter der Querader, weshalb ich sie in die zweite Abteilung stellte.
Sollten Stücke mit deutlich jenseits der Querader liegender Unter-
gabel vorkommen, dann ist die Art leicht an der eigentümlichen
Thoraxfärbung kenntlich.
21. Mycomya apicalis Win. S9. 41/,—5 mm.
Verh. zool.-bot. Ges. Wien. 1863. 729.
Radoszkowskü Dzied., Pam. Fiz. 1885. 17.
Kopf braun, Rüssel und Taster gelb. Fühler braun, Wurzel-
glieder und erstes Geibelglied gelb.
Die Färbung des Mittel- und Hinterleibes ist bei dieser Art
sehr veränderlich und führt schon Winnertz in seiner Mono-
graphie nicht weniger als achtzehn Varietäten an.
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Fig. 30.
Rückenschild entweder (allerdings selten) einfärbig gelb,
oder mit drei dunklen, mehr oder weniger zusammengeflossenen
Striemen, meistens aber ganz schwarzbraun mit gelbem Schulter-
fleck, der aber nicht immer deutlich ist. Brustseiten gelb, mit oder
ohne dunklen Flecken, oft ganz verdunkelt, schwarzbraun. Hüften
und Schenkel gelb; zweites Hüftglied mit braunem Punkt an der
Spitze. Hinterhüften nicht selten verdunkelt, lichtpechbraun. Hüft-
dorne vorhanden. Schienen bräunlich, Tarsen braun. Flügel fast
glashell, mit stark verlängerter Subcostalzelle (21/, bis 3mal so
lang als breit). Mediastinalis meist vollständig, Untergabelbasis
deutlich und weit jenseits der Cubitalguerader liegend.
Hinterleib gelb, mit breiten, schwarzbraunen, am Vorderrand
der Ringe liegenden Flecken, deren Größe und Breite jedoch sehr
veränderlich ist. Vielfach erscheint der Hinterleib schwarzbraun,
mit schmalen, gelben Hinterrandssäumen. Sechster und siebenter
Ring einfärbig schwarzbraun. Hypopygium mit langen, säbelförmig
gebogenen Borsten. Hypopygium Fig. 30.
M. apicalis ist eine im ganzen Gebiete an Waldbächen
gemeine Art.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VII. f. 19 und 20 (Hypo-
pygium. — Radoszkowsku).
22. Mycomya affinis Staeg. S. 4 mm.
Nat. Tidskr. III. 1840. 274.
Rüssel, Taster und Untergesicht schmutziggelb, Stirne und
Hinterkopf verdunkelt, grau schimmernd. Fühler braun, die
Wurzelglieder gelb.
Thorax gelb, mit drei braunen, hinten oft zusammengeflos-
senen Striemen. Brustseiten gelb mit braunen Flecken, Hinter-
rücken braun; selten sind die Brustseiten einfärbig gelb. Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, zweites Hüftglied mit schwarz-
braunem Fleck an der Spitze. Hüftdorne fehlen. Schienen bräun-
lich, Tarsen braun. Flügel fast glashell. Subcostalzelle etwas ver-
längert, Mediastinalis abgebrochen. Basis der Untergabel weit
jenseits der Cubitalguerader liegend.
Hinterleib gelb, mit schwarzbrauner Binde am Hinterrand
der Ringe, sechster Ring größtenteils, siebenter ganz schwarz-
braun. Hypopygium Fig. 31.
Sehr selten. Bilowitz, 4. Juni.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. IX. f. 18 und 19 (Hypo-
pygium).
39
23. Mycomya trilineata Zett. S. 4 mm.
Ins. Lapp. 1838. 859.
Rüssel, Taster und Untergesicht gelb, Kopf braun, Stirn
etwas grauschimmernd; Fühler braun, Wurzelglieder und das erste
Fühlergeißelglied gelb.
Thorax gelb, mit drei braunen Striemen, die jedoch sehr oft
kaum angedeutet sind. Brustseiten, Hinterrücken und Schwinger
gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen bräunlich, Tarsen braun.
Hüftdorne fehlen. Flügel fast glashell. Mediastinalis abgebrochen.
Untergabel deutlich jenseits der Cubitalguerader, fast unter der
Mitte der Subcostalzelle liegend.
Hinterleib gelb, mit braunen Einschnitten, beim Männchen
die beiden Endringe verdunkelt, schwarzbraun. Hypopygium Fig. 32.
Sehr selten. Frain, Südmähren (Siebeck).
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VII. f. 10 und 11 (Hypo-
pygium).
24. Mycomya parva Dzied. S. 4—5 mm.
Pam. Fiz. 1885. 13 (sep. p.).
Rüssel und Taster gelb, Untergesicht bräunlichgelb. Fühler
braun, Wurzelglieder und erstes Geißelglied gelb.
Thorax gelb, mit drei schwarzbraunen, etwas glänzenden,
selten deutlich getrennten Längsstriemen; meistens sind diese
Striemen vollständig zusammengeflossen und derart ausgebreitet,
daß von der gelben Grundfarbe nur größere oder kleinere Schulter-
flecken übrig bleiben. Brustseiten gelb mit zwei braunen Flecken;
Hinterrücken verdunkeit. Schwinger gelb. Hüften gelb, Hüftdorne
fehlen. Schenkel und Schienen gelb, Tarsen bräunlich, oft die
ganzen Beine bräunlichgelb. Flügel kaum graulich getrübt. Media-
stinalis vollständig, Untergabelbasis deutlich jenseits der Cubital-
querader.
40
Hinterleib schwarzbraun, mit gelben, seitlich zu Dreiecken
erweiterten Hinterrandsbinden; erster, sechster und siebenter Ring
einfärbig schwarzbraun. Hypopygium Fig. 55.
Adamstal, 29. Mai. — Sehr selten.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIL. f. 3 und 4 (Hypopygium).
25. Mycomya trivittata Dzied. S. 5 mm.
Pam. Fiz. 1885. 18 (sep. p.).
Untergesicht, Rüssel und Taster blaßgelb. Fühler braun,
Wurzelglieder und erstes Geibelglied gelb.
Thorax, gelb mit drei braunschwarzen, undeutlich getrennten
und wenigstens hinten zusammengeflossenen Striemen. Brustseiten
und Hinterrücken, meist auch das Schildchen licht gelbbräunlich.
Schwinger gelb. Hüften und Schenkel gelb, Schienen bräunlich,
Tarsen braun. Hüftdorne fehlen. Flügel kaum getrübt, im Geäder
vollständig der Sc. apicalis Win. gleichend.
Fig. 34.
Hinterleib gelb, mit schwarzbraunen, dreieckigen Rücken-
flecken am Vorderrande, die sich vom vierten Ringe an so aus-
breiten, daß nur der Hinterrand (an den Seiten allerdings er-
weitert) gelb bleibt. Hypopygium Fig. 94.
Bilowitz, 24. Mai. Nur ein Männchen.
Abbild.: Dzied., Pam. Fiz. 1885. t. VIII. £ 3 und 4 (Hypo-
pygium).
Fig.
Fig.
Fig. :
Fig.
41
Erklärung der Abbildungen.
. Flügel von Monoclona Mik.
. Flügel von Tetragoneura Win.
Flügel von Sciophila Meig. (Lasiosoma).
Flügel von Paratinia Mik (nach Mik).
. Flügel von Polylepta Win.
Flügel von Empalia Win.
. Flügel von Apolephthisa Grzeg. (nach Grzegorzek).
. Flügel von Dziedzickia Johanns. (nach Dziedzicki).
. Flügel von Hadronenra Lundst. (nach Lundström).
. Flügel von Neoempheria Ost.-Sack.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya flavicollis Zett.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya hyalinata Meig.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya punctata Meig.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya limbata Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya occultans Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya fasciata Zett.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya Winnertzi Dzied.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya cinerascens Macq.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya incisurata Zett.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya exigua Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya bicolor Dzied.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya fulva Dzied.
x. Hinterrand d. Hyp. (Unters.) v. Mycomya Waňkowiczi Dzied.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya livida Dzied.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya Siebecki Lund.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya ornata Meig.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya tumida Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya lucorum Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya marginata Dzied.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya apicalis Win.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya affinis Staeg.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya trilineata Zett.
. Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya parva Dzied.
34.
Hinterrand d. Hyp. (Unterseite) v. Mycomya trivittata Dzied.
(Fig. 11—12, 14—24, 26—34 nach Dziedzicki, Fig. 13
nach Lundström.)
Zur Frage des Vorkommens eenomaner Pláner
in Nordwestmáhren.
Von Johann Tuppy.
In meiner Publikation „Die als cenoman beschriebenen Kreide-
sedimente von Budigsdorf und Umgebung“!) habe ich nachgewiesen,
dal) die von Hans Wilschowitz?) der sogenannten Actinocamax-
zone beziehungsweise dem Korytzaner Grünsand zugeteilten Kreide-
ablagerungen im nordwestlichen Mähren keinesfalls diesen Zonen
angehören, sondern daß wir es hier lediglich mit einem Gliede
des Unterturons. und zwar wahrscheinlich mit Malnitzer Schichten
oder wenigstens mit Aguivalenten von solchen zu tun haben®).
1) Erschienen 1912 in der „Zeitschrift des mährischen Landesmuseums“,
XII. Band, 1. Heft, S. 12—32.
2) Hans Wilschowitz: „Beitrag zur Kenntnis der Kreideablagerungen
von Budigsdorf und Umgebung“, erschienen in den „Beiträgen zur Paläontologie
und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients“, Band XIX, S. 125—134.
3) Als Unterturon werden im folgenden jene Sedimente betrachtet,
welche die böhmischen Geologen Weißenberger und Malnitzer Schichten
nennen, während unter Cenoman die Perutzer und Korytzaner Schichten zu-
sammengefaßt erscheinen (Geologische Spezialkarte der im Reichsrate ver-
tretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie.
Nordwest-Gruppe Nr. 39, Landskron und Böhm.-Trübau. Wien 1904). Die
Zone des Actinocamax (plenus), zum Teil aus Plänern, zum Teil aus sand-
steinartigen Gebilden bestehend, wird als oberstes (jüngstes) Glied der Kory-
tzaner Schichten angesehen und demnach ebenfalls zum Cenoman gerechnet.
In gleicher Weise finden wir zum Beispiel auch bei Hans Wilschowitz
Korytzaner Grünsand und die Actinocamaxzone zusammen als Korytzaner
Schichten aufgefaßt. Die Ausdrücke „cenomaner Pläner und Actinocamaxzone*
(Schichte) haben sonach immer als Synonyma zu gelten. Bezüglich des zuletzt
genannten Horizontes der Kreide vergleiche man im übrigen W. Petraschek:
Die Zone des Actinocamax plenus in der Kreide des östlichen Böhmen (Jahr-
buch der k. k. geologischen Reichsanstalt, 1905, Band 55, Heft 3 und 4).
43
Unter den stratigraphischen Gründen, welche zu dieser Annahme
drängen, habe ich auch unter anderem die Tatsache angeführt,
daß die in Frage kommenden Sedimente nicht, wie aus Wilscho-
witz’ Angaben hervorgeht, von Perutzer ()uadern, sondern von
echtem unterturonen Pläner unterteuft werden. Bei Abfassung
der im Eingange zitierten Arbeit schien mir ein eigentlicher Be-
weis für das unterturone Alter dieses Pläners unnötig und ich
beschränkte mich auf den Hinweis, dab derselbe mit dem „bei-
spielsweise am Schönhengst und am Reichenauer Berge“ auf-
geschlossenen Pläner, dessen Zugehörigkeit zum Unterturon durch
das Vorkommen von Inoceramus labiatus Schloth. außer Zweifel
steht, identisch sei. Später ließ sich allerdings die Vermutung
nicht ganz von der Hand weisen, dal) diese einfache Bemerkung
für Leser. denen unsere mährische Kreide weniger bekannt ist,
kaum genügen dürfte; denn die Entfernung der Vergleichsobjekte
von den in Betracht kommenden Plänergebilden (zum Beispiel
Schönhengst—Grünau) und ihre Höhendifferenz ist immerhin eine
solche, daß eine Verschiedenheit des Alters der verglichenen
Schichten trotz des sehr ähnlichen petrographischen Habitus nicht
ausgeschlossen bleibt, und der Einwurf, daß dieser die fraglichen
Actinocamaxschichten beziehungsweise den angeblichen Korytzaner
Grünsand unterlagernde Pläner möglicherweise selbst cenoman
(der Actinocamaxzone angehörig) sein könnte. erscheint ziemlich
naheliegend, um so mehr, als auch die petrographischen Eigen-
schaften desselben an gewisse Partien der von Petraschek be-
schriebenen cenomanen Pläner Böhmens erinnern. Wir haben es
nämlich hier mit einem im frischen Zustande unter dem Hammer
klingenden, meist leicht in Platten brechenden, feinkörnigen Pläner
von blaugrauer Farbe zu tun, der Muskovitschüppchen führt, mit-
unter braune Flecke zeigt und sehr arm an Glaukonit, hingegen
reich an Kalk ist. An der Luft wird er bald lichter, indem der
blaue Farbenton in lichtes Grau übergeht, überzieht sich dann
mit einer gelblichen Verwitterungsrinde und zerfällt schlieblich in
kleine kuboidische Brocken von mergeliger Beschaffenheit. Partien
fast reinen Kalksteines sowie kleine Knollen von Markasit und
Limonit kommen gleichfalls vor.
Schon aus diesen wenigen Andeutungen ist zu ersehen, dab
obige Behauptung bezüglich der Ähnlichkeit mit den cenomanen
Plänern Böhmens wirklich nicht ganz unbegründet ist. Ich habe
44
mich daher, gedrängt von vorstehenden Erwägungen, bemüht, das
Alter dieses Pläners lediglich durch paläontologische Tatsachen
festzustellen. Hierbei kam mir der Umstand zugute, daß infolge
des Strabenbaues in Grünau nächst dem „Burgstadl“ (östlich von
Ranigsdorf) einige größere Aufschlüsse dieses Gesteines entstanden,
so daß es mir möglich wurde, trotz der relativen Petrefakten-
armut dieses Pläners eine Fauna zu konstatieren, die sichere
Schlüsse auf das Alter des Sediments zuläßt.
Es fanden sich daselbst:
Eriphyla lenticularis Stol. Pecten laevis Nilss.
Lithodomus ef. rostratus & Orb. Pecten Nilssoni Goldf.
Gastrochaena amphisbaena Gein.| Pecten curvatus Gein.
Panopaea gurgitis Brongn. Exogyra columba Lam.
Tellina concentrica Gein. Exogyra lateralis Nelss.
Avicula anomala Sow. Exogyra conica Sow.
Inoceramus Brongniarti Sow. Ostrea diluviana L.
Inoceramus labiatus Schloth. Ostrea hippopodium Nilss.
Lima Hopperi Mant. Ostrea vesicularis Lam.
Lima psendocardium Reuss. Ostrea semiplana Sow.
Lima Sowerbyť Gein. Anomia subradiata Reuss.
Lima elongata Sow. ‚ Anomia subtruncala d’Orb.
Pecten Dujardinii Röm. Fucoides sp.
Gesammelt wurden die aufgezählten Arten in dem älteren
Aufschluß gegenüber der sogenannten Talmühle (am Fuße des
schon erwähnten Burgstadls östlich von Ranigsdorf) und in einer
neuen Entblößung an der eben fertig gestellten, durch Grünau
führenden Straße, und zwar kurz vor der Einmündung derselben
in die Bezirksstraße Ranigsdorf-Rattendorf.
Wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich wird, finden
wir in unserer Fauna zwar zehn Arten, welche auch Petraschek
unter den Vorkommnissen der Actinocamaxzone (Seite 424 der
zitierten Abhandlung) anführt; aber sie weist kein einziges Glied
auf, das nicht auch im Unterturon (speziell in den Weißenberger
Schichten) unanfechtbares Bürgerrecht besäße, und die Inoceramen
derselben sind direkt für letzteres charakteristisch. Ich füge dem
noch hinzu, daß sich auf dem Goldberge bei Altstadt (unweit von
Mähr.-Trübau) ein Pläner aufgeschlossen findet, der mit dem hier
erwähnten auch in den geringsten Details übereinstimmt, so dab
eine gleichzeitige Ablagerung wohl nicht in Zweifel gezogen werden
kann. Auch er ist — trotzdem er unmittelbar auf Phyllit aufruht —
durch mehrere Funde von Inoceramus labiatus als sicheres Unter-
turon gekennzeichnet.
Hiermit wäre demnach das Alter der Unterlage jener Sedi-
mente, welche von Wilschowitz dem Cenoman zugeschrieben
wurden, die aber (wie ich in der eingangs zitierten Arbeit gezeigt
habe) jedenfalls noch dem Unterturon angehören, exakt festgestellt.
Wollen wir also der Frage, ob cenomane Pläner in unseren Ge-
genden vorkommen, náhertreten, so sind wir genötigt, dieselben im
Liegenden der an dieser Stelle beschriebenen Sedimente zu suchen.
Es soll im folgenden noch kurz gezeigt werden, daß in dieser
Richtung unternommene Schritte keineswegs aussichtslos erscheinen.
Verfolgt man den vom Erbgerichte der Gemeinde Wojes
gegen Charlottendorf führenden Feldweg (er geht auf der geolo-
gischen Spezialkarte durch den Buchstaben o des Wortes Wojes)
aufwärts, so trifft man bald nach Passierung des eben genannten
Anwesens an der rechten Wegböschung blobliegende Bänke eines
graugelben, feinkörnigen, sehr kalkarmen Pläners. An einer starken
Wegkrimmung bemerkt man später links vom Wege einen alten
Denkstein, der in roher Zeichnung zwei Wagenräder samt Deichsel
zeigt, und einige Schritte aufwärts (ungefähr an der Stelle, welche
auf der Spezialkarte durch den Buchstaben o des Wortes Wojes
markiert wird) tritt an der linken Wegseite wieder der schon
erwähnte Pläner, und zwar unmittelbar im Straßenniveau zutage.
Etwas über demselben bemerkt man jedoch hier eine beiläufig
3/, m mächtige Schicht eines mürben, stark glaukonitischen Sedi-
ments, das im ganzen Aussehen der „Glaukonitbank“, welche nach
Petraschek den cenomanen Pläner nach oben abschließt, derart
gleicht, daß ich dasselbe nicht besser als durch Wiedergabe der
bezüglichen eigenen Worte des zitierten Autors beschreiben kann:
„Das Gestein der mehrfach erwähnten Glaukonitbank
ist ein äußerst charakteristisches. Im frischen Zustand ist
es schwarzgrün, verwittert deutlich grün. Es ist ganz erfüllt
von kleinen, Schießpulver ähnlichen Glaukonitkörnern. Selten
sind sie gleichmäßig verteilt, oft vielmehr wolkig angereichert.
Häufig auch bemerkt man in dem Gestein eckig umgrenzte
Partien, die beträchtlich ärmer an Glaukonit sind. Sie geben
dem Gestein ein etwas brecciöses Aussehen.“
46
Diese Glaukonitbank wird wieder von einem Pláner: über-
lagert, der in allen petrographischen und physikalischen Eigen-
schaften genau mit jenem übereinstimmt, den ich als tiefstes (auf-
geschlossenes) Sediment nächst der Talmühle beschrieben habe,
so dab wohl nicht zu zweifeln ist, daß wir es an den beiden
Orten mit gleichaltrigen Absätzen zu tun haben. Hierfür sprechen
auch die gefundenen Fossile, die ebenfalls auf eine entschieden
unterturone Fauna hindeuten. Es fanden sich nämlich hier:
Cardita dubia d’Orb. Pecten Dujardinii Rön.
(rassatella regularıs d Orb. Pecten curratus Gein.
Area subglabra d’Orb. Exoyyra conica Sow.
Mytilus rudis Fr. Ostrea hippopodium Nelss.
Venus fabacea Röm. Anomia radiata Sow.?
Inoceramus Brongniarti Sow. Terebratulina gracilis Schl.
Lima multicostata (rein.
|
|
l
Die Glaukonitbank sowie der sie unterteufende Pläner er-
wiesen sich leider als petrefaktenleer.
Wird der betretene Weg noch weiter verfolgt, so bemerkt
man bald Plänerbänke von goldgelber Farbe, die stellenweise einen
durch Spongien hervorgebrachten wulstigen Bruch zeigen, und
gelangt schließlich auf der Kammhöhe zu Ablagerungen, die genau
mit jenen übereinstimmen, die wir bei Triebendorf, beim Budigs-
dorfer Tunnel usw. mit I bis 3 bezeichnet haben. Das grob-
sandige, durch kieselige Bindemittel gefestigte Gestein zerfällt ober-
flächlich leicht zu Sand, welcher Umstand auch zur Anlage von
Sandgruben geführt hat. Wir finden längst des weiteren, auf der
Hochfläche nordwestlich von Charlottendorf fortziehenden Weges
am Waldessaume drei solcher Gruben, in denen sich der Charakter
dieses Sediments bequem studieren läßt. Auch die bei Triebendorf
usw, vorkommenden Hornsteinbänder fehlen hier nicht.
Vergleichen wir diese Folge von Absätzen und ihre bezeich-
nendsten Eigenschaften mit den Ausführungen Petrascheks, so
werden wir kaum fehlgehen, wenn wir die Pläner unter der be-
schriebenen Glaukonitbank als cenoman, die über derselben aber
als unterturon ansehen. Der Umstand, daß das Unterturon an
dieser Stelle bedeutend höher liest als in der Nähe der Talmühle
sowie bei Triebendorf usw., wirkt hiebei keineswegs störend, wenn
wir berücksichtigen, daß wir uns bei Wojes am Ostrande unserer
47
Kreidemulde, bei den letzgenannten Orten aber nahe der Mulden-
mitte befinden. Hiermit stimmt auch die Lagerung der ganzen
Schichtenserie (schwach gegen West-Nord- West fallend) gut überein.
Es erscheint selbstverständlich naheliegend, anzunehmen, daß
sich diese Schichten cenomanen Pläners auch noch weiter nach
Norden und Süden (längs des Cenomanstreifens Kaltenlautsch-
Petersdorf) fortsetzen, obwohl es mir bis nun nicht gelang, weitere,
den eben beschriebenen gleiche oder ähnliche Aufschlüsse zu ent-
decken. Letzteres erklärt sich übrigens hinreichend durch die Tat-
sache, dal) die hier steil nach Osten abfallenden Kreidewände gerade
über dem cenomanen Teil am unzugänglichsten sind. Immerhin
dürften jedoch weitere diesbezügliche Nachforschungen auch an
diesem Orte nicht stets ohne Erfolg bleiben, da neue Weganlagen,
Abrutschungen u. dgl. mitunter ganz unerwartet günstige Gelegen-
heiten zu Beobachtungen schaften können, an die vorher kaum zu
denken war.
Bericht úber die von den Herren Dr. V. Dvorský
und Dr. J. Čermak im montenegrinisch-albani-
schen Grenzgebiete im Jahre 1908 gesammelten
Mollusken.
Von
Dr. R. Sturany (Wien),
Kustos am k, k. naturhistor. Hofmuseum.
Das Material, anf welchem das untenstehende Verzeichnis
von 33 Spezies (respektive Subspezies und Varietäten) von Mol-
lusken basiert, ist auf einer von Podgorica aus unternommenen
Tour gesammelt worden, welche über Poprat Kostié, Rikavaé und
Maglié nach Andrijevica und Kolasin und zurück durch die Tara-
und Morača-Schlucht führte. Die beigefügten römischen Ziffern be-
ziehen sich auf die einzelnen Stationen dieser Tour und sind in
folgender Weise näher zu deuten.
I — Trijepsi
n
OI — Cafa Gordeci
IV — Ufer des Cem (Zem), Cievna
Vlla = Kostié, 6. Juli 1908
PX = Greta
X = RICA
XIIa == Rikavac jezero
= a | — Bokumirska jezero
XIVa | _
— Maslié, 12.
XIV | iglé, 12. Juli 1908
49
XV = Bindža planina (Planinica), 15. Juli 1908
XVI = Lim-Tal(Udoli Limnmost za Andrijevica), 19. Juli 1908
XMI v Bjelastica
Z Kolašin
XXII = Vjeternik
XXLII a — Zeta-Tal:
Nachdem Herr Dr. Karl Absolon, Kustos am Máhrischen
Landesmuseum in Brůnn, die Güte gehabt hatte, mir die gelegent-
lichen Molluskenaufsammlungen der beiden jungen Geographen im
April 1909 mitzuteilen, habe ich sofort den größten Teil durch-
bestimmt und das Restliche an Herrn Otto Wohlberedt in
Triebes weitergeleitet, der eben mit der Fertigstellung einer umfang-
reichen Arbeit über die Weichtiere Montenegros beschäftigt war.
Dieser wiederum hat sich in schwierigeren Fragen an Professor
Dr. O. Böttger in Frankfurt a. M. gewendet und schließlich die
ganze allerdings nicht sehr reiche, aber ganz interessante Ausbeute
der Herren Dr. Dvorský und Dr. Čermak in seiner Monographie
mitberücksichtigt. (Das Material wurde den Sammlungen des Mäh-
rischen Landesmuseums einverleibt.) Es wird daher genügen, bei
der nun folgenden Aufzählung der Mollusken auf die unterdessen
erschienene Arbeit Wohlberedts!) zu verweisen und nur die
Beschreibung der neuen Subspezies von Oampylaea apfelbecki,
welche allerdings auch schon bei Wohlberedt zu finden ist, hier
wiederzugeben.
Die Bestimmungen Böttgers sind mit einem *, die von
Wohlberedt mit ** ersichtlich gemacht.
Verzeichnis.
1. Glandina algira Brug. var. poireti O. Pfr. — Wohlberedt,
l. c. 8. 38. — Von den Lokalitäten I und II.
2. Zonites albanicus (Ziegl.) Rossm. — W ohlberedt, I. c. S. 43. —
Von den Lokalitäten I und II.
#3. Fruticicola haueri v. Kim. — Wohlberedt, L c. S. 46. —
Ein junges Exemplar von der Lokalität XV.
1) Wohlberedt Otto: „Zur Fauna Montnenegros und Nordalbaniens,
(Wissensch. Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina, XI. Band 1909),
138 Seiten, mit Textfiguren, 10 Tafeln und 1 Ubersichtskarte des Gebietes.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XII. 4
4.
"eg
10.
“#11.
Fruticicola (Euomphalia) floerickei Kob. — Wohlberedt, I. c.
S. 46. — Von den Lokalitáten XIII a, XIV a und XV.
Campylaca (Dinarica) pouxolxi Desh. var. montenegrina (Ziegl.)
Rossm. — Wohlberedt, I. c. S. 59. — Von den Lokalitáten
I und IL.
Campylaea (Dinarica) pouxolat Desh. var. moracensis Kob. —
Wohlberedt, I. c. S. 60. — Von der Lokalität VII a.
Campylaea ( Dinarica) pouxolxi Desh. subspee. serbica (Mölldjf.)
Kob. var. nikitai Kob. — Wohlberedt, 1. c. S. 61. — Von
der Lokalität XIX.
Fig. 1.
Campylaea apfelbecki bindraensis Stur.,
gezeichnet von Josef Fleischmann (Wien).
Campylaea (Cingulifera) apfelbecki Stur. subsp. bindraensis
Stur. — Wohlberedt 1. c. S. 63. — Von der Lokalität XV
(s. Fig. 1).
Es liegt nur eine Schale vor, die wie der Typus!) aus
6 Windungen aufgebaut ist, aber kleinere Dimensionen
aufweist (Höhe 12, größte Breite 20, kleinste Breite 17'/,,
Mündungshöhe 9, Mündungsbreite 10, Nabeldurchmesser
31/, mm). Diese Form ist überdies durch schwache Spiral-
furchen auf den Schlußwindungen, durch einen stellenweise
verdoppelten Mundrand und durch die Andeutung einer Winkel-
bildung zwischen Spindel- und Basalrand ausgezeichnet.
Campylaea (Cingulifera) trixona (Ziegl.) Rossm. — Wohl-
beredt, 1. c. S. 68. — Von den Lokalitäten XVI und XVII.
Helix (Pomatia) secernenda Rossm. — Wohlberedt, L c.
S. 69. — Von den Lokalitáten I, II und X.
Carthusiana olivieri Fér. W ohlberedt, 1. c. S. 77. — Von der
Lokalitát IV.
1) Annal. d. naturh. Hofmus. Wien 1901, S. 65; Rossm. Iconogr. N. F.
fig. 1752.
ol
12. Buliminus (Zebrina) detritus Mill. — Wohlberedt, L c.
S. 77. — Von den Lokalitáten I, II, III, XV und XVI.
**13. Buliminus (Ena) cefalonicus Mouss. — Wohlberedt, 1. c.
S. 79. — Von den Lokalitáten VII a und X.
“#14, Chondrula tridens Müll. var. eximia Rossm. — Wohlberedt,
l. c. S. 80. — Von der Lokalität XIII 2.
15. Chondrula seductilis (Ziegl.) Rossm. — Wohlberedt, 1. c.
S. 81. — Von den Lokalitáten II und III.
Fig. 2.
Cl. (Alopia) baleiformis Bttg.,
gezeichnet von Josef Fleischmann (Wien).
16. Clausilia (Alopia) baleiformis Btta. — Wohlberedt, L c.
S. 84. — Von der Lokalität XV (s. Fig. 2).
17. Clausilia (Clausiliastra) laminata Mont. — Wohlberedt, 1. c.
S. 86. — Von den Lokalitäten VII « und IX 4.
18. Clausilia (Herilla) jabucica Bttyg. — W ohlberedt, 1. c. S. 88. —
Von den Lokalitáten XIV 5, XV, XIX und XXII, zumeist
nur in Bruchstücken.
19. Clausilia (Delima) pseudobinodata Bttg. — W ohlberedt, 1. c.
S. 96. — Von der Lokalität XXIL
#20. Clausilia (Delima) gastrolepta (Ziegl.) Rosm. var. subinter-
rupta Bttg. — Wohlberedt, 1. c. S. 97. — Von den Lokali-
täten IIT, IV und XIII o.
*21. Olausilia (Delima) gastrolepta (Ziegl.) Rosm. var. tabida
Kůst. — W ohlberedt, 1. c. S. 97. — Von der Lokalitát XIII b.
#22, Olausilia (Delima) gastrolepta (Ziegl.) Rosm. var. muralis
Küst. — Wohlberedt, 1. c. S. 98. — Von der Lokalität II.
#23. Clausilia (Delima) gastrolepta (Ziegl.) Rosm. var. montene-
grina Kst. — Wohlberedt, I. c. S. 98. — Von der Lokali-
tät X.
92
24.
*25.
30.
*38,
Limnaea (Radix) auricularia (L) — Wohlberedt, 1. c.
S. 102. — Von der Lokalität XII a.
Planorbis (Gyraulus) albus Müll. — W ohlberedt, I. c. S. 104. —
Von der Lokalitát XII a.
. Auritus (Auritus) kleciaki arnautorum (Mlldff) A. J.
Wagn. — Wohlberedt, L c. S. 107. — Von den Lokalitäten
I und X.
. Auritus (Holcopoma) roseoli A. J. Wagn. — Wohlberedt,
l. c. S. 107. — Von der Lokalität IV.
. Bricia elegans Müll. — Wohlberedt, 1. c. S. 109. — Von
der Lokalität IV.
. Bythinia mostarensis Mlldff. var. montenegrina Wohlb. —
Wohlberedt, I. c. S. 111. — Von den Lokalitäten XIII 4
und XXIII a.
Melania (Amphimelania) holandri Fer. var. laevigata Rssm. —
Wohlberedt, 1. c. S. 113. — Von den Lokalitäten XIII 4
und XXIII a.
. Valvala (Cincinna) subangulata Bttg. — Wohlberedt, 1. c.
S. 113. — Von den Lokalitáten XIII 4 und XXIII a.
. Neritina (Theodoxus) fluviatilis L. var. dalmatina Walderd.
f. scutarensis Walderd. — W ohlberedt, I. c. S. 115. — Von
den Lokalitáten XIII% und XXIII a.
Pisidium fontinale C. Pfr. — Wohlberedt, 1. c. S. 120. —
Von der Lokalitát XXIII a.
Tipulidae Moravicae.
(Die mährischen Schnacken.)
Eater
Von Karl Czizek.
I. Einleitung.
Indem ich den zweiten Teil meiner Abhandlung über die
mährischen Tipulidae der Öffentlichkeit übergebe, fühle ich mich
angenehm verpflichtet, allen jenen Herren meinen verbindlichsten
Dank abzustatten, welche diese Arbeit gefördert und ihr Erscheinen
ermöglicht haben. Vor allem bin ich Herrn M. P. Riedel in
Uerdingen, der mir in liebenswürdiger und selbstloser Weise mit
seinem Rate zur Seite stand und durch dessen freundliche Mit-
arbeit ich Aufschluß über manche schwierige Gruppe erhielt, zu
Dank verpflichtet. Ferner danke ich Herrn Oberforstmeister
Alexander Siebeck in Oberhollabrunn, der mir sein Tipuliden-
material aus dem südlichen Mähren zur Verfügung stellte, sowie
den Herren Karl Landrock in Brünn, Hugo Skala in Fulnek
und Dr. Roman Puschnig in Klagenfurt-Römerbad für die
Úberlassung von teilweise sehr interessantem Vergleichsmaterial.
Die Abbildungen der Hypopygien sind — mit einer Aus-
nahme — nach trockenen Exemplaren entworfen. Für die schöne
Ausführung der Zeichnungen (Fig. 4, 29, 30, 32, 35, 40 und 41)
bin ich Herrn Fachlehrer Karl Frank zu besonderem Danke
verpflichtet.
Möge diese Arbeit als bescheidener Beitrag zur Kenntnis
der heimischen Fauna freundlich aufgenommen werden.
Brünn, im Juli 1912.
Karl Czizek.
II. Fortsetzung des im ersten Teil angeführten
Literaturverzeichnisses.
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58
IT. Die Gattung Tipula Linné, Bachmiicke.
Tipula und tippula, lat., die Wasserspinne.
Die Merkmale dieser Gattung sind bei der Charakteristik der im
ersten Teile dieser Monographie !) behandelten Genera Ctenophora,
Nephrotoma und Pachyrrhina so ausführlich besprochen worden,
dab kaum noch etwas hinzuzufügen ist. Das Flügelgeäder der
Tipula-Arten ist im Gegensatze zu dem der Pachyrrhinen ziemlich
konstant. Die Radialis entspringt immer weit vor der Mündung
der Mediastinalis in die Subcosta und der ramus discoi-
dalis anterior?) ist immer gegabelt. Die Gabelzinken gehen bald
ziemlich gerade zum Flügelrande (die cellula discoidalis an-
terior prima ist dann ziemlich schmal), bald sind die beiden Äste
oder wenigstens der untere stark gebogen und die erwähnte Zelle
ist dann verhältnismäßig breit.
Abweichungen vom normalen Flügelgeäder weist nur Tipula
nigra L. auf, die wohl auch sonst von den anderen Arten dieser
Gattung abweicht. Bei Tip. variipennis und einigen verwandten
Arten mündet der obere Ast der Radialader nicht in den Flügel-
rand, sondern bricht vor seiner Mündung plötzlich ab. Bei zwei
Arten (trifasciata Löw und mutila Wahlgr.) fehlt er ganz.
Den Ctenophorinen stehen die Arten der Gattung Tipula
in bezug auf das Flügelgeäder ziemlich nahe. Sie haben mit ihnen
gemein: Die verhältnismäßig lange Radialader, die pentagonale
Gestalt der mittleren Discoidalzelle, die — im Sinne Schiners —
nur drei Adern zum Flügelrande entsendet, von denen die oberste
immer gegabelt ist, die langgestreckte Randzelle usw. Sie unter-
scheiden sich aber von den Ctenophorinen außer durch den
Habitus auch dadurch, dab die Tarsen immer länger sind als die
Schienen, daß der Kopf freier steht, das Halsstück länger ist und
die Fühlergeißelglieder mit Wirtelbörstchen kranzförmig verziert
sind (OS)
Auch über die Unterscheidungsmerkmale zwischen den Arten
der Gattungen Pachyrrhina und Tipula ist bereits gesprochen
worden. Das Klügelgeäder, vor allem die relative Länge der Radial-
ader, die schlankere Schnauze, das gestrecktere erste Fühlerglied
1) Czizek Karl: Tipulidae Moravicae. 1. Teil. Zeitschrift des Mährischen
Landesmuseums. XI. Band. Brünn, 1911.
?) Vergleiche die Abbildung im 1. Teile I. c. pag. 216 (Sep. pag. 24.)
9
und die flachere Stirn sind Kennzeichen, welche die Tipula-Arten
von denen der Gattung Pachyrrhina scheiden. Habituell aber und
was den Bau des Hypopygiums anbelangt, stehen die Tipula-Arten
den Pachyrrhinen viel näher als den Ctenophorinen.
Nach der Flügelzeichnung wurden die Arten der Gattung
Tipula in drei Gruppen eingeteilt; diese Einteilung ist jedoch
nicht einwandfrei und keine natürliche, da sie sich nur auf ein
einziges Merkmal stützt. Es gibt innerhalb jeder Gruppe Arten,
die nach dem Bau des Hypopygiums eigentlich ausgeschieden
werden müßten. So steht Tip. oleracea durch die außerordentlich
großen, schuppenförmigen oberen Anhänge der Tip. maxima,
vittata und tenuicornis viel näher als den übrigen Arten der
sogenannten Subunicolores, Tip. vernalis aber scheidet durch den
Bau des Hypopygs aus der Gruppe der Striatae aus und steht
den Subunicolores näher.
Übersicht der drei Gruppen der Gattung Tipula L.
1 (2) Flügel in beiden Geschlechtern wolkig gefleckt.
Marmoratae.
2 (1) Flügel nicht wolkig gefleckt.
3 (4) Flügel mit dunklen Längsstreifen, besonders
die Posticalis von einem dunklen Saume begleitet. Striatae.
4 (3) Flügel ohne dunkle Längsstreifen, höchstens
der Flügelvorderrand dunkler gefärbt. Subunicolores.
Zum besseren Verständnisse dieser Einteilung für den Anfänger sei bei-
gefügt:
Die Flügel sind wolkig oder gefleckt, wenn auf dem grauen Grunde
des Flügels (der am besten gegen einen dunklen Hintergrund gehalten wird)
glashelle und weiße Flecke in größerer Zahl erscheinen oder wenn sich von
dem glashellen Untergrunde deutliche graue Schattenflecke abheben. Die
Gruppe der Subunicolores umfaßt Arten, die vor dem Randmale einen
glashellen Mondfleck in größerer oder geringerer Ausdehnung besitzen. Die
Flügel sind dann nicht gewölkt. Dagegen werden die größten unserer
heimischen Tipuliden, maxima und fulvipennis, in die Abteilung der
Marmoratae gestellt, obwohl fulvipennisnur im weiblichen Geschlechte etwas
gewölkte, das $ aber fast einfarbige Flügel besitzt und die Flügel von maxima
eher einen gestreiften oder gebänderten als einen gewölkten Eindruck machen.
Bei den Striatae ist der Vorderrand des Flügels und außerdem noch
die Posticalader gestreift, d. h. von einem dunklen Schatten begleitet. Der
braune Schatten längs der Posticalis ist freilich meistens nur vorne deutlich; er
verbreitet sich oft auch über den Basalteil des ramus posticalis anterior.
60
Wenn nur der Flůgelvorderrand von einem dunklen Streifen begleitet
wird, wie bei oleracea, dann gehört die Art zu den Subunicolores. In die-
selbe Abteilung gehórt Tip. nigra mit intensiv schwärzlich gefärbten Flügeln.
Die Larven der Tipuliden sind (Conf. Beling, 1873, 1878
und 1886) walzenförmig, stilrund, 12gliedrig, von meist schmutzig
gelbgrauer Färbung und von kahlem Aussehen, da nur die hinteren
Wiilste der Leibesringe mit kurzen Härchen besetzt sind. Sie haben
wie alle Tipulidenlarven keinen Kopf, sondern eine Kiefern-
kapsel von schwarzbrauner Farbe, die in die ersten Hinterleibs-
ringe ganz zurückgezogen werden kann. Das Afterglied der
Larve ist hinten abgestutzt und endet mit dem Stigmenfelde, das
zwei scheibenförmige, oft mit dunklem Kerne versehene, augen-
förmige Stigmen trägt, die jedoch zumeist von den das Stigmen-
feld umgebenden Hautzähnen, von denen vier am Oberrande und
zwei am unteren Rande dieses Feldes stehen, bedeckt werden. Die
auf den Hautzähnen und dem Stigmenfelde auftretenden, schwarz-
braunen Zeichnungen sind nach Beling bei den Individuen einer
und derselben Art sehr variabel und daher — mit wenigen Aus-
nahmen —- für die Systematik ziemlich wertlos. Die an der Bauch-
seite des Endsegments liegenden kleineren Hautzapfen dienen als
Nachschieber. Außer diesen Zapfen kommen (bei Tip. maxima)
noch zwei lange, wurstförmige Anhänge vor. (Brauer, Sübwasser-
fauna Deutschlands.)
Die Puppen sind rund, am Vorder- und Mittelleibe meist
etwas dicker als an dem scharfkantig zusammengedrückten Hinter-
leibe. Die Stirn trägt zwei kurze Hörnchen. Der Hinterleib ist
auf der Ober- und Unterseite sowie an den scharfen Längskanten
des Seitenrandes mit Dörnchen besetzt.
Das letzte Hinterleibsglied der männlichen Puppe endet mit
vier kleinen Dornen, die im Viereck eine flache Kuppe umstehen,
das der weiblichen Puppe läuft in eine aus vier zusammengewachsenen
Klappen bestehende, stumpfe, hornförmige Spitze aus.
Die Larven der Tipuliden leben in feuchter Erde, unter Laub,
Moos, in faulendem Holze von verwesenden vegetabilischen Stoffen
oder von humoser Erde, die der Tipula oleracea vielleicht auch
von den Wurzeln lebender Pflanzen. Manche Tipulalarven sollen
grobe Verwůstungen an den Kulturen angerichtet haben!) Die
1) Vielleicht ist die Ansicht Taschenbergs (Insektenkunde 1874) die
richtige; er meint, daß die Tipulidenlarven nur von faulenden Pflanzenteilen
61
Larven einiger Arten leben stets in der Nähe von Gewässern. Ob
sie ständige Wasserbewohner sind, steht allerdings noch nicht fest:
jedenfalls ist aber viel Feuchtigkeit für alle Tipula-Arten Lebens-
bedingung.
IV. Tabelle zum Bestimmen der mährischen Arten.
I. Gruppe: Marmoratae.
Flügel mit dunklen Flecken auf glashellem
Grunde oder mit wasserhellen Flecken auf grauem
Grunde, Tip. fulvipennis im männlichen Geschlechte
mit grauer, im weiblichen mit gelb tingierter, fast
einfarbiger Flügelfläche, in der aber dann immer ein
deutlicher Schattenfleck zwischen Posticalis und
Analis liegt.
1 (2) Flügel in beiden Geschlechtern mit einer braunen, zweimal
tief ausgebuchteten Binde am Vorderrande und blasseren
braunen Flecken am Hinterrande der Flügel
Tip. maxima Poda.
ID
(1) Flügel ohne solche Binde.
3 (4) Flügel S grau, des © intensiv gelb tingiert, fast einfarbig,
ohne glashelle Stellen, aber mit einem dunklen Schatten-
fleckchen auf der Mitte der hinteren Posticalzelle, das sich
immer sehr deutlich von der Flügelfärbung abhebt.
Tip. fulvipennis Deg.
4 (3) Flügel nie ganz einfarbig, immer mit mehreren glashellen
Flecken besetzt; liegt auf der Mitte der glashellen hinteren
Posticalzelle ein grauer Schattenfleck, so hebt er sich von
der Flügelfläche nie so deutlich ab wie bei der vorigen Art,
da er nicht isoliert steht und der Flügel dann stets auch
noch andere, meist viel auffallendere graue Flecken anfweist.
5 (16) Thoraxrücken mit drei dunklen Längsstriemen.
—
5 (9) Die drei dunklen Längsstriemen so breit, daß sie von der
lichteren Grundfarbe des Thoraxrückens nur schmale Streifen
übrig lassen.
leben; dabei „kann es nicht fehlen, daß sie auch den zarten Wurzeln junger
Keimlinge oder diesen selbst nicht nur zu nahe kommen, sondern auch (in Er-
manglung anderer Nahrung) ihren Hunger mit deren Rindenteilen stillen“.
62
7 (8) Fühler Z kurz, so lang wie Kopf und Schnauze zusammen-
genommen, die Basalglieder und die ersten Geißelglieder rot-
gelb, letztere an der Basis nicht verdickt. Erster Hinterleibs-
ring an der Basis gelbrot. Tip. tenuicornis Schumm.
8 (7) Fühler S entschieden länger als Kopf und Schnauze zu-
sammengenommen, nur die Basalglieder rotgelb, die Geibel-
glieder an der Basis deutlich verdickt. Erster Hinterleibsring
in beiden Geschlechtern grau. Tip. vittata Men.
9 (6) Die drei dunklen Längsstriemen des Thoraxrückens schmal;
die mittelste überdies durch eine feine, dunkle, hell eingefaßte
Linie geteilt, die Seitenstriemen verkürzt und oft einen hellen
Kern einschließend.
10 (13) Flügel deutlich marmoriert, d. h. die glashellen Fenster
heben sich von der grauen Grundfarbe sehr deutlich ab.
11 (12) Erstes Fühlerglied grau, nur das zweite rotgelb. Achte
Basalschiene mit kurzer gelber Behaarung am Unterrande.
Tip. truncorum Men.
12 (11) Erstes und zweites Fühlerglied gelb. Achte Bauchschiene
mit zottiger, büschelförmiger, langer, weit abstehender Behaa-
rung am Unterrande. Tip. Winnertzii Egg.
13 (10) Flügel undeutlich marmoriert, d. h. die glashellen Stellen
heben sich von der stark tingierten Flügelfläche nur wenig ab.
14 (15) Flügel gelblich tingiert, die ersten Fühlerglieder hellgelb;
Hinterleib in beiden Geschlechtern gelbrot. Achte Bauchschiene
S am Unterrande fast zottig behaart. Tip. pabulina Men.
15 (14) Flügel grau tingiert; Fühler S und 9 ganz schwarzgrau;
Hinterleib in beiden Geschlechtern grau. Achte Bauchschiene 7
am Unterrande ohne zottige Behaarung. Tip. nervosa Men.
(5) Thoraxrücken mit vier dunklen Längsstriemen.
17 (28) Die vier Längsstriemen des Thoraxrfckens einfarbig, nicht
von dunklen Säumen eingefaßt, höchstens die seitlichen Striemen
einen hellen Kern einschließend.
18 (19) Achte Bauchschiene 4 mit einem großen, fast recht-
winklig abstehenden Anhang. Flügel in beiden Geschlechtern
blab marmoriert, der Flügelhinterrand mit drei kleinen charak-
teristischen glashellen Flecken, von denen die beiden iuberen
an der Mündung der Axillar- bezw. der Analader stehen.
Tip. signata Staeg.
63
19 (18) Achte Bauchschiene ohne auffallenden Anhang, Fliigel in
beiden Geschlechtern deutlich marmoriert, Flügelhinterrand
ohne glashelle Flecken, besonders nicht an der Mündung der
Axillar- und der Analader.
20 (23) Cellula dise. posterior vorherrschend glashell.
21 (22) Hinterieib dunkel aschgrau; Fiihler in beiden Geschlech-
tern schwarzbraun. Tip. variipennis Mon.
22 (21) Hinterleib gelbrot; die beiden Basalglieder der Fühler S
und beim 2 wenigstens das zweite Basalglied rotgelb.
Tip. pseudovariipennis (zk.
23 (20) Ceillula disc. posterior fast ganz grau.
24 (25) Die Basalglieder der Fühler und das erste Geibelglied
hellgelb; der obere Ast der Radialader vor seiner Einmün-
dung in die Costa abgebrochen. Tip. hortulana !) Men.
25 (24) Nur die Basalglieder der Fühler rotgelb; der obere Ast
der Radialis vollständig, wenn auch (wie bei irrorata) an
seinem Ende unscheinbar.
26 (27) Hintere Basalzelle grau mit einem glashellen Flecken.
Fühler Z ungewöhnlich lang, so lang wie Kopf und Thorax
zusammen, die (reibelglieder an der Unterseite sanft bogig
ausgeschnitten. Tip. longicornis Schumm.
27 (26) Hintere Basalzelle glashell mit zwei auffallend grauen Flecken.
Fühler Z von gewöhnlicher Länge und Bildung.
Tip. irrorata Macg.
28 (17) Die vier Längsstriemen des Thoraxrückens von braunroten
Säumen eingefaßt.
29 (30) Rückenschild zwischen den Längsstriemen ziemlich auf-
fallend behaart. Hinterleib S gelbrot mit breiter, schwarzer
Rückenstrieme. Achte Bauchschiene £ breit klaffend mit
einem aus dem Innern hervorragenden, kleinen, zungenförmigen
Anhang.. Tip. saginata Bergr. 4.
30 (29) Rückenschild ohne auffallende Behaarung. Hinterleib $
rotgelb,ohne oder mit sehrundeutlicherschmaler Rückenstrieme.
Achte Bauchschiene S nicht weit klaffend, ohne jeden Anhang.
1) Diese Art hat nicht sehr lebhaft marmorierte Flügel, weshalb sie auch
in der Abteilung signata gesucht werden könnte. Im männlichen Geschlechte
wird sie der fehlende Anhang der achten Bauchschiene, im weiblichen das Fehlen
der glashellen Fleckchen am Flügelhinterrande von signata unterscheiden.
64
3 >
e
D
(32) Geißelglieder der Fühler Z unten tief bogig ausgeschnit-
ten, also an der Basis und Spitze stark verdickt.
Tip. excisa Schumm. G.
(31) Geißelglieder der Fühler S an der Unterseite nicht bogig
ausgeschnitten.
(36) Der untere (sichtbare) Arm der Append. intermediae
nahe der Spitze der Innenseite mit einem kleinen deutlichen
Zahn. Geibelglieder der Fiihler an der Basis deutlich verdickt
(vgl. Taf. I, Fig. 13).
(35) Fühler S fast ganz rotgelb; Schenkel gelb, höchstens die
äußerste Spitze verdunkelt. Tip. rubripes Schumm. S.
(34) Fühler S nie ganz rotgelb, meist nur die ersten drei Glieder
ganz und die nächsten Geibelglieder an der Spitze rotgelb,
die letzten Glieder immer ganz schwarzbraun. Schenkel gelb,
aber gegen die Spitze immer ausgebreitet braun.
Tip. nubeculosa Men. S.
(33) Der untere (sichtbare) Arm der Append. intermediae an
der Innenseite nahe der Spitze ohne scharfen Zahn.
Tip. seripta!) Men. S.
1) Die Weibchen der excisa-Gruppe halte ich wie folgt auseinander:
1 (2) Legeröhre © außerordentlich kurz, die oberen Lamellen am Grunde
verwachsen, am unteren Rande nicht gezähnt. Tip. saginata 2.
2 (1) Legeröhre 2 ziemlich lang; die oberen Lamellen am Grunde nicht ver-
wachsen, am unteren Rande gesägt.
3 (4) Legeröhre © an der Spitze grob zweizähnie (Fig. 11a). Tip. excisa 2.
4 (3) Legeröhre © an der Spitze nicht zweizähnig (Fig. 11b).
5 (6) Legeröbre © schlank, vom Grunde gegen die Spitze allmählich sich
verschmälernd, das Ende ziemlich spitzig; Geißelglieder vom vierten
angefangen an der Basis schwarz, welche Färbung sich scharf von der
Grundfarbe abhebt, so daß die Geißel wie schwarz geringelt erscheint.
Tip. scripta 2.
6 (5) Legeröhre © robust, fast bis gegen die Spitze oleich breit, erst vor
ihrem Ende sich verschmälernd, die Spitze abgerundet; Geißelglieder
an der Basis wohl gebräunt, die Bräunung ist aber nie so scharf von
der rotgelben Farbe abgesetzt, daß die Geißel ein schwarzgeringeltes
Aussehen erhält. Tip. nubeculosa ©.
Das 2 von rubripes, das ich nicht kenne, muß sich wohl durch ganz
gelbe Schenkel von dem der nubeculosa unterscheiden lassen.
II. Gruppe: Striatae.
Posticalader und das Basalstück des Vorder-
astes dieser Ader von einem schmalen braunen
Saume begleitet. Sind auf der grauen Flügelfläche
auch glashelle Stellen bemerkbar, so nehmen sie
doch nie die Form von Flecken oder Makeln an wie
bei den Marmoratae, sondern erscheinen mehr als
weißliche Streifen, die den Kern der Zelle bilden.
1 (4) Costalzelle und Mediastinalzelle braun oder schwarz.
2 (3) Die Basalglieder der Fühler und das erste Geibelglied zum
größten Teile gelb. Braungefärbte Art. Tip. marginata Mgn.
3 (2) Alle Fühlerglieder schwärzlichgrau. Graue, blaubereifte Art.
Tip. caesia Schumm.
4 (1) Costalzelle gelblich oder wasserklar, die Mediastinalzelle
bisweilen schwärzlichbraun.
5 (8) Hinterleib vorwiegend gelb gefärbt.
6 (7) Fühler gelb, die Geißelglieder vom zweiten an der Basis
schwarz. Hinterleib ohne Rückenstrieme. Achte Bauchschiene S
mit einem großen, fußförmigen, senkrecht abstehenden Anhang.
Legeröhre © lang und spitzig. Tip. variieornis Schumm.
7 (6) Höchstens das zweite Fühlerglied und das erste an der
Basis gelb, die Geibel schwarzbraun. Hinterleib mit brauner
Rückenstrieme. Achte Bauchschiene £ ohne Anhang. Lege-
röhre © außerordentlich kurz und stumpf. Tip. vernalis Men.
8 (5) Hinterleib grau mit schwarzer, in Flecke aufgelöster Seiten-
strieme. Tip. lateralis Men.
III. Gruppe: Subunicolores.
Flügel einfarbig, glashell, grau, schwärzlich oder
gelblich tingiert, ohne glashelle Flecken, nur vor
dem Stigma ein kleinerer oder größerer Mondfleck.
1 (2) Flügel S © intensiv schwärzlich tingiert. Tip. nigra L.
2 (1) Flügel glashell, grau oder gelblich tingiert.
3 (6) Costal- und Mediastinalzelle dunkler gefärbt als die übrige
Flügelfläche, so daß am Vorderrand ein von der Grundfarbe
scharf sich abhebender Längsstreifen liegt, der von der
Flügelwurzel bis zum Stigma reicht.
Zeitschrift des mähr, Landesmuseums. XIII, D
66
4 (5) Flügel grau, unter dem dunklen Vorderrande ein weib-
schimmernder Längsstreifen. Hinterleib grau. Tip. oleracea L.
on
(4) Flügel bräunlich tingiert, unter dem dunklen Vorderrande
ein gelblich schimmernder Längsstreifen. Hinterleib fleisch-
farben. Tip. paludosa Men.
(3) Costal- und Mediastinalzelle nicht dunkler gefärbt als die
übrige Flügelfläche, Vorderrand des Flügels ohne dunklen
©
Längsstreifen.
(14) Vor dem Stigma ein kleiner, unscheinbarer, glasheller oder
weißlich schimmernder Mondfleck, der über die Radialader
nicht hinausreicht!).
1
8 (9) Hinterleib in beiden Geschlechtern mit ziemlich breiter,
schwärzlichbrauner Rückenstrieme; die ganze Flügelfläche
intensiv geblich tingiert. Tip. luteipennis Mgn.
9 (8) Hinterleib ohne Rückenstrieme; Flügelfläche höchstens am
Vorderrande intensiv gelblich tingiert.
10 (13) Basalglieder der Fühler gelb. Hinterleib immer etwas gelb
gefärbt.
11 (12) Fühler S bedeutend länger als Kopf und Thorax zu-
sammengenommen; Legeröhre 2 auffallend robust, die unteren
Lamellen nur wenig kürzer als die oberen; Thorax grau mit
glänzenden dunklen Längsstriemen. Tip. flavolineata Men.
12 (11) Fühler Z bedeutend kürzer als Kopf und Thorax zu-
sammengenommen: Legeröhre © kurz, die unteren Lamellen
bedeutend kürzer als die oberen. Thorax grau mit matten
Längsstriemen. Hypop. 4 stark aufgetrieben.
Tip. stigmatella Schumm.
13 (10) Fühler schwärzlichgrau. Hinterleib grau.
Tip. pruinosa Wdm.
14 (7) Der glashelle Mondfleck vor dem Flügelrandmale zieht sich
bis in die Discoidalzelle hinein, reicht also immer über die
Radialis hinaus?). |
15 (18) Hinterleib aschgrau.
! Tip. decipiens, die in diese Gruppe gehört, wurde wegen ihrer großen
Ähnlichkeit mit Tip. lunata L. in die nächste Abteilung gezogen, ebenso Tip.
livida. Man siehe daher auch in der nächsten Abteilung nach.
2) Siehe die vorstehende Fußnote,
67
16 (17) Achte Bauchschiene S mit einem plättchenartigen, fuchsrot
behaarten Anhang. Flügelfläche bräunlich tingiert (Mondfleck
groß). Tip. lunata L.
17 (16) Achte Bauchschiene Z ohne Anhang und ohne Behaarung.
Flügel fast wasserklar (Mondfleck klein und unscheinbar).
Tip. decipiens Czk.
18 (15) Hinterleib rotgelb bis ockergelb.
19 (28° Achte Bauchschiene mit doppelten Anhángen.
20 (21) Der weiße Mondfleck vor dem Stigma reicht weit bis in
die Cellula posticalis posterior (S) oder bis zum Flügel-
hinterrande (©). Die mittleren Anhänge G, einen nach oben
gekrümmten scharfen Dorn mit zwei an der Innenseite des-
selben angebrachten lappenartigen Fortsätzen bildend, sind
der hervorragendste Teil des Hypopygiums. Auf der Unter-
seite des Hypopygiums erscheint ober den hakenförmig gegen-
einander gekehrten Append. dupl. das Indusium des Admini-
culums, zwei weißlichgraue, mit den stumpfen Spitzen nach
oben gekehrte Lappen bildend. Tip. faseipennis Men.
21 (20) Der weiße Mondfleck vor dem Randmale reicht nur bis
in die mittlere Discoidalzelle.
22 (29) Achte Bauchschiene mit einem plättchenartigen Fortsatze,
der eine fast senkrecht abstehende, goldgelbe Behaarung trägt.
Tip. ochracea Men.
23 (22) Achte Bauchschiene ohne Fortsatz und auffallende Behaarung.
24 (25) Apophysen der achten Bauchschiene ungewöhnlich groß, vom
Grunde aus stark gegeneinander gebogen, ohne Dornen am
Ende, ganz kahl, ohne Behaarung an der Innenseite. Append.
inferae weit vorstehend und auffallend büschelförmig behaart
(Taf. II, Fig. 3). Tip. truncata Löw.
25 (24) Apophysen der 8. Bauchschiene klein, aber an der Innen-
seite mit reihenweise angeordneten, gegeneinander gerichteten
Härchen fast filzig behaart. Append. inferae in der Seiten-
ansicht des Hyp. nicht weit vorstehend, ohne büschelförmige
Behaarung.
26 (27) Die am Ende der Apophysen eingesetzten, mit der Spitze
gegeneinander gerichteten Dornen apical (Taf. II, Fig. 4).
Tip. peliostigma Schumm.
D*
27 (26) Die am Ende der Apophysen eingesetzten Dornen sub-
apical (Taf. II, Fig. 6). Tip. Selene Men.
28 (19) Achte Bauchschiene ohne Apophysen.
29 (30) Rückenschild grau mit vier sehr deutlichen, immer etwas
glänzenden Längsstriemen. Hyp. F mit 2 großen auffallen-
den, an der Außenseite dicht zottig behaarten unteren An-
hängen, die in der Seitenansicht als zwei große, nach oben
gerichtete Hörner erscheinen. Tip. dilatata Schumm.
30 (29) Rückenschild gelb, ohne oder mit undeutlichen, grauen,
nie glänzenden Längsstriemen. App. inferae in der Seiten-
ansicht nicht besonders auffallend.
31 (34) Der Spitzenteil der Lamella term. infera durch eine ziem-
lich tiefe Furche von dem unteren Teil der Lamelle getrennt.
32 (33) Der Spitzenteil der Lamella term. inf. stark kegelförmig
vorgezogen; achte Bauchschiene ohne auffallenden abstehen-
den Haarbüschel. Tip. livida v. d. Wulp.
33 (32) Der Spitzenteil der Lam. term. inf. nur wenig vorgezogen;
achte Bauchlamelle mit einem deutlich abstehenden, in ge-
wisser Richtung goldgelb schimmernden Haarbüschel.
Tip. helvola Löw.
34 (31) Spitzenteil der Lamella term. infera durch keine Furche
von dem unteren Teil der Lamelle getrennt.
35 (36) Achte Bauchschiene mit zwei Haarbüscheln besetzt, die (nach
Löw) oft in ein einziges Büschel verschmelzen und, von der
Seite gesehen, einschmales, spitzzulaufendes Haarbüschel bilden.
App. superae am Ende stark verbreitert, App. intermediae aus
mehreren Armen bestehend. Tip. bifaseieulata Löw.
36 (35) Achte Bauchschiene mit einem einzigen, sehr breiten, nie
spitz zulaufenden Haarbüschel besetzt; App. superae am
Ende kaum erweitert, App. intermediae aus einem einzigen
Arm bestehend. Tip. pannonia Löw').
!) Von den Weibchen der Ochracea-Gruppe kenne ich nur: dilatata,
helvola, fascipennis, livida, mellea und ochracea.
Ich versuchte, sie folgendermaßen auseinanderzuhalten:
1 (4) Obere Lamellen der Legeröhre äußerst kurz.
2 (3) Die oberen Lamellen der Legeröhre bedeutend schmäler als die letzten
Hinterleibsringe. Der weiße Mondfleck vor dem Flügelrandmale reicht
bis zum Flügelhinterrande. Tip. fascipennis ©.
V. Beschreibung der mährischen Arten
der Gattung Tipula.
1. T. maxima Poda, Ins. Mus. Graec. 113.6. (1761); Kertész Kat.,
IL 295; gigantea Schranck, Beitr. z. Naturgesch. (1776); Mgn,,
Syst. Beschr. I. (1818); Schin., II. 510 (1864); hortorum
Herbst, Gem. Naturgesch. (1786); rwvosa Scop., Entom. Čar-
niol. (1763); sinuata Fabr., Spec. Ins. (1781); nubilosa Harr.,
nach Verrall 1886.
Kopf gelblichgrau mit einem Stich ins Rötliche, Rüssel
und Taster verdunkelt. Fühler gelb, das erste Basalglied gegen
das Ende braun, die Geibelglieder an der Basis schwach gebräunt
und kaum verdickt, die ganzen Fühler im Verhältnisse zur Größe
des Tieres ziemlich kurz.
Rückenschild grau mit vier dunkleren, nicht immer deut-
lichen, oft zusammengeflossenen Längsstriemen, die äuberen ver-
kürzt. Brustseiten grau sowie die Hüften schwach weiblich bereift,
die Notopleuraldepression rotgelb. Halsschild, eine Stelle an der
Quernaht des Thorax und Schildchens rostrot. Mesophragma grau-
gelblich schillernd.
Beine gelbbraun mit verdunkelten Schenkel- und Schienen-
spitzen.
Flügel am Vorderrande mit einer zweimal tief ausgebuchteten
braunen Binde, die bis zur Flügelspitze reicht. Am Flügelhinter-
rande liegt eine ähnliche, aber viel schwächere Binde, die etwas
3 (2) Die oberen Lamellen der Legeröhre nicht auffallend schmäler als die
letzten Hinterleibsringe. Der weiße Mondfleck vor dem Flügelrande
reicht nur bis in die mittlere Discoidalzelle. Tip. mellea ©.
4 (1) Obere Lamellen der Legeröhre ziemlich lang.
5 (6) Nur die Basalglieder der Fühler rotgelb; die Fühlergeißel schwarzbraun.
Tip. ochracea 2.
6 (5) Die Basalglieder der Fühler und die Fühlergeißel gelbrot, die Geißel-
elieder an der Basis deutlich geschwärzt, wodurch die Fühler ein ge-
ringeltes Aussehen erhalten.
7 (8) Rückenschild grau mit dunklen, elänzenden Längsstriemen. Mondfleck
sehr deutlich, über die Discoidalzelle hinausreichend. Tip. dilatata 2.
8 (7) Rückenschild ockergelb ohne glänzende Längsstriemen.
9 (10) Die unteren Lamellen der Legeröhre außerordentlich dünn, fast borsten-
förmig, die oberen Lamellen sehr lang. Tip. livida v. d. Wulp. ©
10 (9) Die unteren Lamellen der Legeröhre ziemlich breit, nie borstenförmig.
Die oberen Lamellen nicht ungewöhnlich lang. Tip. helvola Löw. 2
70
über die Posticalader hinausreicht und durch einen braunen Saum
längs dieser Ader mit der ersten Binde zusammenhängt. Sie ist
nur einmal ausgebuchtet, doch reicht diese Ausbuchtung oft bis
an den Flügelhinterrand, wodurch die Binde eigentlich in zwei
große lichtbraune Flecken aufgelöst ist. Kleinere braune Schatten-
flecke von nicht konstanter Größe liegen an der Spitze der hinteren
und der vorderen Discoidalzellen, ein kleiner brauner Fleck an der
Analader in der Cellula postic. posterior.
Hinterleib bräunlichgrau; die von Schiner erwähnten Rücken-
und Seitenstriemen sehr undeutlich oder nur in gewisser Richtung
sichtbar.
Hypopygium dick, fast kugelförmig, braun. Die Lamella
terminalis supera ist am Spitzenrande tief eingekerbt, ihre Seiten-
ecken sind in zwei Spitzen, der mittlere Spitzenrand in zwei rund-
liche Höcker ausgezogen. Die Lamella term. infera ist mächtig
entwickelt, aber nicht gefurcht und nur wenig ausgebuchtet. Die
Appendices superae breit blattförmig, weißlich, an der konkaven
Außenseite mit kurzen schwarzen Härchen dicht besetzt. Die Ap-
pend. intermediae bestehen aus vier glänzend schwarzen Zähnen
von ungleicher Größe, von denen der unterste und der mittlere
auch am ganzen Hypopyg deutlich wahrgenommen werden können.
Legeröhre 2 braun, die Lamellen lichter, die oberen ziemlich
gerade, am Ende abgerundet.
Hypopygium bei Westh. 1882, tab. II, Fig. 12 (Lam. term.
supera) und tab. V, Fig. 59 (Penisspitze).
Größe: 25—30 mm.
Die Larve (Beling 1886) ist 30 mm lang, 10 mm dick, gelb-
grau bis bräunlich, derbhäutig, an den beiden ersten Leibes-
segmenten ganz oder teilweise bräunlich, seidenglänzend. Am Ende
der ersten 11 Leibessegmente steht statt der gewöhnlichen Be-
haarung eine Querreihe von kleinen Dornenzähnchen. Letztes Leibes-
segment mit sechs kurzen, das häutige Stigmenfeld umschließenden
Hautzähnen, die an den Rändern mit feinen Wimperhaaren be-
setzt sind. Unterseite des Endsegments mit sechs großen, hellen
Fleischzapfen. Nach Brauer stehen unter diesen ventralen Zapfen
jederseits zwei wurstförmige, geringelte Anhänge.
Die Puppe ist 40 mm lang, rötlichbraun. Stirnhörnchen kurz,
an der Spitze stark erweitert, an der Basis geschwärzt, am Ende
lichtgelb. Hinterleib platt mit scharf zusammengedrückten Seiten-
71
kanten, auf der Bauchseite mit kräftigen, auf der Rückenseite mit
kleinen, höckerförmigen Zähnchen in Querreihe.
Endsegment der männlichen Puppe auf der Oberseite mit
sechs in einem unregelmäßigen Sechseck stehenden Dornen und
vier zapfenförmigen Höckern. An der Außenseite der oberen großen
Höcker je ein spitzer Dornenzahn. Endsegment der weiblichen
Puppe an der Unterseite mit sechs Dornenzähnen in Querreihe, an
der Oberseite mit sechs Zähnen in einem unregelmäßigen Sechs-
ecke, am Ende mit zwei kurzen, verwachsenen Legerohrscheidepaaren.
Beling fand die Larven und Puppen in der Nähe kleiner
Waldbáche in feuchter und nasser Erde, Brauer in Waldbächen
unter Laub und Steinen. Interessant ist Belings Mitteilung, daß
er in dem Zuchtglase, in welchem die Larven eingezwingert waren,
acht Tonnenpuppen fand, aus denen er drei Exemplare von Siphona
cristata zog).
Vorkommen: An buschreichen Bächen unseres Waldgebirges,
wohl.nirgends fehlend. In einer Waldschlucht des Zwittatales bei
Bilowitz 16. Jnni, Geißschlucht bei Bilowitz 29. Mai, Josefstal,
3. Junı, Rickatal bei Lösch 9. Juni, Mokrahora 12. Juni, Karthaus
2. Juni, Frain (Siebeck), Fulnek (leg. H. Skala). Sie scheint in der
Ebene zu fehlen; auch aus dem Hohen Gesenke ist sie mir nicht
bekannt.
Verbreitungin Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Schlesien (Strobl 1900), Niederösterreich, Steiermark (Strobl 1880
und 1894), Kärnten (Tief 1887), Tirol (Palm 1869), Vorarlberg
(Bau 1910), Galizien (Now. 1873), Ungarn (Kow. 1873und Thalh. 1899),
Bosnien (Strobl.
Geographische Verbreitung in Europa: Die Art scheint
in ganz Europa verbreitet zu sein. Schweden und Norwegen (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Finland (Lm. 1907), Livland (Sint.
1885), Rußland (Gimmerth.), England (Verr. 1886), Holland (Wulp-
Meij. 1898), Deutschland (Men. I., Schumm. 1833, Westh. 1882),
Frankreich (Macq.). Schweiz (Hug. 1888), Gardasee (Ramme, Berl.
Ent.-Ztg. 56. B. 1911, S. 23.) Italien (Bezzi), Spanien (Strobl 1909).
1) Als Schmarotzer trifft man an vielen Imagines kleine rote Milben an,
die oft in großer Zahl die Brustseiten und das Abdomen besetzt halten.
Lohde erwähnt in der Berl. Ent. Zeitschrift XVI. 1872, p. 40, einen
Pilz, der von Heyden auf einer größeren Tipula vorgefunden wurde und den
Fresenius Entomophtora Tipulae nannte.
-I
D
Anmerkung. Zu den nächsten Verwandten der Tip. maxima gehören
drei europäische Arten, die bisher nur aus Spanien bekannt sind. Zwei der-
selben, Tipula repanda und Tip. triangulifera, hat H. Löw in der Wien.
Ent. Mon., VIII. Band, 1864, Heft 4, S. 128—131, beschrieben. Die Männchen
beider Arten unterscheiden sich von Tip. maxima (sinuata F.) durch die
anders gestaltete Lamella terminalis supera. Bei maxima ist der Spitzenrand
der Lam. terminalis supera beim Männchen in zwei längere Spitzen und
in zwei mittlere, kürzere, vorne abgerundete Zipfel ausgezogen, so daß der
ganze Spitzenrand auf diese Weise vierzipfelig erscheint. Bei repanda und
triangulifera Löw dagegen ist der Spitzenrand derselben Lamella in 2 seit-
liche und in nur einen mittleren kürzeren Zipfel ausgezogen, so daß der Spitzen-
rand der Lamella nur dreizipfelig erscheinen muß.
Die Männchen beider Arten werden nach Löw durch folgende Merk-
male auseinandereehalten werden können: .
1. Fühler lehmgelb, an der Spitze kaum dunkler; der vierte Teil der
Append. intermediae ist wenig entwickelt und bildet einen kurzen Doppelzahn.
Tip. triangulifera Löw.
2. Fühler schwärzlichbraun, nur das erste Glied an der Wurzel gelb. Der
vierte Teil der Append. interm. bildet einen großen, gekrümmten, scharfen Dorn.
Tip. repanda Löw.
Schwieriger dürften die Weibchen beider Arten vom Weibchen der
Tip. maxima zu unterscheiden sein. Löw erwähnt, daß sich Tip. repanda 2
durch nichts anderes als durch die Flügelzeichnung von Tip. maxima ©
unterscheide. Die glashellen Stellen zwischen den braunen Flecken am Flügelvorder-
rande sind bei T. repanda größer, der zweite olashelle Fleck ist von dem ersten
nur durch eine schräge braune Linie getrennt und die Bräunung in den Hinter-
randzellen ist viel weniger ausgedehnt. Als weiterer Unterschied wird ange-
geben, daß „die Bräunung, welche sich am Hinterrande vom Ende der Anal-
zelle bis zum Hinterwinkel des Flügels hinzieht, durch eine große, helle Bucht
fast vollkommen unterbrochen ist, wovon sich bei T. maxima kaum eine Spur
findet.“ Diese letztere Angabe Löw sist wohl nur ein Irrtum; auch bei T. maxima
kommt diese Unterbrechung der braunen Binde vor; sie ist wohl nicht immer
vollständig, die Spur einer solchen Trennung findet sich aber fast immer.
Die Weibchen von T. triangulifera und T. repanda werden, da die
Flügelzeichnung dieselbe ist, wohl nur durch die Farbe der Fühler unterschieden
werden können.
Stroblhat in der Wien. Entom.-Ztg., XIX. 1900, S. 207, eine vierte Art
dieser Gruppe als Tip. pseudogigantea beschrieben, die aus Bachschluchten
Galiciens in Nordspanien stammt. Auch sie steht der Tip. maxima sehr nahe, so
daß Schiners Beschreibung vollständigaufsiepaßt. Da Strobl voneinem „identisch
gebauten Hypopygium“ spricht, ist anzunehmen, daß seine Art der Tip. maxima
noch viel näher stehe als den beiden Arten Löws. Sie unterscheidet sich im
allgemeinen von maxima durch dunklere Färbung, dadurch, daß Kopf, Prothorax
und Schildchen nichts Rotes zeigen und durch die Flügelzeichnung: „Die weiße
Flügelzeichnung ist in der Anlage dieselbe, aber viel beschränkter; man kann
nur eine ziemlich schmale, unregelmäßige mittlere Längsbinde und eine schräge
73
hintere Querbinde unterscheiden; statt der bei T. maxima mindestens ebenso
breiten vorderen Querbinde sieht man nur kleine weiße Fleckchen, zwei ober-
halb der Längsbinde und eines unterhalb derselben an der Mündung der
Axillarader.“ Wenn das Hypopygium mit dem der T. maxima vollkommen
übereinstimmt, vielleicht doch nur eine Varietät dieser Art.
2. T. fulvipennis Deg., Mém. pour serv. à Vhist. de Ins. VI. 343
(1776); Kert- Kat. II. 287; lufescens Fabr., Syst. Antl. 1805;
Men. I. 172 (1818); Schummel, Beitr. z. Ent. III. 18 (1833);
Schin. II. 510 (1864).
S: Kopf, Schnauze und Taster gelblichgrau, Rüssel etwas
verdunkelt.
Fühler gelb, nur etwas länger als der Kopf, Geibelglieder
am Grunde kaum verdickt.
Rückenschild gelblichgrau mit vier dunkleren, oft braun-
gesäumten Längsstriemen, die seitlichen vorne verkürzt. Hinter der
Quernaht zwei ovale, nicht sehr deutliche Flecke. Brustseiten lichter
gelb als der Rückenschild, der Teil unter der Notopleuraldepression
und die Hüften weißlich bereift. Schildchen und Mesophragma grau.
Beine lichtgelb mit verdunkelten Schenkelspitzen.
Flügel graulich tingiert, kaum gewölkt, mit lichtbraunem Rand-
male und einem kleinen Schattenfleck zwischen Postical- und Analader.
Hinterleib gelbbräunlich bis braun, in gewisser Richtung
mit braunen abgesetzten Seitenstriemen.
Hypopygium ziemlich groß, aber nicht so stark aufgetrieben
wie bei T. maxima, hinten schief abgestutzt. Die Lam. term. sup.
am Spitzenrande in einen stumpfen Höcker ausgezogen, die Seiten-
ecken abgerundet. Lamella term. infera tief gebuchtet, am unteren
Rande mitlangen, goldgelben Haaren besetzt. Die Append. superae
groß. blattfürmig, weiblich, stumpf, auf der konkaven Außenseite
mit kurzen Härchen dicht besetzt. Sehr charakteristisch sind die
Append. intermediae, die aus zwei Teilen bestehen. Der obere Teil
trägt (von unten gesehen) an langem Stiele ein blattähnliches Ge-
bilde, der untere Teil ist zangenförmig. Abbildung des Hypo-
pygiums: Westh. 1882, tab. I, Fig. 1 (Hyp.).
Weibchen: Lichtgelb, fast ockergelb. Die Rückenstriemen
des Thorax sind deutlicher braun gesäumt. Flügel intensiv rostgelb
tingiert, vor dem braunen Randmal ein milchweißer Fleck, in der
hinteren Posticalzelle der gewöhnliche braune Schattenfleck. Lege-
röhre mäbig lang, rostgelb, glänzend.
74
Gróbe: S 24, 9 28 mm.
Larve (nach Beling, 1878): 30—32, ausgestreckt fast 50 mm
lang, lederhäutig und bräunlichgelb. Sie soll sich außer durch ihre
Grôbe von den anderen Tipulidenlarven dadurch unterscheiden,
daß an der Unterseite des Aftergliedes sechs hornförmige Haut-
zapfen stehen, die bei der weiblichen Larve stärker und länger
sind als bei der männlichen.
Die Puppe ist 36 mm lang, hinten kegelig verdünnt und gelblich-
braun. Die Stirn trägt zwei gelbbraune, an der Spitze spatelförmig er-
weiterte Hörnchen, die Oberseite des Thorax zwei warzenförmige
Höcker. Hinterleib am fünften bis achten Ringe der Bauchseite und am
dritten bis achten der Rückenseite mit in Querreihen stehenden Zähnen.
Das Afterglied der männlichen Puppe an der Oberseite mit
sechs in einem Sechseck, an der Unterseite mit vier in einer Auer-
reihe stehenden Zähnchen, außerdem an jeder Seitenkante des
Aftergliedes ein Zahn.
Das Afterglied der weiblichen Puppe mit zwei verwachsenen,
stumpfen Legerohrscheiden.
Die Larven wurden von Beling zugleich mit denen von
Pedicia rivosa in mit abgefallenem Laub bedeckter, nasser Erde,
am Rande von Quellen, kleinen Bächen und Wassertümpeln ge-
funden. Die Puppenruhe dauerte in der Regel 7 bis 10 Tage.
Westh. 1879, S. 42, berichtet, dab Kolbe eine Larve unter einem
Eichenaste in nassem Laube gefunden habe.
Vorkommen: Die Art scheint bei uns weit verbreitet zu
sein, doch ist das G ungleich seltener als das 9. Ich besitze sie
aus Nord- und Mittelmähren, aus Südmähren kenne ich sie aus
der Sammlung Siebeck. Erzberg bei Wiesenberg 1 2 10. Juli;
Primiswald am Dreistein 8. August, Berggeist 1 S, 1 2, 22. Juli:
Mokrahora 8. September und Schreibwald 10. September, je 1 2,
Ochos, August (leg. P. Huber), Radhost 19. August und Alt-Lublitz
in Schlesien (K. Landrock).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Schlesien (Strobl 1900), Niederösterreich, Steiermark (Strobl 1880
und 1894), Kärnten (Tief 1887, Bergr. 1888), Tirol (Palm 1869),
Vorarlberg (Bau 1910), Galizien (Now. 1873, Grz. 1873), Sieben-
bürgen (Strobl 1896), Ungarn (Thalh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Diese Art ist
ebenfalls weit verbreitet. Schweden (Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905),
15
Norwegen (Siebke 1877), Finland (Lm. 1907), Rußland (Fedt. 1891),
Livland (Sint. 1882), England (Verr. 1886), Holland (Wulp-Meij.
1898), Deutschland (Mgn. I, Schumm. 1833, Westh. 1882),
Frankreich (Macg.), Schweiz (Hug. 1888). Aus dem Süden Europas
ist mir kein Fundort bekannt.
3. T. tenuicornis Schum., Beitr. z. Entom. III. 24. (1833); Schin.
IL 511 (1864); Kert. Kat. II. 309.
SF: Kopf grau, Schnauze rotgelb, Taster schwarzbraun.
Fühler ungefähr so lang wie Kopf und Schnauze zusammen-
genommen, die ersten drei Glieder rein rotgelb, die Geibelglieder
an der kaum verdickten Basis schwärzlich, sonst rotbraun, die
Endglieder verdunkelt.
Rückenschild grau mit drei sehr breiten, dunklen, braun
eingefaßten Längsstriemen, die fast die ganze Oberseite des Thorax
einnehmen. Die mittlere Strieme ist wieder durch zwei feine
braune Linien geteilt, die vorne zu einer einzigen Linie zusammen-
fließen, gegen die Quernaht hin sich nähern und einen helleren
Kern einschließen. Ganz deutlich sind diese Mittellinien aber nur
bei dem lebenden Tiere.
Brustseiten grau bereift: Notopleuraldepression rotbraun,
Schildchen schwarzbraun, am Spitzenrande schwach gelblich. Meso-
phragma grau bereift, mit etwas erhabenem Mittelkiel, in gewisser
Richtung schwarz schimmernd.
Beine schwarzbraun, Schenkel an der Basis rotgelb.
Flügel am Vorderrande braun, am Hinterrande grau tingiert
mit schwarzbraunem Randmale und deutlichen glashellen Binden.
Die erste Binde beginnt vor dem Randmale in der Subcostal-
zelle und geht, die äußersten Spitzen der beiden Basalzellen und
die innere Hälfte der vorderen Discoidalzelle erfüllend, über die
Basis der hinteren und der vorderen Discoidalzellen bis in die
Cubitalzelle, deren Spitzenhälfte sie ausfüllt, reicht also vom Rand-
male, schräg über den Spitzenteil des Flügels gehend, bis zur
Flügelspitze. Beim S erscheint diese glashelle Binde durch eine
größere Trübung in der mittleren Discoidalzelle etwas unterbrochen.
Ein zweiter glasheller Streifen entsteht dadurch, dab die cellula
posticalis posterior in der Wurzelhälfte glashell ist. Ein glasheller
Fleck liegt auf der Mitte der hinteren Basalzelle an der Postical-
ader. Die beiden Äste der Posticalis sind deutlich braun gesäumt.
76
Hinterleib grau, die Basis des ersten Ringes deutlich rostgelb,
der Hinterrand der Segmente schmal gelblichweiß; Hinterleibs-
seiten unten mit einem weißlichgrauen Streifen, über welchem in
gewisser Richtung samtschwarz schillernde Flecken erscheinen, die
eine unterbrochene Seitenstrieme bilden.
Hypopygium grau, ziemlich groß. Lamella term. supera
am Spitzenrande sanft ausgebuchtet, die Seitenecken etwas vor-
stehend. Lam. basalis infera weit klaffend, am Spitzenrande
mit kurzen, gelbroten Härchen dicht besetzt. Lam. termin. infera
tief gespalten, durch ein auf der Mitte kielförmig erhobenes
Häutchen abgeschlossen. Append. superae grob, blattförmig,
von weiblicher Farbe, fein schwarz behaart. Die
y ed Append. intermediae sind von kastanien-
s ur \ brauner Farbe und bestehen aus zwei Teilen
EEE er)!
N / C P 2: Die Längsstriemen des Thoraxrůckens
5 V sind kaum dunkler gesáumt. Die braunschwarz
schillernden, in Flecke aufgelösten Seiten-
striemen des Abdomens sind deutlicher. Die
Flügel sind intensiver braun, weshalb die weiße
Flügelzeichnung noch viel deutlicher auftritt
als beim S. Bei manchen weiblichen Stücken ist die mittlere Dis-
Fig. 1.
Tip. tenuicornis S.
(Hyp., von der Seite.)
coidalzelle bis auf einen braunen Saum am disc. ramus. anterior
fast ganz glashell.
Legeröhre mäbig lang, am Grunde dunkel kastanienbraun,
die Lamellen lichtbraun.
(sröbe: F 18-20 mm, © 23—25 mm.
Larve und Puppe nicht bekannt.
Vorkommen: Die Art wird sowohl von Schummel als auch
von Schiner als sehr selten bezeichnet. Bei uns ist sie häufig und
ziemlich verbreitet. Sie erscheint zugleich mit T. pabulina schon
im Mai. Řičkatal bei Lösch 4. Mai und 14. Mai, Karthaus 12. Mai,
Josefstal bei Adamstal 25. Mai; 1 © aus der Geißschlucht bei
Bilowitz; 1 S aus dem Schreibwalde (K. Landrock). Ich habe
die Art immer nur an Waldbächen angetroffen und glaube, daß
die Lebensweise der Larven jenen der Tip. maxima und fulvi-
pennis am nächsten kommen wird.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Kärnten (Tief 1887), Ungarn (Thalh. 1899).
77
Geographische Verbreitung in Europa: Es ist auffallend,
dab diese Art in allen mir bekannten faunistischen Verzeichnissen
der verschiedenen Länder fehlt. Aus Deutschland zählt sie bloß
Schummel 1833 auf.
4. T. vittata Mgn., Klass. I. 66 (1804) und S. B. I. 171 (1818);
Schin. II. 511 (1864); Kert. Kat. II. 313.
Diese Art ist der T. tenuicornis außerordentlich ähnlich.
Es läßt sich kaum ein anderes sicheres Unterscheidungsmerkmal
angeben als die Form und Farbe der Fühler beider Arten.
T. vittata besitzt längere Fühler als T. tenuicornis, auch sind
die einzelnen Glieder dicker, die ganzen Fühler daher viel robuster.
Überdies sind bei T. tenuicornis die Basalglieder und die ersten
Geibelglieder deutlich rotgelb, bei T. vittata aber nur die Basal-
glieder, die ganze Geißel aber schwarzbraun.
Nach Schiner wird man beide Arten nicht auseinander-
halten können, denn er zitiert Schummel falsch. Er sagt bei
vittata: „Erste L. A. an der Basis schwarzbraun“, bei tenui-
cornis: „Erste L. A. an der Basis rotgelb“. (Fauna austr., II, 511.)
Schummel sagt aber gerade umgekehrt: dritte Längsader (d. 1.
Schiners erste L. A.) von der Flügelwurzel bis zu den Wurzel-
queradern bei vittata rostgelb, bei tenuicornis dunkelbraun.
Als Unterscheidungsmerkmale der T. vittata und T. tenui-
cornis seien nach den Beschreibungen Schummels noch angeführt:
vittata: Fühler schwarzbraun, nur die Basalglieder rotgelb,
die Geißelglieder vom zweiten an deutlich verdickt. Erster Hinter-
leibsring einfarbig aschgrau (aber an der Basis heller als am Ende).
Erste Längsader an der Basis rostgelb.
tenuicornis: Fühler rotbraun, die drei ersten lieder rotgelb,
die folgenden (reibelglieder an der Spitzenhälfte rotgelb, an der
Basis schwärzlich, die Endglieder braun. Geißelglieder an der
Basis kaum verdickt. Erster Hinterleibsring an der Wurzel deutlich
rostgelb. Erste Längsader an der Basis schwarzbraun.
Was Schummel meint, wenn er bei T. tenuicornis sagt:
„Der kleine Wisch in der Mitte der vorderen Strahlzelle fehlt“,
weiß ich nicht, da die cellula posticalis posterior bei meinen
zahlreichen Stücken der T. tenuicornis einen deutlichen blaß-
grauen Streifen zeigt, der in der Mitte der Zelle schmal beginnt
und, sich verbreiternd, bis in die Spitze dieser Zelle hinzieht.
18
Westhoff bildet die Lamella term. supera von T. vit-
tata ab; wenn man seine Abbildung mit der auf Taf. I, Fig. 17, ab-
gebildeten oberen Endlamelle von tenuicornis vergleicht, wird
sofort der Unterschied auffallen; Westhoffs Zeichnung scheint aber
ungenau oder stilisiert zu sein, denn die neunte Rückenschiene
von T. vittata ist am Spitzenrande nicht so stark ausgebuchtet,
wie Westhoff sie abbildet, und auch die Seitenecken sind nicht so
stark abgerundet; vielmehr gleicht die Lam. term. supera meiner
zwei Stücke der T. vittata ganz jener von T. tenuicornis.
Abbildung des Hypopygiums: Westh. 1882, tab. II,
Fig. 11 (Lam. term. supera); tab. VI, Fig. 67 (Adminiculum).
Die Larve (Beling 1886) gleicht der von T. fulvipennis,
unterscheidet sich aber von ihr durch geringere Größe, durch die
hornigen Spitzen der vier oberen Zapfen des Stigmenfeldes und
durch eine winkelige, schwarzbraun glänzende Zeichnung am Be-
ginne der zwei unteren Zapfen des Stigmenfeldes.
Die Puppe ist 28 mm lang, rostbraun, am Thorax schwarz
gefleckt. Stirnhörnchen kurz, an der Spitze etwas kolbig erweitert.
Endsegment der männlichen Puppe an der Oberseite mit
vier starken Dornenzähnen in Querreihe, dahinter zwei doppelspitzige
Dornenzähne. Unterseite des Endsegments mit vier kräftigen Dornen-
zähnen in Querreihe.
Endsegment der weiblichen Puppe mit je sechs Dornenzähnen
an der Ober- und Unterseite.
Die Larven leben unter Laub, Geniste und in feuchter Erde
an nassen Stellen, in der Nähe von kleinen Bächen und Quellen.
Die Verwandlung geschieht zeitig im Frühjahre, die Imagines er-
scheinen schon im April und Mai.
Vorkommen: Ich kenne nur ein einziges mährisches Exem-
plar (S) aus der Sammlung des Herrn Siebeck. Es stammt aus
Frain in Südmähren.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894);
Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894), Tirol
(Palm 1869), Ungarn (Thalh. 1899), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Finland (Lim. 1907), Livland (Sint.
1883), England (Verr. 1886), Rußland (Fedt. 1891), Holland
(Wulp-Meij. 1898), Frankreich (Macq.), Deutschland (Men. L.,
Schumm. 1833, Westh. 1882).
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ga 0e 08
Tafel L
1. Append. intermediae et superae von Tip. pruinosa.
N | Append. intermediae et superae von Tip. nigra.
4. Append. intermediae von Tip. luteipennis.
5. Append. intermediae et superae von Tip. caesia.
6. Innerer Arm der Append. intermediae von Tip. rubripes.
7. Innerer Arm der Append. intermediae von Tip. nubeculosa.
8. Append. intermediae von Tip. excisa.
9. Append. intermediae von Tip. tenuicornis.
10. Append. intermediae von Tip. pabulina.
11. Append. superae von Tip. truncorum.
12. Append. superae von Tip. pabulina.
13. Äußerer Arm der Append. intermediae von Tip. nubeculosa.
14. Append. superae et intermediae von Tip. longicornis.
15. Append. superae von Tip. ochracea.
16. Append. intermediae von Tip. decipiens.
17. Lamella term. sup. von Tip. tenuicornis.
18. Append. intermediae von Tip. ochracea.
80
5. T. truncorum Mgn., Syst. Beschr. VI. 277 (1830); Schin. II.
511 (1864); Kert. Kat. II. 310; septemlineata Macq. Suit. à
Buff. I. 83 (1834); Mgn., Syst. Beschr. VII. 34 (1838).
Kopf und Stirne grau, letztere mit schwachem Längsein-
druck und undeutlicher schwarzer Längslinie. Schnauze grau,
Rüssel und Taster schwarzbraun.
Fühler schwarzbraun; erstes Basalglied in beiden Geschlech-
tern grau, beim S quergerunzelt, zweites Glied rotgelb; Geißel-
glieder F an der Basis verdickt.
Thoraxrücken grau mit dunklen Längsstriemen von brauner
Farbe. Die drei mittleren Striemen vereinigen sich vor der Auer-
naht in einem Punkte; gegen den Vorderrand des Thoraxrückens
divergieren sie stark und bilden somit eine dreizinkige Gabel. Von
diesen Gabelzinken ist die mittelste sehr schmal, die seitlichen
ziemlich breit. Zu beiden Seiten dieser Gabel liegt je eine vorne
stark abgekürzte Seitenstrieme in Form einer hinten offenen Ellipse,
die einen helleren Kern einschließt. Brustseiten schiefergrau, die
Notopleuraldepression und die Flügelwurzel rostgelb. Alle Hüften
schiefergrau, die Schenkelringe gelb.
Schildchen und Mesophragma grau, letzteres mit nicht
sehr deutlicher, dunkler Längsstrieme.
Beine schwarzbraun, die Schenkel an der Wurzel gelbbraun.
Flügel in beiden Geschlechtern stark marmoriert, mit be-
sonders auffallenden braunen Flecken unterhalb des schwarzbraunen,
deutlich abgesetzten Randmales, am Ursprunge der Radialader
und an den Wurzelgueradern. Die übrige Flügelfläche ist vorherr-
schend lichtbraun tingiert und von folgenden glashellen Flecken
unterbrochen: Ein großer glasheller Fleck beginnt unmittelbar
hinter dem Randmale in der Stigmenzelle, deren Spitze glashell
bleibt; er geht durch die untere Radialzelle und die Cubitalzelle
in die mittlere Discoidalzelle und greift mit einem glashellen Fleck
auch noch in die hintere Discoidalzelle und in die vordere Basal-
zelle über. Dadurch entsteht eine sehr auffallende glashelle Flügel-
binde hinter dem Randmale. Die ganze Flügelspitze hinter dieser
Flügelbinde bleibt braun.
Ein zweiter, etwas kleinerer, glasheller Fleck liegt vor dem
Flügelrandmale Er füllt die Basis der Subcostalzelle aus -und
greift in die vordere Basalzelle über. In der letzteren liegt ein
81
zweiter, etwas undeutlicher, glasheller Fleck vor dem braunen
Fleckchen am Ursprunge der zweiten Längsader.
Ein sehr auffallender glasheller Fleck liest im vorderen
Teile der hinteren Basalzelle; auch die Basis derselben Zelle ist
glashell. Zwei kleine, glashelle Flecke liegen in der hinteren Postical-
zelle und ein großer, sehr deutlicher auf der Mitte der Analzelle.
Auch die Basis der Axillarzelle ist weniger braun gefärbt als der
übrige Teil des Flügels. Die Posticalader auffallend braun,
Dieselbe Flügelzeichnung kommt auch beim 2 vor; doch ist
die lichtbraune Zeichnung der Flügelfläche heller als beim Z und
die glashellen Flecke am Flügelvorderrande sind ausgebreiteter.
Auch die vorderen und die hintere Discoidal-
zelle sind ausnahmslos lichter gefärbt als beim G.
Hinterleib gelbbraun, die letzten Segmente
dunkler, mit brauner, ziemlich schmaler Rücken-
strieme, die Seiten mit einer in kleine braune
Flecke aufgelösten Seitenstrieme, unter derselben
eine feine weißliche Linie.
Hypopygium S groß.
Lam. term. sup. am Spitzenrande in zwei
größere, breite, vorne stumpfe Seitenecken, die Mitte in drei kleinere
schwarze Spitzen ausgezogen. — Lam. term. infera groß, der
obere Teil, an dem die Appendices externae angeheftet sind, durch
eine tiefe Furche von dem übrigen Teile der Lamelle getrennt.
Unten ist die Lamelle tief gespalten, die Ränder sind etwas nach
außen umgestülpt und am Innenrande mit langen, gelbroten, weit
herausragenden Härchen fast zottig behaart.
Die App. superae sind verhältnismäßig schmal (im Ver-
gleiche zu den großen schuppenförmigen Appendices der vorher-
gehenden Arten), gelblichweiß, lanzettförmig, mit stumpfer Spitze
und an der Außenseite, namentlich an den Rändern, mit schwarzen,
auf Wärzchen stehenden Haaren dicht besetzt (Taf. I, Fig. 11).
Die Appendices intermediae sind fußförmig, braungelb,
an dem stumpfen Ende lang behaart.
Legeröhre 2 lichtgelb, lang, gerade, die oberen Klappen
zugespitzt.
Abbildung des Hypopygiums: Lm. 1907. tab. 1, Fig. 7
(Hyp., von unten gesehen).
Gröbe: 4 17 mm, 9 18 mm.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 6
Tip. truncorum.
(Hyp., von der Seite.)
92
Larve (Beling 1878): 15 mn lang, lederhäutig, gelblich
aschgrau. Hinterleib an den Seiten kantig zusammengedrückt.
Unterhalb der kreisrunden Hinterstigmen ein liegender, keilförmiger
Fleck. Oberrand des Stigmenfeldes mit vier langen, dünnen Haut-
zapfen, die mittleren kürzer als die äußeren, Unterrand mit
zwei Hautzähnen.
Puppe: 21 mem, schmutzig weiblich, hinten kegelig verdünnt.
Stirnhörnchen kolbig erweitert. Afterglied von acht Dornen um-
geben, von denen die vier auf der Unterseite stehenden kräftiger
sind als die auf der Oberseite. Afterglied der männlichen Puppe
etwas aufwärts gebogen und in einem von vier Dornen im Qua-
drate besetzten Felde endigend.
Beling fand die Larven an dürren, lichten Stellen des Waldes
unterhalb der Grasnarbe, unter Moos in der Erde und einmal in
einem Fichtenbestande unter der Nadeldecke des Bodens.
Vorkommen: Ich besitze von dieser Art, die Schiner sehr
selten nennt, nur ein Pärchen, das ich am 11. Juni 1910 im Zwitta-
tale bei Bilowitz an einer Hecke nahe am Waldesrande in copula
fing. Ein © mit gelben Basalgliedern und auffallend glasheilen
Flecken auf der Flügelfläche aus dem Schreibwalde, 11. Mai 1910.
Verbreitung in Österreich- Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Niederösterreich (Strobl 1880), Steiermark (Strobl 1894,
Bergr. 1888), Galizien (Grzeg. 1873, Now. 1873), Ungarn (Kow.
1873, Thalh. 1899), Siebenbürgen (Strobl 1896).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden und
Norwegen (Zett, Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Finland (Lm.
1907), England (Verr. 1856), Holland (Wulp-Meij. 1898), Rub-
land (Fedt. 1902), Frankreich (Macg.: septemlineata), Deutschland
(Mgn. VI., Schumm. 1833).
Überdies bekannt aus Nordamerika (O. S.), von Nowaja Semlja
(Jakobson).
Anmerkung: Die Beschreibungen Meigens, Schummels, Zetterstedts
und Schiners stimmen nicht miteinander überein und weichen namentlich in
den Angaben über die Färbung der Fühler voneinander ab.
Meigen sagt: Fühler braun, das zweite Glied gelb (©).
Schummel: Das erste Glied schwarzgrau, an der Spitze und das zweite
ganz rotgelb (©).
Zetterstedt: Antennae nigrae, in Z articulis 2 primis pallide flavis;
in 2 articulo primo cinereo 1. rufescenti cinereo; 2do flavo.
83
Schiner: Fühler schwarzgrau, das zweite Glied, seltener auch das erste
vorne rotgelb.
Nach Bergroth (1888) ,soll das erste Fühlerglied bald gelb, bald grau
sein, was nicht von dem Geschlechte abhängt.“
Nach Strobl (1894) hingegen ist das erste Glied S ganz grauschwarz, das
des © wenigstens an Basis und Spitze dunkel gefleckt.
Die von mir nach einem Stücke gegebene Beschreibung der T. trun-
corum wäre also zu modifizieren, und zwar in folgender Weise:
SK: Erstes Fühlerglied grau oder an der Spitze gelb oder ganz rot-
gelb: zweites Fühlerglied immer ganz gelb.
Q : Erstes Fühlerglied grau oder gelblichbraun oder wenigstens an Basis
und Spitze dunkel gefleckt; zweites Glied ganz gelb.
Kommen diese Abweichungen in der Fühlerfärbung bei truncorum vor,
dann ist dieses Merkmal auch nicht geeignet, T. truncorum von T. Win-
nertzii Egg. zu unterscheiden.
Ich hege Zweifel, ob Zett. wirklich das Ss von truncorum vor sich
hatte, denn er sagt: „alae in S obsolete, in © perspicue marmoratae,“
während doch die Flügel in beiden Geschlechtern sehr deutlich marmoriert
sind und besonders die auch von Zetterstedt erwähnten braunen Flecken beim
K ebenso auffallen wie beim ©.
Schummels Beschreibung (er kannte nur das ©) weicht von meiner
ebenfalls in etwas ab; er sagt: erstes Hüftglied schiefergrau, zweites braun-
gelb. Dasselbe gibt Zett. an, der beide Geschlechter kannte. Meine zwei
Stücke haben durchaus schiefergraue Hüften, aber die Schenkelringe sind gelb.
Unverstándlich ist mir Schiners Angabe, daß die „sieben braunen Linien
des Thoraxrückens vorne paarweise zusammenhängen.“ Das kann auf die Seiten-
striemen angewendet werden, aber nicht auf die Mittelstriemen, die eine deut-
liche dreizinkige Gabel bilden, wie Schiner von Winnertzii bemerkt.
6. T. Winnertzii Egg, Zool.-bot. Ges. Wien XIII. 1101 (1863);
Schin. II. 512 (1864); Kert. Kat. II. 314.
Es liegt mir ein Z aus der Sammlung des Herrn Siebeck
vor, das als Tip. Winnertzii bestimmt war. Von T. truncorum
unterscheidet sich dieses Stück durch ganz gelbe Basalglieder der
Fühler und dadurch, dab die braune Trübung der Flügel viel
schwächer ist als bei jener Art. Das Hypopygium zeigt keine
wesentlichen Abweichungen von dem der T. truncorum, nur ist
die Behaarung der beiden letzten Bauchschienen noch länger und
zottiger. Besonders auffallend ist diese zottige, büschelförmig ab-
stehende Behaarung am Unterrand des 8. Bauchsegmentes, ohne
aber gerade „einen aus gelben Haaren spitzdreieckig zusammen-
gestrichenen Haarbüschel“ zu bilden, wie sich Schiner ausdrückt.
Viel eher nehmen die aus dem klaffenden Unterrand der Lam.
term. infera hervorstehenden Haarbüschel die von Egger er-
6*
84
wähnte Form an. Ganz unzutreffend und direkt irreführend scheint
die von der Beschreibung Eggers abweichende Bemerkung Schiners
zu sein, daß der Unterrand des letzten Ringes in eine lanzett-
förmige Spitze ausgezogen ist.
Ich halte Tip. Winnertzii Egg. für eine problematische
Art, obwohl Bergroth 1888 sagt: „Winn. ist eine sehr distinkte
Art, welche, wie es scheint, nur auf Österreich beschränkt ist.“
Von T. truncorum und T. Winnertzii bei Schiner sagt er:
„Diese Art (truncorum) und Winnertzii Egg. lassen sich nach
Schiners Beschreibungen nicht mit Sicherheit bestimmen.“
Ist es schon schwierig, die S S auseinanderzuhalten, so
scheint eine sichere Bestimmung der 22 fast unmöglich. Zu
mehreren Weibchen, die Bergroth als Winnertzii aus Steiermark
vorlagen, schrieb er: „Alle Stücke ‚dürften‘ zu truncorum ge-
hören“ (Strobl 1894).
Strobl (1894) kannte nur das Weibchen. Als Unterschiede
gibt er an: Bei den Exemplaren (die er für Winnertzii © hält)
ragt der Stirnhöcker deutlich über die Stirnfläche empor, ist gelb
mit einer schwarzen Längsstrieme und ziemlich langer dunkler
Behaarung, während er bei truncorum kaum oder nicht hervor-
ragt, einfärbig grau, gleich der übrigen Stirn oder in der Mitte
nur etwas verdunkelt und nur sehr kurz und spärlich bleich be-
haart ist; die zwei ersten Fühlerglieder sind bei Winn. ganz oder
fast ganz rotgelb, bei truncorum S ist das erste Glied grau-
schwarz, bei dem © wenigstens an Basis und Spitze dunkel gefleckt.
Westh. 1882 bildet ab: tab. III, Fig. 36, die Append. superae,
tab. V, Fig. 60, die Spitze des Penis. Seine Abbildung der oberen
Anhänge von Winnertzii stimmt aber auch ganz auf die von
truncorum.
Größe: F 18 mm.
Die Larve beschreibt Beling 1886. In der Tabelle zum
Bestimmen der Tipulalarven hält er Winnertzii und truncorum
strenge auseinander. Die Larve der ersteren ist schwärzlich ge-
körnelt und trägt auf dem Rücken der Leibessegmente dornen-
förmige Erweiterungen in Querreihe, während der Rücken der
Leibessegmente bei truncorum nur mit kurzen, steifen Härchen
besetzt ist. Unterhalb der Hinterstigmen liegt bei Winnertzii je
ein schwarzbrauner Horizontalstrich, bei truncorum ein keilförmig
liegender Fleck.
85
Die Puppe (Beling 1873) ist bräunlichgelb mit hellen
scharfen Seitenkanten des Hinterleibes und schmal schwärzlich
gesäumten Hinterrändern der Segmente. Das letzte Glied endet in
eine stumpfe kuppelförmige Spitze, die von vier kleinen, in einem
Viereck stehenden Dornen umgeben ist.
Die Larve fand Beling in Erde und auch an und in modern-
dem Holze. Eine Puppe wurde auf einem Weidenanger unterhalb
der Rasendecke gefunden.
Vorkommen: 1 S aus Südmähren (coll. Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Kärnten (Strobl 1900), Tirol (Palm 1869), Galizien (Now.
1873, Grz. 1873), Ungarn (Thalh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Sie wird nur
noch aus Deutschland von Westh. 1882, von Beling 1873 und 1886
und aus Livland von Sint. 1888 angeführt. Bergr. 1888 vermutet,
dab Westh. Winnertzii zu truncorum gehört.
7. T. pabulina Mgn., Syst. Beschr. I. 180 (1818); Schin. II. 512.
(1864); Kert. Kat. II. 302; ? rufipennis Mgn. VI. 187
(1830); ? stigmosa Macg., Mgn. VII. 33 (1838).
Grelbgraue Art mit sehr schwach marmorierten Flügeln.
Kopf grau, Stirn mit undeutlicher dunkler Längslinie, mit
kurzen schwarzen Härchen besetzt. Rüssel graubraun, Taster
schwarzbraun.
Fühler schwarzbraun, die Basalglieder, zumeist aber auch
das erste Geißelglied rotgelb. Geißelglieder am Grunde nur schwach
verdickt. Bei sechs 22 sind die ersten fünf Fühlerglieder rotgelb.
Rückenschild bräunlichgrau mit drei braunen Längsstriemen,
die seitlichen vorne verkürzt, mitunter mit hellem Kern; die Mittel-
strieme dreizinkig, die Mittelzinke fein, die Seitenzinken ziemlich breit.
Beine braun, die Schenkel gelb, an der Spitze schwarz.
Flügel in beiden Geschlechtern intensiv gelblichgrau tingiert,
sehr undeutlich marmoriert. Lichtere, aber nie scharfbegrenzte
und überdies mehr streifenartige Flecken liegen in der hinteren
Basalzelle und vor und hinter dem blaßbraunen Randmale.
Hinterleib gelbbraun, stark behaart, mit nicht sehr deut-
licher brauner Rückenstrieme und ebensolchen Seitenstriemen.
Hypopygium groß, kolbig verdickt, immer breiter als der
übrige Hinterleib. Lamella term. supera mit abgerundeten
86
stumpfen Seitenecken, der mittlere Spitzenrand in zwei nach außen
gebogene Vorsprünge ausgezogen, zwischen denen ein dritter
kleinerer Höcker erscheint. Der ganze Spitzenrand bei starker
Vergrößerung der Lamelle auffallend lichtgelb. Lam. term. infera
am Unterrande tief gespalten, die Ränder umgestülpt und an der
Innen- und Außenseite mit langen, gelben Haaren stark besetzt.
Der obere Teil der Lamelle durch eine tiefe Furche abgeschnürt.
Lam. basalis inf. klaffend, ebenfalls mit langen gelben
Härchen fast zottig behaart.
Append. superae blattförmig, in der Gestalt
denen der truncorum gleichend, gelblichweib, auf
der Außenseite außerordentlich stark behaart (Tat. I,
Fig. 12).
Append. intermediae fubformig, denen von
Bio truncorum ähnlich, gelbglänzend, die abgerundete
T. pabulina S. Spitze schwarzbraun, an der breiten, nach unten ge-
(Hyp. von der rjehteten Seite mit gelben Haaren außerordentlich
u) reich besetzt (Taf. I, Fig. 10).
Abbildung des Hypopygiums: Westh. 1882, Tab. II,
Fig. 14 (Lam. term. sup.), Tab. IV, Fig. 52 (Vesicula centralis),
Tab. V, Fig. 65 (Adminiculum).
Legeröhre 2 hell rotbraun, glänzend, die oberen Lamellen
gerade, an der Spitze abgestumpft.
Größe: S 15!/, mm, © 18 mm.
Larve (Beling 1873) 13 nm lang, vorne spindelförmig
verdünnt, gelbgrau, schwarz chagriniert. Oberseite des zweiten bis
zehnten Hinterleibsringes mit vier in einer (uerreihe stehenden
Zapfen, die an der Spitze ein kurzes Härchen tragen. (Stimmt
nicht mit den Angaben in der analytischen Tabelle 1886 überein!)
Oberseite des Stigmenfeldes mit vier, Unterseite mit zwei an der
Innenseite schwarzgefleckten Hautzapfen.
Puppe 16—18 mm lang, gelbbraun. Stirnhörnchen kurz,
nach abwärts gebogen, an der Basis geschwärzt, die Spitze hell.
Soll der Puppe von Tip. hortensis ähnlich sehen.
Die Larven in humoser Erde, seltener in morschem Holze.
Vorkommen: Die Art ist an schattigen Bächen im ersten
Frühjahre häufig und mit T. nubeculosa eine unserer gemeinsten
Arten. Rickatal bei Lösch 14. Mai, Schebetein bei Brünn 17. Mai,
Czernowitz bei Brünn 21. Mai (hier selten!), Palackytal bei Bilo-
87
witz 16. und 25. Mai, Karthaus bei Brünn 2. Juni (von hier die
erwähnten 22 mit fünf gelben Fühlergliedern), Zwittatal bei
Adamstal 25. Mai, Hobitschau bei Wischau und Tracht 17. Mai
(leg. K. Landrock), Frain (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894), Kärnten
(Tief 1887), Tirol (Palm 1869), Salzburg (Bergr. 1888), Galizien
(Grzeg. 1873 und Now. 1873), Ungarn (Kow. 1873, Thalh. 1899),
Küstenland (Strobl 1893), Siebenbürgen (Strobl 1896).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Rußland
(Dwig.-Fedt. 1902), Holland (Wulp-Meij. 1898), England (Verr.
1886), Frankreich (Macg.), Schweiz (Hug. 1888), Deutschland
(Mgn. I, Schumm. 1833, Westh. 1882), Italien (Bezzi). Sintenis
und Lundström zählen sie nicht auf; sollte sie in Livland und
Finland fehlen?
Anmerkung. Tip. rufipennis Mon., S. B. VI. 287 (1830) wurde von
Verrall als Synon. zu pabulina gestellt. Mon. beschreibt nur das ©. Er nennt
„den Rückenschild grau mit vier braunen Striemen; die mittelsten stoßen an
der Quernaht zusammen und haben eine schwarze Linie zwischen sich“. Ebenso
könnten auch die Striemen des Rückenschildes von pabulina beschrieben werden,
wie dies Mgn. auch im 1. Bande getan hat. Warum spricht er aber dann bei
truncorum, die knapp vor rufipennis beschrieben wird, von drei Striemen,
deren mittelste dreizinkig ist?
Die übrige Beschreibung paßt auf pabulina.
Tip. stigmosa Maca. bei Man., VII. 33 (1838). Die Originalbeschreibung
Macquarts kenne ich nicht. Verrall hat die Art als Syn. zu pabulina gezogen.
Men. beschreibt nur das 2 und sagt: „Der Tip. oleracea (!) ähnlich, Flügel
etwas bräunlich mit gelblicher Wurzel und braunem Randmale.“ Sieht das ©
der pabulina mit noch so blaß marmorierten Flügeln dem 2 der Tip. oleracea
wirklich so ähnlich, daß man an einen solchen Irrtum Meigens denken könnte?
8. T. nervosa Mgn., Syst. Beschr. I. 176 (1818); Schumm., Beitr.
z. Entom.III.55 (1833); Schin. LI. 524 (1864); Kert. Kat. II. 297.
Kopf und Stirn grau, letztere mit braunen Reflexen auf der
Mitte. Schnauze grau, Rüssel und Taster schwarzbraun.
Fühler länger als Kopf und Schnauze, das erste Glied grau
und stark quer gerunzelt, die Geißelglieder fast schwarz, an der
Basis mäßig verdickt.
Halsstück und Pronotum grau, letzteres in gewisser Richtung
braun schimmernd.
Thoraxrücken gelbgrau; die breite braune Mittelstrieme
besteht aus zwei seitlichen, ziemlich breiten Längssäumen, die eine
feine, sehr schmale Längslinie einschließen. Letztere reicht bis zum
Pronotum, während erstere kurz vor demselben abbrechen. Die drei
genannten Längslinien vereinigen sich vor der Quernaht in einem
Punkte und bilden sonach wie bei pabulina eine dreizinkige Gabel
auf der Mitte des Rückenschildes. — Die Seitenstriemen sind etwas
undeutlich; sie bestehen aus zwei braunen, sehr feinen, einen hellen
Raum einschließenden Linien, die vorne verbunden, gegen hinten
often sind. Sie sind stark verkürzt und reichen nur bis zu den
Humeralgrübchen.
Brustseiten schiefergrau, die Notopleuraldepression schwach
rötlichgelb. Alle Hüften schiefergrau, die Schenkelringe gelb.
Beine schwarzbraun, die Schenkel an der Wurzelhälfte lichter.
Flügel stark graubräunlich tingiert, schwach marmoriert.
Randmal lichtbraun. Die lichteren, kaum glashell zu nennenden
Flecken heben sich nur wenig von der
braunen Flügellläche ab und sind nicht
scharf begrenzt. Ein lichter Fleck liegt im
Spitzenteile der hinteren Basalzelle. Un-
deutliche weiße Flecken liegen vor dem
Randmal, in der Spitze der vorderen Basal-
Fig. 4. zelle, in der mittleren Discoidalzelle und
Tip. nervosa G. in der cellula dise. posterior. Weißliche
CHyp, Seitenansicht.) 3 ojren sind (in gewisser Beleuchtung) in
den vorderen Discoidalzellen, an der Spitze der Cubitalzelle und
der Radialzelle, an der Basis der hinteren Basalzelle und lángs der
Analader in der hinteren Posticalzelle und der Analzelle zu be-
merken. Die Adern an der Fliigelwurzel sind rostgelb gefárbt.
Hinterleib einfarbig grau, ohne deutliche Rückenstrieme.
An den Seiten unten eine gelblichweiße Längslinie, über welcher
braune Schillerflecke liegen. als „wenn sich eine braune Seiten-
strieme bilden wollte“.
Hypopygium ähnlich gebaut wie bei T. pabulina; die für
diese Gruppe charakteristische tiefe Furche, durch welche der
obere Teil der neunten Bauchlamelle von dem unteren Lamellenteil
getrennt wird, wie bei pabulina und truncorum vorhanden. Die
Behaarung der unteren Lamelle ist aber viel kürzer und schütterer
als bei pabulina; besonders fällt das Fehlen des dichten Haar-
89
bůschels auf, der bei jener Art aus dem klaffenden achten Bauch-
segment vorsteht. ©
(Größe: 15 mim.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Bei uns äuberst selten. Ich besitze 1 F vom
Altvater, 16. August, 19 vom Radhost, 13. August (leg. K. Landrock).
Verbreitungin Osterreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Steiermark (Strobl 1894, Bergr. 1888), Kärnten (Strobl 1900),
Salzburg (Bergr. 1888), Küstenland (Strobl 1893), Galizien (Now.
1873), Ungarn (Thalh. 1899), Siebenbürgen (Strobl 1896).
Geographische Verbreitung in Europa: Soviel mir be-
kannt, ist diese Art nur noch in Deutschland aufgefunden worden.
(Mgn. I, Schumm. 1833, Westh. 1882).
Anmerkung 1. Mon. kannte nur das ©, das er I, 176 (1818) beschreibt,
aber VI, 285 (1830) wieder einzieht und als „bloße Abänderung“ zu pabu-
lina stellt.
Schummel 1833 kannte beide Geschlechter. Als Unterschiede gibt er an:
1. Die Basalglieder der Fühler sind bei nervosa grau, bei pabulina gelb.
2. Der Hinterleib ist aschgrau, nicht gelbbraun wie bei pabulina.
3. Die Schenkel an der Basis nur wenig braunrot.
Bergroth 1888 erwähnt zwei Exemplare von nervosa, bei denen die
mittlere Discoidalzelle offen ist und mit der dritten Hinterrandzelle zusammen-
schmilzt. Er meint, daß dies vielleicht Rondanis Gattung Alophroida sei.
Anmerkung 2. Von Arten mit dreistriemigem Thorax kämen noch
in Betracht: crassicornis Zett. X, 3933 (1851) und trifasciata Löw, Ztschr.
Î. d. ges, Naturwiss. XX VI, 135 (1865), Bergr., Mitteil. Naturforsch. Ges. Bern,
1890, 137 (1891), Syn. quadrivittata Hug. 1888 nec Staeg. Erstere dürfte
eine hochnordische Art sein, obwohl sie Strobl 1894 aus Steiermark aufzählt;
seine Beschreibung stimmt aber nicht ganz mit der Lundströms 1907 überein.
T. trifasciata Löw, aus Thüringen, Steiermark und der Schweiz
bekannt, könnte auch bei uns vorkommen. Sie unterscheidet sich von allen
anderen Tipula-Arten dadurch, daß der obere Ast der Radialader vollständig
fehlt. Von mutila Wahlgr., mit welcher sie diese Eigentümlichkeit des Flügel-
geäders gemein hat, wird sie der dreistriemige Thoraxrücken unterscheiden.
Auch Tip. aretica Curt. — T. nodulicornis Zett., eine hochnordische
Art und Tip. guttipennis Wdm., Men. I, 171 dürften in diese Abteilung
gehören.
9. T. variipennis Men., Syst. Beschr. I. 183 (1818); Schumm,
Beitr. z. Ent. IIL (1833); Schin. IL. 513 (1864); Kert. Kat. II.
811; nigricornis Macy., Recueil Soc. Sc. Agric., Lille, 129
(1826); Mgn., VII. 34 (1838); simplieicornis Zett., Ins. Lapp.,
Dipt. 841 (1838).
90
Kopf schwarzgrau, Stirne grau mit dunkler Längsstrieme
und braunen Reflexen am Augenrande. Schnauze, Rüssel und
Taster schwarzbraun.
Fühler ganz schwarz (var. nigricornis Macq.) oder das
zweite Fühlerglied rotgelb; Geißelglieder an der Basis verdickt.
Halsstück und Prothorax graubraun. Thoraxrücken mit
vier scharf ausgeprägten, braunen Rückenstriemen, die seitlichen
verkürzt. Brustseiten grau, Notopleuraldepression rotgelb. Hüften
grau, Schenkelringe gelb.
Beine schwarzbraun, nur die Schenkel an der Basis aus-
gebreiteter gelb.
Flügel lebhaft marmoriert, an der Wurzel und am Vorder-
rande bis zu einem glashellen, kleinen Fleck vor dem Randmale
gelblich.
Auffallende braune Flecken liegen: ein brauner Schattenfleck
unter dem Randmale, der als blasser Wisch bis zur mittleren
Discoidalzelle hinzieht; ein kleiner Fleck am Ursprunge der Ra-
dialader, ein stärkerer brauner Schatten in der Mitte der hinteren
Basalzelle und ein blasser an der Spitze derselben Zelle. Die Äste
der Posticalis braun gesäumt. Die hintere Posticalzelle, die Anal-
und Axillarzelle fast ganz grau, nur in der Mitte der cell. analis
liegt ein glasheller Fleck und im Spitzenteile derselben Zelle ein
kleiner, undeutlicher, glasheller Streifen.
Innerhalb der braunen und grauen Stellen liegen folgende
wasserklare Binden und Flecken: Eine auffallende Binde an der
Flügelspitze, die hinter dem Randmale an der Costa beginnt und
durch die mittlere Discoidalzelle zum Flügelhinterrande geht, so
dab die Cellula disc. posterior (vierte Hinterrandzelle) fast ganz
wasserklar bleibt. Auffallende glashelle Stellen liegen dann ferner
im Spitzenteil der vorderen, auf der Mitte der hinteren Basalzelle
und in der Analzelle.
Die Adern an der Wurzel gelblich, auf der Flügelfläche
schwarzbraun und sehr stark. Der obere Ast der Radialis ist ab-
gebrochen und erreicht die Costa nicht. (Flügelgeäder siehe bei
Schumm. 1833, Tab. I, Fig. 6.)
Hinterleib dunkelaschgrau, vom zweiten Ringe an mit
gelbrot gesäumten Hinterleibsrändern und ebenso gefärbten Seiten-
striemen. Die Basis des ersten Ringes oft grau.
S
Hypopygium nur mäßig verdickt und behaart. Lamella
terminalis supera tief ausgebuchtet, in der Mitte der großen
Bucht eine kleinere Ausbuchtung, deren Spitzenrand in einen
Zahn ausgezogen ist. Die stumpfen Seitenecken wulstförmig nach
unten gebogen. Append. superae gelblich, stark, aber nicht be-
sonders lang behaart. |
Append. intermediae siehe bei der nächsten Art.
Hypopygium: Westh. 1882, tab. II, Fig. 16 (Lam. term.
supera), tab. V, Fig. 61 (Penisspitze), tab. V, Fig. 66 (Adminiculum).
Das Weibchen gleicht dem Männchen, nur
sind die Fühler wie gewöhnlich bedeutend kůr-
zer, die Beine sind robuster, namentlich die
Vorderschenkel an der Spitze deutlich verdickt;
die braunen Flecke der Flügel sind dunkler, die
grauen Flecke aber treten unbestimmter auf, wes-
halb die glashellen Stellen viel weniger scharf be- es
grenzt erscheinen als beim G. Bei einem 2 ist die Tip. Yartihenhis 2.
mittlere Discoidalzelle auf beiden Flügeln offen. (Hyp., Seitenansicht.)
Die Legeröhre ist pechbraun, die oberen La-
mellen von mäßiger Länge und an der Spitze abgerundet. Strobl
1894 erwähnt, daß die Flügel des 2 bisweilen kürzer als der eben-
falls kurze, dicke Hinterleib sind, „eine Forma brachyptera analog
vielen Hemipteren“.
Größe: 15—17 mm.
Die Larve (Beling 1886) ist schmutzig gelbgrau bis schwärz-
lich, fein gekörnelt, mit Querreihen von schwarzen steifen Härchen
auf den einzelnen Segmenten. Das Stigmenfeld ist von sechs Haut-
zapfen umgeben; die vier Hautzapfen am Oberrande des Stigmen-
feldes sind kurz und spitzig, die inneren sind kürzer als die
äuberen, letztere an der Innenseite mit schwarzbraunem, schmalem,
erstere mit breitem Längsstriche. Die beiden unteren Stigmenfeld-
zapfen im oberen Teile an der Innenseite geschwärzt und unter-
halb der Schwärzung mit zwei kleinen, schwarzbraunen Punkten. Ein
brauner Punkt steht zwischen den schwarzbraunen, heller geran-
deten Hinterstigmen.
Die Puppe (Beling 1873) ist bräunlichgelb, der Thorax-
rücken mit unregelmäßigen schwarzen Flecken besetzt. Vor der
Stirne zwei kurze, an der oberen Hälfte lichte Hörnchen und vor
denselben vier stumpfe Höcker im Viereck. Letzter Hinterleibsring
92
© endet in eine aus vier zusammengewachsenen Klappen bestehende,
stumpfe Spitze. In der Bedornung des Hinterleibes ist die Puppe
der von Tipula scripta ganz ähnlich.
Die Larven in feuchter Erde, die Puppen in der Erde unter
Gebüsch. Westh. 1879 fand die Puppen zwischen dem Gerölle
eines Flusses. |
Vorkommen: In grasreichen Wiesen der Czernowitzer Au
bei Brünn nicht selten. Ende April, Mai.
Verbreitung in Osterreich- Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Niederösterreich (Strobl 1880), Steiermark (Bergr. 1888, Strobl
1894), Kärnten (Tief 1837), Tirol (Palm 1869), Vorarlberg (Bau
1910), Galizien (Grzeg. 1873, Now. 1873), Ungarn (Thalh. 1899),
Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Die Art ist
in Europa weit verbreitet und auch aus Sibirien (Erichs., Middend.:
Reise in den äußersten Norden und Osten Sibiriens. 1851) be-
kannt. Norwegen (Siebke 1877), Schweden (Zett., Wall. 1882,
Wahlgr. 1905), Finland (Lm. 1907), Livland (Sint. 1884), Rub-
land (Fedt. 1891), England (Verr. 1886), Holland (Wulp-Mejj.
1898), Frankreich (Macq.: nigricornis), Deutschland (Mgn. I,
Schumm. 1833, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888).
10. T. pseudovariipennis Czk., Verh. zool.-bot. Ges,Wien, LXIL
1912. pag. 49—54.
Gleicht der variipennis und ist wohl oft mit ihr verwechselt
worden.
Kopf schwarzgrau; Stirne grau mit einer gegen den Scheitel
immer deutlichen dunkleren Lángslinie und spärlicher, kurzer,
schwarzer Behaarung; Rüssel und Taster schwarzbraun, ersterer
an den Seiten schwach rötlichgelb.
Fühler des Z etwas kürzer als der Thorax; das erste Basal-
ied ötlichgelb, an der Basis grau bereift, das zweite ganz rot-
gelb, das dritte rötlichbraun, an der Spitze verdunkelt. Die übrigen
(reibelglieder schwarzbraun, am Grunde nur wenig verdickt.
Halsstück rötlichgelb; Pronotum grau, oben mit einem
braunen Schattenfleck. Thoraxrücken mit den gewöhnlichen vier
n Längsstriemen wie bei variipennis. Brustseiten grau,
Notopleuraldepression gelb.
Hüften grau bereift, Schenkelringe gelb.
93
Beine schwarzbraun, die Schenkel aber zum größten Teile
gelb und nur an der Spitze geschwärzt.
Flügel blásser marmoriert als bei variipennis, aber noch
immer sehr deutlich gefleckt. Die braunen Hlecke liegen an den-
selben Stellen wie bei variipennis, doch ist das Randmal blässer,
der Wisch, der sich von letzterem zur mittleren Discoidalzelle hin-
zieht, ist undeutlicher. Auch der braune Fleck am Ursprung der
Radialis ist kleiner und undeutlicher. Ebenso ist der blaßgraue
Fleck in der Mitte der hinteren Basalzelle blässer, die Spitze der
Basalzelle aber ausgebreiteter grau getrübt, weshalb auch der glas-
helle Fleck zwischen den beiden trüben Schatten dieser Zelle
kleiner ist und nicht so auffällt wie bei variipennis.
Die Flügelspitze ist deutlich grau getrübt; vor dieser Trübung
liegt wie bei variipennis eine klare wasserhelle Binde, die immer
deutlich hervortritt, wenn der Flügel gegen einen dunklen Hinter-
grund gehalten wird. Dann erscheint auch die cellula discoidalis
posterior wasserklar. Der Vorderast der Radialis ist abgebrochen.
Hinterleib rotgelb, die letzten Segmente verdunkelt. Bei
zwei F ist der Hinterleib einfarbig, rostgelb, bei einem S wird
eine nicht sehr deutliche braune Rückenstrieme sichtbar. Der
Seitenrand der Segmente ist gegen die Bauchseite hin heller ge-
färbt, so daß durch diese Färbung jene hellen Seitenstriemen ent-
stehen, die auch bei variipennis auftreten. Dagegen fehlen bei
pseudovariipennis die hellen Binden an den Hinterleibs-
einschnitten vollständig.
Hypopygium mäßig verdickt, die unteren Endlamellen zart
gelblich, nicht lang und auffallend behaart. Die Lamella terminalis
supera nicht wesentlich verschieden von jener der variipennis.
Die Appendices superae et intermediae beider Arten zeigen zwar
sroße Ähnlichkeit, doch treten schon auf den ersten Blick charak-
teristische Verschiedenheiten in der Bildung dieser Anhänge auf,
Die Appendices superae sind bei beiden Arten rein gelblich,
aber bei pseudovariipennis (in jeder Lage) viel schlanker ge-
baut und auch viel länger behaart. Auch ist ihr Spitzenteil mehr
abgerundet.
Die Appendices intermediae bestehen bei beiden Arten aus drei
Teilen, sind von gelblicher Farbe und ohne besonders auffallende
Behaarung. Die beiden oberen gegen die Lamella terminalis supera
gerichteten stumpfen Spitzen sind glänzend braunschwarz.
94
Am Unterrande der Appendix, der stark gegen die Innen-
fläche aufgebogen ist, fällt ein dritter Teil auf in Form eines
kleinen Zahnes, der bei pseudovariipennis sehr spitz ausläuft,
von beträchtlicher Größe und glänzend schwarzbrauner Farbe ist.
Dieser Zahn fehlt bei variipennis zwar nicht, ist aber sehr klein,
an der Spitze wenig vorgezogen und kaum dunkler als die übrige
Fläche der Appendix (vgl. die Abbildung in Verh. d. zool.-bot.
Ges., Wien, 1912, S. 52).
Das Weibchen gleicht dem Männchen, doch ist das erste
Fühlerglied in ausgebreiteterer Weise grau und die Flügel sind
lebhafter und deutlicher marmoriert. Von dem © der variipennis
unterscheidet es sich: durch das deutlich rote dritte Fühlerglied,
durch die weniger robusten Beine und die an der Basis ausgebrei-
teter gelb gefärbten, an der Spitze weniger verdickten Schenkel;
durch die (im Vergleiche zu variipennis) blässeren graubraunen
Flecke der Flügel; durch den gelbroten, bei variipennis immer
dunkelaschgrauen Hinterleib; endlich durch die längere Legeröhre,
die längere und feinere obere Klappenpaare besitzt.
#röße: S 18 mm, © 20—22 mm.
Vorkommen: Mähren: Bilowitz bei Brünn, 27. Mai 1 &,
Karthaus, 2. Juni, Zwittatal bei Adamstal, 25. Mai 2 ZG und
Josefstal, Hobitschau bei Wischau (leg. K. Landrock).
Anmerkung 1. Schiner und Schummel scheinen bereits beide Formen
vorgelegen zu sein. Während Zett. den Hinterleib seiner variip. als „laete
cinerea“ bezeichnet, sagt Schiner: „Hinterleib schwärzlichgrau oder braun-
orau“ und dasselbe gibt auch Schummel an. Von der Flügelspitze sagt Schiner,
daß sie nur sehr blaß bräunlich ist. Endlich aber erwähnt Schummel, 1. c.
pag. 39, als Anhang zu variipennis eine Varietät: „Bei einer Abart ist bei S
und © das dritte Fühlerglied nebst dem zweiten rostgelb und der Hinterleib mehr
blaßbräunlich rostfarben mit braungrauer, verwaschener Rückenstrieme, Durch
diese Abart kann wohl ein Ubergang in die vorher beschriebene Art (T. sub-
marmorata) stattfinden und diese vielleicht eingehen.“ — Auch Westh. 1879,
p. 43, erwähnt ein © „mit auffallend hellfarbigem Abdomen.“
Anmerkung 2. T. obscurinervis Wahlor. (Diagnosen neuer schwe-
discher Polyneuren, Entom. Tidskrift, Stockholm 1905), deren Beschreibung
auf meine 2 2 etwas paßt, kann nicht in Betracht kommen, da bei obscurin.
(nur das © bekannt!) nebst anderen Verschiedenheiten der obere Ast der Ra-
dialis vollständig ist.
Bei Tip. hortulana Men. sind die acht ersten Fühlerglieder hellgelb, die
Taster nicht dunkel braunschwarz, die Rückenstriemen treten nicht so deutlich
hervor, die Flügel sind weniger gefleckt und das Hyp. anders gebaut.
95
Tip. cinereo-cincta Lm. 1907 muß der T. pseudovariip. ähnlich
sehen, ist aber doch, soviel ich der Beschreibung entnehme, von ihr verschie-
den. Bei T. cinereo-cincta (nur das F bekannt) sind die zwei Basalglieder ganz,
das dritte an der Basis gelb. Der Hinterleib ist an der Basis aschgrau, sonst
rotgelb. Die Flügelzeichnung von cinereo-cincta stimmt nicht mit pseudovarii-
pennis überein, denn bei ersterer reicht die Halbbinde nur bis in die Mitte
der mittleren Discoidalzelle und die cell. dise. post. (vierte Hinterrandzelle) ist
ganz grau (im. 1907, Fig. 35). Auch die Zeichnung des Hyp. (1 c., Fig. 21
und 22) paßt nicht auf die vorliegende Art.
Tip. submarmorata Schumm. 1833, p. 35. ©, von der Schummel
selbst sagt, daß sie der T. variipennis sehr ähnlich sehe, ist eher Syn. zu
hortulana (wie Verrall annimmt), aber mit dem 2 von pseudovariip. nicht
identisch. Schummel sagt von submarmorata: „Fühler schwarzbraun, die drei
ersten Glieder rotgelb, Taster rotgelb mit dunkelbraunem vierten Gliede,
Flügel mit wenigen blaßgrauen Flecken.“
11. T. hortulana Mgn., Syst. Beschr. I. 117 (1818); Kert. Kat. II.
290; flavirostris Staeg., Naturh. Tidskr. 8. 7. (1840); Zett.
Dipt. Scand. X. 3923. (1851); luridorostris Schum., Beitr. z.
Ent., III. 30 (1833); submarmorata Schum., Beitr. z. Ent.,
III. 36 (1833).
Ich gebe die Beschreibung meines einzigen G, das im Bau
des Hypop. mit Lundströms Abbildung (1907, tab. I, Fig. 13)
übereinstimmt, von der Beschreibung Meigens aber etwas abweicht.
Von variip. und pseudovariip. unterscheidet es sich durch die sehr
schwach marmorierten Flügel, die lichtgelben, an den Schenkel-
und Schienenspitzen kaum verdunkelten Beine (nur die Tarsen
sind braun) und die hellgelben ersten drei Fühlerglieder.
Kopf grau, Stirn ohne deutliche Zeichnung. Rüssel gelb-
rot, Taster gelb, letztes Glied braunschwarz. Fühler so lang wie
der Thorax, die ersten drei Glieder lebhaft gelbrot, die übrigen
braunschwarz.
Rückenschild gelblichgrau mit vier braunen Striemen, die
(bei meinem Stücke!) bei weitem nicht so deutlich hervortreten wie
bei varlipennis. Brustseiten grau, Notopleuraldepression gelblich.
Hüften grau, Schenkelringe gelb.
Beine lichtgelb, kaum die Spitzen der Schenkel und Schienen
braun, Tarsen verdunkelt.
Flügel stark gelblichgrau tingiert, die weißen Flecken un-
deutlich. Eine glashelle Stelle liegt vor dem Randmale, die weib-
liche Halbbinde hinter demselben reicht von der Costa undeut-
96
lich bis in die cellula disc. posterior. Ein größerer weißer Fleck
liest in der hinteren Basalzelle mehr gegen die Spitze der Zelle
zu. Randmal bräunlich, deutlich abgesetzt. Die Flügelspitze nur
wenig grau, weshalb sich wohl die weiße Binde so wenig abhebt.
Flügeladern gelbbraun, an der Wurzel gelblich; der obere Ast der
Radialis ist vor seinem Ende abgebrochen.
Hinterleib gelbrot, die letzten Ringe braun. Die von
Men. erwähnten Rücken- und Seitenstriemen sind bei meinem
Stücke undeutlich.
Hypopygium mäßig verdickt. Abbildung siehe Lm. 1907,
tab. I, Fig. 13; Westh. 1882, tab. III, Fig. 40 (Muskelappar. der
App. intermediae), tab. IV, Fig. 50 (Vesicula centralis).
Das Weibchen, das ich nicht kenne, soll nach Men. |. c.
einen dunkelgrauen, seidenartigen Hinterleib mit hellen Ein-
schnitten und einer nicht sehr deutlichen braunen Rückenstrieme
besitzen. Die Legeröhre ist fein, gerade, spitzig und rostgelb.
Größe: S 14 mm.
Die Larve (Beling 1886) ist 16 nm lang, gelblichgrau mit
schwärzlichem Schimmer. Die mittleren der vier Hautzapfen am
Oberrande des Stigmenfeldes auf der Innenseite mit breitem
Längsstriche oder die ganze Innenseite schwarzbraun. Die zwei
unteren Zapfen an der Spitze der Innenseite mit großem schwarz-
braunem Fleck, an der Basis mit einem oder mehreren kleineren
Punkten oder die ganze Innenseite schwarzbraun. Zwischen den
beiden Hinterstigmen ein brauner Punkt.
Puppe rostbraun. Hinterleib auf der Ober- und Unterseite
mit starken Dornenzähnen in Querreihe. Endsegment von acht
Zapfen umgeben, von denen je drei auf der Oberseite, zwei auf
der Unterseite, je einer an den Seitenkanten stehen.
Die Larven leben unter Laub, Geniste und besonders gerne
unter Moospolstern am Fuße alter Bäume im Walde. Sie sollen
sich zeitig im Frühjahre verpuppen.
Vorkommen: Scheint sehr selten zu sein. Ich besitze nur
ein S aus der Umgebung von Brünn.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Siebenbürgen (Strobl 1896), Ungarn (Kow. 1873, Thalh.
1899), Galizien (? luridorostris Schumm., Now. 1873).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Finland (Lm. 1907), England
97
(Verr. 1886), Frankreich (Macq.), Holland (Wulp-Meij. 1898),
Deutschland (Men. L., Schumm. 1833, Westh. 1882).
Anmerkung 1. Men. nennt die Beine von hortulana dunkelbraun,
die Schenkel an der Basis rostgelb, was allmählich in Braun übergeht: Zett.:
„pedibus flavescentibus, femorum tibiarumque apice tarsisgue obscuris.“
Anmerkung 2. Tip. luridorostris Schumm. p. 30, 1833, ist wohl
sicher Synon. zu hortulana Men. Allerdings spricht Schummel davon, daß bei
luridorostris hinter dem Randmal eine weiße Binde vom Vorderrande bis
zum Hinterrande des Flügels geht. Schummel hat diese Art nicht als
hortulana Mon. angesprochen, weil sie einen rosteelben, hortulana aber nach
Men. einen dunkelgelben Hinterleib besitzt.
Nach Verrall 1886 ist auch Tip. submarmorata Schumm. 1833, p. 36,
Synonym zu hortulana. Der Hinterleib des 2 (nur dieses bekannt) ist nach
Schummel schwärzlichgrau. Da luridorostris einen rostgelben Hinterleib besitzt,
wäre also das Abdomen des Weibchens bald grau, bald gelb, wenn diese Ver-
schiedenheit in der Färbung des Hinterleibes nicht damit zusammenhängt, dab
der rotgelbe Hinterleib solcher Weibchen, die durch den Tod an der Eiablage
gehindert werden, erwiesenermaßen nicht nur immer stark zusammenschrumpft,
sondern auch seine ursprüngliche Farbe stets verliert.
12. T. irrorata Macq., Rec. Soc. Sc. Agric.. Lille 130 (1826); Kert.
Kat. II. 291; micans Zett., X. 3980 (1851); pictipennis Staeg.,
Naturh. Tidskr. ILI. 9 (1849); Schin. IL. 514 (1864).
Auch von dieser Art kenne ich nur ein mährisches Stück,
noch dazu nur ein 2 aus der Sammlung Siebeck, das irrtümlich
als hortensis bestimmt war. |
Die Fühler dieses Exemplars sind schwarzbraun, die Basal-
glieder reingelb.
Der graue Thoraxrücken hat vier dunkle Längsstriemen.
Der Hinterleib ist rostrot, die letzten Ringe stark verdunkelt.
Legeröhre ziemlich lang, das Basalstück dunkel kastanien-
braun, die oberen Lamellen gelb, die unteren halb so lang wie
die an der Spitze ziemlich stumpfen oberen.
Flügel sehr auffallend marmoriert; der obere Ast der
Radialis vollständig, aber gegen sein Ende wnscheinbar. (Schummel
sagt: unvollständig, und auch Lundström erwähnt ein 2, bei dem
der Vorderast der Il. L. A. abgebrochen ist.) Von dem intensiv
braunen Randmale geht ein brauner Schatten bis zur mittleren
Discoidalzelle herab. Am Ursprunge der Radialis liegt ein großer
brauner Fleck. Glashell erscheinen innerhalb der übrigen braunen
Flügelzeichnung: Ein glasheller Fleck vor dem Randmale, der die
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII,
=
4
98
Basis der Subcostalzelle ausfüllt und in die vordere Basalzelle
hineinreicht.
Eine viel größere wasserklare Binde liegt hinter dem Rand-
male; .sie beginnt am Flügelrande und geht über die Basis der
Radialzellen in die Cubitalzelle, die sie ganz ausfüllt; mit einem
kleinen Fleckchen reicht sie bis in die vierte Hinterrandzelle, die
sonst braun ist. Die äußerste Basis der Radialzellen und der
Cubitalzelle bleibt aber braun, da der vom Randmale zur mittleren
Discoidalzelle über die Queradern herabziehende braune Schatten
in diese Zellen hineinreicht.
In der vorderen Basalzelle liest außer dem vorerwähnten
glashellen Fleck an der Spitze noch ein wasserklarer Fleck vor
der Mitte; die ganze Basıs dieser Zelle ist ebenfalls glashell.
Sehr charakteristisch sind die zwei großen wasserhellen Flecken
in der hinteren Basalzelle. Der eine füllt die ganze Basis dieser
Zelle aus; hinter dem braunen Schatten, der nun folgt, liegt ein
weiterer großer, wasserklarer Fleck, der oben in einem schmalen
Streifen bis an die Spitze der Zelle reicht.
Die hintere Posticalzelle ist an der Basis und Spitze wasser-
klar. In der Analzelle liest ungefähr auf der Mitte ein großer
wasserklarer Fleck; zwei kleine Fleckchen liegen am Flügelrande,
der eine dort, wo die Analis in den Flügelrand mündet.
Größe: 2 21 mm.
Das F kenne ich nicht. Es wird von longicornis, in dessen
unmittelbare Nachbarschaft Schiner die Art stellt, durch die
kürzeren Fühler, das kleinere. Hypopygium und die charakteristi-
schen zwei glashellen Flecke in der hinteren Basalzelle zu unter-
scheiden sein.
Schummel 1833 und Strobl 1894 geben an, dab die
Flüge! dieser Art violett schimmern, wenn sie gegen das Licht ge-
halten werden. Besonders auffallend ist dieser Schimmer bei dem
mir vorliesenden Stück nicht.
Die Larve und.Puppe von T. irrorata Maca. beschrieb
Beling 1873. In den Verhandlungen der Zoologisch-botanischen
Gesellschaft 1856 beschreibt er die Larve und Puppe von T. mi-
cans Zett (= irrorata Macq.) Die beiden Beschreibungen weichen
derart voneinander ab, dab es ausgeschlossen ist, dab Beling
Larven und Puppen ein und derselben Art vor sich hatte. Auch
ın der analytischen Tabelle hält er micans Zett. und irrorata
99
(diesmal unter dem Namen pictipennis Staeg.) streng auseinander.
T. micans Beling kann daher nicht als Syn. zu seiner T. irro-
rata-pictipennis gezogen werden; jedenfalls liest eine Verwechslung
mit einer andern ähnlichen Art vor.
Die Larven seiner irrorata fand Beling unter dem Moos-
überzug eines stark in Verwesung begriffenen alten Eichenstockes,
andere Larven und Puppen in faulen Stöcken von Buchen, Erlen,
Birken und Salweiden, seltener unter der Laubdecke des Bodens.
Vorkommen: 1 2 aus Frain in Südmähren (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Schlesien (Strobl 1900), Niederösterreich (Strobl 1880),
Kärnten (Strobl 1900), Galizien (Now. 1873), Ungarn (Kow. 1878,
Thalh. 1899), Küstenland (Strobl 1893).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Finland (Lm.
1907), Livland (Sint. 1888), Holland (Wulp-Meij. 1898), Frankreich
(Macg.), Deutschland (Mgn. VII, Schumm. 1833, Westh. 1582),
Schweiz Hug. 1888..
13. W. longicornis Schumm., Beitr. z. Entom. III. 1833: Schin.
II. 514 (1864); Kert. Kat. II. 293.
Kopf gelblichgrau, Stirn mit undeutlicher, schwärzlicher
Längslinie. Schnauze und Taster rostgelb, die letzten Glieder der-
selben verdunkelt.
Fühler länger als Kopf und Thorax zusammengenommen.
Die zwei Basalglieder und das dritte (lied an der Basis lebhaft
rotgelb. Die Geißelglieder schwarzbraun, sehr lang, vom zweiten
angefangen auf der Unterseite sanft bogig ausgebuchtet, an der
Basis etwas, an der Spitze deutlich verdickt. (Abbild. Schumm. 1833,
Tab. I, Fig 7.)
Thoraxrücken gelbgrau mit vier deutlichen braunen Striemen,
die seitlichen vorne verkürzt, nach abwärts gebogen, einen hellen
Kern einschließend. Brustseiten grau, Notopleuraldepression
gelb. Hüften schwach grau bereift, Schenkelringe gelb.
Beine schwarzbraun, die Schenkel bis auf die schwarzbraune
Spitze gelb.
Flügel grau tingiert, die Flügelwurzel, die Costal- und
Mediastinalzelle gelblich. Das braune Randmal und ein braunes
7*
100
Fleckchen am Ursprunge der Radialader heben sich von der grauen
Flügelfläche stark ab.
Die glashellen Stellen der Flügel sehr auffallend. Ein kleiner
wasserklarer Fleck liest über der Mündung der Mediastinalis in
die Subcosta in der Costalzelle. Eine große wasserklare Halbbinde
liegt hinter dem Randmale: Von der Spitze der Stigmenzelle aus-
gehend, füllt sie die Basis der Radialzellen und der Cubitalzelle
aus; doch bleibt die äußerste Basis der zweiten Radial- und der
Cubitalzelle grau, da vom Randmal über die Basis der Cubital-
zelle und die kleine Querader ein Schattenfleck bis zur mittleren
Discoidalzelle hinabreicht. Die glashelle Binde geht dann, die
mittlere Discoidalzelle fast ganz ausfüllend, bis in den Spitzenteil
der cellula discoid. posterior. Ein kleiner, wasserklarer, aber
nicht sehr deutlicher Fleck reicht gleich-
MT sam als Fortsetzung dieser Binde auch
A E T 4 in die cellula posticalis anterior.
© ZÁ / Lichtere Streifen, die mit der er-
=, k / D4 wähnten Binde nicht zusammenhängen,
X zu liegen im Spitzenteile der Cubitalzelle
nr,
5. Tip. longicornis 7. und der vorderen Discoidalzellen. Ein
. Tip. long 8 ď.
(Hyp., von der Seite.) grober, klarer Fleck erscheint nahe der
Spitze der cell. basalis posterior. In der
cell. posticalis posterior zwei längliche, nicht sehr deutliche, weiße
Flecke und eine klare Stelle nahe der Basis in der Analzelle.
Hinterleib rotgelb mit deutlicher schwarzbrauner Riicken-
strieme und undeutlichen Seitenstriemen.
Hypopygium außerordentlich groß und ziemlich stark auf-
gebogen. Die Lamella bas. infera etwas abstehend, der Spitzenrand
tief ausgebuchtet, „das Lumen der Ausbuchtung mit einer weißen
Membran bespannt, welche in der Mitte einen chitinisierten Längs-
kiel besitzt.“ (Westh.)
Lamella term. supera in zwei seitliche stumpfe Ecken endigend,
der Spitzenrand der Einbuchtung etwas vorgezogen und unregel-
mäßig gezähnt.
Lamella termin. infera außerordentlich groß und stark
gefurcht. Eigentümlich ist bei dieser Art eine membranartige
Erweiterung der neunten Bauchlamelle, die durch eine deutliche
Furche von der übrigen Fläche der Lamelle getrennt ist und an
der Ventralseite in zwei membranöse, gegeneinandergekehrte Spitzen
Fi
or
B
101
ausgezogen ist, zwischen denen die Arme des A dminiculums sichtbar
werden. Trotz dieser außerordentlich großen Entwicklung der
neunten Bauchschiene ragen die inneren Copulationsorgane bei
dieser Art stets weiter vor als bei anderen Arten. So steht der
fadenförmige Penis meist weit vor und das Adminiculum (in der
Seitenansicht die Arme desselben) sind auch ohne Zerlegung des
Hypopygiums immer deutlich sichtbar.
Appendices superae lang, „ohrenförmig“ (Westh.), breit lan-
zettlich, an der Spitze etwas gegen die Innenseite gebogen, rein
gelblich und an der Aubenseite lang gelb behaart.
Die Appendices intermediae scheibenförmig, gelblich, in eine
scharfe, nach oben gerichtete, bräunliche Spitze ausgezogen; an
der kammartig erweiterten Oberseite mit langen, gelben Haaren,
an der breiten Unterseite mit borstenähnlichen, langen, gelben
Haaren, die auf Wärzchen sitzen, dicht besetzt. In der Mitte der
Oberseite schiebt sich ein zweiter, knopfförmiger, bräunlicher, mit
stachelähnlichen Haaren besetzter Teil vor. Die Appendices bieten
in jeder Lage ein anderes Bild, sind aber an der charakteristischen
knopfartigen Erweiterung leicht zu erkennen (vgl. Taf. I, Fig. 14).
Hypopygium: Westh. 1882, Tab. I, Fig. 4 (Hypopygium von
unten); Tab. IV. Fig. 48 (innere Copulationsorgane); Tam. 1907,
Tab. II, Fig. 14 (Hypopygium).
Das © gleicht dem S, besitzt aber kürzere Fühler mit ge-
wöhnlich gebauten Geißelgliedern. Der Hinterleib ist mehr grau
gefärbt. Die Legeröhre ist mäßig lang, braunschwarz, die oberen
Lamellen an der Spitze abgerundet.
Größe: 16—18 mm.
Die Larve (Beling 1886) ist aschgrau oder bräunlich; den
Rücken entlang gehen zwei, scharf sich abhebende, hell durch-
scheinende Tracheen. Von den vier oberen Zapfen des Stigmen-
feldes sind die äußeren, längeren an der Basis der Innenseite mit
einem schwarzbraunen, dreieckigen Flecken, die inneren, kürzeren
mit einem schwarzbraunen Striche versehen. Die zwei unteren
Zapfen sind an der Innenseite mit einem bogenförmigen, schwarz-
braunen Fleck gezeichnet; unterhalb dieser Zeichnung liegen zwei
kleine, braune Punkte.
Die Puppe ist schmutzig bräunlichgelb; die beiden Stirnhöcker
sind kurz und breit, ohrenförmig, wodurch die Puppe dieser Art
leicht von denen der anderen Tipulinen unterschieden werden kann.
Die Larve lebt in der Erde an feuchten Waldstellen, auch
unter Moospolstern.
Unter zahlreichen Larven der Dictenidia bimaculata, die ich
im Mulm eines Erlenstumpfes fand, befand sich auch eine Larve,
die sich zu einer T. longicornis © entwickelte.
Vorkommen: Diese Art wird von Schiner als sehr selten
bezeichnet. Ihr massenhaftes Vorkommen in der Üzernowitzer
Au, wo sie Ende Mai und im Juni auftritt, ist vielleicht nur lokal.
Ich besitze sie außerdem nur aus dem Josefstal, 1 S, 17. Juni.
Verbreitungin Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Niederösterreich (Strobl 1880), Kärnten (Tief 1887), Tirol (Palm
1869), Steiermark (Strobl 1894 RE ralizien (Grzeg. 1873, Now. 1873).
GeographischeVerbreitung in Europa: Scheint in Europa
allgemein verbreitet zu sein. Nur aus dem Süden ist mir kein
Fundort bekannt. Schweden (Zett., Wallengr. 1882, Wahlgr. 1905),
England (Verr. 1886), Finland (Lm. 1907), Dana (Sint. 1883),
Rußland (Fedt. 1891), Holland (Wulp-Meij. 1898), Schweiz (Hug.
1888), Deutschland Star, 1833, Westh. 1882).
14. T. signata Staeg., Naturh. Tidskr. III. 11. (1840); Kert. Kat.
II. 308; Ceres Zett. X. 3945. (1851) nach Wahlgr.; Kert.
Kat. IT. 284 als Art.
Kopf und Stirn grau, letztere mit undeutlicher, schwärzlicher
Längslinie. Schnauze dunkelrotbraun, Taster schwarzbraun.
Fühler kürzer als der Thorax, die zwei Basalglieder rotgelb,
die Geißelglieder an der Basis etwas verdickt, mit Wirtelhaaren
reich besetzt.
Thoraxrücken gelbbraun mit vier dunklen Längsstriemen,
die mittleren beim S schmal, vorne geteilt, die Seitenstriemen viel
breiter und hinter der Quernaht auf das Metanotum übergehend.
Schildchen braun, Mesophragma etwas grau bereift mit undentlicher
Mittelstrieme.
Brustseiten gelbrot, schwach grau bereift, Notopleural-
depression von derselben Farbe. Hüftglied 1 und 2 gelb, 3 grau
bereift; Schenkelringe gelb.
Beine in beiden Geschlechtern lang und dünn, gelb, die
Schenkel und Schienen an der äußersten Spitze und die Tarsen
schwärzlich.
103
Flügel schwach grau tingiert, mit scharf sich abhebendem
Randmale, aber äußerst undeutlichen, wasserklaren Flecken. Am
meisten fallen noch auf: Ein größerer wasserheller Fleck, der in
der Mitte der hinteren Basalzelle liegt und mit einem wasser-
hellen großen Flecken in der hinteren Posticalzelle zusammenhängt;
ein größerer klarer Fleck vor dem Randmale; ein kleiner wasser-
klarer Fleck in der Wurzelhilfte der Analzeile, der mit einem
hellen Fleck an der Basis der hinteren Posticalzelle zusammenhängt:
ein heller Streifen in der Axillarzelle längs der Axillarader.
Zwei kleinere glashelle Stellen liegen am Flügelhinterrande
in der Analzelle und je eine helle Stelle zu beiden Seiten der
Einmündung der Analader in den Flügelrand. Außerdem liegt
vor dem Randmale und an der Basis der
mittleren Discoidalzelle je ein glasheller Fleck. IN
Die Aste der vorderen Discoidalader Ron AE
se . ED, d'a
gegen den Flügelrand schwach konvergie- Á 2 | =
N f
rend. Ro Pa
Y
Hinterleib gelbrot, die letzten Segmente m /
stark verdunkelt, ohne deutliche Striemen.
. m. . Fig. 7. Tip. signata S.
Hypopygium. Charakteristisch ist der _Hyp., von der Seite.)
Bau der Lamella basalıs infera, die stark
entwickelt ist und von der terminalen Lamelle weit und klaffend
absteht. Sie ist tief gespalten und bildet zwei lange, am Rande mit
schwarzen Börstchen und schütteren, gelben Haaren dicht besetzte
Vorsprünge; die „Lappen sind am Rande eingerollt und an der
Spitze wurstförmig erweitert“ (Lim. 1907). Westh. Zeichnung zeigt
diese Vorsprünge von innen; die Lappen sind aber breiter und
nicht so schmal, wie er sie abbildet. Unter diesen Lappen, am
(Grunde der tiefen Einbuchtung, liegt ein dritter, dreieckiger, fast
senkrecht von der achten Bauchschiene abstehender, mit kurzen
gelben Haaren besetzter Vorsprung.
Die Lam. term. supera stark gewölbt, am Spitzenrande win-
kelig ausgebuchtet, die Ecken etwas nach abwärts gebogen.
Die Append. superae gelblich, lang und schmal. Die aus
dem Hypopygium (s. Zeichnung): weit herausragenden, kräftigen
Organe am Unterrande der neunten Bauchschiene halte ich für
die Arme des Adminiculums. (Meine Zeichnung ist nach einem
in Ätzkali präparierten Hypopygium hergestellt.)
104
Hypopygium: Westh. 1882, Tab. III, Fig. 91 (App. bas.
simpl.); Tab. III, Fig. 45 (App. intermediae).
Das 2 gleicht dem G; die Fühler sind kürzer, die glashellen
Flecken der Flügel etwas deutlicher, die Äste der vorderen Dis-
coidalader convergieren merklich. Legeröhre mäßig lang, licht-
braun, die oberen Lamellen sehr dünn und fein, ziemlich spitzig.
Größe: 15—16 mn.
Die Larve (Beling 1878) ist grüngelb bis schwärzlich. Von
den vier Hautzapfen am Oberrande des Stigmenfeldes sind die
äußeren an der Innenseite mit einem schwarzbraunen Längsstriche
sezeichnet, der mit den Hinterstigmen zusammenzuhängen scheint:
die mittleren Zapfen entweder nicht gezeichnet oder an der Basıs
mit schwarzbraunem Fleck. Die zwei unteren Zapfen des Stigmen-
feldes größer als die oberen, an der ganzen Innenseite schwarz-
braun glänzend.
Puppe ziemlich schlank, gelbgrünlich, die Seitenkanten des
Hinterleibes scharf zusammengedrückt, Stirnhörnchen dünn, braun,
an der Spitze spatelförmig erweitert. Auf der Rücken- und Bauch-
seite kleine, spitze Dornenzáhne in Querreihe. Afterglied der S
Puppe an der Oberseite mit sechs, an der Unterseite mit vier
starken Dornenzähnen in Querreihe.
Die Larven fand Beling unter dem Moosüberzuge eines halb
vermoderten Haselnußstockes, ein andermal unter Moospolstern
in einem Buchenwalde.
Vorkommen: Die Art erscheint nach den übereinstimmenden
Berichten der Autoren im Spätherbste, erst Ende September oder
anfangs Oktober. Ich habe ein S und drei 22 an einem Wasser-
graben in der (zernowitzer Au Ende September gefangen.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Galizien (Now. 1873).
Geographische Verbreitung in Europa: Dänemark (bei
Zett. X), Schweden (Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke
1877), Holland (Six 1869, Wulp-Meij. 1898), Finland (Lm. 1907),
England (Verr. 1886), Deutschland (Westh. 1882).
Anmerkung 1: Tip. Ceres Zett., Dipt. Scand. X. 3945 ist nach
Wahlgren (Arkiv för Zoologi, Bd. 2, Nr. 7, 1894, pag. 95) synonym mit sig-
nata Staeg. Bei dem einzigen Exemplare, das jemals gefunden wurde, fehlt
jetzt der Hinterleib. Aus der Gleichheit der Flügelzeichnung schließt Wahlgr.,
daß Ceres nichts anderes als signata Staeg. ist. Erklärlich wird der Irrtum
105
Zett. dadurch, dab er signata nicht kannte und Staegers Beschreibung
wiedergab. Auffallend bleibt aber, daß er T. Ceres mit longicornis Schum.
vergleicht und den auffallenden Anhang der achten Bauchschiene mit keinem
Wort erwähnt.
Anmerkung 2: In dieselbe Gruppe (Flügel marmoriert, Thorax vier-
striemio, die Striemen nicht braun gesäumt) gehören noch von mir bekannt
gewordenen Arten:
alpium Ber. macrocera Zett.
anonyma Ber. Mayer Dürii Eee.
bilobata Pok. marmorata Mon.
bistilata Lm. mutila Wahler.
cinereo-cincta Lm. obsoleta Mon.
circumdata Siebke obscurinervis Wahler.
glacialis Pok. rufina Men.
heros Ege. Stroblii Ber. (= Zetterstedtii Str.)
hortensis Men. Zetterstedtii Str. (= nigricornis Zett.)
Von diesen Arten sind: circumdata, cinereo-cincta, Zetterstedtii
Str., mutila, obscurinervis, bistilata nordische Arten, während bilobata,
glacialis, alpium, Mayer Dürii, Stroblii und macrocera auf die Alpen
beschränkt zu sein scheinen.
heros Ego. ist eine südliche Art, von Schiner aus Fiume, von Kowarz
und Thalhammer aus Südungarn erwähnt.
Für unser Gebiet kämen daher nur noch in Betracht: rufina, obsoleta,
marmorata und hortensis, für unser Mittelgebirge vielleicht auch Mayer
Dürii, da sie von Nowicki aus Galizien angegeben wird.
rufina Mon. wird leicht zu erkennen sein an der schwarzbraunen
Strieme, die über die Brustseiten geht. Mik, der in der Wien. Ent.-Ztg., 1882,
p- 36 ff. auch ihre Metamorphose beschrieb, stellt sie in die nächste Verwandt-
schaft zu marmorata Mon. und signata Staeg., da „alle drei Arten eine an
der Basis erweiterte zweite Hinterrandzelle besitzen“.
Nach Röder (Wien. Ent. Zto. 1883, 56) erstreckt sich die Art weit in
den Norden. Hansen beschrieb sie als parvicauda, Naturh. Tidskr. XIII,
272 (1881) von den Faröern. Als südlichster Punkt ist Vöslau (A. Handlirsch)
bekannt.
hortensis Mon., die ich nicht kenne, wird von Schiner mit trun-
corum verglichen, von der sie sich sofort durch die vier Thoraxstriemen
unterscheidet. Sie scheint oft verwechselt worden zu sein. Wahler. (1904)
teilt mit, daß in der Sammlung Zetterstedts bei hortensis drei © © von longi-
cornis Schum. steckten. Ich selbst erhielt drei Exemplare von longicornis G,
die als hortensis bestimmt waren.
obsoleta Mgn. und marmorata Men. Lundström gibt I. c. die
Merkmale beider Arten an und kennzeichnet ihre Stellung zu signata Staeg.
marmorata Men. soll schon äußerlich leicht an den deutlich grauen Flügeln
mit zahlreichen wasserhellen kleinen Flecken (Wahlgr. sagt: tellerförmige,
kleine Flecke) kenntlich sein.
106
obsoleta Mon. besitzt sowie signata Staeg. undeutlich gefleckte
Flügel. Die 22 werden sich dadurch unterscheiden lassen, daß bei obsoleta
die Äste des ram. dise. ant. fast parallel zum Flügelrande gehen, während sie
bei signata bogig und deutlich convergierend gegen den Flügelrand ver-
laufen. — Die SS lassen sich am besten nach Lundström unterscheiden. Bei
marmorata ist das achte Bauchsegment „an der Spitze halbmondfôrmig ein-
gebuchtet mit ausgezogenen steifen Ecken, die nach außen von einer seichten
Einbuchtung begrenzt werden“.
Bei obsoleta ist die ganze Spitze der Lamelle ausgezogen und ein
wenig von der Lam. term. infera abstehend, ferner ziemlich tief gebuchtet,
mit dünnen hellgelben Ecken. Bei beiden Arten ist die Spitze der Lamelle
mit weichen, helleelben Haaren bedeckt, bei signata mit kurzen, schwarzen
Borsten.
Strobl sagt von marmorata: „Das (7 ist ausgezeichnet durch das an
der Spitze lang zweispaltige, in zwei dornenähnliche Zähne auslaufende letzte
Bauchsegment.“
macrocera Zett. (= grisescens Zett., teste Wahlor, 1904) und Mayer
Dürii Egg. sind zwei sehr nahestehende Arten. Strobl 1894 gibt die Unter-
schiede an: macrocera hat viel längere Fühler, die ersten Geißelglieder sind
fast gleich lang, die mittleren Striemen liegen so nahe beieinander, dab man
den Thorax dreistriemig nennen könnte, während Mayer Dürii einen deutlich
vierstriemieen Thoraxrücken besitzt.
Anmerkung 3: Tip. clandestina Mon., I, 180, wird von Men. mit
obsoleta verglichen, gehört also zu den Marmoratae mit undeutlichen glas-
hellen Flecken der Flügel. Die Art stammt aus Österreich und wird nur
noch von Gimmerthal aus Rußland angeführt. Vielleicht ist sie Tip. signata
2, auf welche die Beschreibung gut paßt.
Tip. limbata Zett. X, 3951, seither nicht wieder aufgefunden, ist nach
Wahlgr., Arkiv f. Zool., IT. Bd., Nr. 7 (1904) möglicherweise Tip. obsoleta Mon.,
wofür Größe und Aderverlauf sprechen.
15. T. exeisa Schumm., Beitr. z. Ent., III. 42 (1833); Schin. II.
515 (1864); Kert, Kat. II. 285; speculum Zett. X. 3924
(1851); octolineata Zett. X. 3956 (1851) p. p.; subunilineata
Zett. X. 3940 (1851).
Kopf und Stirne grau, letztere mit deutlicher, schwarzer
Längsstrieme; Schnauze, Rüssel und Taster schwarzbraun.
Fühler so lang als Kopf und Thorax zusammengenommen,
schwarzbraun, die Basalglieder und das erste Greibelglied rotgelb, die
Greibelglieder vom zweiten auf der Unterseite bogig ausgeschnitten,
wodurch namentlich an der Basis eine auffallende Verdickung der
einzelnen Glieder entsteht; die letzten Geißelglieder normal (Abbild.
bei Schumm. 1833, tab. I, Fig. 8).
107
Thoraxrücken graubraun mit vier mitunter sehr schwachen
und wenig von der Grundfarbe sich abhebenden Längsstriemen,
die immer mit rotbraunen feinen Längslinien gesäumt sind. Die
dunklen verkürzten Seitenstriemen werden auf drei Seiten von braunen
Säumen eingefabt. Auch die mittleren Striemen sind dunkel ge-
säumt, die mittleren Säume liegen aber mitunter so nahe beiein-
ander, dab sie zu einer einzigen Linie zusammenfließen. Sind sie
aber vollständig voneinander getrennt, dann bilden sie mit den
äußeren Saumlinien eine W-förmige Zeichnung, die dadurch ent-
steht, daß die mittleren Säume vorne in einer Spitze zusammen-
stoßen, während die äußeren und inneren Saumlinien hinten paar-
weise zusammenhängen. Brustseiten grau, wie die Hüften etwas
graulich bereift, Notopleuraldepression rötlich,
Schenkelringe gelb. Schildehen und Hinter- Pau s
růcken schiefergrau. > A ie
Beine rotgelb, Schenkel und Schienen N wa PNY
an der äußersten Spitze und die Tarsen braun. Sy ah
Flüsel stark grau tingiert, an der Wurzel .
gel stark grau tingiert, an de kan Fig. 8. Tip. exeisa S.
gelblich. Das Randmal bei einigen Stücken © (Hyp., von der Seite.)
sehr deutlich schwarzbraun, bei anderen sich
kaum von der Flügelfläche abhebend. Am Ursprung der Radial-
ader ein kleiner brauner Fleck. Ein großer glasheller Fleck liegt
hinter dem Randmal; er geht vom Flügelrand bis in die mittlere
Discoidalzelle und reicht in die Basis der ersten vorderen Dis-
coidalzelle und der Cubitalzelle. Ein charakteristischer, immer
sehr deutlicher glasheller Flecken liest in der hinteren Bazalzelle
und ein weiber Streifenfleck in der Analzelle.
Unbestimmt begrenzte und wenig auffallende glashelle Flecke
liegen noch vor dem Randmale und am Hinterrand in der Cellula
analis.
Hinterleib einfarbig rotgelb, ohne Striemen.
Hypopygium sehr charakteristisch. Die Lam. termin, supera
(wie bei scripta und nubeculosa) so stark verkürzt, dab nur die
spitzen Seitenecken unter der achten Rückenschiene hervorragen.
Sie ist am Spitzenrande fast halbkreisförmig ausgebuchtet, die ganze
Ausbuchtung aber wird von einer glänzend schwarzbraunen, wie
poliert aussehenden, tiefer als die Ecken der Lamelle liegenden
Platte ausgefüllt, die am Spitzenrande unregelmäßig gezähnt ist
und in der Mitte desselben einen gerade vorspringenden Zahn trägt.
108
Die Lamella term. infera ist tief bogig ausgeschnitten, die
Ausbuchtung von keiner Membran gedeckt.
Die Append. superae schmal, zylindrisch, von gelber Farbe
und nicht auffallend stark behaart.
Die Append. intermediae bestehen aus zwei Teilen, konform der
Zange von scripta, nubeculosa und rubripes (Taf. I, Fig. 8).
Der innere Arm, der mit der bräunlichen Spitze gegen die
neunte Rückenschiene gerichtet ist und keine auffallende Behaarung
trägt, ist von beilförmiger Gestalt. — Der äußere untere Arm,
der ohne Zerlegung des Hypopygiums sichtbar ist, erscheint dorn-
förmig, ist stark gebogen und mit der Spitze nach oben und
innen gekehrt.
Hypopygium bei Lundstr. 1907, tab. I. Fig. 11, 12.
Das Weibchen gleicht dem Männchen, nur sind die Fühler
von gewöhnlicher Bildung. Die Legeröhre ist lang und robust,
das Basalstück glänzend dunkelbraun, die oberen Lameilen licht-
braun, an der Spitze unten grob sägezahnartig ausgeschnitten, das
Ende stumpf zweispitzig, wodurch sich das © auch dann von dem
der T. nubeculosa sofort unterscheiden läßt, wenn die mittelsten
Siume nicht zusammengeflossen sein sollten.
Var. cinerea Strobl 1904 unterscheidet sich durch ganz
einfarbig grauen Hinterleib und dunklere Fühler. Bei 79 ist das
zweite Schaftglied rotgelb, das erste und dritte beim S dunkel
bereift oder, wie beim Weibchen, ganz schwarz, gleich den folgenden.
Bergr. 1888, p. 651, erwähnt diese Varietät vom Krngebirge.
Größe: Z 18—20. 2 20 mm.
Über die Metamorphose scheint nichts bekannt zu sein.
Vorkommen: Diese Art ist eine echte Gebirgsbewohnerin.
Auf den Kuppen des Gesenkes, von wo sie bereits Kolenati er-
wähnt, kommt sie häufig vor. Landrock brachte sie in mehreren
Stücken vom Radhost mit, Berggeist 22. Juli, Peterstein 14. August,
Schweizerei, Kepernik. Auch „Am Brand“ bei Wüstseibersdorf,
auf einem Holzschlage, 27. August. Im Tale habe ich sie nie ange-
troffen. Ein 2 var. cinerea Strobl aus dem Steingraben 7. August
(leg. K. Landrock).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894, Bergr. 1888), Kärnten (Strobl 1900, Bergr. 1888), Krain
Bergr. 1888). Galizien, Tatra (Now. 1873), Siebenbürgen (Strobl
1896), Ungarn (Thalh. 1899).
109
Geographische Verbreitung in Europa: Lappland (Zett.,
„speculum“), Finland (Lim. 1907), Schweden (Wall. 1882, Wahler.
1905), Norwegen (Siebke 1877), England (Verr. 1886), Schweiz
(Hug. 1888), Rußland (Fedt. 1902), Deutschland (Schumm. 1835.
„Um Breslau“ ?)
Anmerkung. Nach Wahlgren, Arkiv för Zoologi, 1904, Band IL.,
Nr. 7, ist Tip. octolineata Zett., Dipt. Scand. X., p. 3936, zum Teile als
Synon. zu excisa zu ziehen. In Zett. Sammlung steckten unter diesem Namen
1 S von excisa und 1 Pärchen von scripta.
Tip. subunilineata Zett. X. 3940 ist nach Wahlgren |, c. wahrschein-
lich eine kleine, mattgefärbte Form von excisa. Der Type in Zett. Sammlung
fehlen die Antennen.
16. T. seripta Mgn., Syst. Beschr. VI. 286 (1830); Schin. IL 515
(1864); Kert. Kat. II. 307; octolineata Zett. X. 3986 p. p.;
excisa Walk. nach Verrall.
Fühler: Die ersten drei (lieder rein rotgelb,
Basis geschwärzt. Die letzten Geibelglieder ver- N Es
Kopf und Stirn grau, Schnauze, Rüssel und Taster braun.
die Geibelglieder rotgelb, an der kaum verdickten | ST
ANNE
dunkelt. C1 iz
Thoraxrücken grau mit den Längs- Fie. 9.
striemen und Säumen wie bel excisa, nur dab = :
Dip. scripta 4.
die mittelsten Säume vorne und hinten oft (aber a
nicht immer!) zusammentieben und die Grund- | Seite) |
farbe nur auf der Mitte freilassen. Brustseiten |
grau, Notopleuraldepression gelbrot, Hüften grau bereift, Schenkel-
ringe gelb.
Beine braun, die Schenkel lichter.
Flügel grau, an der Wurzel gelblich, das Randmal deutlich
braun, die glashellen Fenster so ziemlich an denselben Stellen wie
bei excisa. Das dunkle Schattenfleckchen am Ursprunge der Ra-
dialis sehr deutlich.
Hinterleib rotgelb, mitunter mit undeutlicher Rücken-
strieme.
Hypopygium ziemlich klein, kaum dicker als das Abdomen.
Lam. term. supera schmal und oft von der achten Rückenschiene so
verdeckt, dal) nur die stumpfen Ecken vorragen. (Westh. vermutet, dal
dieses Verschwinden der neunten Rückenschiene eine Folge der voll-
zogenen Kopulation sei.) Lam. term. infera bis auf den Grund gebuchtet.
110
Append. superae von gelblicher Farbe, stabförmig, wie bei
excisa gebildet. Append. intermediae aus zwei Teilen bestehend,
ähnlich wie bei excisa gebildet; der innere Arm von gelblicher
Farbe, ohne besonders auffallende und lange Behaarung. Der
untere dornen- oder klauenförmige Arm nicht so schlank und
weniger gekrümmt als bei der vorigen Art.
Hypopygium, Westh. 1882, tab. II, Fig. 17, 18 (Lam. term.
supera), tab. V, Fig. 62 (Adminieulum).
Das Weibchen gleicht dem Männchen. Die Fühler sind aber
bis zum fünften Gliede rein gelb und erst die folgenden Glieder an
der Basis schwarz; Legeröhre ziemlich lang, kastanienbraun glän-
zend, die oberen Lamellen an der Spitze sanft nach oben gebogen,
auf der Unterseite gegen die Spitze hin schwach gesägt.
Größe: 16—20 mm.
Die Larve (Beling 1873) ist der von nubeculosa ähnlich,
aber kleiner und schlanker, in der Regel mit durchschimmerndem
Darminhalte, Kopf schwarzbraun. Letzter Leibesring ähnlich ge-
zähnt wie bei der Larve der folgenden Art.
Die Puppe ist bräunlichgelb, im allgemeinen lichter als die
der nubeeulosa, an den Enden der Segmente schmal schwärzlich
gesäumt. Die kurzen Stirnhörnchen mit etwas kolbig verdickter
Spitze. Hinterleib mit scharfen Längskanten, auf der Ober- und
Unterseite der Segmente eine Querreihe von kleinen Dornen. Letztes
Glied von acht starken Dornenzähnen umgeben. Es endet bei
der 4 Puppe mit einer kuppelförmigen Abrundung, an deren vier
Ecken je ein kleines Zähnchen steht. Das letzte Glied der © Puppe
zeigt die Eigentümlichkeit, daß das obere Klappenpaar mit dem
unteren nicht verwachsen ist.
Larven an Feld- und Wiesenhecken, auch in Laub- und
Nadelholzbeständen.
Vorkommen: Die Art ist bei uns ziemlich häufig, tritt
aber nie so massenhaft auf wie nubeculosa und erscheint später.
Ihre Flugzeit fällt in die Sommermonate. Schreibwald 15. Juni,
Bilowitz. Adamstal 14. Juli, Ochos (leg. P. Huber), Teßtal bei
Groß-Ullersdorf und Radersberg bei Wiesenberg 9. Juli, Drei-
stein bei Primiswald 8. August, Frain, Juli, Fulnek (leg. Skala).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Niederösterreich (Strobl 1880), Steiermark (Strobl 1894), Kärnten
(Tief 1887), Krain (Bergr. 1888), Tirol (Palm 1869), Galizien
dl
Grzeg. 1873, Now. 1873), Siebenbürgen (Strobl 1896), Ungarn
(Thalh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Fin-
land (Lim. 1907), Livland (Sint. 1883), Rußland (Fedt. 1891), Eng-
land (Verr. 1886), Holland (Wulp-Meij. 1898), Deutschland (Mgn.
L Schumm. 1833, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888), Italien (Bezzi).
17. PT. nubeculosa Men., Syst. Beschr. I. 174 (1818); Schin. IL
516 (1864); Kert. Kat. II. 299; griseofusca Deg., Mem. p.
serv. à l’hist. de Ins.. VI. 344 (1776); guttulifera Zett., Ins.
Lapp. 840 (1838); umea Wied., Zool. Mag. I. 64 (1817);
montana Curt., nach Verr. 1886; hortorum L.t), Syst. Naturg.,
Ed. X. 585 (1758).
Gleicht sehr der T. scripta, unterscheidet sich aber von
ihr im männlichen Geschlechte:
1. Durch die Form und Farbe der Fühler. T. nubeculosa GS
besitzt robustere Fühler, deren Geibelglieder an der Basis an-
sehnlich verdickt sind, was bei scripta nie so auffällt. Die Färbung
der Fühler ist nicht konstant. In der Regel sind nur die ersten
drei Fühlerglieder rotgelb, die übrigen schwarzbraun; oft ist aber
auch das vierte, fünfte und mitunter sogar das sechste Fühlerglied
an der Spitzenhälfte ausgebreitet rotgelb, an der Basis schwarz-
braun. Während aber bei scripta die schwarze Färbung an der
Basis der Geißelglieder sich so stark von der gelben Farbe ab-
hebt, daß .die Fühler ein schwarzgeringeltes Aussehen erhalten,
ist dies bei nubeculosa nie der Fall, da die schwarzbraune Fär-
bung an der Basis der Glieder allmählich ins Rotgelbe übergeht.
2. Der Thorax ist wie bei T. scripta gezeichnet, doch mit
dem Unterschiede, daß die inneren Säume nur vorne zusammen-
hängen, so daß die gelbgraue Grundfarbe als schmale Linie bis
zur Quernaht freibleibt. Hinten hängen die Säume wie bei T. excisa
1) Vide Mik, Dipt. Misc., Wien. Entom.-Zte., XIII., 301, 1888. Westh.
1879 hat für Tip. nubeculosa Men. den Namen T. hortorum L. vorgeschlagen
auf Grund der Mitteilung Halidays (Stett. Ent.-Zte., XII. 1851), daß in der
Sammlung Linnés als Tip. hortorum L. jene Art vorgefunden wurde, welche
Men. als T. nubeculosa beschrieben hat. Mik verweist aber mit Recht darauf,
daß Linné seiner hortorum ein blasses Raudmal und undeutlich gewölkte Flügel
zuschreibt, was für T. nubeculosa nicht zutrifft,
112
paarweise zusammen, so dab sie die dort erwähnte Gestalt eines
sehr schmalen, lateinischen W annehmen. Man wird aber gut tun,
diesem von Schiner angegebenen Unterscheidungsmerkmale nicht
zu große Beachtung zu schenken, da auch bei T. scripta Stücke
vorkommen, bei denen die mittelsten Säume hinten ebenfalls ge-
trennt sind.
3. Das Hypopygium ist ähnlich gebaut wie bei scripta, doch
ist der untere äußere Arm der Append. intermediae noch weniger
schlank gebaut wie bei scripta, von sehr gedrungenem Bau; über-
dies trägt er an der Innenseite nahe der Spitze einen kleinen,
PR scharfen Dornenzahn. der an dieser Stelle bei den
N EN zwei vorhergehenden Arten nicht vorkommt (Taf. I,
S r = 1 A \
> [ | = = F 19. ] 9).
\ Fe . . A 2
re Hypopygium bei Westhoft 1882, tab. I. Fig. 2
Fig. 10. und 3 (Hyp.), tab. IV, Fig. 46 (Innere Kopulations-
Tip. nubeculosa F. organe) und tab. V, Fig. 65 (Adminiculum).
[ep wunder Die Weibchen von T. nubeculosa und T.
Seite.) ; P ; À
| scripta sind leicht zu unterscheiden, wenn man
beide Arten vor sich hat und sich vor Augen hält, dab nube-
culosa © stets robuster gebaut ist und namentlich kräftigere Beine
besitzt als scripta. Das von Schiner angegebene Merkmal, dal) die
oberen Lamellen der Legeröhre bei nubeculosa nach dem Tode
immer weit auseinanderklaffen, die der scripta aber nicht, reicht
für eine halbwegs sichere Bestimmung nicht aus; ich besitze
fünf 22 der scripta, bei denen die oberen Klappen weit aus-
einanderklaffen, und mehrere Weibchen von nubeculosa, bei denen
dies nicht der Fall ist.
a ee
«
Fig. 11. a
Legeröhre. « Tip. excisa, b Tip. nubeculosa.
Die Färbung der einzelnen Fühlerglieder ist sowie beim S
nicht konstant. Bei den meisten 22 sind die untersten fünf Glieder
rotgelb: diese Färbung geht dann allmählich bei den nächsten
Fühlergliedern in Rotbraun über, die letzten Glieder sind ganz
verdunkelt. Nur bei drei 22 beginnt die Verdunkelung bereits beim
dritten Fühlergliede.
113
Von den Weibchen der T. seripta sind die der T. nube-
culosa ebenfalls leicht und sicher durch die Färbung der Geibel-
glieder zu unterscheiden: T. scripta 2 besitzt viel mehr lichtgelb
gefärbte Fühler, die Geibelglieder sind, vom dritten angefangen,
an der Basis schwarz, wodurch die Fühler das beim S erwähnte
schwarzgeringelte Aussehen erhalten, was bei nubeculosa nie so
stark auffällt, auch wenn die Basis der einzelnen Geibelolieder
dunkler gefärbt ist.
Größe: 18—22 mm.
Die Larve (Beling 1873) ist schmutzig graugelh, glatt, die
Leibesringe mit einer Reihe ganz kurzer Börstchen besetzt. Letzter
Leibesring hinten gerade abgestutzt, am oberen Rande mit vier
langen, am unteren mit zwei kurzen, dreieckigen Hautzähnen.
Unterhalb der kreisrunden Hinterstigmen je ein schwarzer Quer-
strich.
Die Puppe ist bräunlichgelb mit scharfkantig zusammen-
gedrücktem Hinterleibe. Die Enden der Leibesringe sind ziemlich
breit schwarzbraun gesäumt. Thorax stark quergefurcht mit vier
stumpfen Höckern. Das neunte Glied trägt oben vier Zähne im
Viereck, die hinteren sind größer und dicker als die vorderen. Bei
der männlichen Puppe ist das letzte Glied mit acht starken Dornen
besetzt, das der weiblichen Puppe endet mit vier verwachsenen,
schwarzbraunen Klappenpaaren, von denen die unteren kürzer als
die oberen sind.
Die Larven leben unter der Streudecke des Bodens in Laub-
und Nadelholzbeständen.
Vorkommen: Bei uns eine der gemeinsten Arten; sie er-
scheint Mitte oder Ende Mai und ist in hochstämmigen Laub-
und Nadelholzwaldungen sehr häufig, wo die SS an der Schatten-
seite der Bäume mit ihren langen Beinen angeklammert sitzen.
In größeren Waldlichtungen fand ich sie im Grase. Ungemein
häufig werden sie auf Holzschlägen angetroffen. Die SS sind viel
häufiger als die 99. Schreibwald, Steinmühle Schebetein (11. Mai,
23. Mai, 2. Juni), Karthaus (31. April, 6. Mai), Bilowitz, Josefstal,
Blansko (Mai), Czernowitz bei Brünn (hier seltener), Ochos 2. Juni,
Řičkatal bei Lösch, Strzelitz, Hobitschau bei Wischau (K.Landrock),
Frain (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow,
1894, nubeculosa Men. und hortorum L.), Schlesien (Tief 1887).
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. S
114
Niederüsterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894), Tirol
(Palm 1869), Kärnten (Tief 1887, Bergr. 1888), Vorarlberg (Bau
1910), Krain (Bergr. 1888), Galizien (Now. 1873), Ungarn (Thalh.
1899), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Buropa: Lappland,
Schweden (Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Finland (Lam. 1907),
Livland (Sint. 1888), Rußland (Dwig. 1802, Fedt. 1901), Frank-
reich (Macq.), England (Verr. 1886), Deutschland (Mgn., Schumm.
1833, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888).
18. T. rubripes Schumm., Beitr. z. Entom., III. 49 (1833); Schin.
II. 524 (1864); Kert. Kat. Il. 306.
Schiner vergleicht T. rubripes, die er als deutsche Art an-
führt, mit T. seripta. In Wirklichkeit ähnelt sie, was die Gestalt
der Fühler und den Bau des Hypopygiums anbelangt, viel mehr
der T. nubeculosa.
In der Färbung des Kopfes, der Stirne, des Hinterleibes und
der Flügel gleicht sie vollkommen der genannten Art. Die Zeich-
nung des Rückenschildes stimmt bei meinen Stücken mit der von
nubeculosa überein, nur sind die mittleren Säume schwächer, ja
mitunter fehlen sie überhaupt und die mittelsten Längsstriemen
fließen dann in eine einzige zusammen.
Die Fühler gleichen im Bau entschieden mehr denen von
T. nubeculosa als von T. scripta. Sie sind viel robuster als bei
dieser Art und die Geißelglieder sind an der Basis deutlich verdickt.
Die ersten drei Glieder sind bei meinen Exemplaren rotgelb, die
Geibelglieder vom vierten bis zum siebenten nur an der äußersten
Basis schwarzbraun, sonst breit rotgelb, und zwar viel ausgebrei-
teter als bei nubeculosa; nur die letzten Glieder sind verdunkelt.
Beine einfach rotgelb, die Schenkel an der Spitze kaum
verdunkelt.
Flügel wie bei nubeculosa.
Das Hypopygium ist dem der nubeculosa sehr ähnlich, die
äußeren Umgrenzungsstücke, die Append. superae und intermediae
von derselben Gestalt. Eine Modifikation zeigen die Append. inter-
mediae. Der obere, innere Arm dieser Anhänge ist bei rubripes
am Grunde viel schmäler und schlanker als bei nubeculosa und
an dem nach oben gekehrten Rande merkwürdig gekerbt. (Siehe
Taf. I, Fig. 6 und 7.)
115
Ich weiß nicht, ob rubripes als Art wird aufrecht erhalten
werden können; die Färbung der Fühler kann nicht in Betracht
gezogen werden, da auch bei nubeculosa Übergänge vorkommen.
Das Hypopygium ist gleichgebaut und nur die Append. intermediae
sind etwas abweichend gebildet. Es bliebe nur die von nubeculosa
abweichende Färbung der Beine übrig. Für sich allein genügt
wohl dieses Merkmal nicht, um die Artberechtigung von T. rubri-
pes zu erhärten.
Das Weibchen kenne ich nicht. Nach Schummel unterscheidet
es sich vom G durch kürzere, ganz rotgelbe, nur an den rotgelben
Greißelgliedern etwas verdunkelte Fühler; der Hinterleib hat oft
eine allerdings undeutliche Rückenstrieme und je eine undeutliche
Seitenstrieme; die braune Flügelzeichnung ist lebhafter.
Größe (JS): 20—23 mm.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Karthaus bei Brünn, 2. Juni, 4 37, Palackytal
bei Bilowitz, 16. Mai.
Verbreitung in Österreich- Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Steiermark (Strobl 1894), Galizien (Grzeg. 1873 und Now. 1878).
Geographische Verbreitung in Europa: Livland (Sint.
1885), Deutschland (Schumm. 1835).
19. T. saginata Bergr., Mitteil. d. Naturf. Gres., Bern, 1890. 137.
(1891); Kert. Kat. II. 306 (Weibchen); Czižek, Wien. Ent.-
Zeitung. XXI. 1912 (Männchen).
S: Kopf grau, auf der Mitte der Stirn eine braune, gegen
die Fübler spitz zulaufende, den Hinterkopf nicht erreichende
Längsstrieme. Taster braungelb.
Basalglieder der Fühler hellgelb, die Geibelglieder schwarz-
braun, stilrund, an der Basis nicht verdickt, mit Wirtelhaaren
reich besetzt.
Rückenschild grau mit einem Stich ins Gelbliche, mit vier
dunkleren Längsstriemen, die mittleren stark genähert, die seitlichen
verkürzt; alle Striemen braun gesäumt. Hinter der Quernaht liegen
je zwei dunkle, ebenfalls braun gerandete, zusammengeflossene
Makeln, von denen die untere größer und auch etwas dunkler
gefärbt ist als die obere. Schildchen und Mesophragma grau,
letzteres mit der Spur einer dunkleren Mittelstrieme. Rückenschild
kurz, aber deutlich, Mesophragma länger, aber spärlicher behaart.
S*
116
Brustseiten grau bereift, Notopleuraldepression gelb-
braun.
Beine schwarzbraun, Vorderschenkel an der Wurzel, Mittel-
und Hinterschenkel fast bis gegen die schwachgebräunte Spitze
hin gelb. Hüften grau, Schenkelringe gelb.
Flügel bedeutend länger als der Hinterleib, bla marmoriert.
Flügelwurzel, Costal- und Mediastinalzelle und das Randmal fast
honiggelb. Kleine, braune Flecke liegen vor und hinter dem Rand-
male und an der kleinen Querader. Von der grauen Grundfarbe
heben sich einige dunklere Flecken ab, so auf der Mitte der Cell.
radialis secunda, in der Basis der vorderen Discoidalzellen, in der
Cellula postic. posterior und am hinteren Flügelrande. Die glas-
hellen Stellen heben sich von der grauen Gesamtfarbe nur wenig
ab. Schwinger gelb, mit braunem, am Rande
DER lichterem Knopfe.
F 2 Hinterleib lebhaft gelbrot, der sechste Ring
+ À À / und die folgenden graubraun. Eine sehr breite,
N 117% schwarzbraune Rückenstrieme geht vom ersten Ring
U Bes: — bis zum Ende des fünften Ringes. Sie ist auf allen
= ee Ringen gleich breit, wird aber an den Hinterleibs-
19 12.
N... > einschnitten, die schmal blabgelb gesäumt sind,
ee durch die gelbe Grundfarbe unterbrochen. An den
Seite.) Seiten vom zweiten Hinterleibsringe an eine un-
deutliche braune Längsstrieme.
Das Hypopygium weicht im ganzen Bau von dem der
excisa-nubeculosa Gruppe ab. Die Lamella basalis infera
ist am Spitzenrande etwas nach unten vorgezogen und weit klaffend.
Das Lumen der Ausbuchtung wird von einer Lamelle geschlossen,
die oben tief ausgebuchtet ist und jederseits mit einem gröberen
Seitenteile zusammenhängt, der sich der Innenfläche der achten
Bauchlamelle anschließt. Unten, gegen den Spitzenrand der achten
Bauchschiene, ist die das Lumen der Ausbuchtung abschließende
Membran zu einem zungenförmigen, kahlen Plättchen aufgebogen,
das als appendix simplex aufzufassen wäre. Die Lam. term. infera
mäßig groß, auf der Mitte des Spitzenrandes ziemlich weit vor-
gezogen, so wie die achte Bauchschiene braun.
Die Lamella basalis supera wird von der siebenten
Rückenschiene so vollständig bedeckt, daß nur die Seitenecken
sichtbar werden.
117
Lamella term. supera am Spitzenrande sehr breit und
tief ausgebuchtet und in zwei kurze, breite, stumpfe Lappen zer-
fallend. Sie ist nur durch eine schmale Furche von der neunten
Bauchschiene getrennt, so daß sie mit dieser verwachsen zu sein
scheint.
Die oberen Anhänge sind klein, fadenförmig, an der Spitze
ziemlich lang gelb behaart. Die mittleren Anhänge tief ein-
gesetzt, von sensenförmiger Gestalt, kurz, aber dicht gelb behaart.
Größe: S Körper 14 mm, Flügel 20 mm.
Das Weibchen gleicht dem Männchen in der Färbung und
Zeichnung der Fühler und des Thorax. Der Hinterleib ist safrangelb
mit einer breiten schwarzen Rückenstrieme. Die Flügel sind intensiv
marmoriert. Zu den braunen Flecken vor und hinter dem Rand-
male und an der kleinen Querader kommt ein brauner Schatten
am Ursprunge der Radialis. Die grauen Schattenflecken des
Flügels sind dunkler, größer und mehr ausgebreitet als beim G.
wodurch die glashellen Stellen mehr hervortreten. Ein grauer
Schattenfleck liegt auf der Mitte der unteren Radialzelle; er greift
einerseits auf die Mitte der Cubitalzelle über und reicht in die
Spitze der oberen Radialzelle. Mit einem schmalen Saume zieht
er längs der Cubitalis in die Spitze der zweiten Randzelle. Weitere
auffallende graue Schattenflecke liegen: an der Basis der vorderen
Discoidalzellen, auf der Mitte der Cell. disc. post. und der Cell.
postic. ant. (einen zusammenhängenden Schattenfleck bildend);
zwei größere, nicht scharf begrenzte graue Schatten liegen in der
hinteren Basalzelle; in der hinteren Posticalzelle fällt ein Schatten
auf, der fast die ganze Spitze dieser Zelle ausfüllt; ein sehr großer,
grauer Schattenfleck liegt auf der Mitte der Analzelle, in derselben
Zelle ist weiter grau gefärbt: ein Streifen längs der Analader,
ein Fleck an der Basis und an der Spitze der Analzelle. Die
Axillarzelle bleibt nur an der Basis und mit einem kleinen Fleck
vor der Spitze glashell.
Legeröhre sehr charakteristisch, ungemein kurz, die oberen
Lamellen nur so lang wie das Oberstück, an der Spitze stumpf
abgerundet.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: 1 Pärchen aus Adamstal, Weg zur Schweizer-
hütte, 28. Mai 1912.
118
Verbreitung in Osterreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894) und Kärnten (Strobl 1900); sonst nur noch aus der Schweiz
(Bergr. 1891) und aus Spanien (Strobl 1900) nur im weiblichen
Greschlechte bekannt.
Das Z beschrieb ich in der Wien. Ent.-Ztg., XXI, 1912.
Anmerkung: In diese Abteilung gehört noch Tip. subexcisa (Lund-
strom, Acta soc. pro fauna et flora fenn., 29, Nr. 2, 15, 1907), eine nordische
Art. Der Rückenschild hat vier Längsstriemen, die dunkel gesäumt sind, die
GeiBelglieder sind wie bei excisa unten tief ausgeschnitten. Das Hypopygium
ist aber nach der Beschreibung und Abbildung Lundströms ganz anders gebaut
wie bei den Arten der nubeculosa-exeisa-Gruppe, so daß sie wie saginata Bgr.
aus dieser Abteilung ausscheidet. Das achte Ventralsegment besitzt nämlich
sowohl Appendices duplices (fadenförmige, an der Spitze etwas erweiterte
Gebilde) als auch eine Appendix simplex, die als dreieckiges Läppchen vorsteht.
Solche Anhänge fehlen den Arten der obigen Gruppe ausnahmslos.
20. T. vernalis Mgn., Syst. Beschr. I. 182 (1818); Schiner II. 516
(1864); Kert. Kat. IT. 312; divagor Harr., Expos. of Brit.
Ins. (1782); ? variegata L., Syst. Naturg. Ed. X (1758);
? pendens Hal., nach Verrall 1886.
Stirn und Schnauze gelbgrau, letztere an den Seiten rotgelb,
Taster braun. Fühler so lang wie der Thorax, schwarzbraun;
erstes Glied grau, an der Basis rotgelb, zweites Glied ganz rotgelb,
die Geißelglieder walzenförmig, an der Basis etwas verdickt.
Halsstück und Prothorax gelbbraun, letzterer verdunkelt.
Thoraxrücken gelbbraun mit drei dunkelbraunen Längsstriemen,
die mittlere sehr breit, die seitlichen schmäler und vorne verkürzt.
Schildehen und Mesophragma gelbgrau.
Brustseiten und Hüften grau bereift. Notopleuraldepres-
sion gelb.
Beine braunschwarz, Schenkel an der Wurzelhälfte lichtgelb.
Flügel grau und weiß, die Wurzel und die Costalzellen
gelblich, die Ader braun, die Posticalis und ihre beiden Äste von
einem braunen Schatten begleitet. Die glashellen Partien der
Flügel haben nicht wie bei den Marmoratae die Form von Fenstern,
sondern von Streifen, die den Kern der Zellen bilden oder die
Längsadern begleiten. Randmalfleck sehr blab. Der ganze Flügel-
hinterrand ist grau.
Abdomen gelb, die hinteren Ringe oft verdunkelt mit gelben
Endsäumen, das erste Segment an der Basis hellgelb. Vom zweiten
119
Segment angefangen geht über den Rücken eine schwarzbraune
Strieme, die gegen hinten mit der schwarzbraunen Farbe der
letzten Ringe zusammenfließt. Eine undeutliche braune Strieme
an den Seiten der vorderen Hinterleibsringe.
Hypopygium wenig verdickt. Die Lam. termin. sup. tief
ausgeschnitten, am Seitenrande in zwei spitzen Ecken vorstehend.
Die achte Bauchschiene im Verhältnis zur Rückenschiene sehr
groß, vorne gerade abgeschnitten. Die neunte Bauchschiene ver-
hältnismäßig klein, am unteren Spitzenrande in einen kleinen,
dornenähnlichen Fortsatz ausgezogen.
Appendices superae klein, schmal, stäbchenförmig, von
gelblicher Farbe. Westhoff nennt sie degeneriert.
Appendices intermediae groß, gelblich, stark behaart.
Sie bestehen nach Westhoff aus dem zweiten und
dritten Stück, während das vierte nur noch an- —< {|
. AT B
gedeutet ist. wo JM)
Sehr deutlich entwickelt sind die Appendices | \
inferae, die infolge ihrer Lage fast wie Anhänge
der achten Bauchschiene erscheinen und in ihrer a AE
schlanken, stibchenfürmigen, an ihrem Ende kolbig (Hyp. en
erweiterten Gestalt fast den App. superae anderer ansicht.)
Arten gleichen. Nach Westhoffs Meinung gelangen
sie nur bei jenen Arten recht zur Ausbildung, bei denen die
Mitte der Lamelle stark resorbiert erscheint.
Wegen des Vorhandenseins dieser Anhänge hat Westhoff
im Resume seiner zitierten Arbeit diese Art in die (Gruppe
ochracea Mon. (lunata Westh.), und zwar in die Verwandtschaft
von fascipennis gestellt.
Das in meiner Zeichnung (Fig. 13) unter den Appendices
intermediae hervorragende Organ halte ich für einen Arm des
A dminiculums.
Hypopygium: Westhoff 1882, Tab. VI, Fig. 80—83 (Ad-
miniculum).
Das Weibchen gleicht dem S. Die weißen Streifen der
Flügel treten noch deutlicher auf, die Posticalis ist noch dunkler
gesäumt.
Legeröhre schwarzbraun, sehr kurz, kaum so lang als die
Fig. 18.
letzten zwei Segmente zusammengenommen.
Größe: 13—15 mm.
120
Larve (Beling 1878) zartháutig, graugrün mit durchscheinendem
Darminhalte und kurzem, spärlichem Haarbesatz. Zwischen den
kreisrunden Hinterstigmen oder knapp unterhalb derselben ein
schwärzlicher Horizontalstrich. Oberrand des Stigmenfeldes mit
vier Hautzähnen, die äußeren an der Innenseite mit einem läng-
lichen, schwarzbraunen Strich, die mittleren auf der ganzen Innen-
seite schwarzbraun glänzend. Die beiden unteren Zapfen des
Stigmenfeldes kurz, breitbasig, auf der ganzen Innenseite schwarz-
braun glänzend. In der Leibesfärbung gleicht die Larve dieser
Art der von Tip. signata.
Puppe braungelb, später am Hinterleibe mit breiten schwärz-
lichen Querbinden. Stirnhörnchen kurz, an der Spitze abgerundet.
Bauchseite des sechsten bis neunten Hinterleibsgliedes mit sechs
an der scharfen Spitze geschwärzten Dornenzähnen in Querreihe.
Rückenseite des vierten bis achten Hinterleibsgliedes mit sechs bis
zehn ähnlichen Dörnchen.
Afterglied der Z Puppe an der Oberseite mit vier starken
Dornenzähnen in (Juerreihe, das Hinterende flach kuppelförmig
gerundet mit vier im Quadrat stehenden Dornenzähnen.
Eine Larve fand Beling in einem berasten Ackerrain; sie
steckte 10 cm tief in der Erde.
Vorkommen: Im ersten Frühjahre in Wiesen. Czernowitz
bei Brünn 13. Mai, 4 99, 2 JJ, Bilowitz 24. Mai, Bautsch, 1 ©
(leg. Fr. Böhm). Nach Kolenati I. ©. im September (!) massenhaft
an den Moortümpeln des Gesenkes.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Kärnten (Tief 1887), Vorarlberg (Bau 1910), Galizien
(Now. 1873), Ungarn (Thalh. 1899), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Norwegen
(Siebke 1877), Schweden (Zett, Wall. 1882, Wahlgr. 1905),
Finland (Lm. 1907), Livland (Sint. 1885), Rußland (Fedt. 1891),
England (Verr. 1886), Holland (Wulp-Meij. 1898), Frankreich
(Macg.), Deutschland (Mgn. I, Schumm. 1833, Westh. 1882),
Schweiz (Hug. 1888).
21. T. variicornis Schumm., Beitr. z. Ent. III. (1833); Kert.
Kat. II, 311; annulicornis Mgn., Syst. Beschr., VI. 289 (1830),
Schin. II. 504 (1864) als Pachyrrhina; peeticornis Zett. X,
4890.
121
Kopf grau, Stirn mit feiner schwärzlicher Längslinie und
spärlicher schwarzer Behaarung. Schnauze gelblichbraun, Rüssel
und erstes Tasterglied verdunkelt, die übrigen Tasterglieder gelb.
Fühler gelb; die Basalglieder und das erste Geibelglied
rein gelb, die übrigen gelb, an der Basis intensiv geschwärzt und
mit zahlreichen Wirtelhärchen besetzt; die letzten Geißelglieder
bis auf die gelbe Spitze verdunkelt.
Prothorax gelb, Mesothorax grau mit vier sehr undeutlichen,
graubraunen Längsstriemen, die mittleren sehr schmal, die seit-
lichen kaum sichtbar, Schildchen gelb, Mesophragma graugelblich.
Brustseiten, Hüften und Schenkelringe gelbrot.
Beine vorherrschend gelb, die Schenkel mit
scharf abgesetzter, schwarzer Spitze, verdunkelten
Schienenspitzen und Tarsen. ER
Flügel gelblich tingiert, namentlich an der K 7
Wurzelhálfte und am Vorderrande, mit schwarz- o
braunem, scharf abgesetztem Randmale. |
Die Flügel erscheinen bei dieser Art viel
weniger gestreift als bei vernalis; ein größerer ,. 0e
a i i Ea. Tip. variicornis F.
glasheller Streifen zieht aus der Spitze der vor- HR
deren Basalzelle durch die mittlere Discoidalzelle Se
in die Spitze der hinteren Discoidalzelle.
Die beiden Aste der vorderen Discoidalader sind oft nur
kurz gestielt, oft sitzend, mitunter auf den Flügeln eines und des-
selben Exemplars verschieden. Wegen dieser Unregelmábigkeit
des Flügelgeäders wird die Art von Zetterstedt, Schiner, v. d. Wulp
u. a. zur Gattung Pachyrrhina gestellt.
Sie gehört aber wegen des Verlaufes der Radialis zu Tipula,
worauf schon Huguenin 1888 aufmerksam machte.
Abdomen mit braunen Seitenstriemen. Sechstes und siebentes
Segment fast ganz braunschwarz. An dem gelben Hypopygium
fällt vor allem der fußförmige Anhang der achten Bauchschiene
auf, der in Form eines Kegels fast senkrecht von der Lamelle
absteht. Er wird von einem großen Lappen gebildet, dessen
Ränder beiderseits nach unten zusammengezogen sind. (Westhoff.)
Die neunte Rückenschiene ist in einen längeren dornähnlichen
mittleren Fortsatz und in zwei stumpfe seitliche Ecken ausgezogen.
Sehr stark entwickelt sind bei dieser Art die Appendices
superae, die, von der Seite gesehen, als große, gelbliche, mit
Fig. 14.
gelben Härchen besetzte Hörnchen erscheinen, deren Spitzen ab-
gerundet, etwas geschwärzt und fast zottig behaart sind.
Die Appendices intermediae erscheinen (von der Seite
gesehen) als große, breit blattförmige Gebilde von gelblicher Farbe.
Ihre eigentliche Gestalt kann an dem geschlossenen Hypopygium
schwer erkannt werden. Nach Westhoff l. c. bestehen sie aus dem
zweiten und dritten Teil.
Hypopygium: Westhoff 1882, Tab. IV. Fig. 49. (Innere
Kopulationsorgane.) Schumm. 1835, Tab. III. Fig. 2, 3. (Hypopygium.)
Das Weibchen zeichnet sich vor dem S durch kürzere, aber
ebenfalls immer deutlich geringelte Fühler und durch robustere
Beine, deren Schenkel an der Spitze etwas verdickt sind, aus.
Hinterleib (vielleicht nur durch Eintrocknen) gelbbräunlich
mit helleren Hinterleibseinschnitten.
Legröhre licht pechbraun, sehr lang, die oberen Klappen
äußerst fein und spitzig.
Größe: 13—14 mm.
Strobl (1894) erwähnt eine Varietät(?): Rückenschild mit
vier dentlichen Striemen, der zweite bis fünfte Hinterleibsring
mit schwarzbraunen, auch am Bauche deutlichen Endbinden; die
drei Discoidaladern (d. h. die Äste der vorderen und die hintere
Discoidalader) gleichweit voneinander entfernt.
Larve (Beling 1886, als annulicornis Mgn.) stielrund, zart-
häutig, blaßgelb bis schmutzigweiß. Die vier am Oberrande des
Stigmenfeldes stehenden Hautzähne sind an der Basis miteinander
verwachsen und an der Innenseite schwarzbraun gefärbt, die äußeren
oft lichter als die inneren. Die beiden unteren Hautzapfen stehen
weit voneinander ab; an ihrer Basis steht ein schwärzlicher
(Juerstrich, an der Spitze ein schwarzbrauner Fleck, der sich
„mitunter an den Rändern dergestalt hinunterzieht, daß die Innen-
seite des Zahnes ein helles, schwarzbraun umrahmtes Feld zeigt.“
Die Spitze der unteren und der beiden oberen äußeren Zähne
mit feinen, hellen Wimperhaaren besetzt.
Puppe gelblichgrau; Stirnhörnchen kurz, an der Spitze
etwas spatelförmig erweitert. Endsegment der 4 Puppe dick, an
der Oberseite mit vier in einem Viereck stehenden Zähnen.
Unterseite des Endsegmentes mit einer groben, kegel-
förmigen, an der Spitze zweizähnigen Erweiterung. Ende
=
D
N
des letzten Segmentes mit vier höckerförmigen Zähnen in einem
Viereck, vor denselben zwei an der Spitze geschwärzte Dornenzähne.
Endsegment der 2 Puppe an der Basis der Unterseite mit
vier in Querreihe, an der Oberseite mit vier plumpen, in einem
Viereck stehenden Dornenzähnen, vor den letzteren zwei kleine,
sehr nahe beisammen stehende Dornen. Legerohrscheide aus zwei
an der Basis verwachsenen, an der Spitze klaffenden Klappenpaaren
bestehend.
Larven an feuchten Waldstellen, besonders an kleinen
Bächen, innerhalb der oberen Erdschichte.
Vorkommen: In schattigen Bachschluchten. Schreibwald,
Juni; Karthaus 5. Mai, 1 2, Bilowitz 1. Juni, 2 99, Adamstal Mai,
2 SKS, 12, Obrawatal 22. Mai (leg. Landrock), Frain (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Steiermark (Strobl 1894), Ungarn (Thalh. 1898).
(seographische Verbreitung in Europa: Schweden (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Finland (Lm.
1907), Livland (Sint. 1883), England (Verr. 1886), Holland (Wuly-
Meij. 1898), Schweiz (Hug. 1888), Deutschland (Mgn. VI, Schumm.
1833, Westh. 1882).
Anmerkung: Tip. annulicornis Say, Journ. Acad. Nat. Sc. Phila-
delphia, VI, 151 (1829) ist nicht die von Men. S. B. VI, 289 (1830) beschriebene
Art, sondern eine Tipula aus Nordamerika. Daher wird für die von Mgn.
beschriebene Art der Name variicornis Schumm. (1833) gewählt.
Tip. picticornis Zett. X. 4899 ist nach Wahlgren, 1904 = variicornis
Schumm.
22. T. marginata Mgn., Syst. Beschr. I. 173 (1818); Schin. IL.
517 (1864); Kert. Kat. II. 295.
S: Kopf grau, Stirn an den Augenrändern lichter. Schnauze
rötlichgelb, Taster gelb.
Fühler dünn, etwas länger als der Thorax, schwarzbraun,
die drei ersten Glieder hellgelb, das dritte an der äußersten Spitze
schwarzbraun, die Geißelglieder an der Basis kaum verdickt. Hals-
stück, Pro- und Mesonotum graubraun, letzteres mit drei dunklen
breiten Striemen, die seitlichen verkürzt. Schildchen und Meso-
phragma rotgelb, Brustseiten, Vorder- und Mittelhüften stark grau
bereift, Notopleuraldepression gelblich, Hinterhüften und Schenkel-
ringe gelb.
124
Beine schwarzbraun, Schenkel bis auf das verdunkelte
Spitzenviertel gelb.
Flügel blaßbräunlich tingiert, Randmaltleck braun, Costal-
zelle gelbbraun, Marginalzelle dunkelbraun. Die Posticalis schwach,
ihre beiden Äste deutlich gesäumt. Ein weißlicher Mondfleck zieht
vor dem Randmale über die Spitze der vorderen Basalzelle in die
mittlere Discoidalzelle und in die Spitze der cell. disc. post.!).
Abdomen gelb mit schwarzbraunen, breiten Seitenstriemen,
die von der gelben Grundfarbe oben nur eine schmale Rücken-
strieme freilassen.
Hypopygium ziemlich groß, gelbbraun, von der Seite ge-
sehen nach hinten abgestutzt. Die neunte Rückenschiene breit, in
der Mitte in zwei stumpfe Vorsprünge ausgezogen. Die neunte
Bauchschiene oben breit klaffend, tief gespalten,
de Ränder unten (wie bei caesia) eine kielförmig
erhabene Leiste bildend. Die äußeren Anhänge
von gelblicher Farbe. Sie sind bei meinem einzigen
Exemplar so im Innern des Hypopygiums verborgen,
Fig. 1. daß ich über ihre Gestalt mit Sicherheit nichts
Tip. marginata S. | 5 . | : :
HR one anzugeben vermag. Die Appen d. superae sind wie
Seite.) bei caesia klein und pustelfórmig.
Das Weibchen kenne ich nicht. Nach
Schummel besitzt es eine gerade, feine, braungelbe Zange. Das
dritte Fühlerglied ist ganz rotgelb.
Größe (JS): 12 mm.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Ich besitze ein einziges Z aus Mähren.
Karthaus, 16. Mai.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Kärnten (Tief. 1887), Steiermark (Strobl 1894), Galizien
(Now. 1873, Grzeg. 1873), Ungarn (Thalh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1882, Wahler. 1905). Norwegen (Siebke 1877), Ruß-
1) Meine Beschreibung des Flügels weicht etwas von der Schummels
ab. Dieser sagt: „Die innere Randmalzelle vor dem Randmal, die vordere
Scheibenzelle am Ende, die hintere Scheibenzelle und die Mittelzelle ganz, die
erste und zweite Spitzenzelle zum Teil fast wasserklar.* Ich bemerke aber
in der hinteren Basalzelle höchstens einen undeutlichen weißlichen Streifen,
ebenso in der ersten und zweiten Spitzenzelle.
125
land (Fedt. 1902), Livland (Sint. 1888), Holland ( Wulp-Meij. 1898),
England (Verr. 1886), Frankreich (Macg.), Schweiz (Hug. 1888),
Deutschland (Mgn. I., Schumm. 1833, Westh. 1882).
23. T. caesia Schumm., Beitr. z. Entom. III. 65 (1833); Schin. II.
516 (1864); Kert. Kat. IL 283.
Mittelgroße, graublau bereifte Art.
Kopf, Thorax, Schildchen und Mesophragma auffallend
graublau bereift.
Fühler so lang wie Kopf und Thorax zusammengenommen,
schwarzbraun.
Thoraxrücken mit vier braunen Längsstriemen, die seitlichen
verkürzt. Hinter der Quernaht je zwei braune Doppelfleckchen auf
grauem Grunde. Schildchen mit braunem Längsstreifen auf der Mitte.
Hüften graublau bereift, Schenkel-
ringe gelb.
Beine schwarzbraun, Schenkel an der
Wurzelhälfte gelb.
Flügelbräunlichgrau getrübt, mit deut-
lichem, schwarzbraunem Randmalfleck. Costal-
und Mediastinalzelle braun, die Adern an
der Flügelspitze von einem braunen Schatten Fig. 16. Tip. caesia 2.
begleitet, besonders die Posticalis der ganzen (Hyp., von der Seite.)
Länge nach schmal schwarzbraun gesäumt.
Hinterleib graubraun, die Ränder der Hinterleibssegmente
unten an den Seiten gelblichweiß, wodurch eine gelbe Seitenstrieme
an jeder Seite des Hinterleibes entsteht.
Hypopygium: Lamella term. supera hoch gewölbt, in der
Mitte des Spitzenrandes nagelartig vortretend; dieser Fortsatz ist
durch eine tiefe Einkerbung wieder in zwei abgerundete, mit kurzen
starken Dörnchen besetzte Vorsprünge geteilt. Die neunte Bauch-
schiene am Rande tief ausgebuchtet; vom Grunde dieser Bucht an
ist der Unterrand der neunten Bauchlamelle bis zur achten Bauch-
schiene kielförmig vorgezogen. Die äußeren Anhänge rotgelb.
Append. superae klein, pustelförmig, an der Spitze stark be-
haart. Append. intermediae siehe Taf. I, Fig. 5.
Das Weibchen gleicht dem S; die Fühler sind kürzer; die
Striemen des Rückenschildes, besonders die Seitenstriemen, sehr
undeutlich; Legeröhre mäßig lang, das Basalstück dunkel-, die
126
Klappenpaare licht kastanienbraun. Die oberen Lamellen an der
Basis ziemlich breit, gegen die feine Spitze allmählich verschmälert.
Die unteren Lamellen mit stumpfer Spitze.
Größe: S 13, © 16 mm.
Metamorphose unbekannt. Schiner erwähnt nur, dab er
die Art aus Puppen erhielt, die unter Blättern lagen.
Vorkommen: Im Grase feuchter Wiesen, an Wassergräben,
stellenweise nicht selten. Westhoff nennt sie fälschlich eine Ge-
birgsart. (zernowitz bei Brünn, 19. Mai und 20. Juni, Karthaus,
2. Juni, Ochos, 2. Juni, Adamstal und Josefstal, 11. Juni und
20. Juni, Frain (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894),
Kärnten (Tief 1887), Vorarlberg (Bau 1910), Galizien (Grzeg.
1873 und Now. 1873), Ungarn (Thalh. 1899), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa; Livland (Sint.
1883), Rußland (Fedt. 1902), Holland (Wulp-Meij. 1898), Deutsch-
land (Schumm. 1833, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888).
24. T. lateralis Mgn., Klass. I. 67. 5 (1804) und Syst. Beschr. I.
174, 6 (1818); Schin. II. 517, 22 (1864); Kert. Kat. II, 292;
montium Egg., Zool. bot. Ges, Wien XIII. 1103 (1863);
Schin. II. 518 (1864); Kert. Kat. IL. 297 als Art.
Kopf grau; Stirn grau mit schwärzlicher Längslinie. Rüssel
gelbbraun, Taster schwarzbraun.
Fühler schwarzbraun, die Basalglieder schwach rötlich, die
Geibelglieder des Z vom zweiten angefangen an der Basis deutlich
knopfförmig verdickt, oder: Fühler schwarzbraun, erstes Basal-
glied grau, zweites schwach rötlichgelb, erstes bis viertes Geißel-
ghed an der Basis deutlich rotbraun, aber kaum verdickt; die
Fühler erscheinen in diesem Falle viel schlanker.
Thorax braun und sehr veränderlich gezeichnet. Die drei
schwarzbraunen Längsstriemen sind entweder breit und vollständig
ausgefärbt, einfarbig oder von roten Säumen eingefalit, die seit-
lichen wie immer verkürzt. Oft heben sich die Längsstriemen von
der Grundfarbe kaum ab und in vielen Fällen bleiben nur die
dunklen Säume von ihnen übrig. Es erscheinen dann auf der Mitte
des Thoraxrückens drei feine, dunkelrote oder rotbraune Längs-
linien, von denen die beiden seitlichen gegen das Halsstück diver-
gieren; zu beiden Neiten zeigen sich zwei bogenfórmige, rotbraune
Linien, die gegen die Quernaht offen sind.
Hinterleib grau oder graugelb mit deutlichen, ziemlich
breiten Seitenstriemen, die oft in breite, große Flecke aufgelöst
und gegen die Bauchseite von lichten gelblichen Längsstriemen
ziemlich scharf begrenzt sind.
Hypopygium: Lamella term. supera in der Mitte des
Spitzenrandes in einen Vorsprung ausgezogen, der durch eine
kleine Einbuchtung wieder in zwei stumpfe, fast rechteckige, stark
beborstete Zapfen zerfällt. Lamella term. infera groß; durch
eine Längsfurche werden die Seitenteile von den ventralen Teilen
derart getrennt, daß die letzteren, die von blaßgelber Farbe sind.
von unten gesehen. wie zwei grobe, wulstförmige
Anhänge erscheinen. — Append. superae gelb- ÂS
. .Nn .. . . VA } ) \ ?
lichweiß, schütter behaart, an der Oberseite mit ae
einer zahnartigen, stumpfen Erweiterung. —- l M
Append. intermediae knopfförmig mit schwar- AX | (T
zer, nach oben gerichteter Spitze, am breiten 4
Unterrande ziemlich dicht und regelmäßig behaart. z
Unter diesen Anhängen bemerkt man oft aus dem a =
geschlossenen Hypopygium zwei knopfförmige, © (Hyp., von der
glänzende, gelblichweibe Gebilde hervorragen, Seite.)
welche ich für die Arme des Adminiculum halte.
Hypopygium: Westh. 1882, tab. IV, Fig. 51 (Vesicula centr.
und penis), tab. VI. Fig. 68 (Adminiculum); Lim. 1907, tab. II,
Fig. 23 (Hyp.).
Flügel grau oder gelblich bis bräunlich tingiert, die Posti-
calis, besonders ihre beiden Äste von einem deutlichen braunen
Schatten begleitet. Vor dem dunklen Randmal ein weißer Mond-
fleck, der in die mittlere Discoidalzelle hineinreicht.
Beine braun, Schenkel fast bis zur Spitze gelb.
Das Weibchen gleicht dem 4. Die Fühler sind kürzer und
entweder ganz grau, oder es sind die ersten Geibelglieder an der
Basis deutlich rotgelb.
Größe: S 11—22, 2 13—23 mm.
Die Larve (Beling 1878) ist gelblichaschgrau bis bräunlich-
gelb, durch drei den Rücken entlang laufende, an den Segment-
einschnitten unterbrochene schwärzliche Längsstreifen ausgezeichnet.
Die beiden großen, kreisrunden Hinterstigmen mit dunkler Scheibe
128
und hellem Rande. Oberrand des Stigmenfeldes mit vier kurzen,
stumpfen, gleichlangen Hautzapfen, die an der Innenseite blal
bräunlich gerandet und an der Spitze glänzend schwarzbraun sind.
Am Unterrande des Stigmenfeldes zwei kürzere, plumpere Haut-
zapfen, die an der Innenseite einen schwarzbraunen Punkt tragen.
Unterseite des Aftergliedes mit vier bis sechs langen spitzen Haut-
zapfen. Soll in Färbung und Gestalt der T. lutescens gleichen.
Die Puppe 20 mm lang, nach hinten kegelig verdünnt,
schmutzig weißlich, mit scharf zusammengedrückten, hellen Seiten-
kanten des Hinterleibes. Stirne mit zwei mäßig langen, gebogenen,
gelbbraunen, an der Spitze spatelförmig erweiterten und platt-
gedrückten Hörnchen. Neuntes Hinterleibsglied von zehn Dornen-
zähnen umgeben, von denen je vier auf die Ober- und Unterseite
und je einer auf die beiden Seitenränder entfallen. Männliche Puppe
hinter diesem Dornenkranze an der Oberseite des Aftergliedes mit
vier in einem Viereck stehenden Dornenzähnen. Alle Zähne mit
geschwärzter Spitze. Das Afterglied der weiblichen Puppe endet mit
zwei Paar am Grunde verwachsenen, an den Spitzen klaffenden,
die Legeróhre umschließenden Scheiden, von denen das obere
Paar erheblich länger als das untere ist.
Die Larven leben nach Beling in feuchter, selbst schlammiger
Erde. Nach Gercke lebt die Larve bis zur Verpuppung im
Wasser; ja sie soll sich auch schwimmend verpuppen und weiter
entwickeln, wenn sie verhindert ist, ans Land zu kommen. (Brauer,
Süßwasserfauna Deutschlands.)
Vorkommen: An größeren Tümpeln bei Czernowitz (die
Form mit knotig verdickten Geibelgliedern): 30. April und 10. Mai;
1 Z vom Schwarzaufer bei Kumrowitz, 21. April; Bilowitz bei
Brünn, 16. Mai; Frain, Juli; Roznau, 7. August (K. Landrock);
Ochos (Paula Huber); Hobitschau bei Wischau, 10. August; an
kurzgrasigen Rainen im Tebtale bei Gr.-Ullersdorf, 9. August.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: lateralis: Böhmen
(Kow. 1894), Niederösterreich (Strobl 1880), Steiermark (Strobl
1894), Tirol (Pok. 1887), Kärnten (Tief 1887), Galizien (Now.
1873, Grzeg. 1875), Ungarn (Thalh. 1899).
montium: Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und
1894), Kärnten (Strobl 1900), Vorarlberg (Bau 1900), Görz (Mik,
Z. b. Ges. 1864), Galizien (Now. 1873, Grzeg. 1873), Ungarn
(Thalh. 1899), Siebenbürgen (Strobl 1897), Bosnien (Strobl).
129
Verbreitung in Europa: lateralis: Schweden (Zett. X,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Finland (Lm.
1907), Rußland (Fedt. 1891 und 1902), Holland (Wulp-Meij. 1898),
Frankreich (Macq.), England (Verr. 1886), Deutschland (Mgn. L.,
Schumm. 1833, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888), Italien (Bezzi).
montium: Aus dem übrigen Europa nur angeführt aus
Finland (Lim. 1907), Livland (Sint. 1885), Frankreich (Bgr. 1907)
und der Schweiz (Hug. 1888).
Bemerkungen zu lateralis Mgn. und montium Egg.
Ich kenne keine andere Tipula-Art, die in Größe und Färbung so außer-
ordentlich variiert und zu so vielen und begründeten Zweifeln Anlaß gegeben
hat. Schon Schin. bemerkt in der Fauna austr., daß montium Egg. vielleicht
nur eine Varietät von lateralis Men. sei. Strobl beläßt 1894 montium als
selbständige Art, verzeichnet sie dagegen 1900 als Varietät von lateralis.
Bergroth (Bull. de la Société entom. de Fr., 1907, Nr. 8, p. 143) führt
montium Egg. als Art und als neu für die Fauna Frankreichs an.
Als Unterschiede werden von Schiner angegeben:
lateralis Mon.
Striemen des Rückenschildes
oft nur durch die braunen Ränder
angedeutet.
Hinterleib lebhaft rotgelb.
Flügel bráunlich, die von dem
weißen Mondfleck bedeckten Adern
der Discoidalzelle unscheinbar.
Fünfte Längsader der ganzen
Länge nach braun gesäumt.
montium Egg.
Striemen des Rückenschildes
immer deutlich vorhanden.
Hinterleib nur an der Basis gelb,
weiterhin schiefergrau, Einschnitte fein
weißlich.
Flügel grau; die von dem weißen
Mondfleck bedeckten Adern der Dis-
coidalzelle nicht unscheinbar.
Fünfte Längsader nur
braun gesäumt.
vorne
Ich habe meine zahlreichen mährischen Stücke auf die von Schiner und
Egger angegebenen Kennzeichen hin genau untersucht, bin aber zu keinem
befriedigenden Resultate gekommen. Ich mußte mich damit begnügen, meine
Stücke in drei Gruppen zu bringen und unterschied:
a) eine Form, die sich durch einfarbig schwarzbraune Fühler, deren
Geißelglieder an der Basis deutlich knopfig verdickt sind und durch mehr
gelblich tingierte Flügel kennzeichnete. Die braun gesäumten Rückenstriemen
heben sich sehr undeutlich von der Grundfarbe ab, oft sind sie aber nur durch
die Säume angedeutet;
b) eine Form, deren Fühlergeißelglieder nicht knopfig verdickt, von
schlankerem Bau und an der Basis deutlich rotbraun gefärbt sind. Rücken-
striemen wie bei a);
c) eine Form mit Fühlern wie bei b), die aber größer, im allgemeinen
dunkler gefärbt ist, bei der die drei deutlich ausgefärbten Rückenstriemen ein-
farbig schwarzbraun und die Flügel viel dunkler, fast bräunlich tingiert sind.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 9
130
Die Hypopygien dieser drei Formen sind gleich gebaut.
Die von Schiner angegebenen Merkmale stimmen nun bald auf die eine,
bald auf die andere Form. Die Stücke mit vollständigen thoracalen Längs-
striemen hatten dunklere, jene, bei denen die Rückenstriemen nur durch die
Säume angedeutet waren, fast einfarbige, nur schwach gelblich tingierte Flügel.
Auch die Färbung des Hinterleibes konnte kein Merkmal zur Unter-
scheidung beider Arten abgeben. Schiner nennt den Hinterleib von lateralis
rotgelb, Men. aber nennt ihn aschgrau und Schummel unterscheidet zwei
Formen:
a) eine Stammart: „Hinterleib rostrot mit zwei breiten, fast schwarzen,
abgesetzten Striemen, die mitten wenig voneinander entfernt sind, einen breiten
Seitenrand leer lassen, nur durch die rostgelben Hinterränder der Glieder
unterbrochen werden und auf dem siebenten Gliede, einen ziemlich breiten
Hinterrand freilassend, zusammenfließen.*
b) eine Abäuderung (oder eigene Art?): „Bei einer oft vorkommenden
Abänderung ist der Raum oben zwischen den Striemen blánlichorau und die
Striemen sind auch noch durch bläulichgraue Querfleckchen, längs deren Mitte
die schwarzen Luftlöcher liegen, unterbrochen.“
Auch was Schiner von der Säumung der fünften Längsader angibt, stimmt
nicht mit der Beschreibung anderer Autoren überein. Schummel sagt: „Fünfte
Längsader vorne ganz oder nur am Ende, der große Quernerv stets an beiden
Seiten braun schattiert.“ Nur bei einem einzigen Exemplar meiner Sammlung ist
die Posticalis „der ganzen Länge nach,“ d. h. von der Wurzel bis zum Flügel-
rande braun gesäumt.
Lundström 1907, p. 17, erwähnt zu montium:
„Bei meinen Exemplaren sind die zwei ersten Fühlerglieder dunkelgrau
und nicht gelb: das dritte Glied hat unten ein gelbes Fleckchen, die Hüften sind
grau, nur die Schenkelringe gelb.“
Vom Hypopygium beider Arten wird angegeben, daß sie im Bau voll-
kommen übereinstimmen und nur in der Färbung abweichen: „Es ist bei
montium (von hinten betrachtet) oben hellgelb, unten grau, bei lateralis aber
einfarbig hellgelb. Die inneren Anhänge sind bei montium dunkelbraun und
von horniger Beschaffenheit, bei lateralis hellgelb und mehr häutig.“
Westhoff 1889 unterscheidet bei lateralis:
a) Eine Normalform mit graugelblichem Hinterleib, mit verloschenen
Rückenstriemen, graulichbraun angehauchten Flügeln und nicht sehr auffallend
gesäumter Posticalis. Fühlerbasis und die Wurzel der GeiGelelieder gelbgrau-
braun. (Vom Frühling bis in den Herbst.)
b) Var. aequinoctialis: Abdomen einfarbig aschgrau (ohne einen
Stich ins Gelbliche), Thoracalstriemen deutlich ausgeprägt, Flügel blaß
dunkelbraun, die Posticalis deutlich braun gestreift. Fühler fast vollkommen
rein grau gefärbt. (Nur im Frühling und im Herbst.)
c) Var. solstitialis mit rein ockergelbem bis gelbbraunem Abdomen
(ohne Beimischung von Grau) und deutlichen Thoracalstriemen (es heben sich
nur die dunklen Säume deutlich ab), gleichmäßige gelblichbraun tingierten
Flügeln fast ohne Streifung und gelbbraunen Fühlern. (Juli, August.)
Meine drei mährischen Formen lagen Herrn M. P. Riedel in Uerdingen
vor, der sie sämtlich für lateralis Mgn. erklärte. Herr Riedel konnte, wie
er mir mitteilte, die Cotypen des Wiener Museums, die von Egger bezeichnet
waren, vergleichen und feststellen, daß montium Egg. nichts weiter als eine
etwas schwärzlich gefärbte lateralis Men. sei.
Bei zwei ® © meiner Sammlung ist die erste aus der Discoidalzelle ent-
springende Ader so kurz gestielt, daß der Stiel fünfmal kürzer ist als die
Gabel; bei einem 2 entsendet der obere Ast der Posticalis einen kurzen Ader-
anhang in die cell. post. anter.
Anmerkung: In diese Abteilung (Striatae) gehören noch:
1. T. fenestrata Schumm., die sich von T. marginata und T. late-
ralis außer durch ihre erheblichere Größe dadurch unterscheidet, daß „der
Raum unmittelbar hinter dem Flügelrandmale glashell und erst weiterhin
gegen die Flügelspitze zu grau ist.“ Da sie in Preußisch-Schlesien vorkommt
ist es nicht unmöglich, daß sie auch bei uns lebt.
2. Tip. rufescens Westh., Jahresber. des Westfäl. Prov. Ver., VIII
(1879); die Beschreibung gründet sich auf ein einziges Weibchen.
3. Tip. opaca Siebke, Nyt Mag. 1872, 61. Auch von dieser Art wurde
nur das Weibchen beschrieben. Siebke sagt, daß sie der T. lateralis ähnlich
sehe, sich aber von ihr außer durch die Farbe der Fühler durch den Hinter-
leib, der drei braune Striemen besitzt, unterscheide. Die Art wird nur noch
von Wallengren aus Schweden angeführt.
Vielleicht gehören auch die schwer zu deutenden Arten Tip. lineola
Meg., Mon. I. 181 („3. Längsader und Querader der Flügel braun angelaufen“)
und Tip. nana Macq., Men. VII. 54 („der T. vernalis ähnlich“) ebenfalls
hierher.
?
25. T. nigra Linné, Syst. Nat. Ed. X (1758); Schin. II. 518
(1864); Kert. Kat. II. 298; verticillata Fabr., Ent. Syst. 237
(1794).
Kopf und Stirn schwarz mit einem Stich ins Rotbraune;
Schnauze schwarz, Taster braunschwarz.
Fühler schwarz; das zweite Glied und oft auch das erste
an der Basis rotbraun; Geißelglieder an der Basis verdickt.
Halsstück und Thoraxrücken mattschwarz; Brustseiten,
Hüften und Schenkelringe braunschwarz. Schildchen und Meso-
phragma schwarz.
Beine schwarzbraun, Schenkel und Schienen an der Wurzel
gelbbraun.
Flügel schwärzlichbraun tingiert, einfarbig, Randmalfleck
blaßbraun. Die Äste der vorderen Discoidalader entweder kurz
gestielt oder sitzend oder getrennt voneinander aus der mittleren
Discoidalzelle entspringend.
O#
132
Abdomen glánzend schwarz.
Hypopygium gekennzeichnet durch den zungen- oder rinnen-
förmigen Anhang der Lam. bas. infera.
Spitzenrand der neunten Rückenschiene in der Mitte gekerbt
und an den Seiten in zwei runde Lappen ausgezogen.
Neunte Bauchschiene schmal gebuchtet, der untere Seitenrand
wulstartig und mit kurzen, feinen Härchen besetzt.
Append. superae gelblich, mit einem scharfen. am Ende
geschwárzten Zähnchen auf der nach unten gerichteten Seite, die
Spitze des Anhanges ebenfalls schwarz gefärbt (Taf. I, Fig. 3).
Die Append. intermediae bestehen
aus zwei Teilen, einem breiten, schaufelförmig
gebogenen ersten Teile von gelblicher Farbe.
der in zwei Spitzen ausgezogen ist und an
dessen Grund ein kleiner, kolbenförmiger, an
der Spitze stark behaarter zweiter Arm liegt
(Pat. £ Kir, A).
Hypopygium: Westh. 1882, tab. I, Fig, 7 (Hyp.) und tab. ITI,
Fig. 38 (Append. superae).
Größe: 12—14 mm.
Die Larve (Beling 1878) ist lederhäutig, aschgrau, nicht
glänzend. Unterhalb der Hinterstigmen je eine schwarzbraune
winkelige Zeichnung. Oberrand des Stigmenfeldes mit vier langen
Hautzapfen, die mittleren kürzeren Zapfen an der Basis mit
schwarzbraunem Punkt; am unteren Rande des Stigmenfeldes zwei
kurze Hautzapfen.
Die Puppe ist bräunlichgelb. Stirne mit zwei kurzen Hörnchen.
Afterglied von acht kräftigen Dornen umgeben, bei der männlichen
Puppe mit abgestutztem, von vier in einem Quadrat stehenden
Dornenzähnen umgebenem Ende.
Beling fand die Larven im ‚Juni in beraster Erde am
Rand eines Torfbruches.
Vorkommen: Groß-Ullersdorf im Teßtale (Juli) sehr häufig
auf moorigen Wiesen und an Wassergräben. Vereinzelt an sumpfigen
Stellen der Czernowitzer Au bei Brünn, 27. Juni; Tracht, ein S
(K. Landrock), Frain (Siebeck).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Schlesien (Tief 1887), Niederösterreich, Steiermark (Strobl
1880, 1894), Kärnten (Tief 1887), Tirol (Palm 1869), Vorarlberg
Fig. 18. Tip. nigra S.
(Hyp., Seitenansicht.)
133
(Bau 1910), Krain (Bergr. 1888), Galizien (Grzeg. 1873, Now. 1873),
Ungarn (Thalh. 1899), Siebenbürgen (Strobl 1896).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1832, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Liv-
land (Sint. 1883), Finland (Lm. 1907), Holland (Wulp-Meij. 1898).
Rußland (Dwig. 1802, Fedt. 1891), England (Verr. 1886), Frank-
reich (Macq.), Schweiz (Hug. 1888), Deutschland (Mgn., Schumm.
1833, Westh. 1882), Italien (Lioy, Bezzi..
Anmerkung. Tip.nigra nähert sich den Pachyrrhinen durch die ver-
hältnismäßig kurze und dicke Schnauze und dadurch, daß die der mittleren
Discoidalzelle entspringenden Äste der vorderen Discoidalader oft getrennt
voneinander, oder in einem Punkte aus dieser Zelle entspringen.
Mit Pach. cornicina und aculeata hat sie den Zahn an der Append.
sup. gemein. Auf Grund des von den Tipula-Arten abweichenden Flügelgeäders
“hat Lioy für Tip. nigra eine neue Gattung Anomaloptera errichtet.
Osten Sacken beläßt aber T. nigra bei dem Genus Tipula und bemerkt,
daß die übrigen Gattungsmerkmale der Tipuliden, der verlängerte Kopf, die
flache Stirn und das verlängerte erste Fühlerelied diese Art der Gattung Ti-
pula viel näher rückt als der Gattung Pachyrrhina.
Westh. 1882 erwähnt eine Varietät: rufopicea. Es ist wohl jene Abart,
die auch Bergroth 1888 verzeichnet: „Sämtliche Geißelglieder der Fühler an
der Basis gelb geringelt.“ Ich habe sie in der Sammlung Siebeck gesehen.
26. T. oleracea Linne, Syst. Nat., Ed. X. 585 (1758); Schin. II.
518 (1864); Kert. Kat. II. 301; pratensis Deg, Mém. pour
serv. à l’hist. d. Ins. VI. 339 (1776) nach Kertész; terrestris
Harr., nach Verrall 1886.
Kopf grau mit braunem Schimmer auf Stirne und Scheitel;
Schnauze, Rüssel und Taster rotbraun.
Fühler: Die beiden Basalglieder gelbrot, das erste Geißel-
glied an der Basis ausgebreitet rotbraun, die übrigen Geißelglieder
braunschwarz, an der Basis verdickt.
Rückenschild oben grau mit vier dunkleren und braungeran-
deten Längsstriemen, die seitlichen verkürzt. Die mittleren Striemen
fließen oft in eine einzige zusammen, die mitunter auch nur sehr
schwach braun gesäumt ist; innerhalb dieser Mittelstriemen er-
scheint dann eine schmale, braune Längslinie. Schildchen und
Hinterrücken grau. Brustseiten graubereift, Notopleuraldepression
braungelb.
Beine braunschwarz, die Schenkel an der Wurzelhälfte
gelbrot. Hüften grau bereift, Schenkelringe gelb.
134
Fliigel grau tingiert. Costal- und Mediastinalzelle bis zum
Randmale dunkelbraun. Unter dem braunen Vorderrand ein weiber
Längsstreifen.
Hinterleib grau, erstes Segment an der Wurzel gelblich-
grau, der Hinterrand der Segmente schwach gelblich gesáumt,
mit brauner, oft sehr undeutlicher oder ganz fehlender Rücken-
strieme.
Hypopygium: Die zwei basalen Endlamellen auberordent-
lich groß, so daß das Hypopygium sehr dick erscheint. — Lam.
term. supera in der Mitte des Spitzenrandes lappenförmig vorge-
zogen, der Spitzenrand dieses Lappens durch eine Einkerbung in
zwei Vorsprünge geteilt. Lamella bas. infera tief gefurcht, so daß
der obere Teil dieser Lamelle, an dem der meist
f K sichtbare erste Teil der Append. interm. an-.
M ) geheftet ist, durch eine tiefe Furche von dem
AN, “) unteren Teil der Lamelle abgetrennt wird.
| X z Append. superae sehr groß, blattförmig,
Y | / rhomboidisch, von grauweißer Farbe. Die Append.
a intermediae bestehen aus vier Teilen (siehe Fig. 20).
Fig. 19. Charakteristisch ist der höckerartige, stark behaarte
Tip. oleracea G.
(Hyp., Seiten-
ansicht.)
Vorsprung der pars secunda.
Hypopygium: Westh. 1882, tab. I, Fig. 9
(Abdomen). tab. III, Fig. 33 (Append. superae),
und (verosimiliter) tab. III. Fig. 41 (Append. intermediae)t).
Legeröhre des © gelbrot, das Basalstück dunkelkastanien-
braun, glänzend.
Grôbe: 18—23 mm.
Metamorphose: Die zollange, aschgraue Larve lebt nach
Bouché an den Wurzeln der Kohlarten, soll aber nur an solche
gehen, die durch andere Larven schon beschádigt oder gar in
Moder und Fäulnis übergegangen sind. (Kaltenb., Pflanzen-
feinde, 1874.)
Vorkommen in Miihren: Czernowitz bei Brünn, 16. Sep-
tember und 9. Oktober; Holasek 1. Oktober; Steinmühle, Oktober.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Niederösterreich
(Strobl 1880), Steiermark (Strobl 1894), Kärnten (Tief 1887),
Tirol (Palm 1869), Galizien (Grzeg. 1873, Now. 1873), Sieben-
') Siehe die nachstehenden Bemerkungen zu paludosa und oleracea.
135
bürgen (Strobl 1896). Ungarn (Kow. 1873, Thalh. 1899), Bosnien
(Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Fin-
land (Lm. 1907 incl. paludosa), Livland (Sint. 1883), Holland
(Wulp-Meij. 1898), Rußland (Dwig. 1802, Fedt. 1891), England
(Verr. 1886), Frankreich (Macq.), Schweiz (Hug. 1888), Deutsch-
land (Mgn. I. Schumm. 1833, Westh. 1882), Italien (Bezzi).
Anmerkung. Verrall gibt I. c. 1888, p. 23, in der analyt. Tabelle als
Unterschiede zwischen oleracea und paludosa an:
Female with large wings, longer than the abdomen, and both sexes with
a conspicuous longitudinal pale streak all along under the brown costa.
oleracea L.
Female with smal wings, shorter than the abdomen, and without any
distinct pale streak under the brown costa. paludosa Mon.
In der Erläuterung zur Tabelle sagt er aber (p. 26): „wether ours are
the true representatives of these two much vexed species, I cannot say; I be-
lieve our T. oleracea is quite identical with the Austrian species, but they do
nut seam to recognise our T. paludosa on the continent.
Possibly, our two are only seasonal forms, as, although they widely
overlap, I find T. oleracea an earlier insect than T.paludosa, say May to Au-
gust, as against July (rarely June) to September.“
27. T. paludosa Mgn., S. B. VI. 289 (1830); Schin. II. 518 (1864);
Kert. Kat. IT. 308.
aleicht der T. oleracea. An den Fühlern 4 sind meist nur
die zwei Basalglieder rotgelb. Rückenschild mehr gelbgrau mit vier
braun gerandeten Striemen, die mittleren oft wie bei T. oleracea
in eine einzige Längsstrieme zusammengeflossen.
In der Färbung der Brustseiten, des Schildchens und Meso-
phragmas kein Unterschied. Notopleuraldepression rotgelb.
‚Beine lichter als bei der vorigen Art, die Schenkel aus-
gebreiteter gelb, im allgemeinen robuster gebaut.
Flügel entschieden bräunlich tingiert, auch die Adern
mehr gelbbräunlich, Costal- und Mediastinalzelle wie bei oleracea
dunkelbraun; unter dem braunen Vorderrandstreifen ein lichter
Streifen von gelblichweiber Farbe.
Hinterleib des S grau; das Abdomen aller meiner weiblichen
Stücke fleischfarben und länger als die Flügel.
Hypopygium gleicht im allgemeinen Bau dem von oleracea.
Bezüglich der Abweichungen, die mich veranlaßten, T. paludosa
136
als eigene Art aufzufassen, verweise ich auf die nachstehenden
Bemerkungen.
Größe: 20—25 mm (1 S nur 17 mm).
Legeröhre © gelbrot, die oberen Klappen an der Spitze
etwas verdickt, die unteren lichtgelb, breit, halb so lang als die
oberen, mit abgerundeter Spitze.
Larve (Beling 1873) schmutzig rötlich oder braungelblich.
Atterglied am Hinterrande oben mit vier kleinen Zähnen mit
geschwärzter Spitze, am unteren Hinterrande zwei große, an der
Innenseite schwarzbraun glänzende Zähne. Unter den großen kreis-
runden Stigmen zwei kleine, schwarzbraune Punkte. Charakteristisch
für die Larve dieser Art (die Beling 1886 im analytischen Teile
als Larve von oleracea anführt) ist je ein dicker spitzer Hautzahn
am oberen Rande des Afters.
Puppe bräunlichgelb, der Hinterleib etwas zugespitzt. Hinter-
leibsglieder auf der Rückenseite vom vierten, auf der Bauchseite
vom fünften an mit einer Querreihe von kleinen Zähnchen. After-
glied der F Puppe an der Oberseite mit sechs Zähnen in einem
Viereck, dessen Basis von vier Dornenzähnen gebildet wird. An
der Unterseite sechs starke Zähne in Querreihe und dahinter
noch zwei kleinere Dornenzähne.
Legerohrscheiden der 2 Puppe an der Basis mit zwei Zähnen,
aus zwei Paar verwachsenen Lamellen bestehend, das untere Paar
nur wenig kürzer als das obere.
Larven unter der Rasendecke des Bodens auf Wiesen und
Feldrainen.
Vorkommen: In Wiesen, Auwäldern, an Grasrainen, stellen-
weise massenhaft. Sie ist viel häufiger als oleracea und scheint
waldiges, gebirgiges Terrain zu bevorzugen. Tebtal: Groß-Ullers-
dorf 8. August, Erzberg 10. August, Dreistein 8. August; Ochos
August (leg. Paula Huber), Wranau bei Brünn (September), Frain
(Siebeck), Roznau 7. August (Landrock).
Verbreitungin Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Schlesien (Strobl 1900), Steiermark (Strobl 1894), Vorarlberg (Bau
1910), Galizien (Grzeg. 1873, Now. 1873), Ungarn (Thalh. 1899),
Küstenland (Strobl 1893), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Livland (Sint. 1883), Rußland
(Dwig. 1802, Fedt. 1891), Holland (Wulp-Meij. 1898), England
137
(Verr. 1886), Deutschland (Mgn. VI, Schumm. 1833, Westh. 1882),
Schweiz (Hug. 1888).
Anmerkung 1. Tip. fusca Zett. X, 3961 ist nach Wahlgr., Arkiv
för Zoologi, Stockholm 1904 kaum etwas anderes als oleracea L. „Dem ein-
zigen Exemplar (in Zett. Sammlung) fehlt das Abdomen.“ Würde der Name
nicht eher auf T. paludosa leiten?
Anmerkung 2. Bei2 22 meiner Sammlung ist der stark zusammen-
geschrumpfte Hinterleib grau. (Vgl. auch Beling 1. c.: „ .. , mitunter grauem
Hinterleibe, insbesondere bei solchen Individuen, welche ihre schwarzen Eier
noch nicht abgelegt haben.“) Bei denselben zwei Exemplaren ist die Costal- und
Mediastinalzelle nur sehr schwach braun, fast glashell, es fehlt also der für
oleracea und paludosa so charakteristische braune Vorderrandstreifen.
Ein außerordentlich großes © besitzt fast ganz gelbe Fühler, bis auf die
verdunkelten Tarsen fast ganz gelbe Beine, der Vorderrandstreifen ist höchst
auffallend braun gefärbt. Vielleicht ist es das © einer neuen Art.
Bemerkungen zu Tip. oleracea L. und paludosa Mgn.
Nichts beweist die Notwendigkeit einer Revision der Tipula-Arten
besser als die Unklarheiten, die bezüglich dieser beiden Arten obschweben. Es
wäre interessant zu untersuchen, was alles als Tip. oleracea und paludosa be-
stimmt wurde. Dazu würde Material aus allen Ländern gehören, das mir fehlt.
Ich glaube, daß eine solche Revision das Resultat ergeben müßte, daß drei,
möglicherweise vier verschiedene Arten mit den beiden genannten Spezies zu-
sammengeworfen wurden. Zu welch ganz konträren Schlußfolgerungen man
trotz eingehender Untersuchungen gelangen kann, beweisen die Arbeiten Be-
lings und Miks zur Klarstellung der beiden Arten.
Während Beling auf Grund seines reichen Materials, das aber von
einem Fundorte stammte, zu dem Schlusse kam, daß oleracea und paludosa
eine Art seien, kam Mik zu dem Ergebnisse, daß paludosa eine gute Art
sei. — H. Löw hielt (conf. Mik, zool.-bot. Ges., 1886) paludosa Mon. für
eine Saisonvarietät von oleracea L.
Auch die Arbeit Miks brachte aber keine vollständige Klarheit. So
sagt Lundström 1907 von seinen finnischen Stücken: „Kein einziges Hypo-
pygium hatte eine solche pars tertia appendicis intermediae, wie sie Miks
Zeichnung dieses Teiles von Tip. oleracea darstellt, sondern bei allen
stimmte sie vollkommen überein mit Miks Zeichnung der pars tertia von Tip.
paludosa. Wenn ich diese Exemplare trotzdem zu oleracea L. rechne, so
geschieht es, weil fast alle untersuchten S S ein deutliches weißes Band unter
dem dunklen Vorderrande der Flügel besaßen.“
Es seien nun zunächst die Untersuchungen Belings und Miks angeführt.
Beling kommt (Wien. Ent.-Ztg., 1884, p. 219) nach eingehender Unter-
suchung seines Materials und sorgfältiger Vergleichung der Beschreibungen
bei Mgn., Schummel, Zetterstedt und Schiner zu dem Resultate, daß Tip. pa-
ludosa Mgn. und oleracea Lin. eine und dieselbe Art seien. Wie bereits
erwähnt, war H. Löw der Ansicht, daß paludosa eine Saisonvarietät von
oleracea sei.
138
Beling hat 350 SZ untersucht und fand:
Ein S mit drittem und viertem rotgelben Fühlerglied (Schiner gibt
das als Kennzeichen von oleracea an);
ein £ mit ganz grauem ersten Fühlerglied;
zehn SS mit rotgelbem Hinterleibe, wie ihn die © 2 haben.
Unter 88 untersuchten @ 2 befanden sich:
Drei 22 mit aschgrauem Hinterleibe gleich den SG;
zwei 22 mit ganz rostgelben Fühlern mit schwarzbrauner Basis der
Geißelglieder.
Mik hält in: Zool.-bot. Ges., Wien, 1886, p. 475, beide Arten ausein-
ander und gibt als Unterscheidungsmerkmale an:
paludosa 2:
Robustere Beine, namentlich dickere Schenkel. Flügel mit kaum wahr-
nehmbarem helleren Subcostalstreifen.
Hinterleib meistens rôtlichgelb, bei nicht verflogenen Stücken fast fleisch-
farben.
Vordertarsen so lang oder etwas länger als das erste und zweite Glied
der Hintertarsen zusammengenommen.
Die Fühler „meist“ schon vom dritten Gliede an verdunkelt.
oleracea 9:
Dünnere Beine;
Flügel mit sehr deutlichem, weißlichem Subcostalstreifen;
Hinterleib graubräunlich ;
Vordertarsen kürzer als das erste und zweite Glied der Hintertarsen zu-
sammengenommen,
Das dritte Glied der Fühler meist noch braungelb; aber „auch die úbrigen
Glieder sind bei dieser Art braungelb und nur an ihrer verdickten Basis in
scharfer Abgrenzung schwärzlich, während die Verdunkelung der Glieder bei
paludosa sich über die ganze Länge derselben erstreckt.“
paludosa S:
Kein deutlicher heller Streifen unter dem dunkelbraunen Costalstreifen.
Beine kräftiger; Vordertarsen kürzer als das erste und zweite Glied der
Hintertarsen zusammengenommen (also umgekehrt wie beim ©).
oleracea ď:
Ein deutlicher weißer Streifen unter dem dunkelbraunen Costalstreifen,
der auch den ganzen Spitzenteil der vorderen Basalzelle ausfüllt, während bei
paludosa daselbst die Grundfarbe der übrigen Flügelfläche vorwaltet.
Beine weniger kräftig; Vordertarsen so lang oder etwas länger als das
erste und zweite Glied der Hintertarsen zusammengenommen.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Arten
liegt aber nach Mik in den verschiedenen Hypopygien, und zwar dem Bau
der Append. intermediae, die bei dieser Art aus allen vier Teilen bestehen.
159
Ein Vergleich der Abbildungen beider Appendices I. c., pag. 478, zeigt
auf den ersten Blick, daß die einzelnen Arme dieser Anhänge verschieden ge-
bildet sind.
Die Pars prima (von Mik als äußerstes Glied bezeichnet) ist bei der
einen Art (paludosa) viel länger und gleichförmig gebogen, bei der andern
(oleracea) schon an der Basis fast rechtwinkelig gekrümmt. Ebenso verschieden
ist die Pars secunda (von Mik als „mittleres Glied“ bezeichnet); sie ist bei
paludosa „spatelförmig“*, bei oleracea „breit sichelförmig“. Noch verschiedener
gebaut ist die pars tertia und wohl am stärksten modifiziert. Bei paludosa ist
sie an der Spitze breit und überhaupt mehr breit „klauenförmig“, an der
unteren Seite mit langen, goldgelben Haaren befranst, bei oleracea ist sie
spitz, ganz glänzend schwarz und kahl.
Diese Unterschiede im Bau des Hypopygiums würden wohl genügen, die
Artrechte von paludosa festzustellen.
Mik meint, daß T. paludosa im Spätsommer (Ende August, Septem-
ber), T.oleracea vorzüglich im Frühjahre (schon im April) zu finden sei. Da
er die letztere Art aber auch im Spätsommer antraf, schließt er, daß palu-
dosa nur eine, oleracea dagegen zwei Generationen habe.
Fig. 20. App. intermediae Fig. 21. App. intermediae
von Tip. oleracea L. von Tip. paludosa Men.
Zur Charakteristik meiner mährischen Stücke sei bemerkt: Ich besitze
von beiden Formen 165 Exemplare von verschiedenen Fundorten.
Unter den mir aus Mähren vorlierenden Tieren befinden sich zweifellos
zwei Formen, die sich schon nach den äußeren Merkmalen voneinander unter-
scheiden lassen.
Die Färbung der Fühler und des Hinterleibes sind allerdings keine brauch-
baren Kennzeichen für die Unterscheidung beider Arten und auch das von
allen Autoren angegebene Merkmal, „der deutliche helle Streifen unter dem
dunkelbraunen Streifen des Flügelvorderrandes“, ist nicht geeignet, beide Arten
genau voneinander zu unterscheiden. Zunächst ist dieser Streifen bei den toten
Tieren immer so undeutlich, daß er (ich habe hier meine mährischen Formen
vor Augen) mehr als ein Schimmer erscheint. Wohl aber scheint in der Farbe
dieses hellen Streifens ein gutes Unterscheidungsmerkmal zu liegen. Bei jenen
Stücken, die ich für oleracea ansche, schimmert der erwähnte helle Streifen
rein weißlich, bei paludosa dagegen gelblichweiß. Die Angabe Miks, daß bei
oleracea der weiße Streifen auch die Spitze der vorderen Basalzelle ausfüllt,
während bei paludosa daselbst die Grundfarbe der übrigen Flügelfläche vor-
herrscht, stimmt für meine Exemplare nicht. Auch bei jenen Stücken, die ich für
paludosa halte, schimmert die Spitze der vorderen Bazalzelle gelblichweil).
140
Dagegen gibt die Färbung der Flügel ein gutes Unterschei-
dungsmerkmal ab und es wundert mich, daß Mik dieses Merkmal
nicht erwähnte, wenn ihm beide Arten vorlagen. Gegen eine weiße
Fläche gehalten, erscheinen die Flügel bei T. paludosa in beiden
Geschlechtern lebhaft gelbbräunlich tingiert, während sie bei
T. oleracea, und zwar wieder in beiden Geschlechtern, mehr
graulich tingiert sind. Die Adern erscheinen daher in der Flügel-
fläche bei oleracea viel deutlicher und ausgepräeter, obwohl sie
sehr zart sind.
Dieser Unterschied wird übrigens von Schiner ausdrücklich angegeben;
er sagt bei paludosa: „Flügel rostbräunlich tingiert* und bei oleracea:
„Flügel graulich tingiert“.
Ebenso sagt Schummel bei oleracea: „Flügel oraulich“ und bei palu-
dosa: „Flügel fast einfarbig, licht rötlichgrau.“ (In der Diagnose: „rostbraun“.)
Ebenso Zetterstedt: „alis cinerascentibus“ bei oleracea und „alis fus-
canis“ bei paludosa. Gleichwohl sagt er in der Anmerkung: „Haec species
mihi anceps videtur.“
Zweifelhaft ist, ob Men. beide Arten vorgelesen sind, denn er bezeichnet
die Flügel beider als blaßbraun.
Dieser Unterschied in der Flügelfärbung ist so auffallend, daß ich im-
stande war, nach diesem Merkmale allein meine mährischen Stücke in zwei
Gruppen zu stellen:
a) Eine Form mit eraulich tingierten Flügeln;
b) eine Form mit entschieden bräunlich tingierten Flügeln.
Es war nun zu untersuchen, ob es sich bei diesen beiden Formen nicht
doch nur um Abänderungen handelte. Darüber konnte nur eine Untersuchung
des Hypopygiums Aufschluß geben, die folgendes Resultat hatte: In der Form
der Umgrenzungsstücke und der Append. superae zeigten sich unwesentliche
Modifikationen. Dagegen hat die Untersuchung der Append. intermediae die
Annahme bestätigt, daß es sich um zwei verschiedene Arten handelt.
Wie die Abbildungen der Appendices beider Arten (Fig. 20 und 21) zeigen,
liegt die Verschiedenheit vor allem in der abweichenden Bildung der pars
secunda dieser Anhänge. Der zweite Teil ist bei den Exemplaren mit rotbräunlich
tingierten Flügeln an der Basis schmal, verbreitert sich aber dann plötzlich
knopf- oder napfförmig, er ist von rein bernsteingelber Farbe ohne schwarz
gefärbte Stellen und fast ohne Behaarung.
Bei den Stücken mit graulich tingierten Flügeln dagegen, die ich für
oleracea L. halte, ist die pars secunda der Append. intermediae an der Basis
breit, ebenfalls von rein gelber Farbe, bildet aber an der Innenseite einen
deutlichen höckerartigen Vorsprung, der an der Spitze schwarz gefärbt ist und
kurze, aber sehr auffallende Börstchen trägt.
Auch die anderen Teile der Append. intermediae zeigen Abweichungen,
die aber nicht so auffallend sind. So ist die pars prima bei oleracea an der
Spitze ausgebreiteter schwarz gefärbt. Unwesentlich erscheint mir die lange
gelbe Behaarung am Oberrand der pars tertia, die bei ein und derselben Art
bald dicht, bald schiitter auftritt.
141
Vergleichen wir unsere Untersuchungen mit denen Miks. Seine Abbil-
dung der Appendices von paludosa stimmt wohl mit denen unserer palu-
dosa überein, nicht aber seine Abbildung der oleracea. Da Mik die ver-
schiedene Färbung der Flügel beider Arten nicht erwähnt, die auffallen muß,
wenn man beide Arten vor sich hat und die erwähnt werden muß, wenn man
die dickeren oder schwächeren Beine als „Merkmal“ angibt, glaube ich, daß
er überhaupt eine andere Art vor sich hatte und nicht die echte oleracea L.
Westhoff bringt tab. III, Fig. 41, eine Abbildung der Zange von palu-
dosa. Mik erwähnt 1. c., p. 478, Fußnote, daß seine Abbildung mit der West-
hoffs nicht übereinstimmt und sagt: „Abgesehen davon (von den geringen Ver-
schiedenheiten der pars I. und IV.), wäre schon wegen der abweichenden
Bildung des inneren Gliedes (das ist die pars secunda) die Form, welche
Westhoff vor sich hatte, als eine Varietät aufzufassen, wenn man es hier nicht
etwa mit einer eigenen Art zu tun hat.“
Ich glaube sicher zu sein, dab Westhoff nicht die Zange von paludosa,
sondern die von oleracea in Fig. 41 abgebildet hat.
Lundström erwähnt 1. c.: „Bei einem Exemplar gleicht die pars secunda
völlig Westhoffs Zeichnung.“ Aber er sagt auch: „Die Verschiedenheit in der
Bildung des Hypopygiums bei beiden Formen scheint mir doch eine zu geringe
zu sein, um allein hierauf zwei verschiedene Arten aufzustellen.“ Wenn aber diese
Verschiedenheit des zweiten Teiles der Append. intermediae konstant bei den
Stücken mit grau tingierten Flügeln auftritt, so scheinen doch zwei verschie-
dene Formen vorzuliegen.
Fassen wir nochmals zusammen, so ergeben sich als Kennzeichen
beider Arten:
T. oleracea: Grau tingierte Flügel mit zarten, schwarzbraunen Adern;
unter dem dunklen Vorderrandstreifen der Flügel ein heller Streifen von
weißlicher Farbe. Meistens grau gefärbte Arten. Pars secunda der Append.
intermediae an der Basis nicht verschmälert, an dem breit gerundeten Spitzen-
teil mit einem deutlichen Höcker, der an der äußersten Spitze schwarz gefärbt
und beborstet ist.
T. paludosa: Flügel bräunlich tingiert mit mehr gelbroter Aderung.
Körperfarbe zumeist, besonders bei den 2 2, mehr fleischfarben. Pars secunda
der Append. intermediae an der Basis verschmälert, am Ende breit napfförmig
erweitert, ohne vorstehenden Höcker und ohne auffallende Borstenhaare.
Anmerkung. Tip. fimbriata Mon., S. B.I, 190 und Tip. plumbea
Mgn., S. B. I, 191, beide Arten mit braunem Vorderrandstreifen, gehören jeden-
falls in diese Abteilung. Erstere wird von Gimmerthal aus Rußland und von
Walker aus England angeführt; zu der Walkerschen Art bemerkt aber Verrall
1856: „under this name I have only seen Tip. paludosa Men.“
Auch Tip. plumbea wirdnurnoch vonGimmerthalund Walker angeführt,
Tip. plumbea F. ist keineswegs Tip. plumbea Mon., denn Fabricius
nennt die Fühler schwarz, Mgn. dagecen schwarzbraun mit ziegelfarbiger
Wurzel. Tip. plumbea Mole. ist nach Mon. I, 190 gleich T. fimbriata
Mgn.; nach Schin. ist das als Tip. fimbriata bezettelte Exemplar im
k. k. Hofmuseum in Wien T. paludosa Men.
142
Vielleicht ist Tip. plumbea Mon. gleich Tip. oleracea L., da die
Flügel weiß (Fabr.) oder graulich (Men.) genannt werden, Tip. fimbriata
Mgn. dagegen gleich Tip. paludosa Mon., denn Mon. nennt die Flügel
bräunlich.
28. T. luteipennis Mgn., System. Beschr. VI. 288 (1830); Schin.
II. 519 (1864); Kert. Kat. II. 294; picticornis Zett. X. 4003
(Pachyrrhina).
Kopf gelblichgrau mit undeutlicher schwärzlicher Längslinie;
Schnauze, Rüssel und Taster gelbrot.
Fühler gelbrot; die drei ersten Glieder reingelb, die Geißel-
glieder an der verdickten Basis braun, die letzten Geißelglieder
verdunkelt.
Thoraxrücken grau mit drei oft nicht sehr scharf aus-
gefärbten Längsstriemen, die Seitenstriemen verkürzt und oft nur
durch eine braune Linie angezeigt. Die mittelste Strieme breit.
von braunen Säumen eingefaßt und auf
der Mitte durch zwei braune Längslinien
geteilt; diese vier braunen Linien bilden
innerhalb der dunklen Mittelstrieme eine
ähnliche W-förmige Figur wie bei nube-
culosa; nur ist die Zeichnung mitunter
sehr undeutlich.
>
v
VIE Brustseiten unten schwach grau be-
Tip. KA G. reilt, Notopleuraldepression gelblich. Alle
(Hyp., Seitenansicht.) Hüften grau bereift, Schenkelringe gelb.
Beine vorherrschend gelb mit schwar-
zen Schenkel- und Schienenspitzen und verdunkelten Tarsen-
endgliedern.
Flügel intensiv gelblich tingiert, am Vorderrande und an
der Wurzel gesättigter. Das Randmal hebt sich von der Flügel-
fläche kaum ab. Vor der Randmalzelle liegt ein kleiner Mondfieck,
wenn man den weißlichen Schimmer in der Mitte der Subcostal-
zelle überhaupt als Mondfleck betrachten kann. Ein ähnlicher
weißer Schimmer zieht als winziger Streifen aus der Spitze der
vorderen Basalzelle in die mittlere Discoidalzelle. Der Stiel der
Gabel der vorderen Discoidalader ist bei dieser Art sehr kurz;
bei einem S entspringen die beiden Äste der vorderen Discoidal-
ader in einem Punkte aus der mittleren Discoidalzelle.
143
Hinterleib gelbrot mit einer deutlichen braunen Rücken-
strieme.
Hypopygium klein, nicht dicker als der Hinterleib. Lamella
termin. supera breit ausgebuchtet, die Seitenecken ziemlich weit
vorgezogen, in der Mitte der Einbuchtung ein kleiner, spitzer
Vorsprung hervorragend. Der größte Teil der Lamelle wird aber
von der Lamella basalis supera bedeckt. Lamella basalis infera
nicht sehr tief gespalten. Appendices superae ziemlich breit,
blattförmig, gelblich, lang gelb behaart, mit den etwas eingekrümmten
Spitzen stark gegeneinander gebogen. Appendices intermediae
beilförmig, gelblich, die äußerste, scharfkantige Spitze und eine
wulstförmige Naht auf der Innenfläche braunschwarz. Die Be-
haarung nicht sonderlich lang und auffallend (Taf. I, Fig. 4).
Hypopygium: Westh. 1882, Tab. II, Fig. 19 (Lam. term.
sup.), Tab. V, Fig. 54 (Vesicula centralis).
©: Legeröhre mäßig lang, gelblich, die oberen Klappen an
der Spitze stumpf abgerundet; die unteren Lamellen kurz.
Größe: 13—20 mm.
Larve: (Beling 1886) zarthäutig, rostbráunlich; den Rücken
entlang ziehen zwei hell durchscheinende Tracheen. Letztes Hinter-
leibsglied am Oberrande mit fünf, am Unterrande mit zwei gleich
langen und breiten, platten Hautzapfen mit abgerundeter Spitze.
Unterhalb der Hinterstigmen je ein schmaler Horizontalstrich,
zwischen ihnen ein verwaschener Fleck.
Puppe lichtbraun; Stirnhörnchen kurz und breit. Endsegment
der S Puppe stumpf, jederseits mit drei Dornenzähnen in einer
Längsreihe, hinter diesen Zähnen zwei plumpe, mit den Spitzen
zangenförmig gegeneinander gerichtete Genitalscheiden. Unterseite
des Segmentes mit vier Dornenzähnen in Querreihe und etwas
weiter nach hinten an jeder Seite je ein großer, spitzer Zahn.
Endsegment der 2 Puppe mit zwei Paar verwachsenen Legerohr-
scheiden, das obere Paar weit länger als das untere.
Larven in der Erde sumpfiger Wiesen.
Vorkommen: Eine Herbstart, die erst Ende September
erscheint. Massenhaft traf ich sie am 22. September 1907 im
hohen Grase eines von wenigen Weidenbäumen bestandenen Haines
bei Chirlitz. Aus Czernowitz am 22. September 1911 und 8. Oktober
1912 an sehr sumpfigen, mit Schilf bewachsenen Stellen häufig.
144
Sehr selten sind die 22. An dem erwähnten ersten Fundorte fand
ich unter Hunderten von 44 nur vier 22").
Von dem zweiten Fundorte besitze ich auffallend kleinere
Stücke mit weniger gelb tingierten Flügeln, die sich aber sonst
von der größeren Art durch nichts unterscheiden.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Steiermark (Strobl 1894). Vorarlberg (Bau 1910), Galizien (Now.
1873).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden (Zett.,
Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Finland
(Im. 1907), Livland (Sint. 1885), Holland (Wulp-Meij. 1898),
England (Verr. 1886), Rußland (Fedt. 1902), Schweiz (Hug. 1888),
Deutschland (Mgn. VI, Schumm. 1833, Westh. 1882).
Anmerkung 1: Pachyrrhina picticornis Zett. X, 4003 ist nach
Wahlgren 1904 eine Tip. luteipennis mit abnormer Aderung.
Anmerkung 2: Eine der Tip. luteipennis ähnliche Art muß Tip.
melanoceros Schumm. sein, die nach Westhoff zu derselben Zeit schwärmt.
Sie unterscheidet sich von luteipennis durch ganz schwarze oder schwarz-
braune Antennen. Der Rückenschild ist vierstriemig. Ich kenne die Art nicht.
Es ist aber, da sie in Preuß.-Schlesien gefunden wurde, nicht unwahrscheinlich,
daß sie auch bei uns vorkommt.
29. T. flavolineata Mgn., Klass. I, 67 (1804); Mgn., Syst. Beschr.
I. 185 (1818); Schin. II. 520 (1864); Kert. Kat. II. 287;
antennata Schumm., Beitr. z. Ent. III. 82 (1833); latevittata
Schumm., Beiträge z. Ent. ITI. 82 (1833); longicornis Curt.,
nach Verrall 1886.
S: Kopf und Stirn schwärzlichgrau, Untergesicht gelb;
Schnauze oben schwarzbraun. an den Seiten rotgelb. Rüssel
schwarzbraun, Taster gelb.
Fühler außerordentlich lang, viel länger als Kopf und
Thorax zusammengenommen. Zweites Basalglied und erstes Geißel-
glied (letzteres bis auf die verdunkelte Spitze) reingelb. Die
übrigen Geißelglieder schwarzbraun, sehr langgestreckt, walzen-
förmig, an der Basis kaum verdickt, der ganzen Länge nach mit
Wirtelhärchen reich besetzt. (Schumm. 1833, Tab. I, Fig. 10.)
Halsstück gelblich, Prothorax schwärzlich.
1) Ebenso selten sind die ® 2 der verwandten Art melanoceros Schumm.
Westhoff, 1879: „Unter den fünfzig S G fanden sich nur drei 2 9“.
145
Thoraxrücken braunschwarz, glánzend, mit einer breiten,
schmutziggelben Mittelstrieme und zwei verkůrzten Seitenstriemen.
(Schiner nennt den Riickenschild „gelb mit vier etwas glänzenden
schwarzgrauen Längsstriemen“. Schummel sagt: „Riickenschild
aschgrau mit vier dunkleren braunen Striemen“, und fügt hinzu:
„Der Mittelleib dieses Stückes ist vielleicht durch eine Krankheit
widernatürlich gefárbt.“)
Brustseiten schwarzbraun, unten etwas ins Rôtliche schim-
mernd, Notopleuraldepression gelb. Vorderhüften grau bereift,
Mittel- und Hinterhüften und alle Schenkelringe gelb.
Beine gelb, die Schenkel an der äußersten Spitze, die
Schienen im Spitzendrittel und die Tarsen schwarzbraun.
Flügel länger als der Hinterleib, am Vorder-
rande und an der Wurzel gelblich tingiert, mit DC I
scharfbegrenztem, lichtbraunem Randmale. Vor Mr
demselben ein sehr unscheinbarer Mondfleck, in \ v
gewisser Richtung als ein weiß schimmernder Fleck 7 ie
sichtbar. Ein gleiches Fleckchen in der Basis der C
mittleren Discoidalzelle. Fig. 23.
Abdomen schmutzig rotgelb, die letzten Tp-favolineata G.
(Hyp., Seiten-
Ringe vorwiegend schwarzbraun, mit zwei undeut- ch
lichen schmalen Seitenstriemen.
Hypopygium: Lam. term. supera am Spitzenrande seicht
ausgebuchtet. Lam. term. infera nicht tief gebuchtet. Vom Grunde
dieser Ausbuchtung geht eine kielförmig erhobene gelbliche Mem-
bran bis zum Grunde der achten Bauchschiene.
Appendices superae glänzend schwarzbraun, zwei gegen-
einander gekehrte, stark gebogene Hörnchen bildend.
Appendices intermediae lichtgelb, stark behaart. (Ich
habe das Hypopygium meines einzigen Stückes nicht zerlegt, kann
also über ihre wahre Gestalt nichts sagen.)
Westhoff 1882, Tab. II, Fig. 22 (Lam. term. sup.); Tab. III,
Fig. 35 (App. superae); Tab. VI, Fig. 69 (Adminiculum).
Weibchen: Rückenschild grau, mit drei dunklen, etwas
glänzenden Rückenstriemen, die mittelste durch eine feine Längs-
linie von der Grundfarbe des Rückenschildes geteilt, die seitlichen
vor den Humeralgrübchen abgebrochen. Fühler bis zum fünften
inclusive hellgelb. Brustseiten stark grau bereift, Notopleural-
depression fast schwefelgelb.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 10
146
Hinterleib braungelb, an den Seiten mit dunklen Partien,
als wenn sich Seitenstriemen bilden wollten, die letzten Segmente
stark verdunkelt mit gelblichen Endsäumen.
Legeröhre glänzend braungelb, gegen die Spitze lichter, die
Lamellen auffallend lang und robust, alle an der Spitze abgerundet
und die unteren Lamellen nur wenig kürzer als die oberen.
Flügel ziemlich breit, besonders am Vorderrande gelblich
tingiert, Randmal blaßbraun, Flügelmond klein.
Ein 2 meiner Sammlung mit ungewöhnlich plumpem Hinterleib
und überhaupt von viel robusterem Aussehen ist kaum etwas anderes.
Größe: F 15 mm, © 18—23 mm.
Larve (Beling 1873) weiß, glänzend, sehr zarthäutig mit
durchscheinendem Darminhalte. Letztes Leibesglied oben mit vier
kurzen Hautzähnen in Querreihe, an der Unterseite mit zwei kürzeren
Zähnen, die an der Spitze der Innenseite einen schwarzen Quer-
strich oder Punkt tragen. Die schwarzbraunen Hinterstigmen oval,
oben weiter als unten voneinander abstehend.
Puppe schmutzig bräunlichgelb. Stirnhörnchen kastanien-
braun glänzend, lang. Hinterleibsglieder vom dritten angefangen
mit breitem braunen Saume, vor diesem Saum vier in einer Reihe
stehende Zähnchen. Letztes Hinterleibsglied oben mit vier, unten
mit zwei in lange Spitzen auslaufenden Zähnen. Die Puppe soll
an der hellen Färbung und an den heilen glänzenden Stirnhörnchen
leicht kenntlich sein.
Staeger soll die Puppen in dürren Birkenstämmen gefunden
haben. Beling fand die Larven in faulen Stöcken von Eschen,
Rot- und Weißbuchen, Birken, Schwarzerlen, Espen und einmal
in einem faulen Eichenaste.
Hartig erwähnt, daß die Larven dieser Art einjährige
Tannen- und Lärchenpflänzchen zerstört haben (Taschenberg,
Insektenkunde, 1874).
Vorkommen: Diese Art scheint bei uns sehr selten. Ich
fing nur ein G bei Karthaus nächst Brünn am 2. Mai 1910,
ein © in Adamstal 28. Mai 1912 und ein zweites im Schreibwalde
10. Juni 1912.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark und
Kärnten (Strobl 1894 und 1900).
Geographische Verbreitung in Europa: Norwegen
(Siebke 1877), Schweden, Dänemark (Zett., Wall. 1882, Wahlgr.
147
1905), Finland (Lm. 1907), Rußland (Fedt. 1902), Holland
(Wulp-Meij. 1898), Frankreich (Macq.), England (Verr. 1886),
Schweiz (Hug. 1888), Deutschland (Mgn. I, Schumm. 1833,
Westh. 1882).
30. T. pruinosa Wdm., Zool. Mag. I. 1, 64 (1817); Mgn., Syst.
Beschr. I. 191 (1818); Schin. IT. 521 (1864); Kert. Kat.
Il. 305.
Kopf grau, Stirn grau bereift, Schnauze und Taster schwarz-
braun; Fühler so lang wie der Thorax, schwarzbraun, die Geibel-
glieder an der Basis etwas verdickt.
Thoraxrücken grau mit drei braunen Längsstriemen, die
mittelste durch eine dunkle Linie geteilt, die immer deutlich er-
scheint, wenn man den Thorax von hinten gegen das Licht be-
trachtet. Brustseiten bläulichgrau bereift, Notopleuraldepression
rötlichgelb. Hüften grau, Schenkelringe gelb.
Beine schwarzbraun; Schenkel und Schienen an der Wurzel-
hälfte gelbrot.
Flügel graulich tingiert, einfarbig. Randmal lichtbraun, der
Mondfleck klein und undeutlich.
Abdomen schiefergrau, an den Seiten gegen die Bauchseite
ein heller, bräunlichgelber Streifen.
Hypopygium etwas verdickt, die Lam. bas. sup. klein,
ringförmig, Lam. terminalis supera in zwei stumpfliche Seitenecken,
der mittlere Spitzenrand in zwei ziemlich lange, an der Spitze
geschwärzte und stark beborstete Vorsprünge ausgezogen. An dem
geschlossenen Hypopygium fallen die außerordentlich groben
Append. intermediae besonders auf. Die Append. superae
sind klein, zylindrisch, an ihrem Ende erweitert und lang, fast
zottig behaart. Die Lamella basalis infera trägt einen Anhang,
der aus zwei schwach keulenförmig verdickten, gelbbehaarten
Appendices besteht, die in die Einbuchtung der neunten Bauch-
schiene hineinragen (vgl. Taf. I, Fig. 1).
Hypopygium: Westh. 1882, tab. III, Fig. 20 (Lam. term.
sup.); im. 1907, tab. LIL, Fig. 37 (Hypop.).
Das Weibchen hat kürzere Fühler und die Flügel sind
mehr bräunlich tingiert.
Legeröhre mäßig lang, das obere Basalstück glänzend
dunkelbraun. die oberen TJıamellen licht kastanienbraun. schmal,
10°
148
ziemlich spitzig und sanft nach unten gebogen. Die unteren La-
mellen lichtgelb, nur halb so lang wie die oberen.
Größe: S 13—14 mm, 2 17 mm.
Die Larve (Beling 1886) ist aschgrau, schwarz gekörnelt,
an den Leibesseiten mit einem dornförmigen Hautzapfen am Ende
eines jeden Segmentes. Stigmenfeld am Oberrande mit vier langen,
spitzen, am Unterrande mit zwei kurzen Hautzapfen. Letztere an der
Basis der Innenseite mit verhältnismäßig großem, breitem, schwarz-
braunem Querfleck oder Querstrich. Unterhalb der Hinterstigmen
drei schwarzbraune Punkte in (uerreihe.
Puppe 2 (Beling 1878). Stirnhörnchen kurz, an der Spitze
etwas kolbig erweitert. Hinterleib zusammengedrückt, jederseits
mit einer scharfen Kante. Das dritte bis achte Segment auf der
Oberseite mit 12 kurzen Zähnen nächst dem Hinterrande. Das
vierte Hinterleibsglied auf der Unterseite mit je einem, das fünfte
bis achte mit je sechs kleinen Zähnen.
7 Nach Beling lebt die Larve in Walderde,
in berastem oder mit Moos überzogenem Boden.
Vorkommen: Nicht selten. Karthaus
16. Juni; Czernowitz bei Brünn 7. und 20. Juni;
Bilowitz 23. Juni; Josefstal 17. Juni; Groß-
Ullersdorf 14. August; Hobitschau bei Wischau;
Rožnau (Landrock).
Fig. 24.
Tip. pruinosa S.
(Hyp., Seitenansicht). =
Verbreitung in Osterreich-Ungarn:
Böhmen (Kow. 1894), Schlesien (Strobl 1900), Niederösterreich und
Steiermark (Strobl 1880 bezw. 1894), Kärnten (Tief 1887), Galizien
(Grzeg. 1873 und Now. 1873), Bosnien (Strobl, var. bosnica).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
Zett., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Fin-
land (Lim. 1907), Rußland (Fedt. 1902), Livland (Sint. 1885),
Holland (Wulp-Meij. 1598), England (Verr. 1886), Frankreich
(Macq.), Deutschland (Men. I, Schumm. 1833, Westh. 1882), Schweiz
(Hug. 1888).
Anmerkung. Strobl 1894 beschreibt eine der pruinosa sehr nahe-
stehende, wahrscheinlich alpine Art: T. pseudopruinosa. Sie unterscheidet
sich von T. pruinosa dadurch, daß sie nur eine, vorne dreiteilige Mittel-
strieme besitzt, besonders aber durch das anders gebaute Hypopygium. — Vor
allem scheint mir die neunte Bauchschiene verschieden gebaut zu sein: sie ist
„am Ende elliptisch ausgeschnitten und aus dem Ausschnitte ragt ein gelb-
rotes Haarbüschel fast senkrecht nach abwärts.“
149
31. T. stigmatella Schumm., Beitr. z. Ent. III. 73 (1833); Schin.
II. 521 (1864); Kert. Kat. II. 309.
Kopf gelbgrau, Rüssel schwarzbraun, Schnauze und Tasier gelb.
Fühler: Die ersten drei Fühlerglieder reingelb, die drei
nächsten Geißelglieder gebräunt, an der Spitze lichtgelb, die
übrigen schwarzbraun. Alle Geibelglieder walzenförmig, an der
Basis nicht verdickt.
Thoraxrücken gelbgrau mit vier dunklen, lichtbraunen Längs-
striemen, die seitlichen verkürzt. Schildchen gelb, Mesophragma
grau. Brustseiten auffallend licht, Notopleuraldepression gelb.
Beine lichtgelb, Schenkel und Schie-
nen an der äußersten Spitze etwas ver- „7
dunkelt, Tarsen braun. ('
Flügel länger als der Hinterleib, \”
sehr schwach grau tingiert, fast glashell, V
die Costal- und Mediastinalzelle und die
Flügelwurzel etwas gelblich, das Randmal
blabbraun, aber deutlich. Vor demselben
ein ganz kleiner weißlicher Mondfleck.
Hinterleib gelb, ohne deutliche Striemen, die letzten Ringe
braun.
Hypopygium ungewöhnlich groß, fast kugelig aufgetrieben,
dreimal so breit wie der Hinterleib. Lamella term. supera groß
und stark gewölbt, ebenso die beiden unteren Endlamellen stark
entwickelt. Charakteristisch für diese Art scheinen die langen,
dunkelgelben, am oberen Ende gebráunten Appendices inter-
mediae, die bei geschlossenem Hypopygium die Lam. term. supera
etwas überragen. Ihre Spitze trägt ähnliche starke Börstchen
wie bei pruinosa. Die Append. superae sind ziemlich lang,
kolbenförmig, von dunkelgelber Farbe und stark behaart.
Die Lamella basal. infera ist breit ausgebuchtet, die
Ausbuchtung durch eine gelbliche, fein gelb behaarte Membran
gedeckt.
Das Weibchen hat kürzere und lichtere Fühler, die Geißel-
glieder sind nur an der äußersten Basis verdunkelt ; die zwei Mittel-
striemen des Rückenschildes erscheinen bei meinen Stücken in eine
einzige, durch eine braune Längslinie geteilte Strieme zusammen-
geflossen. Der Hinterleib ist grünlichgelb, der Hinterrand des vierten
bis siebenten Segmentes gelb gerandet. Ungemein charakteristisch ist
Fig. 25. Tip. stigmatella G.
[Hyp., Seitenansicht (links),
von unten (rechts).]
150
die Legeröhre gebaut. Während der Hinterleib bis zum fünften
Gliede von unten zusammengedrückt erscheint, erweitern sich schon
die nächsten zwei Segmente und die beiden Basalstücke der Lege-
röhre, das obere von kastanienbrauner, das untere von gelber
Farbe, sind fast blasig aufgetrieben. Die oberen Lamellen sind
robust, ziemlich breit, am Ende zugespitzt, von dunkelgelber Farbe.
Die unteren, etwas kürzeren, aber breiteren Lamellen sind lichtgelb.
Größe: F 10 mm, © 11 mm.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Von dieser, wie es scheint, sehr seltenen Art
fing ich auf Gebüsch am Waldrande bei Bilowitz im Zwittatale
am 24. Mai 1911 zwei ZZ und ein ©; am 6. Juni 1911 ein G im
Josefstal bei Adamstal und ebendort zwei 99 am 25. Mai 1912.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Kärnten (Tief 1887), Tirol (Pokorny 1887), Galizien (Grzeg.
1873, Now. 1873), Ungarn (Kow. 1873, Thalh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Livland (Sint.
1888), Schweiz (Hug. 1888), Deutschland (Schumm. 1833).
Anmerkung. Schummel erwähnt I. c. eine Varietät („die wohl eine
besondere Art sein könnte“), bei welcher nur die Basalglieder der Fühler gelb,
die Schenkel mehr braun, am Ende allmählich schwarz und der Hinterleib
von mehr brauner Farbe ist. Auffallend ist, daß Schummel von dem so cha-
rakteristisch gebauten Hypopygium nichts anderes zu sagen weiß, als daß der
„After schwarzbraun und glänzend ist“. Ich wurde daher an der Richtigkeit
meiner Bestimmung etwas irre. Herr Riedel, dem ich eine Zeichnung des
Hypopygiums einsandte, erklärte aber die Art für richtig bestimmt.
Schiner sind Schummelsche Originalstücke vorgelegen. Aber auch er
erwähnt nicht den ganz besonderen Bau des Hypopygiums und sagt nur, daß
die „zwei aufragenden Organe der Genitalien“ (gemeint sind wohl die App.
interm.) blattartiger, vorne umgebogen und die unteren Partien dichter behaart
sind als bei pruinosa.
Auch seine Bemerkung: „Gleicht der vorigen Art“, wird oft irreleiten.
Mit pruinosa hat stigmatella Schummel wohl die großen, freiliegenden
Append. intermediae gemein, doch trägt die Lam. term. inf. der ersteren
zwei längliche, kolbenförmige Anhänge, die „zusammen eine fast leierförmige
Figur bilden“ (Lundstróm). Diese Appendices fehlen bei stigmatella.
32. T. decipiens Czk., Wien. Ent.-Ztg. XXXI, S. 171—174, 1912.
Gleicht sehr der folgenden Art, von ihr aber sicher verschieden.
SF: Kopf und Stirn grau, letztere mit einer in gewisser Be-
leuchtung immer deutlichen, vorn spatelförmig erweiterten Längs-
strieme. Schnauze, Rüssel und Taster schwarzgrau.
151
Fühler ziemlich kurz, nur so lang als Kopf und Halsstück
zusammengenommen, die Basalglieder schmutzig rostrot, die Geißel-
glieder schwarzbraun, an der Basis nicht verdickt.
Thoraxrücken aschgrau, vor dem Pronotum rostrot, mit
vier ausgeprägten, braunen Längsstriemen, die seitlichen wie ge-
wöhnlich stark verkürzt. Hinter der Quernaht eine breite, braune,
schrägliegende Längsstrieme, die bis zum Schildchen reicht und
vor derselben ein brauner Fleck. Schildchen und Mesophragma
grau, letzteres mit braunen Reflexen. Brustseiten und Hüften grau,
Notopleuraldepression rostrot, Schenkelringe gelb.
Beine schwarzbraun, die Schenkel bis gegen die schwarz-
braune Spitze gelbbräunlich.
Flügel sehr blaß bräunlichgrau tingiert, mit bräunlichblassem
Randmalfleck und verschwindend kleinem, kaum sichtbarem weißen
> a (Bl
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\ Rn A \
Sean Nu
RPC s
Fig. 26. Tip. decipiens G. Fig. 27. Tip. decipiens Q.
(Hyp., Seitenansicht.) Legeröhre.
Mondfleck, der nicht über die Radialader hinausreicht. Die Adern,
welche die mittlere Discoidalzelle umschließen, nicht unscheinbar,
die Zelle selbst im Verhältnis zu ihrer Breite ziemlich kurz.
Abdomen aschgrau, der Hinterrand der Segmente sehr
schmal gelblich gesäumt, mit schmaler dunkler Rückenstrieme und
ebensolchen, in lange Flecke aufgelösten Seitenstriemen. Unter
diesen Seitenstriemen erscheint gegen die Bauchseite zu eine sehr
schmale gelbliche Längsstrieme.
Hypopygium ziemlich klein und nicht stärker als der
Hinterleib. Die Lamella terminalis supera ist ziemlich breit.
wie bei lunata, aber nicht so hoch gewölbt und zeigt nichts
Glinzendes, sondern ist mattschwarz. Die beiden Vorsprünge am
Spitzenrande der Lamelle sind kürzer und abgerundeter als bei
lunata und ebenfalls von mattschwarzer Farbe. Die Lamella ba-
salis infera unterscheidet sich in ihrer Struktur wenig von dem
vorhergehenden Bauchsegment; besonders fehlt ihr die fuchsrötlich
behaarte Appendix, die lunata auszeichnet. Die Lamella terminalis
152
infera ist weniger entwickelt als bei lunata und an ihrem Unter-
rande nur wenig ausgeschnitten, so dab das Hypopygium, von
unten gesehen, mehr geschlossen erscheint als bei jener Art.
Die Appendices superae sind von schwarzbrauner Farbe,
ziemlich breit, aber kurz und ragen nicht so weit vor wie die
gleichen, gelblich gefirbten Anhánge der lunata. Die Appen-
dices intermediae sind ziemlich klein, zangenförmig, mit schwarz-
gläinzender scharfer Spitze, sonst braun, dicht, aber sehr kurz be-
haart, an der nach oben gerichteten Seite mit einer höckerartigen,
schwarzen Erweiterung (Taf. I, Fig. 16).
Das Weibchen gleicht dem Männchen. doch sind Stirn und
Schnauze mehr grau, die Mittelstrieme der ersteren undeutlicher
und durch braune Schimmerflecke angedeutet. Die braunen Mittel-
striemen des Thoraxrückens sind bei einigen 22 sowie beim G sehr
deutlich und scharf, bei anderen Stücken aber vorn verschwommen.
Der Hinterleib ist wie beim S aschgrau, das erste Segment aber
an der Basis licht gelblichgrau. Die Flügel sind ebenso blaß tin-
giert und das weiße Mondfleckchen ebenso undeutlich wie beim G.
Die Legeröhre ist länger und schlanker als bei lunata und bis auf
die lichtgelben Spitzen der beiden Klappenpaare ganz glänzend
schwarzbraun, während bei lunata nur das obere Basalstück
glänzend kastanienbraun ist. Auch sind die oberen Lamellen bei
decipiens an der Spitze mehr abgerundet als bei lunata.
Größe: F 18-20 mm, © 20—22 mm.
Vorkommen: Aus dem Zwittatal bei Bilowitz ein Z 25. Mai,
zwei 92 7. und 13. Juni 1911; in zahlreichen Stücken aus einem
Seitentale des Zwittatales bei Adamstal, 28. Mai 1912.
Anmerkung. Herr Riedel teilt mir mit, daß er die neue Art kennt
und sie für T. elaripennis Schin in litt. hält. Das Weibchen mag sehr oft
mit dem von T. lunata verwechselt worden sein und vielleicht ist auch das
Männchen in manchen älteren Sammlungen unter diesem Namen vorhanden.
Interessant ist die Ortlichkeit, an der Tip. decipiens vorzukommen
pflegt. Ich fand sie beidemal, in Bilowitz und in Adamstal, an denselben
charakteristischen Stellen, in einem Buchenwalde, dessen Boden von einer
hohen Laubdecke bedeckt war, über welche das Wasser eines Quellbaches
langsam dahinrieselte. Die Männchen fliegen langsam über die vom Wasser
berieselten Stellen des Waldbodens, oft gegen den nassen Boden wippend. Die
ganze Umgebung war fast entblößt von jeder Vegetation. Ein Pärchen beob-
achtete ich bei der Begattung, die sich mitten im Wasser, auf dem Boden vollzog,
abweichend von der Schilderung, die Osten-Sacken in seinen Studien entwirft.
In Gesellschaft der Tip. deeipiens traf ich Tip. maxima, variicornis und
Pedicia rivosa.
153
Anmerkung. In diese Abteilung (Subunicolores mit kleinem Mond-
fleck, der nicht über die Radialis hinausreicht) gehören noch von mir bekannt
gewordenen Arten:
grisescens Zett., juncea Mon. (= nodicornis Men.), nitidicollis
Strobl, pagana Mon., guadrivittata Staeg., recticornis Schumm., Siebkei
Zett., subnodicornis Zett. und tumidicornis Lm.
Tip. juncea Men. kónnte auch in unserem Faunengebiete vorkommen,
da sie Strobl 1894 aus Steiermark, Thalhammer 1899 aus Ungarn anführen.
Sie ist im männlichen Geschlechte durch die an der Unterseite tief ausge-
schnittenen Fühlergeißelglieder ausgezeichnet.
Tip. subnodicornis Zett. besitzt im männlichen Geschlechte knotige,
aber nicht gesägte Fühler. Die Flügel schimmern in beiden Geschlechtern
weißlich. Hyp.: Lundström 1907.
Tip. pagana Men., im weiblichen Geschlechte mit verkümmerten Flü-
geln, wird aus Österreich nur von Kowarz 1894 aus Böhmen angeführt; sie
ist aber von Norwegen bis Italien verbreitet und es ist daher nicht aus-
geschlossen, daß sie später vielleicht auch bei uns wird aufgefunden werden.
Tip. quadrivittata Staeg. ist eine der T. pruinosa nahestehende
Art, die sich nach Zett. von ihr durch die rotgelben Basalglieder der Fühler
sofort unterscheiden muß. Auch die Hypopygien ähneln einander. Das achte
Ventralsegment besitzt bei beiden Arten App. duplices, beiquadrivittata blatt-
förmig, fast lineal, an der Spitze mit einem kleinen, zugespitzten
Haarbüschel, bei pruinosa länglich oval (eine leierartige Figur bildend),
gleichmäßig behaart, ohne Haarbüschel an der Spitze.
Tip. Siebkei Ztt. gleicht nach Wahlgren 1904 den Arten pruinosa
und pagana, weicht aber von beiden ab durch hellere Fühler und das gelb-
braune, mit dunklen Seitenbändern gezeichnete Abdomen.
Tip. reeticornis Schumm. ist aus Österreich-Ungarn überhaupt nicht
bekannt und wird nur noch von Huguenin 1888 aus der Schweiz angeführt.
Tip. nitidicollis Strobl (Span. Dipt. III, 1991) ist eine spanische
Art, vom Aussehen einer Pachyrrhina, mit rein gelbem, glänzendem Thorax
mit 3 breiten, schwarzen Längsstriemen und fast kugelförmigem Hypopygium.
Größe nur 10 mm.
Tip. tumidicornis Lm. 1907 endlich ist eine hochnordische Art, aus-
gezeichnet durch kurze Fühler, deren Geißelglieder vom vierten angefangen
an der Basis außerordentlich stark, ringförmig verdickt sind (l. c. Fig. 36),
durch die dunkel tingierten Flügel (sie werden mit denen von T. nigra ver-
glichen) und durch das einfache, kleine Hypopygium (1. c. Fig. 31), an dem
besonders die oberen, nahe der Basis mit einem schwarzen Höcker versehenen
Anhänge auffallen.
Ob Tip. pusilla Macq. und Tip. breviterebrata Macq. ebenfalls
in diese Abteilung gehören, kann ich nicht genau sagen, da ich nur die kurze
Beschreibung Meigens kenne. Sie wurden seit Macg. nicht mehr gefunden.
Tip. dispar Hal., in Kert. Kat. II, 285, als Art angeführt, ist nach
Verrall 1886 Syn. zu T. pagana Mgn.
154
33. T. lunata L., Syst. Nat., Ed. X. 586. (1758); Schin. II. 522
(1864); Kert. Kat. II. 293; {una Westh., Jahrb. des Westfäl.
Ver. f. Naturk., 1879.
Kopf grau, Rüssel und Taster braun.
Fühler so lang wie der Thorax, erstes Basalglied grau mit
einem Stich ins Rötliche, zweites ausgesprochen rotgelb, erstes
Geißelglied rotbraun, die übrigen schwarzbraun, walzenförmig, an
der Basis mäßig verdickt. Bei einem G ist auch das zweite
Geißelglied an der Spitze ausgebreitet rötlich gefärbt.
Halsstück und Thorax oben grau, letzterer mit vier Längs-
striemen, die seitlichen verkürzt und oft einen hellen Kern ein-
schließend. Brustseiten und Hüften grau bereift. Notopleural-
depression, Flügelwurzel und der Höcker
u oe š :
| \\ C vor den Schwingern gelb. Schildchen
EZU K\ % und Mesophragma grau, auf letzterem
< 4 in gewisser Richtung ein dunkler, gegen
x 2° . . ..
S 7 hinten sich verschmälernder Schattenfleck
— :
sichtbar.
Mě? 2
ae e Beine schwarzbraun, Schenkel bis
Fig. 28. Tip. lunata S.
( Hyp., Seitenansicht.) úber die Wurzelhilfte gelb.
Flügel gelbbräunlich tingiert, an der
Wurzel und am Vorderrande gesättigter, Randmal lichtbraun; vor
demselben ein deutlicher weißlicher Mondfleck, der einen weißen
Streifen bis in die mittlere Discoidalzelle entsendet.
Abdomen grau, an den Seitenrändern gelblich, mit schwarzer
Rückenstrieme, die am zweiten Ringe schmal beginnt, und eben-
solchen Seitenstriemen. Die letzten Segmente verdunkelt.
Hypopygium sehr charakteristisch, so daß die Art kaum
verkannt werden kann. Lamella term. sup. glänzend braunschwarz,
am Spitzenrande stark behaart und in zwei zapfenartige Vorsprünge
ausgezogen. Lamella basalis infera mit einer dicht fuchsrötlich
behaarten, stark abstehenden Appendix. Lamella term. infera
tief gespalten, von glänzend braunschwarzer Farbe, nur am Spitzen-
rande gelblich. Die äußeren Anhänge von gelber Farbe, stark
behaart. Besonders fallen die oberen, hornförmig gegeneinander
gebogenen Appendices superae auf, welche die mittleren Anhänge
weit überragen.
Hypopygium: Schumm. 1833, Tab. I, Fig. 14. 15. (Das
Zitat in Kert. Kat. II, 293, bei T. lunata L., Westh. 1882,
159
Tab; MI *Hic. 37., Tab. V, Ric- 55 und Tab. VE Fig 74,75,
gehört zu T. ochracea Men.)
Weibchen: Fühler kürzer, auch das erste Basalglied an der
Basis rötlichgelb. Legeröhre an der Basis dunkelkastanienbraun,
obere Lamellen lichtgelb mit abgerundeter Spitze, die unteren breit.
an der Spitze ebenfalls abgerundet.
Größe: S 20 mm, 2 20—22 mm.
Metamorphose. Kaltenbach 1. c. p. 583 erwähnt, daß die
Larve im Herbst und Winter in moderndem Weidenholze lebt.
(Bouché.)
Vorkommen: Ich kenne die Art nur aus dem Tieflande.
Czernowitz bei Brünn, 19. Mai und 19. Juni; Hobitschau bei
Wischau (K. Landrock), Frain (Siebeck).
Verbreitung in Osterreich-Ungarn: Bühmen (Kow. 1894),
Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894), Kärnten
(Tief 1887), Tirol (Palm 1869), Galizien (Now. 1873 und Grzeg. 1873).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett. X., Wall. 1882, Wahlg. 1905), Livland (Sint. 1885), England
(Verr. 1886), Holland (Wulp-Meij. 1898), Frankreich (Macq.),
Schweiz (Hug. 1888), Deutschland (Men. I, Schumm. 1833. Westh.
1882), Spanien (Strobl 1900).
34. T. ochracea Mgn., Klass. I. 68, 7 (1804); Syst. Beschr. I. 186,
25 (1818), Schin. II. 522 (1864); Kert. Kat. II. 300; lunata F.
Spec. Ins. II. 402 (1781).
Große ockergelbe Art. Männchen: Fast ganz ockergelb.
Die Basalglieder der Fühler und das erste Greibelglied gelb, die
nächsten Geißelglieder verdunkelt, die letzten ganz schwärzlich-
braun. Thorax gelb, nur mit undeutlichen Spuren von vier
dunkelgrauen Längsstriemen; Brustseiten unten etwas weißlichgrau.
Beine gelb, die Schenkel an der äußersten Spitze, die
Schienen und die Tarsen etwas verdunkelt.
Flügel schwach gelblich tingiert, die Mediastinalzelle und
die Flügelwurzel gelb, das Randmal blaßbraun, vor demselben ein
weißer, sehr deutlicher Mondfleck, der bis in die mittlere Discoidal-
zelle reicht, aber nie über dieselbe hinausgeht.
Hinterleib gelb; auf den letzten Segmenten erscheint eine
dunkle Rückenstrieme, an den Seiten undeutliche, schmale Seiten-
striemen.
Hypopygium grob, von der Seite gesehen beinahe doppelt
so hoch wie der Hinterleib, braungelb. Die achte Rückenschiene
schmal, die neunte stark gewölbt, zweilappig. Die achte Bauch-
lamelle trägt unten einen plättchenartigen, abstehenden, mit gold-
gelben Härchen dicht bedeckten Fortsatz (Appendix simplex), der
für die Art charakteristisch ist und als Appendices duplices zwei
konische, gegen die neunte Bauchschiene gerichtete Anhänge, deren
jeder an der Spitze in einen starken, von der Appendix fast senk-
recht abstehenden Dorn ausgezogen ist (Taf. IL, Fig. 1).
Die Appendices superae sind flach knopffórmig, von
braungelber Farbe und lang gelb behaart.
Die Appendices intermediae beilförmig mit stumpfer.
gelbbrauner Spitze, sonst lichtgelb, an der nach außen gekehrten
breiten Seite mit gelben Haarbüscheln
dicht besetzt (Taf. I, Fig. 18). Unter-
halb dieser Anhänge, die meist eng
angeschlossen sind, erscheint in der
Seitenansicht ein gelblicher, sensen-
förmig gebogener Anhang, von dem
ich nicht sagen kann, ob er als ein
Teil der mittleren Anhänge an-
zusehen ist.
Die Appendices inferae
sind tiefer am Npitzenrande der
Lamella term. infera eingefügt und
können wohl mit Recht mehr als Wucherungen der Lamelle denn
als Anhänge betrachtet werden. (Westhoff.) Sie erscheinen als derbe
Wülste, die an ihrem Einde lange, nach unten gerichtete, goldgelbe
Behaarung tragen.
Hypopygium: Schumm. 1833, Tab. II, Fig. 1—3. Westh.
1882, Tab. III, Fig. 37 (App. sup.), Tab. V, Fig. 55 (Vesicula
centr.), Tab. VI, Fig. 74, 75 (Adminiculum); Lm. 1907, Tab. I,
Fig. 1 (Hypopygium).
Das Weibchen ist etwas größer als das Männchen und
nicht so ausgesprochen ockergelb, sondern mehr graugelbbraun
gefärbt. Die vier thoracalen Rückenstriemen treten auf dem grau-
gelben Thorax fast stets sehr deutlich auf; die letzten Hinterleibs-
ringe sind. fast braun, da die dunklen Rücken- und Seitenstriemen
ausgebreiteter auftreten. Die Legeröhre ist glänzend lichtbraun,
Fig. 29. Tip. ochracea S.
(Hyp., Seitenansicht.)
157
das obere Basalstück glänzend dunkelbraun, die oberen Lamellen
lang und an der Spitze etwas abgerundet.
Größe: S 18 mm, © 22 mm.
Metamorphose:
Die Larve (Beling 1873) ist schmutzig bräunlich oder
rötlichgrau. Letztes Hinterleibsglied mit sechs Hautzapfen, von
denen vier am Oberrande in einer Querreihe stehen. Von diesen
vier Zapfen sind die mittleren kürzer als die an der Spitze ge-
bogenen äußeren. Unterhalb dieser Hautzähne zwei kreisrunde
schwarze Stigmen.
Puppe braun, im vorderen Teile dunkel gefleckt, die letzten
Hinterleibsringe am Ende schmal schwärzlich gesäumt. Stirn mit
zwei gelbbraunen Hörnchen, oberhalb derselben vier kleine Höcker
im Viereck.
Das neunte Glied der S Puppe von acht Dornen umgeben
und mit einem vierseitigen, an den Ecken mit Zähnen versehenen
Feld endend.
Das neunte Glied der 2 Puppe an der Oberseite mit vier
starken Dornen im Viereck.
Nach Bouché (Naturg. d. Ins.) sollen die Larven in faulem
Weidenholze leben. Beling fand sie immer nur unter der Nadel-
streudecke des Waldbodens, an Feld- und Wiesenhecken, einmal
im Garten in humoser Erde.
Vorkommen: Die Art ist in der Umgebung von Brünn
häufig. In der Czernowitzer Au gehört sie zu den gemeinsten
Arten. Sie erscheint Ende Mai oder anfangs Juni. Landrock
fand sie nächst der Steinmühle bei Brünn. Zwei SG aus dem
Josefstal bei Adamstal, 15. Juni 1912.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Niederösterreich und Steiermark (Strobl 1880 und 1894), Kärnten
(Tief 1887 und Strobl 1900), Tirol (Palm 1869), Galizien (Grzeg.
1873 und Now. 1873), Ungarn (Kow. 1873 und Thalh. 1899),
Siebenbürgen (Strobl 1896), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Schweden
(Zett. X., Wall. 1882, Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877),
Finland (Lm. 1907), Livland (Sint. 1883), Rußland (Fedt. 1891),
Holland (Wulp-Meij. 1898), Frankreich (Macq.), England (Verr.
1886), Deutschland (Man. I, Schumm. 1833), Westh. 1882), Schweiz
(Hug. 1888), Spanien (Strobl 1900), Italien (Bezzi).
158
Anmerkung: Westheim 1879 verwendet für ochracea Men. den
Namen lunata L., da nach dem Zeugnisse Halidays (Stett. Ent. Ztg. XII,
1851, 131—145) lunata L. in der Linnéschen Sammlung zu London die von
Men. als ochracea beschriebene Art ist. Verrall verwendet 1886 für die
vorliegende Art den Mgn.’schen Namen, ebenso Kertész im Katalog, der von
der Namensänderung Westhoffs überhaupt keine Notiz nimmt. :
Mik hat zu Westhoffs Ansicht in der Wiener Entom.-Ztg. VII, 301
(1888) Stellung genommen. Er hält Mons. Deutung der lunata L. für die
richtige und beruft sich auf das Zeugnis Löws, der den Namen ochracea
beibehalten hat.
Bergroth 1888 sagt: „Fabricii Deutung der Tipula lunata L. (ochracea
Men.) ist sicher die richtige. Tip. ochracea ist durch ganz Schweden so
häufig, daß sie Linné unmöglich entgehen konnte; Tip. luna Westh. (lunata
auct.) ist nur im südlichen Schweden gefunden und auch dort äußerst selten.
Bekanntlich gehören auch die Originalexemplare in Linnes Sammlung zu
ochracea.“
Hiezu Mik l. c.: „Zudem kommt noch, daß man in alten Typensammlungen,
welche aus einer Zeit stammen, in der auf minutióse Unterschiede bei sehr
ähnlichen Arten noch gar kein Augenmerk gerichtet wurde, verschiedene
Arten unter ein und derselben Benennung versammelt findet. Eine Type
dieser alten Sammlungen kann nur dann als solche gelten, wenn man Gewißheit
hat, daß nach ihr und nur allein nach ihr der Autor seine Artbeschreibung
abgefaßt hat.“
35. T. peliostigma Schumm. Beitr. z. Entom. III. 90, 59 (1833);
Schin. II. 522 (1864); Kert. Kat. IL 304; selenitica Walk,
teste Verrall 1886.
Ich besitze diese, nach Schiner ebenso gemeine Art wie
ochracea nur in zwei mährischen Stücken. Sie gleicht tatsächlich
sehr der ochracea, ist aber mehr rotgelb als lichtockergelb und
besitzt ein blässeres Flügelrandmal. Am sichersten ist die Art
wohl durch das Hypopygium von ochracea und den verwandten
Arten zu unterscheiden. Bei peliostigma fehlt der plättchen-
artige Fortsatz der achten Bauchschiene, außerdem sind auch die
Appendices duplices anders gestaltet. Die gegeneinander gerichteten
Chitinstacheln stehen direkt an der Spitze der Anhänge, sind am
Grunde fast rechtwinklig geknickt und außerdem ist, was bei
ochracea nie der Fall ist, der Innenrand der Anhänge mit langen
goldgelben Härchen reihenweise besetzt (siehe Taf. II, Fig. 4).
Hypopygium: Schumm. 1533, Tab. II, Fig. 4, 5 (Hyp. d),
Fig. 21, 24 (terebra 2); Westh. 1882, Tab. III, Fig. 27 (Append.
bas. dupl.), Tab. V, Fig. 56 (Vesic. centr.), Tab. VI, Fig. 76
(Adminiculum).
159
Taf. II. Appendices duplices.
1 Tip. ochracea, 2 Tip. fascipennis, 3 Tip. truncata, 4 Tip. peliostigma,
5 Tip. affinis (nach Westh.), 6 Tip. Selene.
Das Weibchen kenne ich nicht.
Größe: F 21 mm.
Metamorphose: Die Larve (Beling 1878) ist lederhäutig,
schmutzig graugelb, matt. Oberrand des Stigmenfeldes mit vier
langen spitzen Hautzapfen, die mittleren an der Innenseite ganz
schwarzbraun glänzend, die äußeren mit einem schmalen, schwarz-
braunen Längsstriche. -Am Unterrande des Stigmenfeldes zwei
kurze, breitbasige Hautzapfen, die an der Spitze der Innenseite
mit einem schwarzbraunen Punkte (der aber oft fehlt!), an der
Basis mit einem dreieckigen oder keilförmigen Fleck gezeich-
net sind.
Puppe 22 m lang mit scharfkantigen Seitenrändern, anfangs
ziemlich gleichmäßig bräunlichgelb, später mit schwärzlichen End-
säumen der Hinterleibsringe, von der Puppe der ochracea nur
wenig verschieden.
Die Larven leben in Laubholzbeständen unter der Moos-
decke des Bodens.
Vorkommen: Das einzige Männchen meiner Sammlung
stammt aus der Czernowitzer Au; Ende Juni. Ein S aus Fulnek
(leg. Skala).
Verbreitung in Osterreich- Ungarn: Böhmen (Kow. 1894),
Tirol (Palm 1869), Galizien (Now. 1873), Ungarn (Kow. 1873 und
Thahlh. 1899).
Geographische Verbreitung in Europa: Livland (Sint.
1884), Holland ( Wulp-Meij. 1898), England (Verr. 1886), Deutsch-
land (Schumm. 1833, Westh. 1879, 1882), Schweiz (Hug. 1888),
Spanien (Strobl 1900).
160
36. T. Selene Mgn., Syst. Beschr. VI. 288 (1830); Schin. II. 523
1864); Kert. Kat. II. 307.
Diese Art wird sich im männlichen Geschlechte von den
nächsten ochracea-Verwandten und besonders von der Tip. pelio-
stigma kaum durch etwas anderes als die Apophysen der achten
Bauchlamelle sicher unterscheiden lassen. Ganz besonders gleicht
sie der Tip. peliostigma und kann leicht mit ihr verwechselt
werden, da auch bei Tip. Selene die Innenränder der Apophysen
mit dichten Reihen von fast stachelartigen Haaren besetzt sind.
Westhoff hat die Anhänge beider Arten in seiner zitierten Schrift
gekennzeichnet, nur glaube ich, dal er Einzelheiten im Bau mit-
einander verwechselt hat. Er sagt nämlich, dal die starken Dornen
an der Spitze der Anhänge bei Selene auf einer Seite stets in
der Zweizahl auftreten. Ich habe aber gerade bei Tip. pelio-
stigma gefunden, daß die linke Apophyse unter dem apical ein-
gesetzten langen Dorn einen zweiten kürzeren und schwächeren
Stachel trägt, während bei Selene auf jeder Seite stets nur ein
Dorn eingesetzt ist (Taf. II, Fig. 6).
Der Unterschied im Bau der Apophysen beider Arten besteht
darin, daß die langen Dornen an der Spitze der Anhänge bei
peliostigma apikal, bei Selene subapikal eingesetzt sind und
dab bei Selene die Spitze der Anhänge einen aus starken, gelb-
lichen Haaren gebildeten Haarschopf trägt, der bei peliostigma
fehlt. Ferner sind die Innenrinder der Anhänge bei Selene
beiderseits dicht und zottig behaart, während ich bei peliostigma,
das heißt, jener Art. die ich als peliostigma anspreche, nur am
Innenrande der linken Apophyse lange, ebenfalls stachelartige
Haare bemerke, während die rechte nur mit kurzen Härchen be-
setzt ist. Mit peliostigma hat Selene das Fehlen des plättchen-
artigen Fortsatzes der achten Bauchschiene gemein.
Habituell unterscheidet sie sich von T, peliostigma durch ein
längeres und schlankeres Abdomen.
Das Weibchen ist mir nicht bekannt.
Metamorphose: Die Larve (Beling 1878) soll sich schon
habituell durch ihr schlankeres Aussehen von allen übrigen Tipula-
larven auszeichnen. Sie ist zarthäutig, gelblichweiß, glänzend.
Charakteristisch sind die vier langen hornartigen Dornenzähne des
Stigmenfeldes. Der Oberrand des Stigmenfeldes trägt zwei lange
hornartige, an Basis und Spitze geschwärzte, mit der Spitze
161
gemshornartig nach vorne gebogene Dornenzähne. Zwei ähnliche,
aber doppelt so weit als die oberen voneinander abstehende
Dornenzähne trägt auch der Unterrand des Stigmenfeldes.
Puppe bräunlichgelb mit einem breiten geschwärzten Längs-
bande zu beiden Seiten der scharfen Seitenkanten des Hinterleibes.
Stirn mit zwei, an der Spitze abgestutzten und daselbst etwas
kolbenförmig erweiterten Hörnchen. Oberseite des dritten bis
achten Hinterleibsringes nahe am Hinterrande mit einer Querreihe
von zwölf Dornenzähnen, Unterseite des fünften bis achten Hinter-
leibsgliedes mit sechs bis acht kräftigen Dornenzáhnen in Quer-
reihe. Afterglied der F Puppe auf der Unterseite mit einer Quer-
reihe von sechs starken Dornenzähnen, hinter diesen in eine ab-
gestutzte, mit vier Dornen im Quadrat besetzte Kuppe endend.
Beling fand die Larven in einem Buchenbestande in humoser
schwarzer Holzerde an einem weit in der Vermoderung vor-
geschrittenen Buchenstocke, weitere Larven in humoser Erde unter
der Streulaubdecke.
Vorkommen: Ein 4 aus dem Josefstale bei Adamstal,
Juli. Ein G in der Sammlung Siebeck aus Südmähren.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Steiermark (Strobl
1894), Kärnten (Tief 1887), Tirol (Palm 1869), Vorarlberg (Bau
1910), Galizien (Now. 1873, Grz. 1873).
Verbreitung in Europa: Norwegen (Siebke 1877), Schwe-
den (Zett. X), Rußland (Gimm.), Livland (Sint. 1884), Holland
Wulp-Meij. 1898), England (Verr. 1886), Deutschland (Schumm.
1833, Mgn. VI, Westh. 1882), Schweiz (Hug. 1888).
37. T. truneata Löw, Berl. Ent. Ztschr. XVII, 34 (1873) und
Beschr. europ. Dipt., III. 13, 5 (1873); Kert. Kat. II. 310.
Der ochracea Men. ähnlich, aber von ihr sofort durch den
verschiedenen Bau des Hypopygiums, namentlich die mächtigen
Apophysen der achten Bauchschiene zu unterscheiden,
SK ockergelb, etwas dunkler als ochracea. Kopf, Schnauze
und Taster gelb, letztere am Ende schwarzbraun. Fühler gelb,
die Geißjelglieder vom zweiten angefangen an der schwach ver-
dickten Basis schwarz.
Thoraxrücken graugelb mit zwei dunklen, recht deutlichen
Mittelstriemen, zwischen welchen vorne gegen das Halsstück eine
dritte schmale Längslinie sichtbar wird. Die verkürzten Seiten-
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. al
162
striemen heben sich nur wenig von der Grundfarbe ab. Schildchen
und Mesophragma ockergelb, Brustseiten unten weißlichgrau
bestäubt.
Beine gelb, die Spitze der Schenkel und Schienen und alle
Tarsen braun.
Flügel grau tingiert, am Vorderrande und an der Wurzel
schwach gelblich, Randmal braun, der weiße Mondfleck vor dem-
selben geht durch die mittlere Discoidalzelle bis in die Basis
der cell. disc. posterior.
Hinterleib ockergelb mit einer nur auf den mittleren Seg-
menten deutlichen Rückenstrieme und braunen Seitenstriemen; die
Hinterrandsäume der Segmente
schmal gelblich gesäumt.
Hypopygium auffallend
sroß und aufgeschwollen, die
neunte Rückenschiene und die
achte und neunte Bauchschiene
schwarzbraun. Die Lam. term.
5 sup. zerfálit durch einen breiten
Ausschnitt in zwei Lappen. Die
BY TE ER
Fig. 30. Tip. truncata G. A 1 | jr
(Hyp., Seitenansicht.) Append. superae una ınter-
mediae liegen so dicht an, dab
ich über ihre Gestalt nichts sagen kann. Auffallend groß und stark
ausgebildet sind die Append. inferae, die in der Seitenansicht
den hervorragendsten und auffallendsten Teil des Hypopygiums
bilden. Löw nennt sie beutelförmig; sie sind mit goldgelben
Haaren dicht und büschelförmig besetzt.
Ebenso charakteristisch sind die Anhänge der achten Bauch-
lamelle. Löw beschreibt sie in zutreffender Weise mit den Worten:
„Auf der Unterseite der unteren Lamelle erheben sich zwei auf-
wärts gerichtete, braune, fast ganz kahle, armförmig gebogene
Fortsätze, welche von ihrer Biegung an plattgedrückt und mehr
gegeneinander geneigt sind, so dal) sie sich mit ihren Enden be-
rühren.“ Sie sind im Tode so gegeneinander gebogen, dal) man ihr
Ende nicht genau ausnehmen kann. Ich habe bei einem lebenden
Stücke beobachtet, daß das Ende des Anhanges ziemlich breit löffel-
förmig ist (wie Löw vermutet) und einen kleinen Zahn trägt.
Das Weibchen kenne ich nicht. Es soll nach Löw an der
auffallenden Bildung der Legeröhre leicht zu erkennen sein, indem
165
der neunte Dorsalabschnitt nicht in die Bildung der Legerühre
eingeht. Das zweite Oberstück ist auberordentlich verkiirzt und
rotgelb. Ebenso sind die oberen Lamellen sehr kurz, an der Basis
breit, am Ende spitzig. Die Unterhälfte der Legeröhre ist plump.
die unteren Lamellen am Ende stumpf abgerundet und noch viel
kürzer als die oberen.
Ich möchte hier bemerken, daß ich W. truncata Löw an
denselben Stellen fing wie drei 22 von T. mellea (determiniert
von M. P. Riedel). Ich verweise auf Löw III, p. 17, der anfangs
das © von truncata als das © von affinis Schumm. ansprechen
zu müssen glaubte.
Größe: F 18 mm.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Ein 4 aus der Czernowitzer Au Ende Juni
1907; ein S von derselben Fundstelle am 23. Juni 1912.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Küstenland (Strobl
1893), Triest (Löw 1873), Ungarn (Kow. 1873 und Thalh. 1899),
Bosnien (Strobl. Aus dem übrigen Europa ist mir kein Stand-
ort bekannt.
38. T. mellea Schumm., Beitr. z. Entom. III. 96, 43 (1833);
Schin. II. 523 (1864); Kert. Kat. II. 296.
Ich besitze nur das Weibchen. das Herr Riedel zu be-
stimmen die Güte hatte.
2: Kopf und Schnauze gelb, Stirn kurz schwarz behaart.
Fühler rein gelb, Geißelglieder vom dritten angefangen an der
Basis verdunkeit. (Schumm. I. c.: „Fühler vom dritten Gliede an
bräunlich“.)
Rückenschild gelblichgrau, mit deutlichen Spuren von drei
dunkleren Längsstriemen, von denen die mittlere nur vorne am
Collare als dunklerer Strich deutlich erkennbar ist. Brustseiten,
Hüften und Schenkelringe gelblichgrau.
Beine lehmgelb, Schenkel an der Spitze etwas dunkler.
Flügel lebhaft gelblichgrau tingiert, Randmal blabbraun,
der weiße Mondfleck reicht nur bis in die Spitze der cell. disc.
posterior.
Hinterleib gelb, bei meinen stark eingetrockneten Stücken
ohne Spuren von Striemen.
11*
164
Legeröhre kurz; sie gleicht bei flüchtiger Betrachtung der
von fascipennis, von welcher Art sich mellea aber sofort da-
durch unterscheidet, daß der weilbe Mondfleck bei ersterer fast bis
zum Flügelrande reicht, während er bei mellea, wie oben be-
merkt, in der Basis der vierten Hinterrandzelle (cell. disc. post.)
abbricht. Überdies sind die oberen Lamellen bei mellea (von
oben gesehen) fast so breit wie der Hinterleib, bei fascipennis
dagegen nehmen sie nur den dritten Teil der Breite des Hinter-
leibes ein.
Die oberen Lamellen sind von braungelber Farbe, gegen
die Spitze zu lichter, die Spitze selbst ist gebräunt: An der
a Fig. 31. b
Tip. mellea ©. Legeröhre. « von der Seite, 5 von oben.
Innenseite sind sie mit lichtgelben Wimperhärchen besetzt. Die
unteren Lamellen sind gelb, viel breiter als die oberen und
nur wenig kürzer als sie.
Das Männchen kenne ich nicht. Schummel vergleicht die
Art mit fascipennis und affinis und sagt, daß der „After
kürzer und weit weniger aufgeschwollen ist als bei diesen Arten.
Er ist ganz rostgelb, nur das neunte obere Glied ist schwarzbraun
oder mit zwei solchen Flecken gezeichnet.“
Hypopygium: Schumm. 1833, tab. II, Fig. 13 bis 15. Die
in Fig. 13 abgebildeten „Hörnchen“ sind wohl die mittleren
Anhänge.
Größe: 2 18 mm.
Metamorphose unbekannt.
Vorkommen: Zwei 99 aus der Czernowitzer Au, Ende Juni
1907; seither nicht wieder gefangen. Aus Österreich und Ungarn
ist mir kein anderer Fundort bekannt.
Verbreitung in Europa: Livland (Sint. 1884), Deutsch-
land (Schumm. 1833, Westh. 1882, ein 2), Schweiz (Hug. 1888).
165
39. T. fascipennis Mgn., Syst. Beschr. I. 187, 26 (1818); Schin. II.
524 (1864); Kert. Kat. II. 286.
Männchen: Kopf, Schnauze und Taster gelb. Augen im
Leben lebhaft grün.
Fühler: Basalglied und erstes Geibelglied gelb, die übrigen
verdunkelt bis schwarzbraun, an der Basis recht merklich verdickt.
Rückenschild graugelb ohne deutliche Längsstriemen.
Brustseiten graugelb, Notopleuraldepression lichtgelb. Schildchen
und Mesophragma ockergelb.
Beine gelb, Schenkel- und Schienenspitzen und die Tarsen
verdunkelt.
Flügel gelblich tingiert, am Vorderrande und an der Wurzel
gesättigter. Der weiße Mondfleck reicht bis in die cell. disc. post.
Fig. 32. Tip. fascipennis G. Fig. 33. Append. intermediae
(Hyp., Seitenansicht.) von Tip. fascipennis.
und greift mit einem weiben Schimmerfleck auch in die cell. post.
anterior über.
Hinterleib ockergelb, bei manchen Stücken sehr verdunkelt,
der erste Ring an der Basis blaßgelb. Vom zweiten oder dritten
Ringe an wird eine braune Rückenstrieme sichtbar, die aber nicht
sehr deutlich ist. Die schmalen braunen Seitenstriemen beginnen
am dritten Ringe und sind an den Hinterleibseinschnitten schmal
unterbrochen.
Hypopygium groß, braunschwarz. Die neunte Rückenschiene
tief gekerbt, in zwei breite, stumpfe, fast viereckige Fortsätze aus-
gezogen, nach unten in eine Lamelle vorgezogen, die, von seitwärts
gesehen, als ein nach unten vorstehender Zahn erscheint. Die
achte Bauchschiene an den Seiten in zwei ziemlich lange, dünne,
gegeneinander gerichtete Fortsätze ausgezogen. die trotz ihrer Be-
166
weglichkeit doch mehr als Erweiterungen der Lamelle denn als
Anhänge zu betrachten sind €Westh. faßt sie als Append. duppl.
auf). Zwischen ihnen ragt ein zungenförmiges, stark gelb behaartes
Plättchen (Append. simplex) vor.
An dem geschlossenen Hypopygium fallen vor allem — ein
Merkmal, an welchem die Art leicht zu erkennen ist — die
Append. intermediae auf, die nach Westh. aus vier Teilen be-
stehen (siehe Fig. 33). An dem geschlossenen Hypopygium ragt
nur der erste und zweite Arm deutlich vor, der dritte robusteste
ist verborgen. Unter den mittleren Anhängen ragt in der Seiten-
ansicht ein ziemlich starker Dorn vor. der noch zu diesen An-
hängen zu rechnen wäre. Oberhalb der Ausbuchtung der achten
Bauchlamelle fallen bei dieser Art zwei weiße Gebilde im Innern
7 Fig. 34. b
Tip. fascipennis ©. Legeröhre. « von oben, b von der Seite.
des Hypopygiums besonders auf, die das Indusium des Admini-
culums vorstellen und an denen die Art leicht und sicher von allen
anderen mir bekannten Formen der ochracea-Gruppe zu unter-
scheiden ist. Es sind zwei anscheinend konische, mit den abgerundeten
Spitzen gegeneinander gekehrte Gebilde. Über sie hinaus ragen
die Arme des Adminiculums als zwei scharfe Spitzen hinaus. die
besonders auffallen. wenn das Hypopygium von oben betrachtet wird.
Hypopygium: Schumm. 1833, tab. II, Fig. 8 (App. int.),
Fig. 9, 10 (Hyp.), Fig. 11, 12 (terebra 9).
Westh. 1882, tab. I, Fig. 6 (Hyp.), tab. II, Fig. 13 und 24
(Lam. term. sup.), tab. ITI, Fig. 42 (App. interm.), tab. VI, Fig. 77
und 78 (Adminiculum).
‘Das Weibchen ist im allgemeinen lichter gefärbt. Die
Fühlerglieder vom dritten an bei den Weibchen aus Czernowitz
braun verdunkelt, bei den sonst vollkommen gleichen Stücken aus
dem Řičkatale und vom Altvater fast ganz gelb und nur an der
Basis geschwärzt. Die Rückenstriemen treten deutlich auf.
167
Flügel wie beim G, der weiße Mondfleck reicht aber bis zum
Flügelhinterrande, so daß eine sehr deutliche Binde entsteht, die
von dem Randmale über die mittlere Discoidalzelle und einen
Teil der cell. disc. post. und der cell. postic. anter. zum Flügel-
rande geht.
Legeröhre außerordentlich kurz, an die von mellea erin-
nernd. Der achte und neunte Ring (pars bas. supera Löw),
sowie das Endsegment (pars apicalis sup. Löw) braunschwarz. Das
Endsegment ist sehr schmal und fällt steil gegen die oberen La-
mellen ab. Diese sind von dunkelgelber Farbe, am Grunde breit
verwachsen und am Innen- und Unterrande mit feinen Wimper-
haaren versehen. Die unteren Lamellen sind kürzer als die oberen,
aber sehr breit. Die außerordentlich kurze Legeröhre hat diese
Art mit mellea, affinis und truncata gemein.
Größe: S 16—18 mm, © 18—22 mm.
Metamorphose unbekannt.
Vorkommen: Ozernowitzer Au bei Brünn, Juni, ziemlich
häufig; Ochos bei Brünn, zwei 29, 20. August; Frain, Juli zwei 99;
Adamstal bei Brünn, drei SG, 15. Juli; Groß-Ullersdorf und
Steingraben am Altvater, 9. August beziehungsweise 16. Juli 1907;
Fulnek (leg. Skala).
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1894), Niederösterreich (Strobl 1880), Steiermark (Strobl 1894),
Kärnten (Tief 1837 und Strobl 1900), Vorarlberg (Bau 1900),
Tirol (Palm 1869), Krain (Bergr. 1888), Küstenland (Strobl 1893),
Galizien (Now. 1873), Ungarn (Thalh. 1899).
Verbreitung in Europa: Schweden (Zett. X, Wall. 1882,
Wahlgr. 1905), Norwegen (Siebke 1877), Livland (Sint. 1883), Fin-
land (Lim. 1907), Rußland (Fedt. 1891), Holland (Wulp-Meij. 1898),
Frankreich (Macq.), England (Verr. 1886), Deutschland (Mgn.,
Schumm. 1833, Westh. 1879 und 1882). Schweiz (Hug. 1838),
Italien (Bezzi).
40. T. dilatata Schumm., Beitr. z. Entom., ITI. 93, 41 (1833);
Schin IL 524 (1864); Kert. Kat. II. 285.
Kopf grau, Stirn auf der Mitte grauglänzend.
Fühler: Die drei ersten Glieder rotgelb, die Geißelglieder
gelb, an der wenig verdickten Basis schwarzbraun.
168
Rückenschild graubraun mit vier stark glänzenden, schwarz-
braunen Längsstriemen. Schildchen und Mesophragma gelb, Brust-
seiten gelblich mit einem Stich ins Fleischfarbene.
Beine gelb, Schenkel an der Spitze deutlich gebräunt.
Schienenspitzen und Tarsen braun.
Flügel grau, gegen das Licht gehalten lebhaft irisierend;
Randmal blaßbraun, der weiße Flügelmond reicht bis in die
Basis der cell. disc. poster.
Hinterleib gelblichbraun, die Basis des ersten Ringes
gelblich, mit deutlicher Rückenstrieme und in Flecke aufgelöster
Seitenstrieme.
Hypopygium groß, besonders von oben gesehen bedeutend
aufgetrieben. Die neunte Rückenschiene tief ausgebuchtet und in
zwei lange stumpfe Fortsätze endend. Von
der Unterseite dieser Lamelle schiebt sich in
das Lumen der Ausbuchtung ein Zapfen von
gelblichweißer Farbe vor, der ein Fortsatz der
neunten Rückenschiene zu sein scheint.
Die achte Bauchlamelle am Ende halb-
kreisförmig ausgeschnitten und mit gold- und
rotgelben Härchen besetzt. die aber nicht ab-
Fig. 35. Tip. dilatata S
KDE
(Hyp., Seitenansicht.) stehen, sondern dem Hypopygium anliegen.
Die neunte Bauchlamelle glänzend braun-
gelb, durch eine ()uerfurche in einen kleineren oberen Teil und
einen weit größeren Basalteil geteilt.
Die Append. superae lang, fadenförmig. blaßgelb, am
Ende schütter behaart. Die Append. intermediae ungewöhnlich
grob, aber meist sehr verborgen, so dab bei geschlossenem Hypo-
pygium nur die scharfe obere Spitze und der obere, schütter be-
haarte Rand der Scheibe wahrzunehmen sind.
Sehr charakteristisch sind die Append. inferae gebaut.
Sie sind von blaßgelblicher Farbe, an der Basis breit, nach oben
verschmälert, so dal) sie eine längliche birnförmige Form anneh-
men. Die sind lang und dicht gelb behaart und haben Ähnlichkeit
mit den gleichen Anhängen von Tip. laetabilis Zett., deren
Hypopygium Lm. 1907 abbildet.
Das Weibchen gleicht dem Männchen bis auf die kürzeren
kühler, die aber ebenfalls an den Geibelgliedern schwarz gerin-
selt sind.
169
Das obere Basalstück der Legeröhre ist glänzend schwarz-
braun, die oberen und unteren Lamellen lichtgelb; die oberen
Lamellen ziemlich lang, säbelförmig etwas nach oben gebogen,
an der Spitze abgerundet, die unteren mehr als halb so lang wie
die oberen.
Größe: Z 14—15 mm, 2 16—17 mm.
Metamorphose: Die Larve und Puppe beschreibt Beling
1886. Nach der Beschreibung, die er in der Wien. Ent.-Ztg. III,
1884, von dem Männchen gegeben hat, zweifle ich aber, ob seine
Art mit dilatata Schumm. auch wirklich zusammenfällt.
Beling fand die Larven im Walde in der Erde auf alten
Fahrwegen, auch in kleinen, mit Moos überzogenen Boden-
erhebungen.
Vorkommen: Erzberg im Teßtal, 10. August 1907 ein G,
ein 2; Czernowitz bei Brünn, 28. Juni 1912, zwei SS und ein 9,
August 1910, ein ©; Ochos bei Brünn S© (leg. Paula Huber);
Frain, Ende Juni.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Böhmen (Kow.
1594), Kärnten (Tief (1887).
Verbreitung in Europa: Livland (Sint. 1888), Deutsch-
land (Schumm. 1833 9, ? Beling 1884), Schweiz (Hug. 1888).
Anmerkung. Beline hat in der Wien. Entom.-Ztg. III, 1884, das
Männchen von dilatata Schumm. zum ersten Male beschrieben. Ich weiß
aber nicht, ob das von ihm beschriebene 5 auch wirklich zu dilatata
Schumm. gehört.
Beline nennt nämlich die „Fühler mit Ausnahme des ersten orange-
gelben und des zweiten rotgelben Gliedes, schwarzbraun,“ ohne die an der
Basis in beiden Geschlechtern auffallend gefärbten Geißelglieder zu erwähnen.
Der Rückenschild hat „wenig sich markierende Striemen“. Der Hinterleib
seines d ist „rostgelb“. Die obere Endlamelle nennt er nur ausgerandet,
während sie doch sehr tief ausgeschnitten ist.
Die unteren Anhänge werden als zwei schwarzbraune (bei meinen
Stücken auffallend lichtgelbe) ziemlich lange Dornenzähne mit zwiebelförmiger,
stark verdickter Wurzel und seitwärts nach außen gebogener Spitze beschrie-
ben. Zwischen ihnen soll ein schwarzbrauner Dornenzahn (wohl zu den inneren
Organen gehörig) stehen. Die auffallende Behaarung der unteren Anhänge
wird ebenfalls mit keinem Wort erwähnt.
In den Dipt. Steierm. 1894, pag. 216, beschreibt Strobl eine neue
Art: T. nigro annulata (7. Die Beschreibung paßt im großen ganzen auch
auf das £ meiner dilatata Schumm. — Strobl vergleicht sie mit bullata
Löw; Bergroth hat die Art für neu erklärt. Wenn sie nicht mit dilatata
Schumm. zusammenfällt, worüber der Augenschein belehren mübte, dann ist
170
sie, ihrer Färbung und dem Bau des Hypopygiums nach zu schließen, eine der
dilatata Schumm. sehr nahestehende Art.
Wir dürften über diese und manche andere ale Art wohl in
der nächsten Zeit durch M. P. Riedels Arbeit über die paläarktischen Arten
der Gattung Tipula Aufklärung erhalten.
41. T. livida v. d. Wulp, Tijdschr. v. Entom. II. 171, 13 (1858);
Kert. Kat. II. 192.
In Färbung und Gestalt der ochracea Mgn. ähnlich, aber
(besonders das Z) viel schlanker und zierlicher.
Kopf gelb, Stirn auf der Mitte verdunkelt. Schnauze und
Taster gelbrot, Endglied der letzteren schwarzbraun.
Fühler gelb, die Geißelglieder
N) = M vom zweiten angefangen an der mäßig
De l I +2, verdickten Basis schwärzlich.
en ae LA Thoraxrücken graugelblich, mit
R L i vier dunkleren Striemen, die seitlichen
er r vorne nur bis zu den Humeralgrübchen
Fig. 36. Tip. livida J. reichend. Brustseiten gelbgrau, zart
(Hyp., von der Seite.) weißlich bereitt.
Beine ganz gelb, nur die letzten
EN FT Tarsenglieder etwas verdunkelt.
== | | Flügel blaß graulichgelb tingiert,
der Vorderrand und die Flügelwurzel
intensiv gelblich, die Flügeladern gelb,
das Randmal lichtbraun, sehr deutlich
und scharf abgesetzt; vor demselben ein blasser, weißer Mond-
fleck, von dem ein undeutlicher, weißer Schimmer nur bis zur
mittleren Discoidalzelle hinabgeht und die äußerste Spitze der
Costalzelle ausfüllt. Der Mondfleck ist so unscheinbar, daß er als
fehlend bezeichnet werden könnte. Ein ebensolcher kleiner. weißer
Mondfleck liegt vor dem Randmale in der Stigmenzelle.
Hinterleib schlank, gelb, auf den letzten Ringen braun,
ohne deutlich sichtbare Striemen.
Hypopygium im Vergleiche zu dem schlanken Hinterleibe
ziemlich groß. Die achte und neunte Rückenschiene und die achte
Bauchschiene sind braunschwarz, die neunte Bauchschiene dunkel-
braun. Die Lam. term. supera ist durch einen dreieckigen Ausschnitt
am Spitzenrande in zwei Lappen geteilt, die in ziemlich scharfe
Spitzen ausgezogen sind. Ungewöhnlich groß ist die neunte Bauch-
Fig. 37. Tip. livida ©.
Legeröhre, von oben.
171
schiene; sie ist durch eine deutliche Furche in einen unteren
größeren Teil und in einen kleineren oberen Teil geschieden, an
dessen Rand die Append. externae angefügt sind. Dieser obere
Teil ist ungewöhnlich weit vorgezogen und steht in Form eines
an der Spitze abgerundeten Kegels weit vor. Das Hypopygium
wurde nicht zerlegt, ich kann daher über die Gestalt der Append.
externae nur so weit berichten, als sie sich an dem geschlossÉnen
Hypopygium unterscheiden lassen. Die Append. superae ziem-
lich groß, eiförmig, stark behaart. Die Append. intermediae ver-
borgen. Die Append. inferae groß, von gelber Farbe, an der Basis
breit, gegen oben verschmälert, in ihrem nach oben und außen
gerichteten Teile sehr stark gelb behaart.
Von.unten gesehen erscheinen in dem klaffenden Raume
zwischen den Rändern der neunten Bauchlamelle zwei runde, braune
Gebilde und unter ihnen zwei parallel zueinander liegende gelbe
Wülste, die an ihrem Ende mit langer, goldgelber Behaarung be-
setzt sind. Aus dem klaffenden Apicalrande der achten Bauch-
schiene ragt nach oben gegen das Innere des Hypopygs eine
kurze, filzige, gelbe Behaarung, die nur wenig absteht.
Das Weibchen gleicht dem Männchen, ist aber plumper.
Der Hinterleib ist mehr rötlichgelb und hat eine schmale, ab-
gesetzte, braune Rückenstrieme. Die Legeröhre ist glänzend
kastanienbraun; das obere Basalstück und die oberen Lamellen von
bedeutender Länge; letztere an der Basis breit. gegen die Mitte
divergierend und mit den etwas nach oben gerichteten Spitzen
sich wieder nähernd. Die unteren Lamellen sehr kurz und schmal,
wie zwei Borsten erscheinend.
Größe: S 21 mm, © 23 mm.
Metamorphose unbekannt.
Vorkommen: Ein S, 2 22 aus dem Řičkatale bei Ochos.
20. August 1910.
Verbreitung: Aus Österreich-Ungarn ist mir kein anderer
Fundort bekannt. Soviel ich weiß, ist die Art bisher nur aus
Holland und durch Westh. aus Westfalen bekannt.
42. T. helvola Löw, Berl. Ent. Ztschr., XVII. 34, 5 (1873) und
Beschr. Europ. Dipt. III. 3, 3 (1873); Kert. Kat. II. 289.
Die kleinste mährische Tipula aus der Gruppe ochracea,
von hellockergelber bis lehmgelblicher Farbe.
172
Kopf, Schnauze und Taster gelb, die letzten Tasterglieder
gebräunt. Augen im Leben lebhaft grün. Fühler gelb, die Geißel-
glieder vom zweiten angefangen an der Basis geschwärzt.
Thoraxrücken graugelblich, ungestriemt; die Brustseiten
unten etwas graulich bereift.
Beine lichtgelb, Schenkelspitzen kaum verdunkelt, nur die
Tarsenglieder etwas gebräunt.
Hinterleib hell ockergelb, ohne deutliche Rückenstrieme,
aber bei manchen Stücken mit deutlicher, brauner Seitenstrieme, die
auf dem dritten Segment beginnt und oft in
or Flecke aufgelöst ist.
) 7 | | Flügel schwach graulich tingiert, in ge-
27% I% wisser Richtung betrachtet, lebhaft irisierend;
£ W V L Randmal blabbraun; der weibe Mondfleck vor
— demselben reicht bis in die Basis der mittleren
Fig. 38. Discoidalzelle.
Tip. helvola S.
Hypopycium mäßige eroß. von celb-
(Hyp., Seitenansicht.) JPOPYÉ RS | =
brauner Farbe; neunte Rückenschiene verháltnis-
mäßig kurz, in zwei kurze Seitenlappen aus-
gezogen. Achte Bauchschiene am Spitzenrande
tief bogig ausgeschnitten und mit goldgelben,
in anderer Beleuchtung fuchsrot erscheinenden
Härchen dicht besetzt, die in das Lumen der
Einbuchtung hineinragen und etwas abstehen,
wodurch ein ähnlicher, aber nicht so stark
abstehender Haarbüschel wie bei ochracea
entsteht. Neunte Bauchschiene mäßig groß, oben
Fig. 39.
| ň etwas vorgezogen; der Unterrand wird von einer
7 o o ?
Tip. helvola S. ® i .
(Hyp. von unten.) hellen, auf der Längsmitte vertieften Membran
s
seschlossen.
Die Append. superae klein, schuppenförmig verbreitert, von
reingelber Farbe und stark gelb behaart.
Append.intermediae breit muschelförmig, in einer scharfen,
schwarzen, nach oben gerichteten Spitze endend, gelbbraun und
außen lang gelb behaart. Unterhalb der Spitze ist der Rand der
mittleren Anhänge zu einem dicken, schwarzgefärbten Wulst auf-
gebogen.
Append. inferae „knospenförmig“, sehr stark behaart; sie
bilden, während die oberen und mittleren Anhänge sehr verborgen
173
liegen, in der Seitenansicht den hervortretendsten Punkt des
Hypopygiums (Löw).
Weibchen: Legeröhre gelb, die oberen Lamellen licht-
gelb, gerade, mäßig lang, ziemlich spitzig.
Größe: S 10—12 mm, © 13—15 mm.
Metamorphose nicht bekannt.
Vorkommen: Ochos bei Brünn, ein d, ein ©, Juli (leg.
Paula Huber); Frain, Ende Juli.
Verbreitung in Osterreich-Ungarn: Kärnten (Tief
1857), Dalmatien (Löw 1873), Ungarn (Kow. 1873, Thalh. 1899),
Bosnien (Strobl). Aus dem übrigen Europa ist mir kein Fund-
ort bekannt.
43. T. bifaseiculata Löw, Beschr. europ. Dipt. III. 18 (1873);
Kert. Kat. II. 283.
d: Kopf, Stirn und Schnauze ockergelb.
Fühler: Die ersten drei Glieder gelb, die übrigen braun-
schwarz.
Thoraxrücken gelbgrau mit vier, meist sehr deutlichen,
dunkleren Längsstriemen, die seitlichen
verkürzt und sehr undeutlich. Brust-
seiten gelb, gegen die Hüften zu grau.
Beine gelb, Schenkel an der Spitze
und die Tarsen braun.
Flügel gelblich tingiert mit blas-
sem Randmalíleck; vor demselben tritt
ein weißer Mondfleck auf, der nur bis
in die mittlere Discoidalzeile reicht.
Hinterleib ockergelb mit schma-
ler brauner Rückenstrieme und undeutlichen braunen Seiten-
striemen.
ri
Fig. 40. Tip. bifasciculata S.
(Hyp., von der Seite.)
Hypopygium bräunlichgelb. Lamella term. supera längs-
gefurcht, der Spitzenrand ausgeschnitten, die Seitenecken mit einem
zahnartigen Fortsatz. Lam. bas. infera am Spitzenrande mit zwei
Büscheln rotgelber Haare besetzt.
Die äußeren Anhänge sehr charakteristich gebaut; die Appen-
dices superae nennt Löw linearisch, am Ende abgerundet, was auf
die oberen Anhänge der mir vorliegenden Art nicht ganz paßt.
Sehr kompliziert müssen die Appendices intermediae gebaut sein,
174
die aus dem Hypopygium ziemlich weit vorragen. Die Appendices
inferae sind kurz, von beutelförmiger Gestalt und mit langer gelber
Behaarung besetzt.
Das © gleicht nach Lów dem G, unterscheidet sich aber von
ihm durch dunklere Färbung der Stirn und des Thoraxrückens,
durch die ausgebreitetere, graue Färbung der Brustseiten, vor
allem aber durch den dunkelgranen Hinterleib, der drei deutliche
braune Längsstriemen besitzt.
Legeröhre bräunlichgelb, die oberen Lamellen gerade, lang,
schmal und spitzig. Der weiße Mondfleck der Flügel reicht beim
© bis zum ersten Drittel der vierten Hinterrandzelle.
Größe: S 19 mm.
Metamorphose: nicht bekannt.
Vorkommen: Ein S aus den Thayaauen bei Lundenburg,
Ende August.
Verbreitung in Österreich-Ungarn: Istrien, Dalmatien
(Löw 1873), Bosnien (Strobl).
Geographische Verbreitung in Europa: Spanien (Strobl
1909).
44. T. pannonia Löw, Berl. Ent. Ztschr, XVII. 33, 2 (1873);
Beschr. Europ. Dipt., III. 9, 4 (1873); Kert. Kat. II. 303
(pannonica).
Ein Männchen in der Sammlung Siebeck, das irrtümlich
als ochracea bestimmt war. Sie ähnelt tatsächlich dieser Art,
da auch bei ihr die achte Bauchschiene einen Haarbüschel trägt.
der aber nicht so auffallend absteht, wie bei jener Art.
Ockergelbe Art. Die Basalglieder der Fühler und das
erste Geißelglied gelb, die übrigen Geißelglieder braunschwarz,
mitunter (nach Löw) an der äußersten Spitze rotgelb. Stirn grau,
schwarz behaart.
Thoraxrücken gelbgrau mit zwei deutlichen dunklen Mittel-
striemen und undeutlichen verkürzten Seitenstriemen. Schildchen
und Mesophragma gelb, Brustseiten graulichweiß.
Hinterleib rotgelb mit brauner Rückenstrieme, die aber erst
auf dem dritten Ringe beginnt und gegen ihr Ende verwaschen
erscheint, ohne deutliche Seitenstriemen. (Abweichend von Löw:
„An jeder Seite des Hinterleibes eine schmale braune Längs-
strieme.“)
175
Hypopygium vorwiegend gelbbraun, nur die neunte Rücken-
schiene schwarzbraun, von unten gesehen viel länger als breit,
also nicht so gedrungen wie bei ochracea. Neunte Rückenschiene
auf der Mitte der ganzen Länge nach gerinnt, am Spitzenrande
eingekerbt und in zwei kleine Lappen geteilt, die wieder in einem
kleinen Zähnchen vorragen.
Achte Bauchlamelle am Spitzenrande hufeisenfórmig aus-
geschnitten. mit einem Büschel schräg abstehender fuchsroter Haare.
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a b 6
Fig. 41. Tip. pannonia G.
(Hyp.: « von der Seite, 5 von oben, c von unten.)
Neunte Bauchschiene ziemlich groß; die Stelle, an welcher
die beiden Seitenteile verwachsen sind, in großer Ausdehnung
sichtbar; auf ihrer Mittellinie erhöht sie sich zu einem schmalen
Kiel, welcher als eine heller gefärbte, flach gewölbte, auf ihrer
Längsmitte mit einer Furche versehene Erhabenheit bis an die
in das Innere des Hypopygiums führende Öffnung sich fortsetzt.
(Nach Löw.)
Die oberen Anhänge linearförmig, von gelblichbrauner
Farbe und am Ende ziemlich lang behaart.
Die mittleren Anhänge ziemlich klein, beilförmig, einfach
gebaut.
Die unteren Anhänge beschreibt Löw als kugelförmig
mit einem wurstförmigen, an seinem Ende etwas dunkler gefärbten
Fortsatze, welcher nach unten und etwas nach innen gerichtet ist.
Ich möchte diese Anhänge eher als zitzenförmig bezeichnen mit
etwas verlängerter und erweiterter Spitze.
Beine gelb, Spitzen der Schienen und Schenkel und die
Tarsen gebräunt.
176
Flügel schwach gelblichgrau getrübt, mit blassem, braunem
Randmale. Der weiße Mondfleck reicht bis in die Spitze der
cell. disc. post.
Das 2 kenne ich nicht.
Größe: d 15 mm.
Metamorphose unbekannt.
Vorkommen: Ein Z aus Südmähren in der Sammlung
Siebeck mit dem Datum 29. Mai 1880.
Verbreitung in Osterreich-Ungarn: Krain (Löw 1873),
Ungarn (Kow. 1873, Thalh. 1899). Aus Europa ist mir sonst
kein Fundort bekannt.
Anmerkung 1: Die zahlreichen Arten dieser Gruppe werden nur durch
den verschiedenen Bau des Hypopygiums voreinander zu unterscheiden sein.
Namentlich scheint mir die Gestalt und Behaarung des achten Ventralsegments,
das Vorhandensein oder Fehlen der Appendices duplices für die Unterscheidung
der Formen dieser Gruppe von großer Wichtigkeit zu sein.
In diese Gruppe gehören noch von mir bekannt gewordene Arten:
affinis Schumm., albostriata Strobl, alpina Löw, bidens Bor., bispina
Löw, bullata Löw, cervina Mon, cinerascens Löw, dedecor Löw,
humilis Staeg., jativensis Strobl, imbecilla Löw, laetabilis Zett.,
limitata Schumm., longidens Strobl, macroselene Strobl, magnicauda
Strobl, Mikiana Bgr., nigroannulata Strobl, pachyprocta Löw, prae-
cox Löw, selenitica Men., selenis Löw, tergestina Löw, trispinosa Lm.
Außer Tip. affinis Schumm. und Tip. limitata Schumm. dürften
später vielleicht auch einige andere, alpine und pannonische Arten bei uns
aufgefunden werden, so wie die Formen helvola, pannonia und bifasci-
culata bereits für unser Sudetengebiet konstatiert werden konnten. Vielleicht
kommen auch noch Tip. alpina, bullata und bispina für unsere Gegenden
in Betracht.
Hochnordische Arten sind: humilis Staeg., laetabilis Zett. und
trispinosa Lm. Die erste Art wird zwar auch von Strobl aus Steiermark
angegeben, die Beschreibung des Hypopygiums (namentlich der Appendices
inferae) stimmt aber nicht mit der Zeichnung bei Lundström 1907 überein;
auch werden die Flügel von humilis von Strobl mit denen der T. pruinosa
verglichen, während Lundström angibt, daß der weiße Mondfleck bei humilis
bis in die Discoidalzelle, bisweilen sogar bis in die vierte Hinterrandzelle
reicht.
Tip. Jaetabilis Zett. ist eine unserer T. dilatata Schumm. im Bau
des Hypopygiums sehr nahestehende Art.
Mediterrane Formen sind: T. albostriata Str., cinerascens Löw,
dedecor Löw, jativensis Str., imbecilla Löw, longidens Str., macro-
selene Str., praecox Löw, selenis Mon. und tergestina Löw.
Für alpine Arten halte ich: T. alpina Löw, bidens Bgr., bullata
Löw, magnicauda Str, Mikiana Bor., nigroannulata Str. und pachy-
procta Lów.
Pannonische Formen: T. bispina Lów.
Die für unser Gebiet in Betracht kommenden Arten T. affinis und
T. limitata werden von den übrigen máhrischen Arten nicht schwer unter-
schieden werden können. Bei T. limitata Schumm. ist die fünfte Längsader
deutlich braun gesäumt; T. affinis muß die starken Apophysen des achten
Ventralsegments mit T. truncata gemein haben, die aber von anderer Gestalt
sind als bei jener Art, wenn Westhoffs Abbildung richtig ist. (Vol. Taf. IT,
Fig. 3.)
Anmerkung 2: Die Meigenschen Arten T. selenitica und T. cer-
vina werden nach der kurzen Beschreibung wohl nie gedeutet werden können.
Die Art T. selenitica, die Walker aus England anführt, ist nach Verrall
1886 — peliostigma Schumm.
VI. Beriehtigungen zum ersten Teile.
Seite 69, Zeile 5 von unten: Wallengren, Entom. Tidskr. 1882
statt Wahlgren.
Seite 70, Zeile 1 ff.: Herr Dr. Wahlgren machte mich aufmerk-
sam, daß die in Klammern stehenden Autornamen in seiner
„Svensk Insektfauna“ sich auf Zetterstedt beziehen,
worüber die Fußnote auf S. 99 seiner Schrift Aufschluß gibt,
was ich übersehen habe“ Sein Synonym dentata bei Pach.
quadrifaria bezieht sich demnach auf Zetterstedt, was
hiemit richtiggestellt sei.
VI. Alphabetisches Verzeichnis der bisher in Mähren
aufgefundenen Tipuliden.
(I. — Tipulidae Moravicae. 1. Teil. Ztschr. d. Mähr. Landesmuseums. XI. Bd.,
1911; II. — Tipulidae Moravicae. 2. Teil. Ibidem. XIII. Bd., 1913.)
Seite | Seite
Flabelliferinae (Ctenophorinae). | flaveolata F. . . . o
Dictenidia Brullé. | guttata Men. . . . 238
bimaculata L. . . . . . I. 231 | pectinicomis L.. . . . 285
Xiphura Brullé. Tipulinae.
atrata L. . . . . . . . . . 233 | Pales Mgn. 1800
var. ruficornis Mgn. . . . . 234 | (Nephrotoma Mon. 1803).
Flabellifera Mon. 1800 | dorsalis: B. 1/4 s © 2. 2ds
(Ctenophora Men. 1808). | Pachyrrhina Macq.
[ostivat MO- la 294 2.7939. aculeata Löw . . . . . . . 263
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII 19
178
Pachyrrhina Maca.
analis Schumm
cornicina L.
crocata L.
lineata Scop. .
lunulicornis Schumm.
maculata Men.
pratensis L.
quadrifaria Men.
scalaris Mon..
scurra Men.
Tipula L.
bifasciculata Löw .
caesia Schumm. .
decipiens Czk.
dilatata Schumm. .
excisa Schumm. .
fascipennis Men.
fiavolineata Mon.
fulvipennis Deg.
helvola Löw
hortulana Men. .
irrorata Maca.
lateralis Mgn.
livida v. d. Wulp
longicornis Schumm.
lunata L..
luteipennis Mon.
marginata Men.
ol
Seite
Tipula I
maxima Poda. . . . . . 11.69
mellea Schumm. . . . . . 163
nervosa Mgn.. . . . . . . 87
Mera li s 2 20 are
nubeculosa Men. . . . . . 111
ochracea Mgn. . . . . . . 155
oleracea L.. <. -< < « 4 + 188
pabulina Men. . . . . . . 86
paludosa Men. . . . . . . 135
pannonia Löw . se à «NME
peliostigma Schumm. . . . 158
pruinosa Wdm. . . . . . . 147
pseudovariipennis Czk.. . . 92
rubripes. Schumm. . . . . 114
saginata Beror. . . . . . . 115
seripta Mori. - < < . 20109
Selene Men. . . . . . . . 160
signata Staeg. . . . . . . 102
stigmatella Schumm. . . . 149
tenuicornis Schumm. . . . 75
truncata Löw. . . . . . . 161
truncorum Men. . . . . . 80
variicornis Schumm. . . . 120
variipennis Mon. . . . . . 89
vernalis Mom.. RTE „2.0118
vittata Men. . . <. 2 <.. 71
Winnertzii Egg. 5,2 SSE
Beitrag zur Flora von Mähren und Schlesien
nebst Bemerkungen über die geographische Verbreitung
einiger mährischer Pflanzenarten.
Von Heinrich Laus in Olmütz.
1. Uber Arnica montana im Hochgesenke.
Die Fiorenwerke, welche das Hochgesenke behandeln, ent-
halten über das Vorkommen dieser Pflanze in dem genannten Ge-
biete keinen Anhaltspunkt, so daß es bisher feststand, diese
Charakterpflanze der deutschen Mittelgebirge fehle den Ostsudeten.
Interessant jedoch erscheint die Tatsache, daß hier vom
Volke allerhand gelbblühende Kompositen von ähnlicher Gestalt
für Arnika gehalten und als Hausmittel in großer Menge alle
Jahre gepflückt werden; insbesondere die Wurzelgräber befassen
sich damit, Unmengen von „Arnika“ an Touristen und in den
umliegenden Ortschaften zu verkaufen. Für sie kommt in erster
Linie Achyrophorus uniflorus als die wirksamste „Arnika“ in Be-
tracht; diese schöne Pflanze ist denn auch infolge der massen-
haften Ausrottung an vielen Stellen des Gebirges, besonders in
der Nähe der Touristenwege, sehr selten geworden. Aber auch
Leontodon-, Crepis- und Hieracium-Arten (in Olmütz sogar Inula
britannica!) gelten als „Arnika“, von der manche Wurzelgräber
gegen 8 verschiedene Sorten, jede gegen ein anderes (rebresten,
unterscheiden und an den Mann bringen. Die Meinung, in allen
Fällen wirkliche „Arnika“ vor sich zu haben, ist so eingewurzelt,
dal) jede Belehrung zurückgewiesen wird. Die im „Sudetengarten“
bei der Schäferei am Peterstein in etwa 1320 m angepflanzte Ar-
12*
180
nica montana wurde von den Wurzelgräbern zwar angestaunt,
blieb aber unangetastet, während aus derselben Anlage ein Exemplar
des im Hochgesenke durch die Tätigkeit der Wurzelgräber fast
ganz ausgerotteten punktierten Enzians (Gentiana punctata) trotz
aller Aufsicht verschwand. Daraus geht hervor, daß die echte
Arnica montana hier auch als Heilpflanze unbekannt ist.
Im Juli 1911 sollte es gelingen, Arnica montana fürs Hoch-
gesenke dennoch zu konstatieren und dazu noch an einem Orte,
wo man ein so spätes Auffinden aus allerlei Gründen nicht er-
wartet hätte. Verfasser weilte damals mit Herrn Josef Pauer,
Gärtner am Botanischen Garten in Olmütz, in der Schäferei, um
einige Arbeiten im Sudetengarten zu verrichten. Herr Pauer
sollte auf der Matte unterhalb der in den Kreisen der Botaniker
wohlbekannten Schäferei, die freilich als Ruine dastand, da sie
um Weihnachten 1910 einem Brande zum Opfer gefallen war,
einige Pflanzenarten behufs Verpflanzung in die Anlage ausgraben.
Nach kurzer Zeit kehrte der Genannte mit einigen Exemplaren
blühender Arnica montana zurück. Dieser Fund war so über-
raschend, dal) Verfasser zunächst daran dachte, Herr Pauer hätte
die Pflanze an der Stelle, wo er sie nunmehr entdeckt, gepflanzt.
Dies ist jedoch nach seiner glaubwürdigen Aussage nicht der
Fall; man kann auch schwer daran denken, es hätte dies jemand
anderer getan, denn zu diesem Zwecke wäre jener Platz nicht
gut gewählt. Alpenpflanzen sind im Gesenke wohl schon des öfteren
angepflanzt worden, kamen aber niemals recht fort; im „Sudeten-
sarten“ machten wir mit vielen Arten jedoch ganz gute Erfahrungen.
Am nächsten Tage überzeugte sich der Verfasser selbst, dab
an der bezeichneten Stelle Arnica montana wirklich wachse; denn
es waren noch einige blühende Stauden sowie eine Menge von
Blattrosetten vorhanden. Mehrere Pflanzen mit Blüten lagen auch
in dem am Morgen desselben Tages gemähten Grase. Wie war es
nun möglich, daß eine so auffallende Staude in der Nähe eines
stark besuchten Schutzhauses übersehen werden konnte? Gewil
waren alle Botaniker auf jener Matte, Verfasser und Gärtner
Pauer besuchten sie seit Jahren, allerdings gewöhnlich erst zur
Ferienzeit. Nur einmal hatte ersterer schon Anfang Juni, da die
Athyrium alpestre-Wedel eben erst sich entfalteten und Hunderte
dunkelblauer Frühlingsenziane den Boden deckten, Gelegenheit,
diese ptlanzenreiche Wiese zu sehen.
181
Nur ein Umstand kann hier wahrscheinlich das Úbersehen
der Arnika erkláren. Die Matte unterhalb der Schäferei wurde in
erster Linie als Nutzwiese verwendet. Die Wirtsleute bezogen mit
dem Vieh gewöhnlich anfangs Juni die im Winter verlassene
Schäferei wieder und gegen Ende des Monats pflegte die Matte
gemáht zu werden. Arnica montana, die hier spontan wächst,
wurde somit gewöhnlich vor der Blüte oder während derselben
abgemiiht und blühte nicht wieder, weshalb sie leicht zu über-
sehen war. Auch kommen im Juni Pflanzensammler selten in
unser Gebirge. Im Vorjahre lagen die Verhältnisse anders. In der
Nähe der Brandstätte wurde ein provisorischer Holzbau errichtet,
der erst um die Mitte des Monates Juli bezogen werden konnte.
Erst als um diese Zeit das Vieh hinaufgetrieben wurde, kam man
zur Heumahd, der diesmal die schon blühende Arnika zum Opfer
fiel. Wären wir um einige Tage später gekommen, so bliebe der
interessante Standort noch weiter unbekannt. Vielleicht ist die
Pflanze unter ähnlichen Verhältnissen auch anderwärts im Gesenke
zu erwarten!).
Geographisches. Arnica montana ist mit Rücksicht auf
ihre Verbreitung nach Solms-Laubach eine eurotypische Art,
eine Pflanze, die fast ganz Europa bewohnt und dabei in den
verschiedensten Formationen, in mannigfaltiger Vergesellschaftung
und auf verschiedenem Substrat auftritt, was ihre bedeutende An-
passungsfähigkeit beweist.
Bei der Schäferei im Hochgesenke wächst die Arnika auf
einer Matte, die nachstehende Zusammensetzung?) aufweist:
(sräser: Briza media, Anthoxanthum odoratum, Phleum alpi-
num, Agrostis vulgaris, Calamagrostis lanceolata, Deschampsia
caespitosa v. alpina, Avenastrum planiculme, Poa alpina, Festuca
ovina; Rietgráser: Carex atrata, C. flava.
Stauden: Hypericum quadrangulum, Potentilla aurea, P. Tor-
mentilla, Crepis grandiflora, C. mollis, Campanula barbata, Alec-
1) Nach Fertigstellung des Manuskriptes finde ich in Schubes „Die
Verbreitung der Gefäßpflanzen in Schlesien“ (Breslau 1903), S. 319, auch die
Angabe: „Karlsbrunn: gegen den Altvater und hinter dem Hammer.“ Diese
Angaben stammen von Fiek; seither hat wohl niemand an diesen Standorten
die Arnika beobachtet.
?) H. Laus, Der große Kessel im Hochgesenke. Beibl. z. Bot. Zentralbl.,
XXVI, 2 (1909), S. 120.
182
torolophus pulcher, Leontodon hastilis, Meum Mntellina, Viola
lutea, Euphrasia picta, Phyteuma orbiculare, P. spicata, Polygonum
Bistorta, Geranium silvaticum, Orchis maculata, Gymnadenia cono-
pea, (©. albida, Ranunculus nemorosus, R. platanifolius, Achillea
sudetica, Gentiana verna, Silene venosa, Scorzonera humilis, Gna-
phalium norvegicum, Hieracium stygium, H. vulgatum, H. auran-
tiacum, H. Pilosella, Achyrophorus uniflorus, Veratrum Lobelianum,
Listera ovata, Coeloglossum viride, Equisetum silvaticum, Selaginella
spinulosa, Botrychium lunaria, Dianthus speciosus, Cerastium
macrocarpum, Chrysanthemum Leucanthenum, Pimpinella magna,
Melampyrum silvaticum, Melandryum rubrum, Allium sibiricum,
Trifolium pratense, Veronica Chamaedrys, V. serpyllifolia, Heracleum
Sphondylium, Epilobium montanum u. a.
Podpèra*) nennt Arnica montana eine europäische Art
und kennzeichnet ihr Areal wie folgt: vom südlichen Norwegen
und mittleren Schweden über Dänemark, Belgien, Nord-, Mittel-
und Ostfrankreich bis zu den Pyrenäen, in Spanien im Gebirge
im Norden und Osten; durch ganz Deutschland in die Schweiz
und nach Norditalien, durch die Sudetenländer, durch Ungarn
nach Siebenbürgen, Kroatien und Bosnien, Süd- und Nordrußland.
In den arktischen Gegenden und in Ostsibirien vertritt sie
A. stenophylla, auf dem Sandboden der atlantischen Ufer in Süd-
westfrankreich, Nordspanien und Portugal A. angustifolia.
In Mähren hat die Pflanze nach Oborny“) ein beschränktes
Verbreitungsgebiet im SW bei Zlabings (Gilgenberger Wald, und
zwar in der Nähe von Slawathen, am unteren Rand des Stalleker
Teiches), ferner nach Schreiber?) bei Zwittau (Mohrner Ränder.
Wälder und Waldwiesen zwischen Lotschnau, Nikl und Waldeck,
zum Teil schon in Böhmen). Die Seehöhe beträgt 400 bis 500 m;
das Substrat ist bei Zlabings Granit, bei Zwittau sind es kreta-
zische Sedimente.
Viel verbreiteter ist die Arnika im benachbarten Böhmen.
Čelakovský“) gibt sie für folgende Gebiete an: südlich von
Prag. die Sudeten, Erzgebirge samt Vorland. Brdy-Wald, Böhmer-
3) Podpěra, Die Entwicklung und geographische Verbreitung der
Pflanzenwelt der böhmischen Länder. Mähr.-Ostrau 1906, S. 188.
4) Oborny, Flora von Mähren und Österr.-Schlesien. Brünn 1885, S. 673.
5) Schreiber, Beiträge zur Flora des Zwittauer Gebietes. Brünn 1908.
5) Čelakovsky, Prodromus der Flora Böhmens.
wald und Budweiser Gegend, Ostbohmen. Im besonderen findet
sich die Pflanze im Riesen- und Isergebirge, in Nordböhmen nach
Hentschel’) um Georgswalde, Rumburg, Georgental, Tollenstein,
Lausche, Zwickau, Liebwert, am Hradek bei Czernosek. Weil-
wasser, Böhm.-Aicha, nach Podpěra in Eichenwäldern mit
Heidekrautunterwuchs am Nordfube der Dreihutberges bei
Leitmeritz auf Basalt; in der Nähe trifft man nach Domin?)
Thermophyten, die der Vegetation den Steppencharakter verleihen,
so z. B. Thymus praecox, Tragopogon majus, Adonis vernalis,
Inula germanica, I. hirta, Neseli hippomarathrum, Astragalus
exscapus, Rosa gallica u. a. Domin fiihrt die Arnika auch von
anderen Stellen des vulkanischen Mittelgebirges an, so z. B.
von den Orchideenwiesen bei Nemschen, wo Polygonum
Bistorta, Trollius europaeus, Anthyllis Vulneraria, Achillea Ptar-
mica, Ncorzonera humilis, Cirsium palustre, Gymnadenia conopea,
Orchis mascula, O. latifolia, O. globosa, O. sambucina, Crepis
praemorsa, Thalictrum angustifolium, Achyrophorus maculatus,
[ris sibirica, Valeriana dioica, Carex pallescens, C. vulgaris,
C. Oederi, Eriophorum latifolium, Melampyrum nemorosum u. a.
vorkommen. Im Gebirge westlich von der Elbe findet sie sich auf
dem Berge Gratschen bei Blankenstein.
Für das Erzgebirge ist Arnica montana ein bezeichnendes
Element der montanen Wiesen; sie tritt in den unteren Lagen
seltener auf, während sie oben allgemeiner wird und in fórm-
lichen Gesellschaften wächst, so oberhalb Joachimstal in etwa
900% Höhe. Auf den montanen Wiesen des Erzgebirges ist nach
Domin“) die Arnica-Fazies neben der Meum athamanticum-
Fazies am verbreitetsten. Sie beherrscht mit Gymnadenia albida,
Meum athamanticum, Solidago alpestris, Botrychium lunaria u. a.
die subalpinen Fluren. Auf Heiden der höheren Lagen. die in
die Arnika- oder Meum-Wiesen übergehen. erscheint unsere
Pflanze auch neben Viscaria, Helianthemum obscurum. Lilium
Martagon, Dianthus deltoides, Meum, Solidago alpestris, Galium
saxatile, Vaccinium Vitis Idaea, Luzula sudetica u. a. als der
häufigste Bestandteil. Das Substrat sind kristallinische Schiefer.
1) Hentschel, Botanischer Wegweiser im Gebiete des Nordböhmischen
Exkursionsklubs. Leipa 1890.
>») Domin, Das böhmische Mittelgebirge. Prag 1904 (tschechisch).
9) Domin, DasErzgebirge usw. Eine pflanzengeogr. Studie. Prag 1907,S.65.
194
Doch auch für die Formation der gemischten Laubholz-
haine am Abhange des Gebirges in etwa 600» Höhe ist sie
charakteristisch. Hier erscheint sie in Gesellschaft von Convallaria
maialis, Melampyrum nemorosum, Cytisus nigricans. Galium silva-
ticum, Thesium montanum, Achyrophorus maculatus, Bupleurum
longifolium, Lathyrus montanus, Luzula albida, Aconitum varie-
gatum, Betonica vulgaris, Trifolium alpestre, Ranunculus nemo-
rosus, Pulmonaria angustifoha, Laserpitium latifolium. Dianthus
superbus, Viola collina, Hierochloë australis. Phyteuma spicatum,
Chrysanthemum corymbosum, Orobus vernus, O. niger, Vicia pisi-
formis, V. cassubica, V. dumetorum, Lilium Martagon, Eupatorium
cannabinum, Stellaria holostea, Asarum europaeum, Potentilla alba,
Inula Conyza, Corydalis fabacea, Melittis Melissophyllum. Noch
interessanter ist das Vorkommen im sogenannten Edlitzer Busch
bei Komotau mit Potentilla Bouguoyana, P. canescens, P. obscura,
Melampyrum cristatum, Polygonatum multiflorum, Lactuca quer-
cina, Omphalodes scorpioides, Peucedanum Cervaria, Geranium
divaricatum, (©. columbinum, Myosotis hispida, Centaurea phrygia,
Veronica spuria, V. spicata, V. Teucrium, Allium rotundum, Luzula
pallescens, Campanula bononiensis, Androsace elongata, Orobanche
caryophyllacea, Erythraea Centaurium, Trifolium ochroleucum,
Hieracium praealtum, H. cymosum, H. laevigatum, Dianthus Ar-
meria, Kohlrauschia prolifera, Dictamnus albus, Chaerophyllum bul-
bosum u. a., also mit vielen pontischen oder allgemein thermo-
philen Elementen wie im Mittelgebirge.
In Sachsen ist sie nach Wiinsche'“) ebenfalls häufig.
Auf den Wiesen des Kaisergebirges wächst Arnica mon-
tana gleichfalls. ferner im ganzen Böhmerwalde und auf seinen
Vorbergen.
Unter anderen Verhältnissen trifft man diese Art im tertiären
Becken von Veseli, Wittingau und Gratzen in Südböhmen.
In diesem etwa 4507% hohen wasserreichen Flachland mit den
groben Teichen um Wittingau sind eine der ausgeprägtesten For-
mationen die Heidemoore, die nach Domin!!) in verschiedenen
Typen entwickelt erscheinen. Der Calluna-Typus nähert sich der
Calluna-Heide und beherbergt neben vielen Moosen Oxycoccos,
10) Wünsche, Exkursionsflora für das Königreich Sachsen. Leipzig 1895.
11) Domin, Die Vegetationsverhältnisse des tertiären Beckens von Veselí,
Wittingau und Gratzen in Böhmen. Beibl. z. Bot. Zentralbl. 1904, S. 344.
155
Andromeda, Drosera, Vaccinium Vitis. Idaea, V. uliginosum.
V. Myrtillus, Hieracium pilosella, Potentilla Tormentilla, Anten-
naria dioica, Deschampsia flexuosa, Nardus stricta, Carex, Erio-
phorum, Juncus und auch Arnica montana. Anderseits wächst
dieselbe Pflanze innerhalb der Heiden, ja es sind Arnika-
Heidewiesen geradezu charakteristisch für das Gebiet. Ihre Be-
sleiter in dieser Fazies sind zum Teil dieselben wie vorhin; es
gesellen sich zu ihnen auch noch Achillea Ptarmica, Platanthera
solstitialis, Trifolium campestre, Veronica officinalis, Anthoxanthum,
Briza, Chrysanthemum corymbosum, Ch. Leucanthemum, Botrychium
lunaria, ferner Juniperus communis, Avenastrum pubescens,
Hypericum perforatum u. a. — Im Brdy-Wald liegen die Stand-
orte der Arnika nach Domin ©) zwischen 500 bis 800 m; es sind
kurzhalmige Bergwiesen mit Trollius, Primula elatior, Phy-
teuma orbiculare, Trifolhum spadiceum, Cirsium canum, Gentiana
chloraefolia, &. Pneumonanthe, (G. germanica, Centaurea Phrygia,
Lotus uliginosus, Arabis Halleri, Colchicum autumnale, Geum
rivale, Chaerophyllum aureum, Serratula tinctoria, Scorzoners
humilis, Saxifraga granulata, Parnassia palustris, Dianthus Seguieri,
Potentilla alba, Coeloglossum viride, Crepis succisaefolia, Astrantia
major, Orchis morio, Botrychium lunaria, B. matricariaefolium.
Mit Platanthera bildet Arnica montana auf trockenem Boden
eine deutlich ausgeprägte Fazies von großer Verbreitung. Sie ist
im Brdy-Wald aber auch ein Bestandteil der Borstgras (Nardus-)
Formation mit Leontodon, Hypochoeris, Festuca ovina, F. durius-
cula, F. rubra, Pimpinella Saxifraga, Linum catharticum, Chamae-
buxus alpestris, sie tritt ferner in die Calluna-Heide ein (mit
Jytisus nigricans, Danthonia decumbens, Viola Riviniana, Luzula
albida, Carex montana, Lycopodium clavatum, L. Selago, L. com-
planatum, Hypericum montanum, H. guadrangulum, Trifolium
aureum, Grenista tinctoria, Peucedanum Cervaria, Pteris aquilina,
Trientalis europaea u. a.). Schließlich ist ihr Vorkommen auch an
die subalpinen Fichtenwälder gebunden, welche neben ihr
noch Blechnum Spicant, Lycopodium selago, Poa sudetica, Poly-
gonum verticillatum, Mulgedium alpinum, Prenanthes purpurea,
Solidago alpestris, Gnaphalium norvegicum, Homogyne alpina, Cir-
sum heterophyllum, Gentiana verna, Soldanella montana, (ircaea
alpina, Rosa alpina, Aruncus silvester u. a. aufweisen.
1?) Domin, Brdy. Eine phytogeogr. Studie. Prag 1908 (tschech.)
186
In Deutschland ist Arnica montana nach Garcke!) all-
gemein verbreitet; sie fehlt nur in Posen und ist in Westpreußen
auf den Kreis Straßburg, in Ostpreußen auf die Rominter Heide
und den nördlichen Teil der Provinz beschränkt. In Bayern ist
sie nach Sendtner!t) eine der gemeinsten Pflanzen von der Donau
bis auf die höchsten Gipfel des Böhmerwaldes; sie kommt auch
auf den Hochmooren vor, ebenso auf Gneis, Granit, Quarzit und
auf anders geartetem Substrat. Sie besiedelt feuchte, torfige Wiesen
in Württemberg (Kirchner"), Eichler!?) und Baden '"); in letzterem
Lande wächst sie im Schwarzwald, im Odenwald und im Alpen-
vorland zerstreut. Im Hügelland Württembergs ist sie fast ganz
auf die Keuperhöhen und das Vorland des Schwarzwaldes be-
schränkt; ganz vereinzelt liegen ihre Standorte in den höheren
Teilen der fränkischen Platte, im Neckarland fehlt sie und tritt in
der oberrheinischen Tiefebene auch bloß sporadisch auf. Wohl
nirgends steigt sie unterhalb 400 » herab (Gradmann®). — In
den Vogesen findet man die Arnika nach Ißler!”) noch auf den
über 1000 m hoch gelegenen Hochweiden der höheren Gipfel
und Rücken mit Agrostis vulgaris, Festuca ovina, Aira flexuosa,
Anthoxanthum, Cetraria islandica, Cladonia rangiferina, Anemone
aipina, Viola lutea, Genista pilosa, Potentilla silvestris, Angelica
pyrenaica, Meum athamanticum, Galium saxatile, Leontodon pyre-
naicus, L. hastilis, Hieracium umbellatum v. monticola, Vaccinium
Myrtillus, Gentiana lutea, G. campestris, Polygonum Bistorta,
Empetrum nigrum, Gymnadenia albida, Luzula multiflora, Juncus
squarrosus, Carex pilulifera, vor allem noch mit Nardus, Calluna,
Vaccinium Vitis Idaea, V. uliginosum, Lycopodium clavatum, L. Se-
lago, L. alpinum, Euphrasia-Arten (E. pieta und E. minima), Anten-
naria dioica, Ranunculus silvaticus Thuill. v. aureus u. a. Am
Hohneck (1361 m) kommt Arnika auch mit schwefelgelben Blüten vor.
13) Garcke, Illustrierte Flora von Deutschland. Berlin 1903.
14) Sendtner, Die Vegetationsverhältnisse des Bayerischen Waldes.
München 1860, S. 261.
15) Eichler-Kirchner, Exkursionsflora für Württemberg und Hohen-
zollern. Stuttgart 1900, S. 390.
15) Kirchner, Flora von Stuttgart. Stuttgart 1888, 712.
17) Seubert, Exkursionsflora für Baden. Stuttgart 1895, S. 383.
5) Eichler, Gradmann und Meigen, Ergebnisse der pflanzengeogr.
Durchforschung von Württemberg, Baden und Hohenzollern. Stuttgart 1909.
1%) Issler, Führer durch die Flora der Zentralvogesen. Leipzig 1909, S. 22.
187
In Mitteldeutschland bleibt die Pflanze montan; ihre
niedersten Waldstandorte liegen nach Drude°®) im Kiefern- und
Birkenwalde der niederen Lagen, sie geht in den oberen herzyni-
schen Fichtenwald und die Bergwiesen, in die Heiden und Borst-
grasmatten in Höhen zwischen 600 bis 1000 »» und darüber. Im
Werragebiete steigt sie bis 30072 herab. Im Harz wächst die
Arnika allgemein auf den Bergwiesen und der subalpinen Berg-
heide. Sehr zerstreut trifft man sie im norddeutschen Tieflande.
In der südlichen Niederlausitz grenzt ihr Tieflandsgebiet nach
Drude?!) mit 150 m geographisch hart an ihr Erzgebirgsgebiet,
wobei sie gerne den montanen Wiesengrund gegen feuchtere Heiden
als Tieflandsstandorte vertauscht. In der niederschlesischen Ebene
ist sie nach Schube??) selten, in Oberschlesien häufiger.
Im nordwestdeutschen Tieflande ist die Arnika auf
Heiden und in der Umgebung von Mooren (z. B. bei Geestemünde)
strichweise häufig und soll auch auf der Insel Borkum vorkommen
(Eilker??), Bertram?%) sagt, daß sie im Harz häufig, in Braun-
schweig zerstreut wächst; in Schleswig-Holstein ist sie nach
Prahl25) nicht selten. Über die weitere Verbreitung in Nord-
deutschland fehlen mir Daten. Häufig ist die Arnika auch im
gebirgigen Teile Belgiens‘ bezüglich der Standorte in Holland
sagt Henkels: Vrij algemeen op hooge veenachtige heidevelden?°).
Auf den britischen Inseln fehlt sie ganz.
In Norwegen wächst Arnika nach Blytt““) (auch m der
Form A. angustifolia Dob.) bis zum 63° n. Br.; neben ihr findet
sich A. alpina Laest. von 70° n. Br., nach Hermann auf Hoch-
gebirgsmatten in Fennoskandinavien von 709 35' bis zur Maalselv,
schwedisch Nord-Lappland, Kuusamo und Imandra-Lappland. Die
eigentliche Arnika (norwegisch solblom, Jonsokblom, schwedisch
20) Drude, Der herzynische Florenbezirk.
21) Drude, Pflanzengeographie Deutschlands. Stuttgart 1896.
22) Schube, Flora von Schlesien. Breslau 1904, S. 392.
29) Eilker, Flora von Geestemünde. G. 1881, S. 39.
2) Bertram, Exkursionsflora des Herzogtums Braunschweig. | Braun-
schweig 1894, S. 167.
25) Prahl, Flora von Schleswig-Holstein. Kiel 1900, S. 231.
2%) Henckels, Geillustrierde Schoolflora voor Nederland. Groningen
1900, S. 642.
27) Blytt, Haandbog i Norges Flora. Kristiania 1906.
188
Sankt Hansört, auch Fibbla, Volverlej, Guldblomme genannt*“),
25) Die Namen lassen darauf schließen, dab die Pflanze auch im Volks-
glauben eine Rolle spielt. F. Söhns sagt in seinem Buche „Unsere Pflanzen,
ihre Namenserklärung und Stellung in der Mythologie und im Volksaber-
glauben“ (Leipzig 1907) folgendes: „Durchaus nicht so leicht zu erklären,
wie es den Anschein hat, ist der heute sehr gebräuchliche Name der
Pflanze „Wohlverleih“. In der Volksmedizin wird sie besonders zu Ein-
reibungen und Umschlägen benutzt, der Apotheker verwendet sie zu ähnlichen
Zwecken; alles das gibt ihr sicherlich einen Anspruch auf die Benennung
Wohlverleih. Aber der Name ist jung und je weiter wir ihn in seiner
Entstehung zurückverfoleen, um so deutlicher tritt ein ganz anderes Wort
als erster Bestandteil hervor: Wolf. Wolwisgenena heißt die Pflanze bei
der heiligen Hildegard, Wolfilegia latinisiert sie der Cordus des 16. Jahr-
hunderts, und „Wolfsdistel“ nennen sie alt- und mittelhochdeutsche Quellen.
Noch heute erscheint der Wolf in dem Namen der Wolfsblóme des Ost-
friesen, in der Wulwerblume des Göttingers. Muß man also nach dem Ge-
sagten volksetymolocische Entstellung im Namen der Pflanze annehmen, so
kann Wohlverleih nur aus einem ursprünglich mit „Wolf“ zusammengesetzten
Wort entstanden sein, nicht umgekehrt. Wie man eine „Schneegelige“ (Schni-
galchel, Schneeglöckchen) schuf, so auch mit demselben Worte gelig (Weiter-
bildung von gel= gelb) eine Wolfsgelige, die dann in Wolfisgelegena und
später gar unverständigerweise in Wolfileeia latinisiert wurde. Wie nun aus
Aguilecia Akelei wurde, so aus Wolfilecia Wolfelei (aradmann nennt die
Pflanze in dem Werke „Das Pflanzenleben der Schwäbischen Alb“ Wolferlei),
das sich dann bei der außerordentlichen Heilkraft der Pflanze in Wohlverleih
umwandeln konnte.“ Ein Leser der „Naturw. Wochenschr.“ (Jahre. 1910,
S. 559) schreibt: „Ende Juni hielt ich mich in Bischofsgrün im Fichtelgebirge
auf; am 25. fand ich sämtliche Felder von Getreide und Kartoffeln an den
Ecken und an den Seiten, hier in etwa 5—7m Abstand, mit blühenden
Stengeln von Amica montana besteckt. Eine Frau, die ich deshalb befragte,
sagte, das sei Johanniskraut oder Hexenkraut und werde am Johannisabend
eingesteckt, um die Feldfrüchte vor dem bösen Einfluß der Hexen zu schützen.“
Ebenda (S. 556) berichtet Dr. Stockmayer, daß ein Bauer in der Gegend
von Steyer in Oberösterreich Arnika und andere nach ihm rings um Felder
gepflanzt hatten, weil dies angeblich eine gute Ernte zur Folge habe. Ebenso
tue man es in Böhmen. Er führte dies auf die in den abgeblühten Blüten-
köpfen vorhandenen „schwarzen Eier“ einer „schwarzen Fliege“ zurück, die, wenn
sie herausfliege, das Feld vor Ungeziefer, Mutterkorn und Brand schütze. Es
handelt sich um die Tönnchenpuppen der Trypeta arnicae Dr. Neumann
sagt (1. c. S. 720): Bei dem alten Tabernaemontanus (1525—1590) heißt es in
dessen Kräuterbuche: Bei den Sachsen braucht es (Arnika) das gemeine Volk,
wenn jemand hoch heruntergefallen ist und sich verletzt hat. Sie nehmen eine
Hand voll, sieden es in Bier, nehmen des Morgens einen Trunk davon warm,
decken sich zu und schwitzen. Wo sie sich beschädigt haben, empfinden sie
große Schmerzen auf 2—3 Stunden und werden alsdann kuriert. Pieper schreibt
in seiner Volksbotanik S. 361: Pflückt man das Johanniskraut am St. Johannis-
159
ist nach Schůbeler?") ziemlich allgemein in den südlichen Pro-
vinzen Skandinaviens: in Schweden geht sie bis zum 60° n. Br.
Wegen ihres bitteren Geschmackes soll sie früher als Zusatz zum
Biere gebraucht worden sein. Nach Hermann (Flora von Deutsch-
land und Fennoskandinavien sowie von Island und Spitzbergen,
Leipzig, 1912, p. 478) geht die Pflanze östlich bis Nord- und Ost-
polen (Wilna).
Bezüglich der karpatischen Verbreitung findet man in
der Literatur Widersprüche. Drude?!), Engler*“) und Schroe-
ter?!) sind der Ansicht, daß Arnica montana im Karpatengebirge
tage, dann kann man damit, wie die Sage im Fichtelgebirge erzählt, während
die Glocken zur Kirche láuten, die Schatzkammern des Ochsenkopfes (Berg
im Fichtelgebirge) öffnen. Jedoch muß man den Berg früher verlassen, ehe
der Pfarrer „Amen“ sagt, sonst muß man ewig darin bleiben. Wer Wohlverleih
in die Felder steckt, unter das Dach legt oder in die Ställe hängt, bleibt von
Blitzschlag oder Hagel verschont.“ Der Glaube an die Unheil abwehrende
Kraft der Arnika am Johannistage ist nach H. Marzell (l. c. Jahrg. 1911,
S. 432) auch im Bayerischen Wald, im Voigtland, in der Oberpfalz, im Eger-
land und im deutschen Westböhmen verbreitet. In Schaufling (B.-A. Deggen-
dorf) wird am Vorabend des Johannisfestes an die Fenster ein sogenanntes
„Sonnwendbůschel“ gesteckt, das vor Gewitter schützen und zugleich das Ge-
deihen der Feldfrüchte bewirken soll. Es besteht aus Haselnußblatt, Eichen-
blatt, Wucherblume (Chrys. Leucanthemum), Arnika, rotem Klee, weißem
Klee, Haferrispe, „Sonnwendscheberl“ (Briza media), Wiesennelke, Glocken-
blume (C. patula), Himmels- oder Herrgottsrebe (Lotus corniculatns), Hosen-
knopf oder Schneiderkopf (Sanguisorba officinalis), meist auch einer Kornähre
und „Klof“ (Alectorolophus maior). Nach pfälzischem Aberglauben schützt
das Johanniskraut gegen Zauber. Im Egerlande steckt man unsere Pflanze
mit Haselnußzweigen unter die Dächer, hinter Bilder und Betten, weil sie vor
Gefahren, namentlich gegen die des Blitzes, schützen soll. Ähnliches berichtet
John aus dem deutschen Westböhmen, wo die Pflanze auf die Flachsfelder
gesteckt werde. In bayerisch-österreichischen Mundarten heißt die Arnika
Johannisblume, -kraut. Die engen Beziehungen zum Johannisfeste erklären
sich in erster Linie daraus, dab diese vom Volke hochgeschätzte Heilpflanze
um Johanni in schönster Blüte steht. In Rußland heißt die Pflanze „Kupalnik“,
welchen Namen auch andere Gewächse haben, die am Johannisfeste im Aber-
glauben eine Rolle spielen.
Das aromatisch riechende und Arniein, ätherisches Öl, Harz, Gerbstoff und
Inulin enthaltende Rhizom sowie die Blüten sind offizinell.
29) Schübeler, Die Pflanzenwelt Norwegens. Ein Beitrag zur Natur-
und Kulturgeschichte Nordeuropas. I. Christiania 1373.
59) Engler, Die Pflanzenformationen und die pflanzengeographische
Gliederung der Alpenkette. Berlin.
3) Schroeter, Das Pflanzenleben der Alpen. Zürich 1908, S. 392.
190
fehle. In den Beskiden wird von Oborny, Formanek und
Schube auf Grund der Angabe Kolbenheyers das Morawka-
Tal unter der Lissahora als Standort angegeben. Weber?) ist
es trotz vieler Mühe nicht gelungen, ein Exemplar zu erhalten, so
daß er jenes Vorkommen für höchst unwahrscheinlich hält. Pax?*)
meint zwar, daß die Pflanze in den Westkarpaten auffallend
selten ist, sagt aber, daß sie schon in den Waldkarpaten auftritt.
Sie ist häufig in den Bistritzer Alpen. Auf dem Czibles (1842 m)
im nordsiebenbürgischen Mittelgebirge (Trachyt) tritt A. montana
mit folgenden Arten auf: Čarex atrata, Dianthus compactus, Cle-
matis alpina, Viola declinata, Hypericum alpinum, Meum Mutel-
lina, Laserpitium alpinum, Vaccinium. uliginosum, Euphrasia
minima, Pedicularis sumana, Knautia longifolia, Valeriana tripteris,
Campanula Scheuchzeri, C. alpina, Phyteuma Vágner, Solidago
alpestris, Aster alpinus, Achillea lingulata, Carduus Kerneri,
Chrysanthemum rotundifolium, Gnaphalium norvegicum, G. supinum,
Scorzonera rosea, Hypochoeris uniflora, Hieracium aurantiacum,
H. alpinum. Schließlich gehört die Arnika auch zu den bezeich-
nenden Arten der Formationen unterhaib der Baumgrenze in den
Burzenländer Bergen und findet sich hier auf Kalk, während sie
sonst als kalkfliehend bezeichnet wird. Der nächste Standort bei
Kronstadt ist nach Römer?!) die Schulerau (etwa 1000 m). Vor
Pax haben schon Schur®®) („Berg- und Voralpenwiesen durchs
sanze Gebiet“, in2 Abarten: A. obtusifolia und A. stenophylla, ferner
noch A. alpina Laest. und A. petiolata Schur aus den Rodnaer
Alpen) und Simonkai°‘) auf das Vorkommen der Pflanze aufmerksam
gemacht. Verfasser beobachtete die Arnika 1910 auf dem Globucet
zwischen dem Bucsecs und Predeai auf rumánischem Boden. Angaben
über die Verbreitung in Galizien und der Bukowina macht Knapp”).
Aus Osteuropa liefert Angaben über die Verbreitung der
Arnika Rostafinski%), nach welchem die Pflanze auf trockenen
%) Weber, Flora von Friedek und Umgebung. Friedek 1901, S. 41.
») Pax, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Karpaten. Leipzig.
34) Römer, Die Flora des Schulers. Jahrb. d. Siebenbürg. Karp.-Vereins
1905, 8. 23.
%) Schur, Enumeratio plantarum Transsilvaniae. Wien 1866, S. 341.
36) Simonkai, Erdely edenyes florájanak. Budapest 1886.
37) Knapp, Die bisher bekannten Pflanzen Galiziens und der Bukowina.
Wien 1872, S. 133.
% Rostafinski, Florae Polonicae prodromus. Berlin 1878.
191
oder torfigen Waldwiesen im östlichen und nordöstlichen Polen
sehr verbreitet ist. Nach Ledebour?“) tritt sie ferner in Livland,
Littauen und in Podolien, ferner im Ural (Jekaterinenburg) auf;
die var. stenophylla geht dann auf asiatischem Boden bis Jakutsk.
Sibirien weist übrigens wie Nordamerika noch weitere Arnika-Arten
auf, so A. alpina Laest. auf der Tschuktschen-Halbinsel (von hier
bis ins arktische Amerika), A. obtusifolia Less. (zwischen Ochotsk
und Irkutsk, Insel Unalaschka), A. unalaschkensis Less, A. lati-
folia Bon. von der Sitcha-Insel und A. Chamissonis Less., zwei
Arten, die auch in Nordamerika verbreitet sind. Im paläarkti-
schen Teile Nordamerikas und Asiens ist demnach das Ver-
breitungszentrum der Arnika-Arten zu suchen; im ersteren Gebiete
wachsen noch A. angustifolia Vahl, ferner in Gebirgsgegenden
A. mollis Hook., A. cordifolia (Porter und Coulter*®), ferner
A. nudicaulis (Ward). Im Kaukasus fehlt Arnica montana ganz.
In den Alpen ist unsere Pflanze hingegen sehr verbreitet.
Als ausgesprochener Humusbewohner gehört sie nach Schroeter*®?)
zur Nardusweide und Ericaceenheide und gesellt sich dem Katzen-
pfötchen, dem Hungergras und den genügsamen Flechten (isländi-
schem Moos und Renntierflechte) zu, flieht den Kalk, liebt das
Licht und lebt mit einem Wurzelpilz in Symbiose. Auf Berg-
mähdern ist sie oft dominierend; so fand Stebler bei 2200 m
auf den Schaufiggerheubergen auf 10 cm mächtigem Humus (über
kalkreichem Lehm) am steilen Südhang ein Arnicetum mit 3459,
Arnika im Rasen. Schroeter bezeichnet die Pflanze als einen
eurasiatischen Ubiquisten der montanen Region bis in die Sub-
arktis. Sie steigt in den Alpen weit in die alpine Region (Wallis
2600 m, Waadt 2000 m, Glarus 2300, St. Gallen 2200 m, Bayern
2070 m, Stubaital 2430 m, (nach Sarnthein) und Engler“)
rechnet sie zu den Glazialpflanzen, nennt sie aber vor allem bei
der Formation der bayerischen Heidewiesen des Alpenvorlandes,
des Zwergwachholders und der Besenheide, der Voralpenflur des
kalkarmen Bodens, aber auch des Kalkbodens. Im Jura ist die
39) Ledebour, Flora rossica. Stuttgart 1844—1846. Vol. II, p. 622.
40) Porter und Coulter, Synopsis of the flora of Colorado. Wash. 1874.
1) Ward, Guide to the Flora of Washington and vicinity. Wash. 1881.
2) Schroeter, Pflanzenleben usw. S. 392.
43) Engler, Die Pflanzenformationen und die pflanzengeographische
Gliederung der Alpenkette. Berlin, S. 9.
192
Arnika nach Schinz-Keller*!) seltener. Bezeichnend ist die Art
für die alpine Buntschwingel (Festuca varia)-Halde neben Juni-
perus nana, Festuca Halleri, Anthoxanthum odoratum, Juncus
trifidus, Luzula sudetica, Carex sempervirens, Coeloglossum viride,
Silene rupestris, Daphne striata, Laserpitium panax, Anemone
sulfurea, Lotus corniculatus, Trifolium alpinum, Alsine mucro-
nata, Arctostaphylos uva ursi, Loiseleuria procumbens, Gentiana
punctata, G. campestris, Pedicularis tuberosa, Campanula barbata,
Senecio abrotanifolius. Hypochoeris uniflora, Senecio doronicum,
S. carniolicus, Phyteuma hedraianthifolium, Solidago virgaurea,
Antennaria dioica, Phyt. orbiculare u. a. — (regen Weidetiere ist
die Arnika durch ein ätherisches Öl (Arnicin), das sie enthält,
geschützt; hingegen werden die Samen von Würmern angegriffen
(Schroeter).
In Niederösterreich ist Arnica montana häufig auf den
(sebirgswiesen der Voralpen vom Wechsel bis zur oberösterreichi-
schen Grenze, ebenso im Schiefergebirge im Viertel oberhalb des
Wienerwaldes, auf dem Granitplateau des Waldviertels ebenso wie
im Sandsteingebiete (Halacsy“*). Auf Kalk ist sie seltener
(Beck). Eine ausgesprochene Alpenpflanze ist indes die Arnika
schon mit Rücksicht auf ihre große geographische Verbreitung
nicht wie so viele Arten, die auf den Höhen unserer Mittelgebirge
wachsen (Hegi). In den andern österreichischen Alpenländern
tritt sie überall auf.
In Kärnten wächst die Pflanze““) nicht blob auf Alpen, sondern
auch auf Sumpiwiesen in Niederungen, so in den kärntnerisch-steieri-
schen Alpen, in den Tauern, in den Gailtaler, Julischen und Westkarni-
schen Alpen (Lärchenwälder der Stougruppe). In Krain findet
sie sich nach Paulin (Beiträge zur Kenntnis der Vegetations-
verhältnisse Krains IL Heft, Laibach 1901) in allen Teilen des
Landes in Heiden und Lärchenwäldern, auf Berg- und Alpenwiesen
auf Kalk. Tonschiefer und Sandstein.
Im Küstenlande tritt sie nach Pospichal mitunter in
auffallend tiefen Lagen auf, so im Coglio oberhalb Verhovlje und
4) Schinz-Keller, Flora der Schweiz. Zürich 1900. S. 536.
#5) Halacsy, Flora von Niederösterreich. Wien 1996, S. 273.
46) Beck, Flora von Niederösterreich. Wien 1893, S. 1212.
#7) Pacher, Systematische Aufzählung der in Kärnten wildwachsenden
Gefäßpflanzen. Klagenfurt 1884, II, S. 103.
bei Gradiscutta in kaum 90 m Seehöhe, auf den laachwiesen bei
Górz und an der Wippach bei Rebek; man findet sie auf dem
nördlichen Randgebirge, auf dem Berkin. auf dem Tschitschen-
boden bis zum Monte Maggiore. Im Gebiete des Isonzotales erscheint
sie nach Beck oberhalb Bača auf Bergwiesen. dann auf dem
Kamme des Kouk, bei Flitsch, bei Podmelec u. a.
Ein weiteres Verbreitungsgebiet derselben ist der Karst.
Nach Marchesetti?‘) wächst sie auf Bergwiesen der Triester Ge-
gend (M. Ciucco, Barca, Vattule, M. Slavnik u. a.). Nach Beck“")
gehört sie auch im illyrischen Gebiete der Formation der Vor-
alpenwiesen an, und zwar sowohl im Dinarischen Gebirge als auch
auf den Schiefergebirgen Bosniens. Im bosnischen Vranica-Gebirge
(2070 m) gedeiht sie auf den Hochalpenmatten mit Lycopodium
alpinum, Deschampsia flexuosa, D. caespitosa, Poa alpina, Phleum
alpmum. Festuca spadicea, Nardus stricta, Luzula silvatica,
L. congesta, L. angustifolia. Juncus trifidus, Polygonum viviparum,
P. alpinum. Sagina Linnaei, Cerastium lanatum, Geum montanum.
Potentilla aurea, Trifolium badium, Vaccinum Myrtillus, Vace. Vitis
Idaea, Primula glutinosa, Gentiana punctata. G. latifolia. G. verna.
Thymus alpestris, Pedicularis scardica. Ranunculus. montanus,
R. nemorosus, R. crenatus. Pulsatilla alba, Sedum alpestre. S. an-
nuum. Naxifraga rotundifolia, S. stellaris, S. androsacea, Hyperi-
cum quadrangulum, Jasione orbiculata, Phyteuma confusum, P. ob-
tusifolium. Knautia dinarica, Gnaphalium supinum, Homogyne
alpina. Centaurea bosniaca, Senecio carpaticus u. a. Aus Bulgarien
wird Arnika von Velenovský?“) nicht angeführt; auch Adamo-
v1č?!) erwähnt sie nicht.
Für Italien ist das Vorkommen der Arnika durch Arcan-
geli’*) angegeben. Aus den Westalpen reicht sie nach Mittel- und
Westfrankreich (Bonnier- Lavens?*); in Spanien wächst sie
als V. angustifolia in den Provinzen Guipuzcoa, Vizcaya und
Santander auf Wiesen der unteren Region mit Pflanzen, die in
ähnlichen Assoziationen auch bei uns zu finden sind. Von diesen
=
48) Marchesetti, Flora di Trieste et de’ suoi dintorni. Trieste 1897.
1) Beck, Die Vegetationsverhältnisse der illyrischen Länder. Leipzig.
%) Velenovsky, Flora bulgarica. Prag 1891.
>) Adamovič, Die Vegetationsverhältnisse d. Balkanläuder. Leipzig 1909
52) Arcangeli, Cömpendio della Flora italiana. Torino 1882.
>») Bonnier et Layens, Flora complète de la France. Paris.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 13
194
Wiesen führt Willkomm?°!) an: Cardamine pratensis, Ranunculus
acer, Primula acaulis, Lychnis flos cuculi, Campanula patula.
Myosotis palustris, Orchis maculata, O. Morio, Achillea mille-
folium. Centaurea jacea, C. nigra, Scorzonera humilis, Trifolium
repens, W fragiferum, Linum catharticum, L. angustifolium, Spiraea
Filipendula, Parnassia palustris, Gentiana Pneumonanthe neben
zahlreichen mediterranen, nordatlantischen und endemischen Arten.
2. Weitere Beitráge zur Flora von Máhren
und Schlesien.
Nephrodium dilatatum (Hofim.) Desv. Olmiitz: Moor bei der
Oderquelle nächst Haslicht.
N. spimwlosum (Müll.) Strempel. Mit vorigem, auch bei Karls-
dorf und Breitenau im Gesenke. selbst im Grügauer Walde bei 0..
sehr selten.
Pteridium agqulinum (Iu) Kuhn. Bisenz: Waldrand in der
Nähe der Sobonker Mühle nächst der Station Rohatetz mit Cen-
taurea stenolepis A. Kern, Melampyrum cristatum u. a.
Equisetum silvaticum (L.) Hochgesenke: Noch unterhalb der
Schäferei am Peterstein. über 1300 m.
Anthozantleum odoratum (T) v. glabrescens Üel. subv. silvaticum
Aschers. et Gr. Hochgesenke: Holzschlag oberhalb Karlsdorf am
Wege zur Schäferei neben der typischen Pflanze. Vor etwa vier
‚Jahren fand sich diese robuste, breitblättrige PHanze auch auf dem
Schuttplatze neben dem deutschen Staatsgymnasium in Olmůtz.
Die Pflanze verschwand ebenso wie die reiche Ruderaltiora dieses
Platzes?®’). Ende August 1912 konnte ich diese für Holzschläge
höherer Lagen bezeichnende Art auch bei Breitenau nächst Freuden-
tal beobachten. Sie bildete hier außerordentlich üppige Rasen mit
zahlreichen Hahnen, die bis 12 cm lange, teilweise unterbrochene
grobe Blütenstände trugen. Die Blätter haben eine Breite von
fast Som. Die Pflanzen blühten hier auffallend spät. zu einer
Zeit, da «das typische Gras der Bergwiesen schon längst trocken
war. Von diesem unterscheidet sich die Abart schon durch die
auberordentliche Gröbe aller Teile. Es wäre zu ermitteln, ob man
53) Willkomm, Grundzüge der Pflanzenverbreitung auf der iberischen
Halbinsel. Leipzig 1896.
95) Laus, Mährens Ackerkräuter und Ruderalpflanzen. Brünn 1908, S. 101.
195
es hier mit einer mit Rücksicht auf die veränderten Standortver-
hältnisse (humoser Boden in Rodungen) entstandenen, bleibenden
Abart zu tun hat, oder ob im Laufe der Zeit, wenn der Boden
von neuen Ansiedlern besetzt wird, die ursprüngliche Form wieder
zum Vorschein kommt.
Heleochloa schoenoides (L.) Host. Südmähren: Feldweg zwi-
schen Rakwitz und Naitz („Salzweg“) neben anderen in diesem
Gebiete häufigen Halophyten“*). Crypsis aculeata (L.) Ait. war im
August 1911 trotz der abnorm heißen Sommerperiode an der von
mir beschriebenen Stelle bei Saitz so üppig entwickelt. wie man
es selten beobachtet; es fanden sich Pflanzen bis 40 em Stengel-
länge. Den Halophyten scheint gerade die Dürre außerordentlich
gedient zu haben; trotzdem der Boden der salinen Stellen stein-
hart und von klaftenden Spalten durchzogen war, wiesen Salicornia
und Suaeda einen außergewöhnlich üppigen Wuchs auf.
Arenastrum planienulme (Schrad.) Jess. Die Pflanze hält sich
im Hochgesenke entschieden in einer Höhe von über 1300 »n; als
Seltenheit fand ich Juni 1911 eine Kolonie in dem oben genannten
Holzschlage oberhalb Karlsdorf in etwa 700%» Höhe. Vermutlich
ist sie nicht durch Wasser oder den Wind, sondern dadurch an
diese Stelle gelangt, dab reife Rispen von den mit Heu beladenen
Wagen gefallen waren, welches letztere von den Abhängen der Hohen
Heide zum Zwecke der winterlichen Wildfütterung hinabfahren.
Die höheren Standorte der Art sind von diesem Punkte durch
einen fast 2 Stunden breiten Waldgürtel getrennt, den Avenastrum
meidet. Denselben sekundären Standort teilen auch Campanula
barbata. Hieracium prenanthoides u. a.
Sieglingia decumbens (Li) Bernh. Gesenke: Heideboden am
Fiedelhübel gegen die Oderquelle; in den Wäldern bei Murk
nächst Neutitschein. Schlesien: Bergwiesen bei Breitenau und
Dittersdorf.
Eragrostis minor Host. Bahnhöfe in Brodek bei Prerau und
Nezamyslitz.
Koeleria gracilis Pers. M.-Prus b. Wischau (Čoka), Vápenka
bei Ung.-Brod (Čoka).
K. nitidula Vel. Ung.-Brod: Strany, Glashütte (Čoka).
%5) Laus, Die Halophytenvegetation des südlichen Mährens und ihre
Beziehungen zur Flora der Nachbargebiete. — Laus, Beiträge zur Flora von
Mähren. Verh. d. Naturf. Ver. Brünn. 47. Bd., 8.3.
196
K. pseudocrislata Domin. Hobitschau bei Wischau, Jawornik
und Suchow bei Welka. Glashütte Strany bei Ung.-Brod, in der
Salvia-Fazies. sämtlich von Herrn Lehrer F. Coka gesammelt.
K. pyramidata (lam.) Domin. Gesenke: Siebenhöfen nächst
Bärn, in derselben Form wie auf dem Löß- und Kalkboden der
mittelmährischen Steppenrelikte bei Olmiitz““).
Agrostis alba Li v. pallens Gaud. Salzboden bei Rakwitz
nächst Kostel. — ? diffusa Neil. Olmütz: Militärschießstätte;
Caganov bei Bisenz (Coka). — « coarctata Hoffm. Caganov bei
Bisenz (Coka). — 6 gigantea Roth. Bisenz: Dubrawa (Coka).
\ ; test]
Agrostis. vulgaris Wilh. a typica G. Beck. Hochgesenke:
4 4 À >
Lästiges Unkraut im „Sudetengarten“ nächst der Schäferei am
Peterstein.
Poa alpina Li. v. pumila Host. Hochgesenke: Peterstein 144671.
1 I g
Poa nemoralis 1. v. rigidula Gaud. Olmůtz: Chlum bei
Krezman (Čoka). — v. vulgaris Gaud. Marchufer bei Czernowir
(Čoka).
Poa compressa 1. v. Langeana Rchb. Hochgesenke: Werms-
dorf (Čoka). — v. contracta Neil. Bisenz: Watzenowitz (Coka). —
v. psammophila @. Beck. Bisenz: Ratischkowitz (Čoka).
Festuca pseudorina Hack. M.-Prus bei Wischau (Čoka). Dom-
stadtl bei Bärn. Nebotein bei Olmütz.
Festuca. valestaca Schl. Busau: Versteinertes Schloß (Čoka),
Nebotein bei Olmiitz (auf Kalk).
Festuca. suleata Hack. Nebotein bei Olmiitz, Hohe Heide,
Nikolsburg: Heil. Berg.
Festuca vubra Vi v. genuina Hack. f. vulgaris Hack, Olmütz:
Drahanowitz. — f. grandiflora Hack. Wiesen bei Paulowitz, bei
der Militärschiebstätte. — v. glaucescens Heg. et Heer., Grügau
bei Olmiitz.
Dromus secalinus Ju. (Gesenke: Mit Necale cereale in einem
Holzschlag bei Großwasser nächst Olmiitz.
Bromus commulatus Schrad. Wischau: M.-Prus (Coka).
Bromus vucemosus Huds. Suchow bei Welka, Strani bei
Ung.-Brod (Čoka).
Bromus erectus Huds, v. typicus G. Beck. Probnitz: Bahndamm
bei Wrbatek (Coka).
>”) Laus, Die pannonische Vegetation der Gegend von Olmütz. Verh.
d. Naturf. Ver. i. Briinn. 48. Bd. 1909. S. 195—240.
197
bromus arvensis 1. v. diffusus Neil. Drysitz bei Wischau
(Čoka).
Bromus japonicus Thunb. Schnobolin bei Olmütz, auf Lób;
Pollauer Berge: Horizontalweg vom Jagdschlob zur Ruine.
Loltum vemotum Schrk. Westmähren: Unter Lein bei O.-Borry
nächst Gr.-Meseritsch.
Agropyron repens P. B. v. caesium Presl. Nebotein bei
Olmütz. — v. typicum (G. B. Olmütz: Schanzen. ——- v. Leersianum
R. Sch. Olmütz: Schanzen; Drahanowitz bei Namiest (Bezirk
Olmütz) (Čoka).
Agropyron intermedium P. B. « typicum (G. Beck. Welka:
Jawornik, Radejow; Drysitz bei Wischau (Coka). — £ glaucum
R. Sch. Dieditz bei Wischau (Čoka).
Cyperus fuseus Li Olmütz: Marchufer am großen Exerzier-
platze; Sumpfboden bei der Hatscheiner Mühle mit Bidens cernuus
L. v. discoideus.
Heleocharis acicularis (14) R. Br. Südmähren: Am Wege von
Rakwitz nach Neudeck mit Heleochloa explicata (Lk.) Hack.
Molinia coerulea (1) Mnch. Rohatetz: Auf trockenem Sand-
boden mit einigen Kolonien von Calluna vulgaris, begleitet von
Dianthus superbus in der Dubrawa bei der Sobonker Mühle, sonst
im Sandgebiete fehlend.
Carex. muricala Li. 2 virens Lam. Olmütz: Großwasser,
4
Griigau.
Carex umbrosa Host. Göding: An der Bahn bei Rohatetz
(Coka).
Carex rufa L. @ typica G. B. Proßnitz: Sumpf bei Wrbatek
(Čoka).
Luxula pallescens Bess. Olmůtz: Militärschiebstätte bei Laska.
Veratrum Lobelianum Bernh. Gesenke: In srober Menge an
moorigen Stellen oberhalb Andersdorf bei Bärn, mit Doronicum
austriacum Jacq.
(wercus lanuginosa (Lam.) Thuill. Südmähren: Waldränder
bei Gurdau und Auspitz in den Formen «) typica, b) pinnatifida,
erstere häufiger.
(Juereus Cerris 11 Südabhang der Pollauer Berge.
Die interessante Pflanze hat für Mähren aus pflanzen-
geographischen Gründen besonderes Interesse. In Obornys „Flora
von Mähren und Österr.-Schlesien“ (S. 298) wird sie für folgende
198
Lokalititen angegeben: „Bisenz, strauchartig mit ©. lanuginos:
(nach Uechtritz), nach Bubela°’‘) bereits verschwunden. Als
Baum im Hojagebiete zwischen Possitz und Grußbach, in den
Feldsberg-Lundenburger Forsten; ein Bestand im Tiergarten bei
Kromau (Zimmermann) und auf dem Pelzberge bei Esseklee
nächst Znaim in größerem Gebiisch von mehr als 100 Stämmen.“
Später wurde die Zerr-Eiche von Wildt°’) auch für Pausram,
Keltschan und Auspitz angegeben, ferner auch für den Schreib-
wald und den Hadiberg bei Brünn, wo sie nach Wildt®®) „als
Kulturflüchtling und nur strauchartig“ vorkommt. Alle die ge-
nannten Standorte liegen im Bereiche der pannonischen Steppen-
Hora Südmährens, und selbst wenn man den letztgenannten Standort
als künstlich annımmt und die hier wachsende Zerr-Eiche als
Ergasiophygophit gelten läßt, erreicht die erwähnte Eichenart in
Südmähren als spontan wachsende Art die absolute Nord-
grenze ihrer Verbreitung.
U. austriaca Willd., die als Rasse zu (). Cerris gehört, ist
nach Podpèraf!) eine meridionale Art mit folgendem Areal:
aus Mähren durch das Donaugebiet. westlich bis Steiermark,
Kärnten. östlich in die nördlichen Balkanländer. Die eigentliche
Q. cerris wächst nach Podpěra im ganzen Mittelmeergebiete und
geht nördlich bis zum französischen Jura.
Aus Mähren, und zwar gerade von den Pollauer Bergen,
nennt sie schon 1859 Th. Kotschy in seinem prachtvollen Werke
„Die Eichen Europas und des Orients“ (Olmütz und Wien 1859
bis 1862) und bildet sie auf Tafel XX ab. Dort heißt es: „Die
Abteilung Cerris mit zweijähriger Fruchtreife ist durch Q. austriaca
Willd. allein in Deutschland, nördlich von Wien, in Mähren auf den
Pollauer Bergen sowie bei St. Pölten in Niederösterreich vertreten,
ist aber in Ungarn sehr häufig. Unter den bisher nicht genau ge-
kannten und getrennten Arten der Abteilung Cerris gibt es mehrere
im Orient, durch ganz Kleinasien, über den Libanon bis in das
>) Bubela, Verzeichnis der um Bisenz wildwachsenden Pflanzen. Verh.
d. zool.-botan, Gesellsch. i. Wien. 1881.
59) Wildt, Verh. d. Naturf. Ver. i. Brünn, 41. Bd. 1905, S. 257; 47. Bd.
1908, 5. 115;
50) Wildt, Botanisches Exkursionsbuch für die Umgebung von Brünn. 1910.
5) Podpěra, Entwicklung und geographische Verbreitung der Flora
der böhmischen Länder. Mähr.-Ostrau 1909, S. 205.
199
südlich von Damaskus gelegene Hauran und Armenien hin ver-
breitet. Auch in Griechenland, Sizilien, dem mittleren Spanien
und Portugal kommt Cerris nicht selten vor. Exemplare von Ost,
Süd und West verglichen, bieten in den Früchten nicht hinläng-
liche Merkmale, um sie, ohne das nähere Studium der Blüten, die
bisher meist ungekannt sind, trotz mancher Unterschiede als
Spezies trennen zu können, obwohl in der Folge sicherlich einige
sute Spezies auftauchen dürften. Willdenow, der diese Art auf-
stellte, merkte bereits eine Verschiedenheit zwischen der nördlichen,
von ihm aufgestellten (). austriaca und der südlichen (9. Cerris L.“
Sonstige Autoren, die sich über die weitere Verbreitung der Zerr-
Eiche äußern, sind Velenovský (Österreich, Kärnten, Steiermark,
Ungarn, Siebenbürgen, Rumänien, Serbien, Bulgarien), Wagner-
Gradmann“?) (Krain, Tirol, Steiermark. Niederösterreich, Schweiz),
Fritsch (Mähren. Niederösterreich, Steiermark. Krain, Küsten-
land, Südtirol). Boissier®) (Gallia occidentalis et Jurassus, Hel-
vetin australis, Italia et Silicia, Germania australis, Dalmatia,
regio Danubialis); auf asiatischem Boden: in silvis regionis in-
ferioris montanae et subalpinae. Lydia. Caria, Pamphylia in pla-
nitie et montibus usque ad 4500‘, Cilicia, Syria borealis in monte
A mano. Libano et circa Eden 5400‘ Anatolia borealis.“
Diese Angaben betreffend das Gesamtareal lauten in ein-
zelnen Teilen widersprechend. so dal) es sich lohnt, des näheren
auf die Feststellung der Verbreitung der Pflanze auf Grund der
vorhandenen Literatur einzugehen.
Unter den Sudetenländern hat nur Mähren die oben ange-
führten Standorte, deren Bedeutung bereits erwähnt wurde. Im
Alpengebiete wächst die Zerr-Eiche in Niederösterreich nach
Beck‘) in der var. typica und austriaca auf den Hügeln in der
pannonischen Flora, im Wienerwalde und im Traisentale. Sie
tindet sich in der Formation der weichhaarigen Eiche (4. lanugi-
nosa). ferner auch in der mitteleuropäischen Formation der Eichen
(©. robur, Q. sessiliflora) eingestreut. Nach A. Kerner") sind
Buschwerke aus Zerr- und Weicheichen in der Wachau vorgescho-
62) Wagner, Deutschlands Flora, bearbeitet von Gradmann. Stuttgart
1905, S. 190.
63) Boissier, Flora orientalis usw. Genf und Basel 1879, IV. S. 1170.
64) Beck, 1. c. S. 270.
55) Kerner, Pflanzenleben der Donauländer. Innsbruck 1868, S. 197.
200
bene Vorposten der Steppenflora auf lLöbboden. Halacsy““) führt
genaue Standorte in Niederösterreich an, und zwar: im Hügel-
lande des Kreises unter dem Manhartsberge, im Schwarzwalde bei
(röllersdorf. Ernstbrunner Wald, Plattwald bei Hausbrunn. Felds-
berg; am Kahlengebirge bei Kierling, Weidlingbach, Neuwaldegg.
Hütteldorf, Schönbrunn, Mauer, Kalksburg, Weißenbach. Brühl,
Baden, Heiligenkreuz; vereinzelt am Rosaliengebirge und im süd-
lichen Schiefergebiete; im Traisentale bei Pihra, Viehofen, Her-
zogenburg, Hollenburg. In Tirol wächst die Zerr-Eiche nach
Dalla Torre und Sarnthein““) noch um Schruns (?), dann
besonders im Süden bei Daone, Riccomassino nächst Lodrone, in
Wäldern bei Margone. Die wollhaarige Eiche ist viel mehr ver-
breitet. Im österreichischen Küstenlande bildet 4). Cerris nach
Pospichal®) auf kalkhaltigem Boden in höheren, der Buchen-
orenze genäherten Lagen kleine Bestände (so bei Slum in der
T'schitscherei), teils wächst sie einzeln oder in Gruppen über das
sanze Gebiet verbreitet. Marchesetti‘’) führt sie von mehreren
Punkten der Umgebung von Triest (Lippiza, Divaccia, S. Canzian.
Cosina, M. Slaunig u. a.) an. Nach Beck‘®) reicht die Zerr-Eiche
im Isonzotale bis St. Lucia und von hier in das Idriatal, wo sie
am Abhange des Lasčekgebirges im Rotbuchenwalde auftritt. Bis
Kärnten (auch in Hallier, Flora von Deutschland, 10. Bd., S. 152,
wird dieses Land zum Areale der Zerr-Eiche gerechnet) ist sie
nicht vorgedrungen; hingegen findet sie sich in Krain und
Steiermark. Nach Maly (Flora von Steiermark, Wien 1368,
p. 61) liegen ihre Standorte in Bergwäldern von Untersteiermark
bei Wisell, Rohitsch. Montpreis und auf dem Donatiberge.
Eine große Rolle spielt die Zerr-Eiche im illyrischen (rebiete.
Sie gehört nach Beck zu den laubabwerfenden Hölzern des
Karstwaldes der adriatischen Küste neben 4. robur, Fraxinus
9 Halacsy, |. ©- S. 458.
57) Dalla Torre und Gf. Sarnthein, 'Flora der gefürsteten Grafschaft
Tirol usw. VI. Bd., 1. Abt. Innsbruck 1909, S. 66.
#8), Pospichal, Flora des österreichischen Kůstenlandes. Wien 1897,
I., S. 323.
6) Marchesetti, Flora di Trieste e de’ suoi dintorni. Triest 1897, S. 499.
79) Beck, R. v., Vegetationsstudien in den Ostalpen. I. Die Verbreitung
der mediterranen, illyrischen und mitteleuropäisch-alpinen Flora im Isonzotale,
Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-nat. Kl., CXVI Bd., 1. Abt. 1907,
S. 1439— 1534.
201
Ornus, Prunus Mahaleb u. a. Weiter trifft man sie im litoralen
Eichenwalde, dessen Oberholz sie nebst (9. lanuginosa, (). sessili-
flora, Q. hungarica, (9. robur, Q. ilex, Castanea sativa, Ostrya car-
pinifolia, Ulmus campestris, Celtis australis, Acer campestre, A.
monspessulanus und Fraxinus Ornus in Dalmatien bildet. Be-
zeichnend ist sie für die Eichenformationen des Karstes, die
vom liburnischen Karst bis nach Albanien und von den äubersten
Grenzen der Mittelmeertlora bis zu jenen Höhen reichen, in welchen
die Rotbuchen oder die Tannen die Oberhand gewinnen 't). Innerhalb
dieser Formationen dominieren in der Herzegowina (©. cerris mit
©. hungarica im Becken von Trebinje; am Skutarisee und in
Albanien tritt die Zerr-Eiche mit der ungarischen sowie (). mace-
donica als waldartiges Buschwerk auf. Während im Tiefland der
Save der uralte slawonische Eichenwald fast nur aus Stieleichen
(Q. robur) besteht, stellt sich südlich davon in Bosnien wieder im
Hügel- und Bergland ein Gemisch von Trauben- und Zerr-Eichen
(©. sessiliflora und (). cerris) in Verbindung mit Carpinus Betulus
und Tilia tomentosa ein; in höheren Lagen mischt sich der bos-
nische Eichenwald mit Fagus silvatica, in Kroatien mit Castanea
sativa, im Drinatale und in Serbien mit Juglans regia und Quercus
hungarica. Der bosnische Eichenwald hat in Bosnien und Serbien
eine grobe Verbreitung. In ihm steigt die Zerr-Eiche höher als
die Traubeneiche; reine Zerr-Eichenwälder sind indes selten. meist
sind noch andere Holzarten, auch Pinus silvestris und P. nigra
beigemengt. Beck gibt (p. 213) eine ausführliche Liste der Be-
standteile der Formation des bosnischen Eichenwaldes. welche
zeigt, dal) derselbe in überwiegender Menge Holzgewächse und
Stauden aufweist, wie sie unsere südmährischen Eichenwälder
ebenfalls besitzen, und zwar:
Oberholz: ©. sessiliflora, (9. Cerris, (©. Robur, Fagus, Car-
pinus, Betula alba, Populus tremula, P. alba, Acer campestre, A.
platanoides, Tilia platyphylla, Prunus avium, Pirus communis,
Malus communis, Aria torminalis, A. nivea, Fraxinus excelsior:
Unterholz: Juniperus communis, Coryllus avellana, Salix capraea,
Staphylea pinnata, Evonymus europaeus, Cornus mas, C. sanguinea.
1) Nach Adamovic, Die Pflanzenwelt Dalmatiens, 1911, S. 45, besteht
die verbreitetste Waldformation Dalmatiens aus sommergrünen, meist weich-
haarigen Eichen (Quercus pubescens), denen sich 9, Cerris und (). peduneulata
beigesellen.
202
Rosa repens, R. austriaca, Prunus spinosa, Rubus Idaeus, Cra-
taegus monogyna, Grenista tinctoria, Uytisus nigricans, U. capitatus,
Ligustrum vulgare. Viburnum Lantana; Schlinggewächse: Cle-
matis Vitalba, Vitis vinifera, Hedera Helix, Rubus hirtus. R. sub-
erectus, R. caesius. Astragalus glveyphyllos; Epiphyten: Loranthus
europaeus; Niederwuchs: Pteridium aquilinum. Aspidium filix mas,
Milium effusum. Melica nutans. M. uniflora. Poa. nemoralis,
Dactylis glomerata. Festuca heterophylla. Brachypodium silvaticum,
B. pinnatum. Carex pallescens. Luzula. pilosa. 14 angustifoha,
Lilium martagon. Allium ursinum, Convallaria majalis. Polygo-
natum multiflora. Paris, Arum. Orchis maculata. Platanthera
bifolia, Stellaria nemorum, 9. Holostea, Moehringia trinervia,
Dianthus Armeria. Silene nutans, Ranunculus lanuginosus, R. poly-
anthemus, Anemone ranunculoides, A. nemorosa. Viola silvatica.
Hypericum montanum. H. perforatum, Oxalis Acetosella. Geranium
Robertianum. (G. sanguineum, Asarum, Euphorbia amygdaloides.
Aegopodium. Pimpinella saxifraga. Peucedanum alsaticum, Čircaea
lutetiana. Poterium Sanguisorba. Fragaria vesca, Potentilla alba,
P. Tormentilla, Geum urbanum, Agrimonia Eupatoria, "Prifolum
alpestre, T. rubens, T. medium, Genista germanica, G. pilosa,
Lotus corniculatus. Doryenium, Vicia cassubica. V. sepium. Lathyrus
niger. L. vernus, Lvsimachia vulgaris. Pirola rotundifolia. Vacci-
nium Myrtillus. Vincetoxicum officinale, Erythraea Centaurium,
Gentiana cruciata, Symphytum tuberosum. Lithospermum officinale,
I.. purpureo-coeruleum. Pulmonaria officinalis, P, mollis. Thymus
montanus. Calamintha Clinopodium, Origanum vulgare, Nepeta
pannonica. Glechoma hirsuta. Lamium Galeobdolon, Stachys be-
tonica. Melittis Melissophyllum, Brunella laciniata, B. vulgaris,
Ajuga genevensis, Teucrium Chamaedrys. Verbascum nigrum.
V. austriacum. V. phlomoides, Veronica officinalis, V. Chamaedrys.
Digitalis ambigua, Melampyrum nemorosum. M. pratense. C'ampa-
nula patula, C. persicifolia. ©. glomerata, C. Trachelium. C. bono-
niensis. Asperula odorata. Galium silvaticum, @. vernum, (G. verum.
G. cruciatum, Knautia silvatica, Achillea millefolium, Solidago Virgo
aurea. Gnaphalium silvaticum, Inula convza, I. salicina, I. hirta,
Senecio nemorensis. Serratula tinctoria. Centaurea stenolepis, Č.
jacea. Chrysanthemum corymbosum. Anthemis tinctoria, Lactuca
muralis. Hieracium racemosum. H. silvaticum, H. boreale; Sapro-
phyten: Neottia. Orobanche.
203
Vergleicht man diese Liste mit jener der Vegetation unserer
Eichenwälder, in denen Q. Cerris ein nur ganz sporadisches Element
bildet. so fällt die Ähnlichkeit sofort in die Augen.
Aber auch in den Gebirgen des illyrischen Gebietes. und
zwar in der Waldregion des liburnischen Karstes, im Velebitgebirge
(Landseite), im nordalbanischen Gebirge (Schard-Dagh) und im
ostserbischen Gebirge spielt die Zerr-Eiche eine Rolle. Sie mengt
sich in die Formation der Rotbuche in höheren Lagen ein. Beck
nennt hier die Zerr-Eiche eine westpontische Art ebenso wie
©. hungarica. Sie gehört zu jenen Arten, welche über das Karst-
gebiet hinaus bis in die Ostalpen und nördlich bis Mähren reichen.
Pancic”) führt Q. Cerris auch von den Serpentinbergen
Mittelserbiens an, die einst mit Wald bestanden waren. heute aber
nur Reste von Waldwuchs aufweisen.
In den östlichen Balkan- (mösischen) Ländern hat die Zerr-
Eiche nach Adamovič ebenfalls eine große Verbreitung. Sie ist
in Bulgarien ein Gemengteil des Ornus-Mischlaubwaldes
(= Karstwald Becks). der in allen Teilen der Balkanhalbinsel,
vorzüglich im mediterranen. vorkommt; in der immergrünen Stufe
gesellen sich ihm Quercus coccifera (Griechenland), @. Ilex,
Laurus nobilis (adriatisch-ionische Küste) zu. Die verbreitetste
Eiche des Ornuswaldes ist (©. lanuginosa; ihr gesellen sich Q.
Cerris, (). conferta, Q. brutia und ©. Haas, seltener (). sessiliflora,
(). australis und (). pedunculata bei.
In der mediterranen Fazies ist die Zahl der für die Gegen-
den charakteristischen sonstigen Pflanzen dieser Formation größer
als in der mittelenropäischen. In der sogenannten Sibljak-For-
mation ist der Quercus-Typus besonders verbreitet. Eichenbusch-
werke beherrschen fast die ganze Hügelstufe der Balkanländer.
Adamovic ist der Ansicht, daß dieser Typus in nordwestlicher
Richtung bis nach Deutschland reicht; in Ungarn und Nieder-
österreich ist sie noch typisch entwickelt. Diese Genossenschaft
wird auf der Balkanhalbinsel von zwerghaften Beständen von Quercus
pubescens gebildet, der nicht selten auch andere verkümmerte
Eichenarten (4). conferta, Q. austriaca, (9. rhodopea) beigemengt
sind. Eine charakteristische Staude für. die Ränder der Sibljak-
7%) Pančič, Die Flora der Serpentinberge in Mittelserbien, Verh. d.
k. k. zool.-bot. Gesellschaft. Wien 1859, S. 139.
204
Dickichte ist die wohlbewehrte Distel Chamepeuce afra, wie ich
sie selbst an ausgedehnten Sibljak-Abhängen im Iskertale bei
Cerovo 190873) beobachten konnte. Der Ort hat seinen Namen
nach den ausgedehnten Zerr-Eichenwäldern (bulg. cer), wie sie im
Iskerdefilé des Balkans noch vorkommen. rien a diese
Wälder ein von den unsrigen ganz verschiedenes Aussehen. Es
ist dies eine im Binnenlande der nördlichen Balkanstaaten weit-
verbreitete Formation, die entweder aus einer einzigen Eichenart
oder einem Gemisch mehrerer Arten gebildet wird, denen sich
die Silberlinde oder Rotbuche u Adamovič unter-
scheidet eine Fazies der (). conferta, Q. pedunculata, Q. austriaca,
(). sessiliflora, je nachdem eine der A dominierend auftritt.
Die S. 255 seines verdienstvollen Werkes angeführte Formations-
liste, darstellend die Pflanzenarten im Ober- und Unterholz, die
Schlinggewächse und den Niederwuchs bietet im allgemeinen das-
selbe Bild wie in den illyrischen Gebieten und in unseren Gegenden.
Bei dem Umstande, dab in solchen Eichenwäldern hinreichend
Licht vorhanden ist, hat die Begleittlora eine sehr bunte Zu-
sammensetzung und großen Artenreichtum.
Auch in der Schwarzföhrenformation (Pinus nigra) sowie in
Auwäldern und Buschwäldern erscheint die Zerr-Eiche eingesprengt.
Für Ostrumelien nennt die Zerr-Eiche Podpěra'*) als Unterwuchs
der lichten Buschwälder; von Montenegro führt sie Rohlena’’)
an, Kotschy weist auf das Vorkommen in Griechenland hin: in
Pritzels““) Arbeit werden auber der immergrünen (). ilex noch
Q. conferta, (). lanuginosa, (9. Robur und ©. one nicht aber
Q. Cerris (austriaca) angegeben, so dab diese Eiche im Lande viel-
leicht nur eine beschränkte Verbreitung hat,
Eine bedeutende Verbreitung besitzt die Zerr-Eiche auch im
Hügellande Ungarns. Für Kroatien gibt sie Potscharsky’') an.
3) Laus, Botanische Reiseskizzen aus Bulgarien. Olmůtz 1900.
“+, Podpěra, Ein Beitrag zu den Vegetationsverhältnissen von Süd-
bulgarien (Ostrumelien). Verh. d. k. k. zool.-bot. Ges. Wien 1902, S. 619.
®) Rohlena, Vierter Beitrag zur Flora von Montenegro. Sitzunesber.
d. kön. böhm. Ges. d. Wissenschaften. Prag 1904, S. 85.
5) Pritzel, Vegetationsbilder aus dem südlichen und mittleren Griechen-
land. Englers Bot. ‚Jahrbücher, 41. Bd., 1908, S. 180.
7) Potscharsky, Beitrag zur Flora von Kroatien und Dalmatien.
Dresden, „Flora“, 1896, 8.34.
205
Nach Kerner“?) ist die Zerr-Eiche vorherrschend im pontischen
Laubwald; auch andere sommergrüne Eichen mit flaumhaarigem
Laube. in deren Bestand horstweise oder vereinzelt die Silber-
linde. der Haselnubbaum. die östliche Hainbuche, mehrere Ahorn-
arten und viele andere Laubhölzer eingesprengt sind, gehören zu
seinen (rliedern. Hier wachsen auch Castanea, Juglans regia,
ferner ein artenreicher Bodenwuchs, in ihm Telekia speciosa,
Waldsteinia geoides, Melica altissima. Veratrum, Phlomis, Paeonia,
Helleborus, Smyrmium, Genista, Cytisus u. a. Im Biharia-Gebirge
wird nach Kerner?“) die Stieleiche bei 1000° Höhe durch die
Zerr-Eiche abgelöst, eine Baumart, die es merkwürdigerweise
verschmäht hat, aus dem Bere- und Hiigellande der Karpaten in
das fruchtbare Niederland herabzusteigen, die aber auf dem ter-
tiären Boden, der die Ausästungen des Hochgebirges umwallt,
sowie auf den niederen Trachytbergen, welche sich im Gebiete der
Weißen Körös erheben, in prächtigem Wuchs emporstrebt. Sie
bildet mit ihren Wäldern einen ziemlich scharf ausgesprochenen
Gürtel, dessen untere Grenze mit dem Ende des Tertiäirlandes.
dessen oberes Ende mit 2200“ erreicht ist. Darüber, bis 2600,
wachsen Steineichen. Die Zerr-Eiche bildet fast reine Bestände,
doch gingen diese aus gemischten hervor. Beigemengt sind Car-
pinus, Tilia, Ulmus, Acer, Betula, Pirus, Malus, Fraxinus Ornus
u. a. Im Pilis-Vertes-Gebirge ist Q. Cerris nach Kerner*“) eben-
falls Bestandteil des Eichenwaldes, der die niedrigen Vorberge
und die südlichen Hänge besiedelt. Ihn bilden noch (). lanuginosa,
(). sessiliflora und (). pedenculata. Die Zerr-Eiche scheint in den
Urwäldern dieser Gegend ein vorherrschender Baum gewesen zu
sein und steigt bis 2400‘. Sie bildet herrliche Bestände; einer der
schönsten Zerr-Eichenwälder liegt zwischen Szantó, Usaba, ('sov
und Kesztölez am südlichen Gehänge des Piliser Gebirges auf
Kalkboden und tertiären Bildungen. ein anderer überzieht das
Trachytgebirge zwischen St. Endre und St. Laszlo. Auch in
Mischwäldern ist (9. Cerris nicht selten. — Aus der Umgebung
von Budapest nennt sie Borbás““) von mehreren Standorten; sie
75) Kerner, Österreich-Ungarns Pflanzenwelt. Im Übersichtsb. des Werkes
„Die österr.-ungar. Monarchie in Wort und Bild“, I. Abt., S. 206.
79) Kerner, Pflanzenleben der Donauländer. Innsbruck 1863, S. 120.
59) Kerner, Das Pilis- und Vertes-Gebirge. Verh. d. zool.-bot. Ges.
1857, S. 266.
st), Borbás, Budapestek koórnvétetnek novénvzete. Budapest 1879.
206
steigt hier bis 715 m. Die Exkursionen, die Verfasser im Juli und
August 1912 unter der liebenswürdigen Führung des Herrn Prot.
Dr. Arpad v. Degen in Gesellschaft der Herren Dr. Kiimmerle,
Dr. Javorka und der Herren der Königl. ungar. Samenkontroll-
station in Budapest im Randgebiete des Ofner Gebirges bis
St. Endre unternahm, lieben ihn eine auberordentliche Mannig-
faltigkeit der verschiedenen Eichenformen erkennen, die eines ein-
gehenden Studiums wert wären.
Nach Pax??) ist die Zerr-Eiche im Karpatengebiete Ungarns
ein Glied des gemischten Laubwaldes, der in den Westkarpaten
nur selten. an den Abhängen der Hegyalva und namentlich im
siebenbürgischen Hügellande vorherrschend ist. Ehemals reichten
die Eichenwälder bis an den Fub der Waldkarpaten. In den
niederen Lagen des Gebirges. besonders im siebenbürgischen
Hügellande, trifft man neben den Stammarten (©. sessilitlora,
(). pedunculata, (). conferta, (). lanuginosa und (). austriaca zahl-
reiche Formen und Hybriden, wie denn überhaupt diese Gattung
im unteren Donaugebiete die größte Mannigfaltigkeit aufweist. Ist
die Stieleiche ein Gewächs. dem besonders die tiefgründigen Allu-
vionen sehr zusagen, so findet sich die Zerr-Eiche mehr auf stei-
nigem Substrat. Simonkai”) und vor ihm Schur°t) geben zahl-
reiche Details über die Verbreitung der (). Cerris in Siebenbürgen.
Die Karpaten hat die Zerr-Eiche ebensowenig überstiegen,
wie sie über das böhmische Massiv und die Alpen vorgedrungen
ist. Sie zählt zu jenen pontischen Arten, die schon unweit ihres
Hauptverbreitungsbezirkes gegen kühlere Klimate hin abnehmen.
In Italien erstreckt sich nach Arcangeli“) ihr Verbreitungs-
gebiet über die ganze Halbinsel und Sizilien. In der Schweiz
tindet sie sich bloß im essin"“), und zwar am Monte Generoso““).
Nach Bonnier-Layens°®) ist die Zerr-Eiche in Frankreich im
Jura, in der Provence und im Westen anzutreffen; Lloyd‘) gibt
2) Pax ll, 1340459 (LG,
83) Simonkai, I. e. S. 490, Im östlichen Siebenbürgen ist die Zerr-
eiche selten.
#) Sehur, I. ce. S. 608.
5), Arcangeli, L c. S. 634.
s9) Schinz-Keller, I. c. S. 143.
8) Wagner-Gradmann, |. c. S. 190.
8) Bonnier-Layens, 1. c. S. 285.
89) Llovd, Flore de l’ouest de la France. Nantes 1376.
207
sie für die Wälder als meridionale Pllanze an, vorkommend in
den Departements Deux-Sèvres, Vendée, Loire inferieure, Maine
et Loire. Die Angabe, dab sie in Spanien wächst, bestätigt Will-
komm nicht.
Die nördliche Verbreitung der weichhaarigen Eiche (Quercus
lanuginosa) geht in Mähren bis Brünn (Hadiberg, nach Pluskal
noch auf der Kwietnica bei Tischnowitz!) und Butschowitz®); sie
reicht aber auch bis nach Böhmen, wo sie im Gebiete der wärme-
liebenden (Genossenschaften nicht selten ist, ferner bis Thüringen
(Umgebung von Jena), aus Frankreich noch nach dem Elsab und
dem ebenen Teil von Baden, ferner noch bis Belgien. Auch diese
Eiche ist eine meridionale Art; aus Südrußland und der Krim
reicht sie nach Podolien und der Bukowina (Ledebour). Ein
größeres Verbreitungsgebiet als (©. Cerris hat sie auch im Orient;
sie reicht von der ganzen Balkanhalbinsel nach Kleinasien, Ar-
menien und in die Kaukasusländer (Boissier, Radde) und tritt
auch in den anderen Ländern am Mittelmeere auf.
Lumex marttimus Tu. Olmütz: auf Flußsand im alten March-
bette bei Czernowir.
Chenopodium rubrum I. Ruderal in Julienfeld bei Brünn
und in Voitlsbrunn bei Nikolsburg.
Chenopodium murale M. Mit vorigem, häufig.
Silene dichotome Ehrh. Kleefeld bei Epperswagen, sehr häutig
hei Nebotein, Nedweis und Neretein, Bezirk Olmütz. Auch in
Schlesien bei Breitenau.
Stellaria graminea 1. Hochgesenke: noch auf den Matten bei
der Schäferei am Peterstein.
Stellaria palustris Rtz. Olmütz: Gräben bei Powel mit Ga-
Hum uliginosum.
BRammmenlus sardous Or. Olmiitz: Grasplätze bei Krezman.
Coronopus procumbens Gilib. Olmütz: Kartoffeläcker bei
Hatschein.
Hirschfeldia Pollichii (Schimp. et Sp.) Fr. An der Haltestelle
der neuen Lokalbahn beim Bahnhofe Nezamyslitz (1911). Es
scheint, als ob diese Pfianze ebenso wie Linum austriacum und
Salvia austriaca längs der Nordbahn durch die Wischauer Senke
im Vordringen ins Obere Marchbecken begriffen wäre.
»») Podpěra, Květena Hané. Brünn 1911, S. 52, 63.
208
Rapistrum perenne (1) Bergeret. Olmiitz: Neuer Exerzierplatz
am Wege nach Nebotein.
Potentilla norvegiea Vi. Olmütz: Im botanischen Garten 1911.
ohne angepflanzt zu sein, mehrfach erschienen, ebenso um die
Schule in Neustift. Vor einigen ‚Jahren durch F. Čoka bei Laska
in einigen Exemplaren konstatiert.
Potentilla incanescens Opiz. Olmiitz: Innerhalb der Steppen-
relikte bei Schnobolin, mit Papaver argemone.
Pirus piraster Borkh. Straßnitz: Machovy louky, Javornik
bei Welka (Čoka).
Malus pumila Mill. (= P. Malus 3 tomentosa Neril.) Olmütz:
An der Straße bei Olschan (Čoka).
Alchemilla vulgaris 1. v. reniformis Buser. Hochgesenke:
Gr.- Kessel.
‚Achemilla pubescens Lam. v. obscura. Buser. Hochgesenke:
Matten bei der Schäferei am Peterstein. Olmütz: Stefanau, Wiesen
zwischen Epperswagen und Gr.-Waltersdorf (Čoka). — v. exigua
Buser. Olmütz: Feuchte Wiesen bei Czernowir (Čoka).
(renista pilosa Tu. Westmähren: Auf Serpentin bei Mohelno,
1509 noch im August blühend.
(renista procumbens W. K. Olmütz: Ganz vereinzelt auf Lob
bei Nebotein (alte Steinbrüche).
Cytisus scoparius (Iu) Lk. Gesenke: Kreuzberg bei Grof-
Ullersdorf.
Oytisus supinus Li. (resenke: Domeschau bei Sternberg,
Pohorsch bei Olmütz.
Trifolium ochroleneum u. Neutitschein: Oberhalb Söhle.
Antbyllis vulneraria Ju. Gesenke: Bahndamm bei Bärn.
Doryenium germanicem (Gremli) Rouy. Nikolsburg: Auf
dem „Muschelberge* bei Voitelsbrunn.
Lotus uliginosus Schrk. Gesenke: Wiesen im Marchtale bei
Nikles mit Geranium palustre L.
Geranium pyrenaicum 1. Brünn: Im Obrawatale bei
Schöllschitz.
Epilobium adnatıum Grsb. Olmiitz: Bahngräben bei Neustift.
Radiola linoides Roth. Diese Pflanze wurde von mir Septem-
ber 1909 bei Rohatetz gefunden. Sie wiichst in Menge an einer
sandigen Böschung unweit eines kleinen Sumpfes nächst der No-
bonker Miihle in einer Fazies, die den Úbergang von der Wiesen-
209
flora zur Sandsteppe darstellt. Vorher hatte ich dieses Pflänzchen
nicht beobachtet und im Jahre 1911 ist es wohl infolge der
Dürre wieder ausgeblieben. Schon Rohrer hatte sie (nach Oborny)
für die Gegend von Scharditz und Göding angegeben. Auch wurde
ein Standort bei Holleschau genannt, doch fand sie Gogela nicht.
F. Kovář“) fand Radiola am „Babinský rybník“ bei Saar mit
Peplis Portula, Heleocharis acicularis, H. ovata, Scirpus setaceus,
Carex cyperoides, Veronica scutellata, Litorella juncea, Rumex
maritimus, Juncus bufonius, Limosella aquatica, (rnaphalium uli-
ginosum, Coleanthus subtilis, Elatine triandra, E. Hydropiper,
Bidens radiatus, B. Polakii u. a. In dieser Gesellschaft (Formation
des nackten Teichbodens in Teichgegenden) ist Radiola nach
Domin’?) eine jener Arten, die zuerst den trocken gewordenen
Teichgrund besiedeln und dort unter günstigen Bedingungen üppig
gedeihen. Allerdings ist diese sonst konstante Pflanzengenossen-
schaft auch zugleich eine derjenigen, welche den einmal gewonnenen
Boden sehr leicht durch das Vordringen anderer Elemente wieder
verliert. Auf Sandboden hält sie sich länger. Dieser „wandernden
Formation“ gehören außer den genannten Arten noch andere weit-
verbreitete, meist kleine Pflänzchen an wie Spergula echinosperma,
S. rubra, Centunculus minimus, Lindernia pyxidaria, Illecebrum
verticillatum, Potentilla supina, Cyperus fuscus, C. flavescens,
Juncus tenageia, J. capitatus, Gypsophila muralis, Callitriche ver-
nalis u. a. Ihnen ist in der Regel ein massenhaftes Auftreten
eigentümlich.
Bei Rohatetz wächst Radiola auf einem verhältnismäßig
kleinen Fleckchen, weit vom Wasser, schon in nächster Nachbar-
schaft der xerophilen Sandsteppe, begleitet von Avenastrum pu-
bescens, Briza media, Holcus lanatus, Leontodon hispidus, Lotus
corniculatus, Rumex acetosa, Centaurea Jacea, Armeria elongata,
Hieracium florentinum, H. magyaricum, Saxifraga bulbifera, Peuce-
danum oreoselinum u. a.
Auffallend ist die weitere Verbreitung der Pflanze. Radiola
tritt nach Fritsch (Exkursionsflora 1909) in Schlesien (1 Stand-
ort), Böhmen, Mähren, dann erst wieder in Untersteiermark, Krain
und im Küstenlande auf; westlich geht ihre Verbreitung über
%) Kovář, Vegetationsverhältnisse in der Gegend von Saar. Saar,
1909 (tschech.).
92) Domin, Vegetationsverhältnisse des tertiären Beckens usw. S. 331.
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII, 14
210
Deutschland nach Belgien bis Britannien und Frankreich, siidlich
nach Spanien und Italien (auf der Balkanhalbinsel nur in Griechen-
land), Marokko und Madeira bis ins tropische Afrika (Gebirge),
östlich über Galizien, Polen, Siebenbürgen, Rußland bis Mittel-
asien, nördlich bis Norwegen (Podpěra), und zwar von Mandal
bis Jáderen, Frederikstadt, Hvalöer, dann bis Wermland und
Oestergötland (Hermann).
Polygala vulgaris Iu. v. oxyptera Rehb. Beskiden: Waldränder
bei der Station Hotzendorf.
Thymelea Passerina (L.) Coss. Olmütz: Auf Granitboden bei
Krezman.
Lythrum hyssopifolium Ju. Südmähren: Auf Salzboden bei
der Haltestelle Rakwitz bei Kostel.
Helianthemum rupifragum Kern. Stramberg: Gipfel der
538 m hohen Tithonkalkklippe des Kotouč oberhalb der großen
Steinbrüche, ein häufiges Glied der Vegetation des steinigen
Kalkbodens, bestehend aus Veronica austriaca, Silene nutans,
Dianthus Carthusianorum, Digitalis ambigua, Allium senescens,
Stachys recta, Biscutella laevigata, Libanotis montana, Helianthemum
obscurum, Poa badensis, Festuca glauca, Naxifraga Aizoon, Phleum
phleoides, Potentilla arenaria, Arabis arenosa, Sedum album, Cy-
nanchum laxum, Arenaria serpyllifolia u. a., also einer Mischfazies
aus präalpinen und Steppenelementen.
Chamaenerion palustre Scop. (Epilobium Dodonaei Vill.)
Neutitschein: Steinbruch oberhalb Söhle.
Astrantia major L. Neutitschein: An der Strabe bei Reimlich.
Ohaerophyllum aromatieum Ti. Olmiitz: Schanzen, vereinzelt.
Myrrhis odorata (L.) Scop. Gesenke: Teßauen zwischen
Gr.-Ullersdorf und Marschendorf, sehr häufig”).
Androsace septentrionalis L. Die in Obornys Flora 5. 529
enthaltene Angabe Simonys „Sandfelder zwischen Nikolsburg
und Bratelsbrunn“ ist richtig. Herr Lehrer Adolf Unzeitig in
Nikolsburg hat mir die Pflanze von diesem Standorte in zahl-
reichen Exemplaren eingesendet, so daß nunmehr an dem Indigenat
dieser Art in Mähren nicht zu zweifeln ist.
Glana maritima L. Südmähren: Salzboden bei Rakwitz und
Kostel, selten.
9%) Laus, Über die Verbreitung der Myrrhis odorata und anderen
sudetischen Umbelliferen. Deutsche Botan. Monatschrift 1911.
211
Centaureum pulchellum (Lev.) Druce. Südmähren: Auf Stoppel-
feldern (!) bei Rakwitz und Kostel.
Gentiana Wettsteinii Murbeck. Westmähren: Wiesen bei Ra-
denitz nächst Křižanau, massenhaft.
Salvia pratensisxnemorosa. Olmütz: Raine bei den alten
Steinbrüchen nächst Nebotein, unter den Stammeltern.
Myosotis hispida Schlecht. Olmütz: Brachen bei Nebotein.
Asperula aparine M. B. Olmütz: Am Südrande des Grügauer
Waldes in (rebüschen.
Galium boreale L. Peterstein: Die hier vorkommende niedrige
Gebirgsform erinnert an G. pseudorubioides Schur.
Galium. Wirtgenii Schultz. Olmütz: An Sümpfen innerhalb
der Militärschießstätte bei Laska.
Galium austriaeum Jacg. Sternberg: Grasplätze bei Domeschau
und Pohorsch, Andersdorf bei Bärn.
Galium asperum Schreb. v. glabrum Schrad. Olmiitz: Grasige
Abhänge bei Großwasser.
Valerianella Morisonii (Spr.) D.C. Nebotein: Brache in den
alten Steinbrüchen.
Solidago serotina Ait. Rohatetz: Verwildert am Weldrande bei
der Station.
Pulicaria dyssenterica (L.) Gray. Nikolsburg: Wiesen am
Teiche bei Voitelsbrunn, massenhaft.
Galinsoga parviflora Cav. Bahnhof Nezamyslitz.
Artemisia annua L. Diese Pflanze trat 1911 an der Straße
zwischen Olmütz und dem Dorfe Laska in großer Menge verwüdert
auf. Man wurde auf sie durch den intensiven Geruch aufmerksam,
den schon die noch nicht aufgeblühten Pflanzen verursachten. In
den Gärten der Umgebung wurde diese Art von mir nicht beob-
achtet; auch im botanischen Garten fehlt sie. Der Gehweg an der
genannten Straße, wo die Pflanze unvermutet erschien, war vor
einem Jahre angeschüttet worden. Möglich, dab auf diese Weise
die Samen hierher gelangten. Bei der großen Samenmenge, welche
die Artemisien erzeugen, wird die Pflanze wahrscheinlich ein wei-
teres Areal in der Nachbarschaft gewinnen. 1912 wurde der
Standort freilich zum Teil wieder vernichtet, dafür erschien die
Pflanze mit Chrysanthemum Parthenium in der Nähe der Huf-
beschlagschule bei Olmütz, wo Turgenia latifolia und Delphinium
orientale wieder verschwunden sind.
14°
212
Nach Fritsch (Exkursionsflora 1909) wurde Artemisia
annua bereits in Niederösterreich, Salzburg und Tirol verwildert
beobachtet. Ihre Heimat ist in den Steppen Südostrußlands und
Asiens zu suchen. In Ledebour, Flora rossica, IL. p. 592, liest
man: In Rossia centralis? |.Jekaterinoslaw? in desert. caspio? et
cumanensis?] et provinciis caucasicis, in Kachetia, Imeritia ad
oppidum Kutais! et alibi Cartalinia, Mingrelia et Guria, territ.
Elisabethpol, prov. Karabagh, et Erivan!, circa Lenkoran et
Astara, Sullian! in prov. Tulüsch usque ad alt. 750 hexap., ins.
Sara m. caspii! inque Sibiria baikalensis a Jenissei fl. orientem
versus ubique et transbaikalensi ad fluv. Selenga, in Davuria.
Das Zentrum der Verbreitung der meisten Artemisia-Arten
liegt in den Steppen Eurasiens; Ledebour gibt für die Flora
Rußlands (samt dem asiatischen Anteil) 88 Arten (die zahllosen
Formen nicht mitgerechnet) an. Das ist mehr als ein Drittel aller
bekannten Artemisia-Formen. Aus dem Kaukasusgebiete und seiner
nördlichen und südlichen Steppenzone mit den ausgesprochenen
„Wermutsteppen“, deren Physiognomie Radde"*) so treffend schil-
dert, führt dieser Forscher unter den 17 Arten Art. annua nicht
an, so dab deren Vorkommen in diesen Gegenden zweifelhaft
erscheint.
In Deutschland wurde sie wiederholt verwildert oder als
Adventivpflanze beobachtet: so weist Hóck“?) auf das Vorkommen
in Brandenburg, und zwar Oderberg (Kirchhof) und Boitzenberg
(Gemüsegarten), ferner Züllichan und Dahlem bei Berlin hin.
Nach Prantl'%) beobachtete man sie bei Augsburg, nach Eichler-
Kirchner") bei Ulm; Schube‘*) nennt sie von Schweidnitz und
Görlitz, Preuß””) von der Ostseeküste (Kartoffelácker bei Pase-
wark). Auch bei Hamburg, in Posen und in Westpreußen soll sie
aufgetreten sein (Höck). Zimmermann!) nennt sie unter den
94) Radde, Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasusländern.
9) Höck. Ankömmlinge in der Pflanzenwelt Mitteleuropas usw. Bot.
Zentralbl., Beihefte 1900.
96) Prantl, Exkursionsflora für Bayern, Stuttgart 1884, S. 496.
97) Eichler-Kirchner, L. c.
9%) Schube, 1. c. S. 391.
9) Preuß, Die Vegetationsverhältnisse der preubischen Ostseeküste.
Danzig 1910, S. 113.
10) Zimmermann, Die Adventiv- und Ruderalflora von Mannheim usw.
Mannheim 1907, S. 154.
[3
213
Adventivpflanzen Mannheims neben A. Absinthium, A. Semsek,
A. Abrotanum, A. pontica, A. austriaca, A. Scoparia, A. Dracun-
culus, A. monogyna, A. desertorum, durchwegs eurasiatischen Arten,
die an den Hafenanlagen beobachtet worden sind. In meinem
Herbar befindet sich A. annua von Eisleben in Thüringen, ge-
sammelt von Eggers 1905. Von Zürich wird sie durch Naegeli-
Thellung!°!) als Gartenunkraut angegeben. In Ungarn wächst der
einjährige Beifu nach Bernätsky!") im südlichen Teile des
Alfölds in der Nähe der Ortschaften selbst zu ephemeren Hecken
verwendet, sehr häufig und gedeiht auf feuchtem, salzhältigem Boden
trefflich. Durch Formänek!®) ist uns ein Standort dieser Pflanze
in Serbien (Mirica) bekannt geworden. In Norwegen geht A. annua
kultiviert bis zu 68° nördlicher Breite und erreicht nach Schü-
beler1%) bis 125 cm Höhe. Velenovsky!"°) führt sie von Bulgarien
an (in cultis, ad vias prope Lom Palanka, Varna, Philippopel)
und skizziert deren geographisches Areal wie folgt: Kroatien, Sla-
wonien, Ungarn, Banat, Bosnien, Serbien, Moldau, Kaukasien,
Armenien, Syrien, Persien, Turkestan, Sibirien. Auch Adamovic!®
nennt sie von hier als Ruderalpflanze.
Schließlich sei noch bemerkt, daß unsere Pflanze auch in
Nordamerika, welches ebenfalls eine große Zahl einheimischer
Artemisia-Arten beherbergt, beobachtet worden ist, und zwar bei
Columbia (Missouri), nach Daniels'“).
Gnaphalium norvegicum Gunn. Hochgesenke: Schon oberhalb
Karlsdorf am Standorte des Avenastrum planiculme (siehe oben)
mit (G. silvaticum, in einer an eine Hybride beider Arten erinnern-
den Form. Belegexemplare in meinem Herbar.
Centaurea subjacea (Beck) Hayek. Hochgesenke: Wald- und
Wiesenränder oberhalb Karlsdorf bei Klein-Mohrau.
101) Naegeli-Thellung, Die Ruderal- und Adventivflora des Kantons
Zürich. Zürich 1905, S. 77.
102) Bernätsky, Über die Halophytenvegetation des Sodabodens im
ungarischen Tieflande. Budapest, Ann. Mus. nat. hung. 1905, S. 205.
103) Vandas, Religuiae Formanekianae. Brünn 1909.
14) Schübeler, 1. c. S. 245.
105) Velenovský, 1. c. S. 274.
16) Adamovič, Die Vegatationsverhältnisse der Balkanländer (Mósische
Länder). Leipzig 1909, S. 350.
107) Daniels, The Flora of Columbia, (Missouri) and vicinity. 1907, S. 238.
214
3. Beiträge zur mährischen Hieracienflora'“).
I. Pilosella Fries.
IL. macranthum Ven. ssp. testimoniale N. Olmütz: Schnobolin,
Kl.-Senitz.
H. pilosella Iu. ssp. trichophorum NP. Olmütz: Grügauer
Kalkhügel, Wischau (Čoka). — ssp. pilinum N. P. Olmiitz: Nebo-
tein, auf Löß; Nikolsburg: Turold. — ssp. pseudomelanops N. P.
Olmütz: Neboteiner Steinbrüche. — ssp. fulvitlorum N. P. Olmütz:
wie vorige in den Steppenrelikten bei Nebotein und Schnobolin,
Heiliger Berg bei Nikolsburg. — ssp. melanocomum N. P. Hoch-
gesenke: Hohe Heide, etwa 1400 m. — ssp. subvirescens N. P.
Hochgesenke: am Wege von der Schäferei nach Karlsdorf. — ssp.
nigrescens N. P. Wie vorige, am Fube der Hohen Heide. — ssp.
parviforum N. P. Sandboden der Dubrawa bei Bisenz, Grasplitze
beim (Czernowirer Fort nächst Olmütz. — ssp. vulgare N. P.
Moosweichten beim Berggeist im Hochgesenke, Nikles bei Hanns-
dorf, Kotouč bei Stramberg, K1.-Senitz und Wrbatek bei Olmiitz. —
ssp. trichocephalum N. P. Kotouč bei Stramberg. — ssp. amauron
N. P. Hobitschau bei Wischau (Coka), Nebotein bei Olmiitz. —
ssp. angustius N. P. Steinbrüche bei Nebotein. — ssp. minuticeps
N. P. Abhánge bei Schnobolin nächst Olmütz.
H. Auricula Lam. et D.C. ssp. auricula Lam. et D.C. Olmütz:
Wiesen bei Üzernowir.
H. Schultesii F. Schultz. Hochgesenke: Oberhalb Karlsdorf.
H. aurantiacum L. ssp. porphyromelanum N. P. Hochgesenke:
Altvater, Hohe Heide.
H. collinum Gochn. ssp. brevipilum N. P. Olmůtz: Moor-
wiesen bei Czernowir und Grügau.
I. flagellare Willd. Wiesen bei Bärn-Andersdorf, Czernowir,
Abhänge bei Nebotein. — ssp. flagellare Willd. Olmütz: Wiesen
zwischen Powel und Schnobolin. — ssp. glatzense N. P. Hoch-
gesenke: am Abhang der Hohen Heide.
105) Anordnung und Nomenklatur nach „Die Hieracien aus Mähren und
Österr.-Schlesien® (Verh. d. Naturf. Vereines in Brünn, Sep.-A. 1905) von
Direktor A. Oborny, dem ich für das gütige Bestimmen der von mir in
Mähren und anderwärts gefundenen Hieracien und anderer Pflanzen sowie für
die vielen freundlichen Winke meinen herzlichsten Dank zum Ausdruck bringe.
215
H. spathophyllum N. P. Auspitz, Bárn-Andersdorf, Wrbatek
bei Probnitz.
H. cymosum L. Olmütz: Abhänge bei Schnobolin, Turold bei
Nikolsburg.
FH. canıım N. P. ssp, melanopolium N. P, Olmiitz: Kalkboden
bei Grügau. — ssp. pleianthum N. P. Nebotein bei Olmiitz. —
ssp. lagarum N. P. Tnrold bei Nikolsburg.
H. echioides Lumn. Pausram bei Auspitz.
IT. bifurcum M. B. Nebotein bei Olmiitz. — ssp. cinereum
Tsch. Grügau bei Olmiitz.
H. florentinum All. Grobwasser bei Olmiitz. — ssp. obscurum
Rchb. Griigau bei Olmütz, Nikles bei Hannsdorf. — ssp. praealtum
Vill. Olmiitz: Griigau, Nebotein, Czernowir, Rohatetz, Rand der
Dubrawa, Wermsdorf bei Zöptau. — ssp. hirsuticeps N. P. Nebo-
tein bei Olmiitz. — sp. pseudovistulinum Oborny. Grügau bei
Olmütz.
HH. magyaricum N. P. ssp. sparsum Friv. Grügau bei Olmiitz, —
ssp. decolor N. P. Olmütz: Schnobolin, Grobwasser, Üzernowir. —
ssp. tephrops N. P. Schnobolin und Grügau bei Olmiitz, Rohatetz,
Turold bei Nikolsburg, Nikles bei Hannsdorf, Kotouč bei Stram-
berg, Starë bei Trebitsch (Picbauer). — ssp. magyaricum N. P.
(sroßwasser bei Olmütz. — ssp. filiferum N. P. Grügau und Grob-
wasser bei Olmütz, Nikles bei Hannsdorf, Markersdorf am Bradl-
stein. — ssp. hispidissimum N. P. Großwasser bei Olmütz. — ssp.
arvorum N. P. Grügau, Nikles. — ssp. plicatum Tsch. Nikles. —
ssp. Bauhini Schult. Olmütz: Schnobolin, Czernowir, Grügau. —
ssp. pseudobauhini N. P. Grügau, Wladislau bei Trebitsch (Picbauer).
H. brachiatum Bert. ssp. valdestriatum N. P. Nebotein bei
Olmütz. — ssp. flavum N. P. Grügau. — ssp. pseudobrachiatum
N. P. Olmütz: Schnobolin, Grügau. — ssp. Villarsii Schultz. Mar-
kersdorf am Bradlstein. — ssp. pieniakense Rehm. Nebotein. —
ssp. crociflorum N. P. Kl.-Senitz bei Olmiitz.
H. leptophyton N. P. ssp. leptophyton N. P. Olmütz: Nebo-
tein, Grügau. — ssp. atriceps N. P. Grügau.
H. arvicola N. P. ssp. Molendianum N. P. Czernowir bei
Olmiitz.
H. Obornyanum N. P. Griigau bei Olmütz.
IT. floribundum W. Gr. Olmütz: Grügau, Czernowir, Markers-
dorf, Bisenz.
216
IT, umbelliferum N. P. Nikolsburg. — ssp. cymosiforme N. P.
Turold bei Nikolsburg. — ssp. acrosciadium N. P. Grügau. —
ssp. Neilreichii N. P. Grůgau.
H. pannonicum N. P. Turold bei Nikolsburg. — ssp. eumor-
phum N. P. Altenberg bei Pausram.
IT. Euhieracium Torr. et Gray.
H. silvaticum Iu. ssp. gentile Jord. Schreibwald bei Brünn,
Olmütz: Schnobolin, Großwasser, Grügauer Wald; Hochgesenke:
Karlsdorf, Wermsdorf, Hohe Heide. — ssp. bifidiforme Z. Nikols-
burg: Marienberg. — ssp. oblongum Jord. Olmiitz: GroBwasser,
Kl.-Senitz; Südmähren: Pausram; Gesenke: Nikles. — ssp. exo-
tericum Jord. Olmütz: Großwasser; M.-Schönberg: Reigersdorf. —
ssp. silvularum Jord. Olmütz: Großwasser, Hombok, Giebau, Grü-
gauer Wald; Gesenke: Nikles, Karlsdorf, Reigersdorf. — ssp. ser-
ratifrons Almq. Olmütz: Großwasser. — ssp. serratifolium Jord.
Gesenke: Nikles.
H. vulgatum Fr. ssp. argillaceum Jord. Spiegl. Schneeberg
gegen Mohrau. — ssp. haematodes Vill. Gesenke; Wermsdorf. —
ssp. approximatum Jord. Olmütz: Alte Steinbrüche bei Nebotein,
Dubrawa bei Rohatetz. — ssp. irriguum Fr. Hochgesenke: Moos-
weichten am Berggeist. — ssp. sciaphilum Uechtr. Olmütz: Groß-
rasser; Gesenke: Nikles, Karlsdorf. — ssp. pinnatifidum Lönn.
Olmütz: Grügauer Wald, Grobwasser; Gesenke: Nikles. — ssp.
acuminatum Jord. Olmütz: Großwasser, Dollein; Hochgesenke:
Roter Berg, Heidebrünnel, Wermsdorf. Nikles, oberhalb Spieglitz. —
ssp. Jaccardi Z. Olmütz: Wälder bei Giebau.
H. umbrosum Jord. ssp. Pseudo-Pollichiae Ob. et Z. Olmütz:
Giebau, Großwasser, B.-Märzdorf. — ssp. divisum Jord. Olmütz:
Grügau, Wermsdorf, Karlsdorf im Gesenke. — ssp. pallidifohum
Jord. Großwasser bei Olmiitz.
H. bifidum Kit. Nikolsburg: Heil. Berg.
H. prenanthoides Vill. ssp. bupleurifolium Tsch. und ssp. lan-
ceolatum Vill. Noch oberhalb Karlsdorf bei Kl.-Mohrau.
H. laerigatum Willd. ssp. laevigatum Willd. Rippau bei
Můrau (F. Morawek). — ssp. rigidum Hartm. Grügau bei Olmütz.
H. inuloides Tsch. ssp. pseudostriatum f. tomentipedenculum
Ob. et Z. Hochgesenke: Gr. Kessel, Altvater-Abhang. — ssp. tri-
dentifolium Z. Gr. Kessel.
H. umbellatum Tu. f. coronopifolium Bernh. Grügau bei
Olmiitz. — f. linearifolium Wallr. Schreibwald bei Brünn. —
f. radula Uechtr. Olmütz: Militärschießstätte bei Laska.
IT. sabaudum Li. ssp. silvestre Tsch. Kl.-Senitz bei Olmütz. —
ssp. sublactucaceum Z. Grügau bei Olmütz, Gurdauer Wald bei
Auspitz.
H. curvidens Jord. Dollein bei Olmütz. — ssp. vagum Jord.
M.-Schönberg, Nikles, Griigau und Dollein bei Olmiitz.
H. racemosum W. K. ssp. styriacum Kern. Dollein bei
Olmütz. — ssp. barbatum Tsch. Gurdauer Wald bei Auspitz.
Nachtrac.
Blechnum spicant (L.) Roth. Selten um Rippau nächst Můrau
(Lehrer F. Morawek) und bei Spornhau (Lehrer K. Winter).
bromus brixaeformis Fisch. et Mey. Ich sammelte dieses Gras
im Juni 1912 im obersten Teile des Hohlweges, der von Schnobolin
(bei Olmütz) nach Nedweis führt, auf einer Lokalität, die ich schon
unzählige Male besucht hatte. Das zierliche Gras wuchs hier neben
dem Wegrande auf dem niedrigen Lößabhang, der fast durchwegs
pannonische Elemente beherbergt.
Es handelt sich hier jedenfalls um eine Adventivpflanze.
Die Art ist nach Ascherson und Graebner (Synopsis Bd. IL 1.
S. 622) vom Kaukasus bis ins nördliche Persien heimisch, wird
aber mitunter zu Trocken-Buketts kultiviert und verwildert zu-
weilen. Mit fremder Saat kann sie auf Äcker, mit Ballast auf
Ruderalstellen gelangen. In Deutschland ist sie bei Hamburg,
Berlin, Mannheim, bei Darmstadt (Luzernenfelder) beobachtet
worden. Auch aus der Franche-Comté ist sie bekannt. Fritsch
(Exk.-Flora 1909) gibt sie für Böhmen als verwildert an. — Wie
diese Trespe auf den angeführten Standort kam, ist schwer zu
erklären. Herr Direktor A. Oborny hatte die Güte, die Pflanze
zu bestimmen.
Agropyron caninum (L.) R. et Sch. Bezeichnend für lichte
Stellen des Bergwaldes im Oppatal zwischen Breitenau und
Karlstal.
In dieser Formation, in der die Tanne und die Fichte domi-
nieren, treten folgende Gewächse auf und sind meist für deren
Physiognomie im Hochsommer bezeichnend:
218
Fagus silvatica, Sorbus aucuparia, Acer platanoides, Prunus
padus, Sambucus niger, S. racemosus, Rubus Idaeus, Lonicer:
nigra, Festuca gigantea, Senecio nemorensis, Agropyron caninum,
Angelica. silvestris, Hieracium silvaticum, Equisetum silvaticum,
Agrostis vulgaris, Fragaria vesca, Geranium robertianum, Gma-
phalium silvaticum, Galium. vernum, Nephrodium phegopteris,
N. spinulosum, N. filix mas, Lamium maculatum, Ranunculus acer,
R. repens, R. lanuginosus, Chaerophyllum hirsutum, Asperula
odorata, Circaea lutetiana, Impatiens noli me tangere, Urtica dioica,
Filipendula ulmaria, Cirsium oleraceum, C. palustre, Heracleum
sphondylium, Poa annua, Oxalis acetosella, Lactuca muralis, Paris
quadrifolia, Mercurialis perennis, Galeobdolon luteum, Anthriscus
silvestris, Epilobium collinum, Petasites officinalis, Tussilago farfara,
Stellaria holostea, Clinopodium vulgare, Melica nutans, Phyteuma
spicata, Milium effusum, Athyrium filix femina, Aruncus silvester,
Majanthemum bifolium, Brunella vulgaris, Aegopodium Podagraria,
Symphytum ofticinale, Melampyrum nemorosum, Achillea mille-
folium, Chrysanthemum vulgare, Calamagrostis arundinacea, Gale-
OPSIS Speciosa.
Die ähnlich zusammengesetzten Nadelwälder der Ab-
hänge des Oppatales sowie des angrenzenden Plateaus weisen
außer den genannten Arten noch auf:
Larix europaea, Juniperus communis, Pinus silvestris (ver-
einzelt), Betula alba, Rosa alpina, Cystopteris fragilis, Prenanthes
purpurea, Epilobium angustifolium, Deschampsia caespitosa, Elymus
europaeus, Veronica officinalis, Senecio silvaticus, Plantago major,
Leontodon autumnalis, Anthemis arvensis (Waldwege) Galium
silvaticum, G.rotundifolium, Carex muricata, C. remota, Phleum pra-
tense, Actaea spicata, Melica uniflora, Ajuga reptans, Geum ur-
banum, Poa nemoralis, Dactylis glomerata, Lysimachia nemorum,
Festuca silvatica, Hieracium vulgatum, Juncus Leersü, Digitalis
ambigua, Calamagrostis epigeios, Hypericum montanum, Epipactis
latifolia, Luzula maxima, Sieglingia decumbens, Polygonatum verti-
cillatum, Viola, Campanula trachelium.
Die Waldwiesen sind charakterisiert durch: Campanula
persicifoha, C. rotundifolia, Anthoxanthum odoratum, Carlina
acaulis, C. vulgaris, Senecio Jacobaea, Galium verum, Inula Conyza,
Pimpinella saxifraga, Solidago virga aurea, (Genista germanica,
Veronica chamaedrys, Hieracium pilosella, Antennaria dioica.
219
Die Quellfluren sind im Sommer relativ arm an Arten;
blob Phalaris arundinacea, Ranunculus repens, Myosotis palustris,
Athyrium filix femina, Scirpus silvaticus, Equisetum silvaticum v.
capillare sind als Glieder dieser Assoziation hervorzuheben. Reicher
dagegen gestaltet sich die Flora der Holzschläge. Sie ähnelt
anfangs der des beschatteten Waldbodens, später aber prävalieren
die in folgender Aufzählung kursiv gedruckten Arten: Lysi-
machia vulgaris, Holcus lanatus, Senecio jacobaea, S. viscosa, S.
silvatica, S. nemorensis, S. Fuchsii, Hypericum perforatum, Linaria
vulgaris, Phleum nodosum, Viola silvestris, Melica nutans, Turritis
glabra, Sambucus racemosa, Verbascum nigrum, Carduus erispus,
Urtica dioica, Atropa Belladonna, Anthoxanthum odoratum v. gla-
brescens subv. silvaticum, Agrostis vulgaris, Festuca gigantea, Cala-
magrostis epigeios, Lactuca muralis, Moehringia trinervia, Galium
rotundifolium, Galeopsis tetrahit, Melampyrum nemorosum (auch
mit weiben und karminroten Hochblättern), Astragalus glycy-
phyllos, Leontodon hastilis, Arenaria serpyllifolia, Epipactis lati-
folia, Jasione montana, Mieracium silvaticum, Nephrodium phegop-
teris, N. filix mas, Gnaphaliuwn silvaticum, Euphorbia cyparissias,
Stellaria graminea, Torilis anthriscus, Chrysanthemum vulgare,
Dactylis glomerata, Daucus carota, Vicia silvatica.
Muscari comosum (L.) Mill. Olmütz: Selten auf Äckern bei
Krezman.
Aconitum rostratum L. (= A. variegatum L.) Schlesien: sehr
häufig im Oppatale zwischen Pochmühl und Karlstal. Die Pflanze
wächst bier in Gebüschen mit Melampyrum nemorosum, Solidago
virga aurea, Campanula persicifolia, Poa compressa, Sedum acre,
Hieracium pilosella, Trisetum flavescens, Arrhenaterum elatius,
Centaurea subjacea, Thymus ovatus, Galium mollugo u. a.
Camelina alyssum (Mill. Thuill. Schlesien: selten unter der
Leinsaat bei Breitenau.
Die Leinfelder sind im allgemeinen sehr arm an Unkräutern,
die in anderen Kulturen aber desto reichlicher auftreten. Die
Liste zeigt folgende Arten (die Apophyten erscheinen hervor-
gehoben): Lycopsis arvensis, Centaurea cyanus, Erodium cicutarium,
Mentha arvensis, Campanula rapunculoides, Neslia paniculata,
Silene venosa, S. dichotoma, Fumaria officinalis, Myosotis hispida,
Lapsana communis, Anthemis arvensis, Vicia, Scleranthus annuus,
Hypericum maculatum, Gnaphalium uliginosum, Stellaria media,
220
Lysimachia vulgaris, Sonchus arvensis, Sherardia arvensis, Stachys
palustris, Sedum maximum, Achillea millefolium, Convolvulus ar-
vensis, Anagallis arvensis, Viola tricolor, Polygonum Convolvulus,
Veronica arvensis, Erysinum cheiranthoides, Thlaspi arvense, Cap-
sella bursa pastoris, Spergula arvensis, Linaria vulgaris, Cirsium
arvense, (raleopsis, Rumex crispus, Pimpinella saxifraga, Knautia
arvensis, Potentilla anserina.
Bunias orientalis L. An der Bahn bei Deutsch-Jaßnik, Mai 1912
häufig.
Lepidium apetalum W. Olmiitz: Erschien, ohne kultiviert zu
werden, im Botanischen Garten.
Anthyllis Vulneraria 1. f. typica G. B. Bahndamm bei
Domstadtl.
Cytisus nigricans L. Im Oppatale zwischen Kunau und
Breitenau, nicht häufig.
Oxalis strieta Xi Breitenau: Vereinzelt als Ackerunkraut.
Malra alcea L. Häufig innerhalb der Ruderalflora in Brei-
tenau, Kronsdorf und Friedersdorf bei Freudental.
Die Ruderalflora dieser Gegend weist eine grobe Anzahl
von Apophyten auf, wihrend die spezifisch ruderalen Archäophyten
wie überall in den Gebirgsdürfern Nordmáhrens und Schlesiens
zurücktreten. Dies zeigt folgende Liste:
Bidens cernuus, B. tripartitus, Ballota nigra, Lycopus euro-
paeus, Potentilla anserina, P. argentea, Lappa tomentosa, Plantago
lanceolata, Anthriscus silvwestris, Artemisia vulgaris, Alchemilla vul-
garis, Rumex crispus, Veronica Anagallis, Gnaphalium uliginosum,
Brunella vulgaris, Chenopodium glaucum, Ch. polyspermum, Ch.
bonus Henricus, Galeopsis, Mentha, Senecio vulgaris, Urtica urens,
U. dioica, Polygonum hydropiper, Geranium palustre, G. pratense,
Atriplex hastata, Matricaria discoidea, Pulicaria vulgaris, Aethusa
cynapium, Odontites serotina, Clinopodium vulgare, Leonurus Čar-
diaca, Chrysanthemum vulgare, Epilobium roseum, Taraxacum
officinale, Heracleum sphondylium.
Selinum carvifolia L. Mit Betonica officinalis vereinzelt auf
Grasplätzen um Breitenau.
Gentiana carpatica Wettst. Auf Bergwiesen bei Breitenau
und Markersdorf stellenweise zahlreich.
Für diese Formation sind im August hier bezeichnend: An-
thoxanthum odoratum, Potentilla tormentilla, Hypericum macula-
tum, Angelica silvestris, Galium mollugo, Trifolium minus, T. pra-
tense, Polygala vulgaris, Alectorolophus minor, Pimpinella saxi-
fraga, Campanula patula, Succisa pratensis, Euphrasia nemorosa,
Lotus corniculatus, Alchemilla vulgaris, Linum catharticum.
Die úberaus háufigen Raine zeigen nachstehende Formen:
Chaerophyllum aromaticum, Centaurea subjacea, Hypericum macu-
latum, Heracleum sphondylium, Achillea millefolium, Anthyllis
vulgaris, Gallum mollugo, Dianthus deltoides, Ajuga genevensis,
Knautia arvensis, Briza media, Carlina acaulis, Chrysanthemum
leucanthemum, Ch. vulgare, Silene inflata, Potentilla argentea,
Leontodon hastilis, Daucus carota, Clinopodium officinale, Sedum
acre, Betonica officinalis, Plantago media, Agrostis vulgaris, Melica
ciliata, Hieracium silvestre, Turritis glabra.
Sehr trockene Grasplätze zeigen den Úbergang zu Heiden
mt Juniperus communis, Helianthemum obscurum, Calluna vulgaris.
(manchmal prävalierend), Carlina vulgaris, Hieracium pilosella,
Sieglingia decumbens, Dianthus deltoides, mitunter auch Senecio
jacobaea, Galium vernum, Campanula persicifolia, Hieracium lae-
vigatum, Lathyrus silvestris. Die auf Rainen und Heiden auf-
tretenden Gebiische erscheinen von Rosa sp., Rubus idaeus u. a.,
Sorbus. aucuparia, Prunus spinosa (seltener), P. padus, Salix
capraea, Viburnum opulus, Rhamnus Frangula gebildet. Meist
drángen sich auch die Holzarten des Waldes in diese kleinen
Bestände.
Die Talwiesen erhalten ihr Gepráge im Hochsommer durch
nachstehende Arten: Heracleum sphondylium, Angelica silvestris,
Euphrasia nemorosa, Succisa pratensis, Trifolium pratense, T. spa-
diceum, Chrysanthemum leucanthemum, Campanula patula, Poten-
tilla tormentilla, Eguisetum palustre, Centaurea oxylepis, Linum
catharticum, Sanguisorba officinalis. Hypericum maculatum (seltener
als oben), Polygonum bistorta, Ranunculus acer, R. flammula,
Epilobium palustre, Juncus articulatus, Lythrum salicaria, Odon-
tites serotina, Lotus uliginosus.
Mentha sativa L. Breitenau: Verwildert an Bachrándern am
Dorfbache.
M. paludosa Sole. Mit voriger und M. rubra Smth., sehr
häufig längs der Bachufer.
Galium insubrieum Gaud. Olmütz. Wiesen bei Laska.
Scabiosa canescens W. K. Olmütz: Neboteiner Steinbrüche,
bisher von mir übersehen.
Campanula Cervicaria L. Breitenau: Waldwiesen beim Schiefer-
bruch nächst Dittersdorf.
Centaurea stenolepis A. Kern. Nikolsburg (Lehrer F. Morawek. |
Hieracium umbelliferum N. P. ssp. eymosiforme N. P. Olmütz:
Alte Steinbrüche bei Nebotein.
H. eymosum L. — Mit vorigem, häufiger als bei Schnobolin;
in den alten Steinbrüchen die häufigsten Hieracien.
II. brachiatum Bert. ssp. apophyadium N. P. % epichaetium
N. P. 630. Olmütz: Auf Löß bei Schnobolin, neu für Mähren.
(Det. Dir. Adolf Oborny).
Ein fast gänzlich unbekanntes Höhlengebiet
in Ost-Máhren.
Von Dr. Rudolf Kowarzik.
Obwohl die Umgebung von Mähr.-Weibkirchen geologisch
und geographisch recht genau bekannt ist, habe ich doch in der
Literatur so gut wie gar nichts über das Höhlengebiet vorgefunden,
das sich im Süden und Osten der Stadt ausbreitet. Die Höhle
von Černotin und das (revatterloch, das ehemals nichts anderes
als eine Höhle war, sind bearbeitet, von den übrigen Höhlen-
komplexen verlautet dagegen gar nichts. Seit dem Jahre 1905 habe
ich, angeregt durch meinen ehemaligen Gymnasiallehrer Prof.
Dr. Ad. Liebus, mich mit der Erforschung dieser Naturgebilde
beschäftigt und wenn auch dieselbe noch nicht ihr Ende gefunden
hat, will ich doch einige Mitteilungen über die Resultate machen,
damit gegebenenfalls maßgebende Faktoren auf die noch zu lösende
Aufgabe aufmerksam gemacht werden. Die planmäßige Durch-
forschung sämtlicher Höhlenkomplexe übersteigt nämlich meine
finanzielle Leistungsfähigkeit, da umfangreiche und kostspielige
(Grabungen vorgenommen werden müßten, um alle die Höhlen-
räume passierbar zu machen.
Man kann ganz gut drei Höhlengebiete unterscheiden, die an
das Vorkommen des devonischen Kalkes gebunden sind.
1. Im Osten von Mähr.-Weißkirchen — etwa 20 Minuten
von der Stadt entfernt — erhebt sich ein kurzer Gebirgszug, der
„Hleiser Berg“, der einen Bogen von Süden über Norden nach
Osten beschreibt. Während im südlichen Teile keinerlei Höhlen,
bekannt sind, treten sie im mittleren Teile sowie am Ende in
Form von Komplexen auf. Da ist zunächst ein Felsen zu erwähnen,
in dessen Wänden sich vier Öffnungen befinden, eine im Südwesten,
224
zwei im Südosten und eine viel tiefer gelegene im Nordosten. Es
war der erste Komplex, den ich genauer untersuchte, zwar nicht
groß, aber interessant durch die schönen Tierknochen, die ich da-
Fie. 1. Grundriß der Höhle.
selbst fand und deren Bearbeitung noch nicht beendet ist. Ich
lege einen Plan dieses Höhlengebietes bei, auf den sich die nach-
folgenden Zeichen beziehen. (Fig. 1 und 2.)
\N X NEN \
Fig. 2. Vertikalschnitt der Höhle,
Durch die Offnung M gelangt man in einen Kanal A, von
da durch den oberen Schlauch C in den Kanal D. der nach dem
Kessel F abfällt. Vom Grunde dieses Kessels führen zwei Gänge
225
K und L weiter. Der Gang K mündet mit der vorerwähnten sid-
westlichen Offnung an der Felswand. Der Kessel A hat unter der
Brücke H (Fig. 2) noch einen zweiten Gang B (Fig. 2), der ihn
mit D verbindet. Außerdem steht er mit E (Fig. 2) unten in
Kommunikation. Der Gang @, dessen Mündung N das zweite
südöstliche Loch in der Felsenmasse bildet, führt in den Raum D
und ist nur passierbar, wenn man am Bauche sich mühsam vor-
wärtsschiebt. Unser Einstieg erfolgte immer durch M.
An der nordöstlichen Seite des Felsenmassivs führt die
große Öffnung, die auf dem Plane nicht gezeichnet ist, da es mir
bisher nicht gelang, diesen Gang weiter als bis auf 4 m Länge zu
verfolgen, ins Innere des Felsenmassivs. Daß er nicht blind endigt,
sondern mit den Innenräumen in Verbindung steht, ist ganz zweifel-
los. Als wir, um diesen Beweis zu erbringen, in F (Fig. 2) ein
Feuer aus nassem Holz anzündeten, drang nach längerer Zeit aus
der nordöstlichen Mündung dichter Qualm hervor. Durch Aus-
heben des Füllmaterials habe ich den Gang etwa 2 m weit be-
deutend verbreitet. Weiter konnte ich nicht gelangen, da das
Graben sehr beschwerlich war. Ich zweifle nicht, daß sich im
Innern des Berges noch zum Teil große Räume befinden müssen,
da die Rauchprobe immer darauf hinwies. So oft wir ein stark
qualmendes Feuer anmachten, dauerte es sehr lange, bis aus den
verschiedenen Öffnungen Rauch drang, viel zu lange, als dab er
nur die uns bekannten Höhlenräume hätte füllen müssen. Sicher
breitete er sich erst in anderen Höhlenräumen im Berge aus, da
nach dem Erlöschen des Feuers im Raume J" der Rauch noch
minutenlang aus der nordöstlichen Öffnung drang, obwohl wir uns
beim Eindringen in die uns bekannten Räume überzeugen konnten,
dal) in denselben keine Spur von Rauch mehr vorhanden sei.
Am östlichen Ende des „Hleiser Berges“ befindet sich ein
mächtiger Grotteneingang, so groß, daß man sich stehend darin
bewegen kann und der Raum in den er führt, auch vier bis
fünf Personen bequemen Aufenthaltsort bietet. Der genannte Ein-
gang führt im Volksmunde den Namen „Jurikhohle“ und ist schon
lange bekannt. Der anfänglich geräumige Höhlengang verengt sich
im weiteren Verlaufe, so dab wirihn nur kriechend passieren konnten.
Bis auf 10 m Länge ließ sich sein Verlauf feststellen. Wir be-
festigten zu dem Zwecke an einer langen Stange eine Kerze und
schoben sie brennend in den Gang. Das Merkwürdige liegt nun
Zeitschrift des máhr. Landesmuseums. XIIT. 15
226
darin, daß dieser Gang deutlich zum vorhin besprochenen Höhlen-
system läuft, so daß die Wahrscheinlichkeit groß ist, beide Kom-
plexe seien Teile eines Ganzen. In diesem Falle hätte man aber
sehr große Hoffnung, durch Verfolgung des nordöstlichen Höhlen-
teiles (Jurikhöhle) zu groben oder zumindest langen Höhlenräumen
zu gelangen.
2. Im Süden von Mähr.-Weißkirchen, 200 Schritte hinter
dem Bade Teplitz, treten bis hart an den Betschwafluß von Vege-
tation fast entblößte Felsen heran. Das durch plötzliche Regen-
güsse tief ausgenagte Bett eines Grebirgsbächleins durchschneidet
den Felsenkomplex und läßt deutlich zwei Teile desselben unter-
scheiden. Im nördlichen Teile liegen die bedeutendsten Höhlen
und Grotten, der südliche weist nur zwei solche auf. Der erstere
zeigt gewissermaßen zwei Etagen, indem der Weg, der von der
Kapelle in Teplitz in Serpentinen nach dem Dorfe Zbraschau
führt, das Felsenmassiv durchschneidet. Wenn man am gegenüber-
liegenden Ufer der Betschwa steht, vermag man alle Höhlen-
eingänge zu übersehen, allerdings nur im Winter. In den übrigen
Jahreszeiten werden sie durch die Belaubung gänzlich verdeckt.
In der unteren Etage sieht man rechts vier kleinere Löcher. Es
sind dies Mündungen ebenso vieler Höhlengänge. Im linken Teile
dagegen befindet sich ein mächtiges Felsloch, das 3 m breit und
2 m hoch ist und in einen gewölbten 1 »» hohen, 2 m langen und
3 m breiten Raum führt. Von diesem entspringen zwei Höhlen-
sänge, der eine geht nach rechts ab und ist so hoch, dab man
ihn in gebückter Stellung passieren kann, und läßt sich 5 m weit
verfolgen. Dann verenst er sich so, daß man nur mit Hilfe von
Lichtern feststellen kann, daß er weit ins Innere des Felsens
führt. Der zweite Höhlengang eröffnet sich im linken Teile des
Vorraumes und steht in seinem Verlaufe senkrecht zur Richtung
des erstgenannten Ganges. Auch in ihm kann man eine Strecke
weit kriechen, dann verengt er sich und wird unpassierbar, doch
läßt sich ebenso mit Lichtern feststellen, daß er noch weit in den
Berg hineinführt.
Den Boden des Vorraumes und der Höhlengänge bedeckt
gelber Höhlenlehm, der nicht schwer durch Graben zu entfernen
wäre, so dab man durch Erweiterung des Gangquerschnittes leicht
weiter dringen könnte.
Nun wollen wir der oberen Etage einen Besuch abstatten.
227
Die daselbst befindliche Höhle öffnet sich mit einem schief ge-
stellten Spalt in der Felswand, hart an dem Waldwege nach
Zbraschau. Der Eingang liegt etwa 4 m über dem Wege und ist
nur mit Hilfe einer Drahtseilleiter oder eines Strickes zu erreichen.
Nachdem man sich durch den Spalt gedrängt hat, gelangt man in
den ersten Höhlenraum, aus dem drei Gänge abzweigen. Ein
großer, schief abwärts in der Richtung nach Norden ziehender
läßt sich etwa 3 7% weit in gebückter Stellung verfolgen, wird dann
niedriger; daran trägt aber der Höhlenlehm schuld. Allem An-
scheine wurde er durch Wasser im untersten Teile des Höhlen-
komplexes zusammengeschwemmt. Die zwei anderen Gänge sind
im oberen Teile der Höhle gelegen und nur ganz niedrig und un-
passierbar. Aber auch sie führen weit in den Felsen hinein.
Von dieser Höhle aus werde ich trachten, weiter vorzudringen,
da daselbst die Aussichten günstige sind. Der vorhin erwähnte
schiefe Gang zeigt nämlich — wie ich mit Kompaß und Klino-
meter erkannt habe — nach den Höhlen der unteren Etage hin.
Da anderseits die Höhlengänge der unteren Etage nach der
oberen Etage hinführen, so ist eine Kommunikation beider Systeme
sehr wahrscheinlich. Wenn irgendwo im Höhlengebiete von Mähr.-
Weibkirchen, so werden im eben geschilderten Komplexe Reste
des Menschen gefunden werden. In der oberen Etage ist dies kaum
möglich, da die daselbst befindlichen Eingänge viel zu klein sind.
Anders bei der unteren Etage. Die Höhlen derselben liegen
etwa 10 » über dem normalen Wasserspiegel der Betschwa. Selbst
extremes Hochwasser vermag und vermochte die unteren Höhlen
nicht zu erreichen. Dieser Umstand sowie der, dab es sich um
größere Räume handelt, läßt eine ehemalige Bewohnung der
Höhlen nicht als ausgeschlossen erscheinen. Noch ein Umstand
spricht dafür. Mähr.-Weißkirchen liest zwischen zwei bekannten
Fundstätten diluvialer Menschenfossilien, zwischen Prerau und
Stramberg bei Neutitschein. Ob der diluviale Mensch von Prerau
nach Stramberg oder umgekehrt gawandert ist, auf jeden Fall mub
er die Ebene bei Mähr.-Weißkirchen passiert haben. Das geschah
aber sicher nicht in Form eines Spazierganges, sondern in lang-
samer Verschiebung des Wohnortes. Wir haben nun in der Nähe
der letztgenannten Stadt Höhlen, die bewohnbar waren, die aber
noch nicht genügend durchforscht sind. Ist es ein allzu kühner
Schluß, Reste aus den genannten Lokalitäten zu erwarten? Es gab
15*
228
übrigens noch viel größere Höhlen in der Nähe unserer Stadt, in
denen bequem ganze Horden wohnen konnten. Es lockt einen
förmlich, den Spaten anzusetzen und die Zeugen früherer Zeiten
ans Tageslicht zu bringen.
Wir müssen noch drei Höhlen in dem jetzt beschriebenen
Komplexe erwähnen. Unmittelbar hinter den ersten Höhlen bei
Teplitz befindet sich das kleine bereits erwähnte Gebirgsbächlein,
in dessen rechtem Gehänge sich in einer Felswand ein Loch öffnet.
Ich habe in dem sich daran anschließenden Höhlengange seiner-
zeit nachgegraben und mich überzeugt, dab dieser Raum in früherer
Zeit von den Betschwawässern erfüllt war. Der Gang ist etwa
4—5 m lang und über 17% hoch. Ich fand Ablagerungen von
Flußkies und -schotter, die eine sehr schöne Schichtung zeigten.
Die Gänge, die noch weit in den Felsen hineinführen, vermochte
ich, da sie zu sehr mit Höhlenlehm vertragen sind, nicht weiter
zu verfolgen. In den Ablagerungen befinden sich — wie mich
Probeschürfungen lehrten — zahlreiche Knochen.
3. Bei der Haltestelle Cernotin—Keltsch der Lokalbahn
Mähr.- Weißkirchen— Wsetin befindet sich ein grober Steinbruch,
der seit langer Zeit betrieben wird. In demselben wurde nun um
1900 eine große Höhle entdeckt, die Remeš seinerzeit beschrieben
hat. Aus dieser Beschreibung sehen wir, daß es sich um die
erößte bekannte Höhle in unserer Gegend handelt, die außerdem
dadurch bemerkenswert ist, daß sich Wasser in ihr befindet. Leider
ist diese Höhle jetzt nicht mehr zugänglich; der Eingang ist ver-
mauert worden, da der Aufenthalt durch ständige Einsturzgefahr
bedroht war. Auf das Wasser der Höhle werde ich gleich noch
zu sprechen kommen.
Zu dem dritten Komplexe gehört nämlich auch das „Ge-
vatterloch“. Es ist ein über 50 m tiefer Abgrund, der ehemals
eine Höhle bildete, deren Decke aber eingestürzt ist. Da über
das „Gevatterloch“ bereits eine kleine Literatur besteht — es
wird mehrere Male in den Schriften der k. k. geologischen Reichs-
anstalt und an anderen Orten erwähnt — so will ich mich damit
nicht weiter aufhalten. Auch im Gevatterloche befindet sich Wasser,
und zwar in Gestalt eines tiefen Sees. Das eigentümliche an ihm
ist, daß sein Spiegel Hebungen und Senkungen aufweist, die mit
Hebungen und Senkungen des Betschwaspiegels sowie des Wassers
in der großen Höhle bei Cernotin—Keltsch parallel laufen. Kein
Zweifel, daß wir uns eine unterirdische Verbindung aller drei
Wasserspiegel denken müssen, da hier doch nur Kommunikations-
erscheinungen vorliegen können. Anderseits besteht wieder die
Möglichkeit, dab in dem letztgeschilderten Höhlengebiete noch
so mancher, vielleicht großer unterirdische Hohlraum vorhanden
sein dürfte.
4, Zuletzt hätte ich noch ein kleines Gebiet zu erwähnen,
das in der Nähe des Dorfes Černotin liegt. Ich wurde auf das-
“selbe in höchst sonberbarer Weise aufmerksam. Anläßlich eines
Spazierganges in der Nähe der genannten Lokalitát tauchte vor
mir ein Hase auf. Mein Spitz nahm sofort seine Verfolgung auf.
In gewaltigen Sprüngen eilte der geängstigte Lampe einer nahen
Felswand zu und war plötzlich samt meinem Hunde verschwunden.
Natürlich ging ich der Sache nach und fand so die kleine Höhle,
in die sich der Hase geflüchtet hatte und nun von meinem Hunde
belagert wurde. Es blieb mir nichts übrig, als den Belagerer am
Schwanze aus dem ziemlich engen Höhlengange hinauszuziehen.
Wie schon daraus hervorgeht, handelt es sich um einen sehr engen
Gang; doch erstreckt sich derselbe, wie ich später feststellte, ziem-
lich weit ins Innere. Damit hätten wir sämtliche Höhlenvorkommen
in der Umgebung von Mähr.-Weißkirchen besprochen. Möglich,
daß ich schon in nächster Zeit dazu kommen werde, an eine
plamäßige Ausgrabung heranzutreten und dab die Gegend meiner
Vaterstadt durch Funde eine gewisse Bedeutung in der Literatur
erhält.
Neue Standorte mährischer Gefäßpflanzen.
Von A. Wildt.
l. Botrychrum Matricarice (Schrnk.) Spr. zwischen Horschitz und
Blansko (Rehwinkel).
2. Equisetum palustre L. var. polystachyum Weigel bei Blansko
(Dr. Tltis).
3. Quercus lanuginosa X sessiliflora als forma intercedens Beck
(Flora von N.-Ö., p. 217) strauchartig bei Pausram und forma
Tiscæ Simk. et Feket. als Baum am Hadyberg bei Brünn.
4. Populus canescens Ait. (alba X tremula) an der Schwarza beim
Schreibwalde und bei Mödritz (Bez. Brünn).
5. Salix alba X fragilis als forma palustris Host © bei Czernowitz
(Bez. Brünn), forma excelsior Host © bei Tscheitsch; forma
viridis A. Kern 2 bei Branowitz.
6. Salix triaudra X fragilis forma subtrianda A. Kern (Verh. zool.-
bot. Ges., Bd. X, p. 191) S bei Branowitz.
Salix viminalis L. var. tenuifolia A. Kern? bei Czernowitz und
Billowitz (Bez. Briinn).
8. Thesium humile Vahl. bei Keltschan (Bez. Gaya).
9. Loranthus europeus Jacq. bei Tetschitz (Bez. Brünn).
10. Frserm album Li. wächst nach Angaben des Gartentechnikers
-I
Culot im Parke zu Eisgrub auf: Acer campestre, A. dasycarpum,
A. barbatum, A. pseudoplatanus, Aesculus rubicunda, Ame-
liancher canadense, Betula alba, Celtis australis, Fraxinus
excelsior, Juglans cinerea, Malus baccata, Morus alba, Pirus
Malus, Populus nigra, Robinia pseudoacacia, Salix purpurea,
S. fragilis, Tilia americana und T. ulmifolia.
ll. Amaranthus adscendens Lois. bei Chirlitz (Bez. Brünn).
231
12.. Rumex (crispus X stenophyllus) intercedens Rech. Diesem zähle
13.
14.
15.
16.
18.
BS
20.
DO DO
P
26.
at.
ich jetzt das Stück bei, das ich auf dem nun als Friedhof
eingefaßten Grundstücke bei Czernowitz fand und damals
(Bd. XLVIIL, p. 20, der Verhandlungen des Naturforschenden
Vereines in Brünn) als R. stenophyllus angesehen habe; dann
könnten auch die nördlich von Brünn fehlenden, nur im süd-
lichen, mehr oder minder salzhaltigen Gebiete vorkommenden
Stücke von R. crispus mit entschieden gezähnten Früchten
als À, supererispus X substenophyllus aufzufassen sein.
Mercurialis ovata Sternb. geht bei Neslowitz nicht über den
engbegrenzten Kalk heraus.
Herniaria glabra Tu. typica var. setulosa Beck (Flora von N.-0..
p. 947) bei Nebowid (Bez. Brünn) und Ratischkowitz.
Cerastium semidecandrum Ju. auf der Schwedenschanze und
der stranska Skala bei Brünn.
Cerastium viscosum Iu. am Hadyberge bei Brünn.
Cerastium pumlum Curt. wurde auch heuer um Brünn vergeblich
gesucht.
Holosteum umbellatum L. typicum am Hadyberge bei Brünn,
var. Heuffelii Wierzb. bei Adamstal (Bez. Brünn) und bei
Bisenz, var. glabrum Beck (Flora von N.-0., pag. 363) am Gelben
Berge bei Brünn.
Silene dichotoma Ehrh. ist schon bis Billowitz im Zwittatale
vorgedrungen.
Anemone silvestris L. bei (rroB-Seelowitz.
Pulsatilla grandis Wender. war auch heuer nur mit Blättern
normaler Gestalt zu finden. Es dürften also die in früheren
Jahren beobachteten Blätter anderer Form ein Produkt der
Witterungsverhältnisse gewesen sein.
Ranunculus repens X acris bei Julienfeld (Bez. Brünn).
Ranunculus Ficaria Li. var. incumbens Schultz bei Tetschitz
(Bez. Brünn).
Papaver dubium Iu. auf der stranska Skala bei Brünn.
Corydalis intermedia P. M. E. bei Tetschitz (Bez. Brünn).
Corydalis solida Sw. mit ganzrandigen oder fast ganzrandi-
gen Deckblättern im Zwittatale von Obrzan aufwárts (Dr.
Iltis).
Sisymbrium strictissimum L. bei Rebeschowitz (Bez. Brünn).
Dentaria enneaphylla L. bei Tetschitz (Bez. Brünn).
. Arabis auriculata Lam. var. dasycarpa Gaud. auf der stranska
Skala bei Briinn.
. Erysimum hieracifolium L. var. virgatum Roth. auf den Paus-
ramer Hügeln.
Alyssum montanum Iu. var. Preismanni Hayek. Dieses oder
eine ihm sehr nahe stehende Form am Serpentin bei Mohelno.
. Draba verna Iu. var. Krockeri Jord. bei Eisgrub, dann am
Hadyberge und auf der stranska Skala; var. Ozanoni Jord.
am Hadyberge bei Brünn und bei Tetschitz; var. majuscula
Jord. die häufigste in der ganzen Umgebung von Brünn.
Myagrım perfoliatum Iu. im Zwittatale von Obrzan aufwärts
durch die Wasserleitungsarbeiten eingeschleppt.
Coronopus verrucarius Muschl. und Thell. reichlich bei Billowitz
(Bez. Brünn).
Viola mirabilis Li. bei Grob-Seelowitz.
Viola ambigua W. und Kit. bei Nußlau und Groß-Seelowitz.
Viola ambigua X odorata zwischen Nußlau und Lautschitz.
Viola ambigua X collina am Hadyberge bei Brünn, ein Stück.
Polygala oxyptera Rehb. bei Eichhorn (Bez. Brünn).
Sedum spurium M. B. bei Eichhorn verwildert.
. Fragaria elatior forma rubriflora Asch. und Gr. Syn. Bd. VI,
p. 653) im Josefstal bei Adamstal.
Trifolium arvense Li. var. arenivagum Jord. bei Jeschow
(Bez. Gaya).
Cylisus scoparius Lk. bei Trebitsch (Bez. Brünn).
Cytisus hirsutus L. bei Kremsier (Dr. Japp).
Callitriche hamulata Kütz bei Bory (Bez. Groß-Meseritsch), selten.
Pimpinella nigra Wild. bei Butschowitz.
Sesel Hippomarathrum L. bei Schimitz (Bez. Brünn).
Seseli Libanotis Koch. auf den Pausramer Hügeln.
. Peucedanum Oreoselinum UL. Mnch. bei Rebeschowitz (Bez.
Brünn), ein Stück.
Androsace elongata Tu., bei Jundorf (Bez. Brünn).
Omphalodes scorpioides Schrnk., bei Groß-Seelowitz.
. Anchusa officinalis Tu. var. angusti folia Gmel. bei Rebeschowitz
(Bez. Brünn).
Pulmonaria mollissima Kern., bei Tetschitz (Bez. Brünn) selten.
Veronica precox All. auf der stranska Skala bei Brünn.
Veronica Dillenii Cr. bei Hussowitz (Bez. Brünn).
55. Melampyrum pratense L. typicum Beck (Flora von N.-0.
p. 1070) bei Bisenz.
56. Huphrasta nemorosa Pers. nächst Bohuslavky bei Leipnik (Dr.
Nabělek).
57. Orobanche alsatica Kirsch. auf Seseli Libanotis auf den Pausramer
Hügeln; und etwas schwächlicher auf Seseli glaucum bei
Nikolsburg (Dr. Strecker).
58. Orobanche lutea Baumg. auf Medicago bei Klobouček (Bez.
Butschowitz) und auf den Pollauer Bergen.
59. Orobancke major Li. auf Centaurea Scabiosa bei Rebeschowitz
(Bez. Briinn).
60. Nepeta cataria L. im Dorfe Latein (Bez. Brünn, Dr. Iltis).
61. Prunella grandiflora X vulgaris bei Julienfeld (Bez. Brünn).
62. Thymus Marschallianus Willd. bei Rebeschowitz (Bez. Brünn).
63. Mentha galeopsifolia Opiz. bei Tscheitsch.
64. Mentha origanoides Lej. et Court. bei Keltschan (Bez. Gaya).
65. Plantago arenaria L. bei Sokolnitz.
66. Asperula orientalis Boiss. und Hohen (Beck, Flora von N.-Ó.,
p. 1116) wurde von Karl Pirschl, stud. gymn., unter dem Kuh-
berge bei Brünn als Ruderalpflanze gefunden.
67. Asperula glauca Bess. var. glabra Wallr. Beck (Flora von N.-Ó.,
p. 1117) auf der stranska Skala bei Brünn.
68. Asperula Aparine M. B. bei Billowitz (Bez. Brünn).
69. Galium Mollugo L. typicum und forma pubescens Schrad. auf
der stranska Skala bei Briinn.
70. Campanula sibirica L. bei Rebeschowitz (Bez. Brünn).
71. Campanula bononiensis L. bei Schlappanitz (Bez. Brünn).
72. Solidago serotina Ait. bei Klein-Kinitz an der Schwarza.
73. Petasites officinalis L. bei Chirlitz (Bez. Brünn), auch in den
versumpften Teilen der dortigen Obstgärten.
74. Carduus crispus Li. bei Bellowitz und Bisterz (Bez. Brünn).
5. Chondrilla juncea Iu. bei Bellowitz (Bez. Brünn).
6. Scorzonera purpurea Li. wurde, wenn auch spärlich, doch noch
am Hadyberge bei Brünn gefunden.
77. Lactuca viminea Presl. bei Bellowitz (Bez. Brünn).
78. Crepis capillaris (L.) Wallr. var. runcinata Bisch. bei Czernowitz
(Bez. Brünn).
9. Hieracium parvulum N. und P. (Oborny, Verhandlungen der
Naturforschenden Vereines in Brünn, Bd. XLIIL p. 162) mit
1
294
80.
sl.
Hieracium parviflorum N. und P. (Oborny, Verhandlungen des
Naturforschenden Vereines in Brünn, Bd. XLIIL, p. 157) auf
der stranska Skala bei Brünn.
Triglochin palustre L. bei Chirlitz (Bez. Brünn).
Allium ursinum u. bei Tetschitz ( Bez. Brünn).
. Allium spherocephalum L. bei Bellowitz (Bez. Brünn).
Allium vineale L. mit obigem, aber viel seltener (Dr. Iltis).
. Allium angulosum Li. bei Ottmarau (Bez. Brünn).
Ornithogalum nutans L. zwischen Ratischkowitz und Watzenowitz
(Bez. Gaya), selten.
Jarex humilis Leyss. bei Sebrowitz (Bez. Brünn).
Panicum ciliare Retz bei Bisenz.
Selaria verticillata R. und Sch. im Museumhofe in Brünn.
Stipa capillata L. bei Bellowitz (Bez. Brünn).
Arenastrum desertorum Podpèra (Österr. bot. Zeitschr., 1912.
p. 289) wurde heuer vom Autor am Galgenberge bei Nikols-
burg entdeckt.
Sieglingia decumbens Berch. reichlich an einer Stelle des Roten
Berges bei Brünn (vielleicht mit den dortigen Schwarzföhren
eingeschleppt).
Poa bulbosa Tu, Rasse psendoconeinna Asch. und Gr. (Syn.
Bd. II, p. 392) reichlich auf der Schwedenschanze bei Brünn.
. Festuca eurubra var. multiflora Asch. und Gr. (Syn. Bd. II.
p. 499) bei Autjechau (Bez. Brünn).
Festuca Dertonensis Asch. und Gr. (Syn. Bd. II, p. 559) als
Adventivpflanze am Roten Berge bei Brünn im Jahre 1912
von Suza entdeckt, stand heuer noch in mäßigen Mengen dort.
Gymnadenia odoratissima Rich. bei Grob-Seelowitz (Schierl,
im Herbar des Landesmuseums als G. conopea R. Br.).
Plantanthera chlorantha Cust., bei Kohoutowitz (Bez. Brünn).
Epipogon aphyllum Sw. bei Četechowitz (Bez. Zdounek) in
manchen Jahren nicht selten (Dr. Nabělek).
Das Alter des subbeskidischen Tertiärs.
Von Prof. A. Rzehak.
In den „Verhandlungen der k. k. geolog. Reichsanstalt“, 1912,
Nr. 2 (S. 75—94) hat Herr Dr. W. Petrascheck eine interessante
Mitteilung über die bei verschiedenen Tiefbohrungen am Nord-
rande der Beskiden angetroffenen Tertiärschichten veröffentlicht
und dieser Mitteilung auch eine paläontologische Begutachtung
der Bohrproben durch Herrn Hofrat Prof. Dr. Th. Fuchs ange-
schlossen. Nach dieser Begutachtung findet zwar eine bedeutende
Annäherung der erbohrten Tertiirmergel an die von mir ursprüng-
lich (1880, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Nr. 16) für Miozän ge-
haltenen, später jedoch als paläogen erkannten „Niemtschitzer
Schichten“ statt, doch möchte sie Herr Hofrat Fuchs dennoch
„auf alle Fälle“ dem Miozän zurechnen. Da ich weiß, daß die
Verwechslung gewisser Glieder des vielgestaltigen, keineswegs
einen einzigen, bestimmten Horizont repräsentierenden Kom-
plexes der „Niemtschitzer Schichten“ mit miozänem Schlier oder
Tegel auch dann möglich ist, wenn man auf diese Möglichkeit
aufmerksam gemacht wird (ich erinnere nur an die verschiedenen
Angaben Pauls, welcher wiederholt miozäne Ablagerungen von
Lokalitäten erwähnt, die ich ihm gegenüber — mündlich — als
sicher paläogen bezeichnet habe), so stellte ich an Herrn
Dr. Petrascheck die Bitte um Übersendung der fraglichen Proben
zum Zwecke einer neuerlichen Untersuchung und Vergleichung mit
den mir wohlbekannten, außerordentlich veränderlichen Ausbildungs-
formen der „Niemtschitzer Schichten“. Herr Dr. Petrascheck
hat meinem Ansuchen bereitwilligst entsprochen, wofür ich ihm
auch an dieser Stelle danke.
Was nun zunächst die petrographische Beschaffenheit der
subbeskidischen Tertiirmergel anbelangt, so spricht dieselbe ent-
236
schieden mehr für Alttertiár als für Neogen; ich kenne
sicher alttertiäre Tonmergel, die petrographisch dem miozänen
Schlier, beziehungsweise sogar dem miozänen Tegel viel ähnlicher
sehen als die mir vorliegenden Proben aus dem subbeskidischen
Tertiär. Nach einem der Bohrkerne könnte man auf eine
Lagerungsstörung des Mergels schließen, was wiederum, wie
auch die beträchtliche Tiefe, aus welcher die meisten Proben
stammen, zugunsten des vormiozänen Alters geltend gemacht
werden kann.
Die in den Bohrkernen enthaltenen Fossilien lassen leider,
was ihren Erhaltungszustand anbelangt, sehr viel zu wünschen
übrig. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß selbst die sehr
gut erhaltenen Konchylien aus dem Pausramer Mergel seinerzeit
von einem ausgezeichneten Kenner des österreichischen Miozäns
(Prof. Dr. R. Hoernes) mit miozänen Formen identifiziert
worden sind und dab die genaue Bestimmung derselben nicht nur
einen scharfen Blick und entsprechende Übung, sondern auch ein
reiches, verläßlich determiniertes Vergleichsmaterial, welches wir
in Österreich leider nicht besitzen, erfordert!).
Immerhin darf man behaupten, daß kein einziger der in
den subbeskidischen Tertiärmergeln aufgefundenen Fossilreste
gegen die Deutung dieser Mergel als alttertiär spricht. Be-
trachten wir diesbezüglich zunächst die Pteropoden. Herr Hofrat
Fuchs macht auf das häufige Vorkommen von Vaginellen auf-
merksam und sagt, daß ihm ein „derart massenhaftes Vorkommen“
derselben im Alttertiiir gänzlich unbekannt sei; dieses häufige
Auftreten von Vaginellen bestärkt ihn in der Meinung, daß die
fraglichen Mergel dem Miozän angehören dürften.
Auch ich fand auf einzelnen Proben der Mergel zahlreiche
Abdrücke von Vaginellen, die der von E. Kittl aus dem Schlier
von Seelowitz und dem schlesischen Miozäntegel (Poln.-Ostrau,
Dombrau, Poremba) beschriebenen Vaginella Rxehaki (E. Kittl:
„Über die miozänen Pteropoden von Österreich-Ungarn“; Anm.
d. k. k. naturhist. Hofmuseums, I, 1886, S. 56 f., Taf. II, Fig. 13—16)
recht ähnlich sehen, ohne daß man ihre Identität mit der letzt-
genannten Form behaupten könnte, da sie meiner Ansicht nach
1) Uber mein Ansuchen beschäftigt sich Herr Prof. Dr. P. Oppenheim
in Berlin schon seit einigen Jahren mit dem eingehenden Studium der von
mir aufgesammelten Fauna der „Niemtschitzer Schichten“.
237
merklich schárfer zugespitzt sind und in dieser Beziehung mehr an
die oligozäne Vaginella tenustriata Semper erinnern. Der miozänen
Vaginella Rxehakt sehr nahestehende Formen kommen ja in der
Tat auch im Alttertiär vor. Bereits E. Kittl bemerkt (loc. cit.
S. 56), daß die Faginella depressa Speyer (nee Daudin) aus dem
Casseler Oligozän der Vaginella Rxehaki näher verwandt sei,
und ich selbst habe in meiner Beschreibung der „Niemtschitzer
Schichten“ (Verhandl. d. naturf. Ver. in Brünn, XXXIV, 1895,
S. 40) aus dem alttertiären Mergel von Neudorf eine Vaginella aff.
Rxehaki Kittl namhaft gemacht. Den blauen Ton von Nikoltschitz
habe ich noch im Jahre 1880 (s. Verh. d. k. k. geol. Reichs-
anstalt, S. 303) wegen seiner durchaus tegelartigen Beschaffen-
heit und wegen des Vorkommens von Vaginellen für miozän
gehalten, später jedoch (Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1887,
S. 133 ff.) in diesem Tegel eine formenreiche, unzweifelhaft alt-
tertiäre Foraminiferenfauna (mit Nummulites budensis Hantken
und Orbitoides cf. stellata d’Arch.) konstatiert. Pteropoden, ins-
besondere auch Vaginellen, sind also in der Schlierfazies des kar-
pathischen Alttertiärs durchaus keine seltene Erscheinung; daß sie
bisher noch nirgends in solcher Menge — die ich übrigens keines-
wegs besonders auffallend finde — gefunden wurden wie in den
fraglichen subbeskidischen Tertiärmergeln von Schönhof und Skot-
schau, ist ein vielleicht nur ganz zufälliger Umstand, dem keiner-
lei Bedeutung zukommt. Man darf nicht unberücksichtigt lassen,
daß die mährischen „Niemtschitzer Schichten“ geradeso wie das
subbeskidische Tertiär an der Oberfläche nur sehr mangelhaft auf-
geschlossen sind und außer mir bisher noch von niemandem näher
untersucht wurden. Bei tieferen Grabungen und Bohrungen würde
man vielleicht auch im Bereiche der „Niemtschitzer Schichten“
auf Gesteine stoßen, in denen Vaginellen ebenso angehäuft er-
scheinen wie in den Mergeln von Skotschau und Schönhof. Ich
möchte da z. B. auf den von mir vor einigen Jahren (Zeitschr. d.
mähr. Landesmuseums, 1902, S. 175 ff.) beschriebenen Pteropoden-
mergel von Satschan bei Mönitz hinweisen, auf dessen Schicht-
flächen Vaginellen in größerer Menge — etwa wie in den schlesi-
schen Mergeln — angetroffen werden. Obwohl der charakteristische
Embryonalteil bei keinem einzigen Exemplar erhalten war, habe
ich doch geglaubt, die Satschaner Vaginella mit der im öster-
reichischen Miozän weitverbreiteten Vaginella austriaca Kittl (loc.
238
cit. S. 54 ff, Taf. II, Fig. 8—12) identifizieren und den be-
treffenden Mergel als Miozän ansprechen zu dürfen. Ich habe je-
doch in einer Fußnote (auf S. 177 der oben zitierten Notiz) die
Bemerkung gemacht, daß die Annahme eines miozänen Alters des
Satschaner Pteropodenmergels auch eine Änderung in der Deutung
der im Bohrloch der Aujezder Malzfabrik (bloß etwa 2 km von
Satschan entfernt) angefahrenen, von mir („Geolog. Ergebnisse
einiger in Mähren ausgeführter Brunnenbohrungen“, 3. Folge;
Verh. d. natur. Ver. in Brünn, XXXV, 1896, S. 242 f.) als alt-
tertiär aufgefaßten Tongesteine involvieren würde. Die Sat-
schaner Pteropodenmergel bilden nach meiner Ansicht die Basis
des vielgestaltigen Miozäns des Pratzer Berges; zwischen ihnen
und dem Pratzer Berge liegen aber die in der Aujezder Malzfabrik
erbohrten Tone, die gewissen alttertiären Tonen des Bohrloches
von Neudorf (s. meine „Niemtschitzer Schichten“, S. 246 ff.) ähn-
lich sehen, mit den wohlbekannten Miozäntonen jedoch gar keine
Ähnlichkeit haben. Das Bohrloch von Neudorf lag auf der
durch die Kote 219 bezeichneten, flachen Bodenerhebung westnord-
westlich von Neudorf, also von Satschan fast genau so weit ent-
fernt wie dieses von der Aujezder Malzfabrik. Das Neudorfer
Bohrloch bewegte sich ausschließlich im Alttertiär, welches in ein-
zelnen Partien, die durch Quartär — vorwiegend Schotter — von-
einander getrennt sind, so weit nach Norden reicht, dab es immer-
hin durchaus nicht als widersinnig gelten kann, wenn man die
Satschaner Pteropodenmergel als „möglicherweise Alttertiir“
hinstellt. Die darin vorkommende Vaginella wurde zwar von mir
mit Vaginella austriaca Kittl identifiziert, aber ich weise darauf
hin, daß ich eine der Vaginella austriaca verwandte Form aus
dem alttertiären, blaugrauen Mergel von Pausram (es ist dies
nicht der eigentliche, braune, ziemlich fossilreiche „Pausramer
Mergel“) namhaft gemacht habe (vgl. meine „Niemtschitzer Schichten“,
S. 222). Es ist ja durchaus naturgemäß, wenn man annimmt, daß
sowohl Vaginella Rxehaki als auch Vaginella austriaca in der
Schlierfazies unseres Alttertiirs Vorläufer gehabt haben, von
denen sie sich vielleicht nur im Falle besonders günstiger Er-
haltung unterscheiden lassen. (sanz gewiß läßt sich aber das
häufige Auftreten von Vaginellen im subbeskidischen Tertiär-
mergel zugunsten des miozänen Alters des letzteren nicht gel-
tend machen.
239
Was die Pteropodengattung Balantium anbelangt, so kann
man wobl sagen, daß die sehr spärlich beobachteten Abdrücke
(ich fand sie bloß in zwei Proben) wahrscheinlich einer mit Balan-
tium Fallauxi Kittl verwandten Form angehören, wenn man diesen
Namen auf die feingestreifte „Varietät“ anwendet, von welcher
schon E. Kittl selbst (loc. cit. S. 63) meint, dab sie bei nach-
gewiesener Konstanz der Merkmale von Balantium Fallauxt ab-
zutrennen wäre. Wenn die von dem genannten Autor gegebenen
Abbildungen ganz korrekt sind — woran bei ihrer sorgfältigen
Ausführung wohl nicht zu zweifeln ist — so ist die Differenz
zwischen der feingestreiften „Varietät* und dem grobrunzeligen
Balantium Fallauxri auf alle Fälle groß genug, um eine spezifische
Trennung dieser beiden Formen zu rechtfertigen; meiner Über-
zeugung nach müßte auch bei stark verdrückten Exemplaren grob-
runzeliger Balantien, wie sie z. B. im alttertiären Ton des Neu-
dorfer Bohrloches vorgekommen sind, die Skulptur immer noch
wenigstens stellenweise erkennbar sein, niemals jedoch kann die
srobe Runzelung infolge von Verdrückungen in eine so gleich-
mäßig feine Streifung übergehen, wie sie Fig. 26 auf Taf. II der
Kittlschen Abhandlung zeigt.
Die von mir im Ton des Neudorfer Bohrloches aufgefundenen
Balantien, die stellenweise in großer Anzahl, aber in durchwegs
stark verdrückten Exemplaren zusammengehäuft waren, habe ich
(„Niemtschitzer Schichten“, S. 249) als Balantium aff. pedemon-
tanum Ch. Mayer bezeichnet. Die Identität dieser Form mit dem
miozänen Balantium pedemontanum läßt sich ebensowenig an-
nehmen wie bei der früher erwähnten Form die Identität mit
Balantium Fallauxi. Da die beiden miozänen Formen auch im
mährischen Miozän vorkommen (ich fand sie in mergeligen Ein-
schlüssen eines der II. Mediterranstufe angehörigen Konglomerats
am Pratzer Berge, glaube demnach, dab sie der I. Mediterran-
stufe angehören), so können die ihnen nahestehenden Formen aus
dem subbeskidischen Tertiär als ihre Vorläufer betrachtet werden:
einen zwingenden Schluß auf das miozäne Alter der subbes-
kidischen Mergel gestatten also auch die Balantien nicht.
Von den sonstigen Konchylien ist die von Herrn Hofrat
Fuchs erwähnte, auch von mir beobachtete Tellina der Tellina
planata zwar ähnlich, aber zur genauen Bestimmung doch nicht
gut genug erhalten. Ähnliche Formen kommen im Brünner Schlier-
240
mergel (von mir seinerzeit als Tellina brumensis n. f. bezeichnet,
s. Verh. d. naturf. Ver. in Briinn, XXXV, 1896, S. 245), aber
auch in dem sicher alttertiären Mergel von Pausram vor. Eine
kleine Bivalve aus dem Mergel von Schönhof erinnerte mich an
die kleine, feingerippte Muschel, die ich in einer mehr mergeligen
Ausbildung des Menilitschiefers unterhalb der Kirche von Groß-
Niemtschitz gefunden und als Cardita gedeutet habe. Die übrigen,
von Herrn Hofrat Fuchs erwähnten, nicht näher bestimmbaren
Bivalvenreste sowie das an eine größere Bulla erinnernde Gastero-
podenfragment habe ich ebenfalls beobachtet; bei der Beurteilung
der Altersfrage kommen sie infolge ihrer ungünstigen Erhaltung
nicht in Betracht. Auch die „verzwergten“ Austern haben keine
Bedeutung, denn wenn sie auch im italienischen Langhien geradezu
leitend sein sollen, so muß man doch zugeben, dal sich derartige
Krüppelformen unter gewissen Lebensbedingungen zu jeder Zeit
entwickeln konnten.
Die Abdrücke von Spatangiden sind ebenfalls so wenig be-
zeichnend, dab man nicht einmal die Zugehörigkeit zur Gattung
Brissus — die ja übrigens auch im Alttertiär vertreten ist —
behaupten kann.
Die von Herrn Hofrat Fuchs erwähnten und als Algen ge-
deuteten „verkohlten Fäden“ — die auch ich für Algen halte —
kommen in ähnlicher Weise im schlierähnlichen, alttertiären Mergel
von Neudorf vor, während ich sie aus dem Miozän nicht kenne.
Die Substanz dürfte wohl eher Eisensulfid — ich denke hier an
den kürzlich (im Neuen Jahrb. f. Min. usw. 1912, XXXIIL Bei-
lageband, 3. Heft, S. 662 ff.) von B. Doss beschriebenen „Mel-
nikowit“, eine kryptokristalline, ursprünglich gelartige Ausbildung
des Schwefeleisens — als Kohle sein.
An Fischresten beobachtete ich schlecht erhaltene Otolithen
und vereinzelte Schuppen, und zwar nicht bloß die charakteristi-
schen, für stratigraphische Zwecke allerdings unbrauchbaren Meletta-
schuppen, sondern auch ktenoide, irgend einem Stachelflosser an-
gehörige Schuppen.
Die Foraminiferen wurden bisher nicht in Betracht gezogen.
Die Mehrzahl der Mergelproben ist sehr schwer schlämmbar, es
gelang mir aber dennoch, in mehreren Proben (von Schönhof,
Bogwisdau und Bestwin) Foraminiferen aufzufinden. Da nur sehr
geringe Mengen des Materials verwendet werden konnten, so ist
241
die Ausbeute auch nur eine bescheidene gewesen; zumeist wurden
Globigerinen und Trunkatulinen, seltener Nodosarien, Polymorphinen,
Kristellarien und andere Gattungen beobachtet. Der Erhaltungs-
zustand ist auch bei diesen Fossilresten in der Regel ein un-
günstiger; immerhin enthielt eine aus dem Bohrloch von Bestwin
(600 m Tiefe) stammende Mergelprobe eine reichere und auch
etwas besser erhaltene Foraminiferenfauna, die meiner Ansicht
wenigstens einen Wahrscheinlichkeitsschluß auf das geologische
Alter der betreffenden Ablagerung gestattet.
Ich konnte in einer sehr geringen Menge des Schlämmrück-
standes weit über 40 gut unterscheidbare Formen feststellen, von
denen allerdings mehrere nicht einmal generisch mit Sicherheit zu
bestimmen waren. Die meisten Individuen sind so klein, daß man
zum Aussuchen ein Mikroskop zu Hilfe nehmen muß; sie erscheinen
häufig mit Pyrit erfüllt oder treten in ganz undurchsichtigen, aus
äußerst feinkörnigem Pyrit bestehenden Steinkernen, die mitunter
noch einen dünnen Schalenrest tragen, auf.
Es wurden folgende Formen beobachtet:
1. Lagena striata d’Orb. — In mehreren Exemplaren.
2. Nodosaria cf. subaequalis Rss. — Bruchstück mit wenigen
Kammern.
3. Nodosaria cf. rudis d’Orb. — Einzelne kugelige bis ellipso-
idische Kammern mit beiderseitigen röhrenförmigen Fortsätzen.
4. Nodosaria (Dentalina) ef. soluta Rss. — Einzelne Fragmente
mit der kugeligen, eine Spitze tragenden Anfangskammer.
5. Nodosaria (Dentalina) ef. stipitata Rss. — Ein Fragment.
6. Nodosaria (Dentalina) cf. filiformis Rss. — Ein Fragment.
7. Nodosaria (Dentalina) cf. fusiformis Grünb. — Frag-
mente mit wenigen Kammern.
8. Nodosaria (Dentalina) n. f. (?) aus der Gruppe der Nodo-
saria Adolphina d’Orb. Die glockenförmig gestalteten Kammern
gehen am unteren Rande in einzelne Spitzen aus, ähnlich wie bei
gewissen Varietäten der Nodosaria Adolphina, etwa dervon A. Liebus
(Die Foraminiferenfauna der mitteleozänen Mergel von Nord-
dalmatien; Sitzgsbr. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 1911, CX X. Bd,
Taf. I, Fig. 2) als „zweifelhafte Form“ (Dentalina Adolphina d’Orb.
oder Sagrina virgula Brady) abgebildeten oder der Nodosaria
epidula Karrer (Foramin. v. Kar Nikobar, Novarra-Expedition,
Zeitschrift des mähr. Landesmuseums. XIII. 16
242
geolog. Teil, II. Bd., Taf. V, Fig. 27), welche wohl auch nur als
Varietät von Nodosaria Adolphina aufzufassen ist.
9. Cristellaria cf. cymboides W'Orb. — Von dieser viel-
gestaltigen Form, die vielfach nur als eine Varietät der Cristel-
laria crepidula F. & M. aufgefabt wird, wurde bloß ein einziges,
sehr kleines Exemplar aufgefunden, welches sich vom Typus
durch eine mehr spindelförmige Gestalt, geringere Zusammen-
drückung und weniger schiefen Verlauf der Nähte unterscheidet.
Eine sehr ähnliche Form wird von Burrows & Holland aus den
„Thanet beds“ der Pegwell-Bay (Proceed of the Geol. Assoc.
XV, 1897, Taf, I, Fig. 2) als Cristellaria crepidula F. & M. var.
cymboides d’Orb.!) abgebildet. Die beiden Formen dürften sich
aber doch auseinanderhalten lassen, da sich bei Cristellaria crepi-
dula F. « M. der spiralig gebaute Anfangsteil des Gehäuses ganz
deutlich von den übrigen, ziemlich zahlreichen Kammern abhebt,
während dies bei Cristellaria eymboides — deren Verwandtschaft
mit dem „Nautilus erepidula“ von Fichtel & Moll schon durch
d’Orbigny selbst (Foram. Foss. du bass. tert. de Vienne, 8.86)
betont wurde — nicht der Fall ist. Die Artenzersplitterung darf
bei den Foraminiferen gewil) nicht zu weit getrieben werden;
wenn man aber die Zusammenstellung der , Varieties of Cristel-
laria crepidula F. & M.“ bei Burrows & Holland (loc. cit.
Taf. V) ansieht, so ist unschwer zu erkennen, daß man leicht in
das andere Extrem verfallen, d. h. Formen zusammenwerfen kann,
die sich doch vielleicht unterscheiden lassen, wenn man sich die
Mühe nimmt, recht eingehend zu vergleichen. So würde ich z. B,
die von A. Liebus (loc. cit. S. 918, Taf. I, Fig. 6) als Cristel-
larıa nummulitica Grünb. beschriebene Form aus dem dalmatini-
schen Mitteleozän ohneweiters zu Créstellaria cymboides VOrb.
stellen, hingegen Grünbels Oristellaria nummulitica als eine Varietät
von Üristellaria erepidula F. & M. auffassen. Zu dem subjektiven
Moment in der Abgrenzung der einzelnen „Arten“ der Foramini-
feren kommt noch der äußerst mißliche Umstand hinzu, dab man
fast immer genötigt ist, nach Abbildungen zu vergleichen und die
!) Es sei gestattet, hier zu bemerken, daß nach Burrows & Holland
auch Créstellaria Wetherelli Jones zu Cristellaria erepidula gehört, während
die von verschiedenen Autoren (auch noch von A. Liebus, 1911, loc. cit.) als
Oristellaria Wetherelli bezeichnete Form den Namen Cristellaria fragaria
Grünb. zu tragen hat.
letzteren sehr häufig mangelhaft, mitunter geradezu unbrauchbar
sind. Die Variabilität erschwert ohne Zweifel ebenfalls die genaue
Determinierung, doch hat man mit dieser Schwierigkeit auch bei
anderen Tiergruppen zu kämpfen.
Cristelluria eymbordes d’Orb. ist aus dem Alttertiär ver-
schiedener Gebiete, auch aus jenem der Karpathen, bekannt; im
Miozän scheint sie sehr verbreitet zu sein.
10. Cristellaria rotulata Lam. — Von dieser Janglebigen und
weit verbreiteten Form wurde nur ein einziges, sehr kleines Exemplar
mit Spuren eines schwachen Kielsaumes gefunden. Die Kristel-
larien gehören demnach im Tertiär von Bestwin zu den seltensten
Foraminiferen.
11. Frondieularia f. ind. aus der Gruppe der Frondieularia com-
olanata Defr. Es wurden mehrere Bruchstücke gefunden, darunter
eines mit sehr kleiner, unsymmetrisch situierter Embryonalkammer.
Die Oberfläche ist vollkommen glatt.
12. Bolivina Beyrichi Rss. — Es wurden mehrere sehr kleine
Exemplare dieser Form beobachtet. Sie sind im jüngeren Teile
des Gehäuses viel breiter als in den älteren Partien, wodurch sie
sich von der miozänen, aber auch im Alttertiär auftretenden
Bolivina punctata d’Orb. und anderen, im Miozän des karpathischen
Vorlandes auftretenden Formen unterscheidet. Zum Vergleiche
lagen mir Exemplare aus dem Kleinzeller Tegel vor.
13. Bolivina cf. elongata Hantken. — Eine Bolivina mit
nahezu parallelen Seitenrändern und stumpfem Embryonalteil ge-
hört vielleicht zu der genannten Form aus dem Kleinzeller Tegel,
obwohl es relativ breiter ist als der Abbildung Hantkens (Fauna
d. Clav.-Szabéi-Sch., Taf. VII, Fig. 14) entspricht und die jüngste
Kammer sich über die ganze Gehäusebreite ausdehnt. In der
Form ähnlich ist das von A. Liebus (loc. cit. S. 59f, Taf. I,
Fig. 12a) zu Bolivina aenariensis Costa!) gestellte, extrem schmale
(Gehäuse, unterscheidet sich jedoch durch die stark bogig ge-
krümmten Nähte sehr auffallend von unserem Exemplar, bei
welchem die Nähte nahezu geradlinig verlaufen.
14. Textularia f. ind. — Es wurde nur ein einziges, sehr
kleines Exemplar beobachtet, bei welchem die beiden aufgeblasenen
1) Im Alttertiär wurde diese Form zuerst von Burrows © Holland
(loe. cit.) konstatiert.
16*
244
Endkammern nahezu die Hälfte der genannten Gehäuselänge aus-
machen. Die Nähte verlaufen fast horizontal. Eine Identifizierung
mit Textularia abbreriata d'Orb. ist nicht zulässig.
15. Bulimina cf. ovata d’Orb. — Buliminen sind im Mergel
von Bestwin sehr selten und stets nur in Pyritsteinkernen vor-
handen. Nach ihrer Gestalt stehen sie zwischen Bulimina ovata
und Bulimina elongata d’Orb., die beide auch aus dem Alttertiär
bekannt sind.
16.? Virgulina Schreibersi Özizek. — Einen auffallend schlanken
Steinkern mit undeutlicher Anordnung der Kammern kann ich
nur mit Vorbehalt mit der genannten Form, die ebenfalls bis in
das Alttertiär zurückgeht, identifizieren.
17. Uvigerina pygmaea d’Orb. — Von dieser Form fanden
sich nicht selten verhältnismäßig kleine Exemplare, die zumeist
nur im älteren Teile des Gehäuses eine Berippung tragen; die
Rippen endigen mitunter in zarte Dornen.
18. Polymorphina £. ind., ähnlich gewissen Varietäten der
Polymorphina gibba d’Orb. Eine genauere Bestimmung ist wegen
des ungünstigen Erhaltungszustandes nicht möglich.
19. Tritaxia minuta Marss. — Das einzige aufgefundene
Exemplar entspricht vollkommen der Beschreibung und Abbildung
der von A. Liebus (loc. cit. S. 936, Taf. II, Fig. 7) im Mittel-
eozän Dalmatiens konstatierten Formen.
20. Gaudryina siphonella Rss. — Von dieser Form wurden
mehrere Exemplare gefunden, von denen einzelne die kurze Mün-
dungsröhre ganz deutlich erkennen ließen, während andere zu der
var. asiphoniata Andr. zu stellen sind. Die meisten Stücke er-
reichen ungefähr 1 mm Länge und schließen sich nach ihrer Ge-
stalt durchaus den Vorkommnissen des Kleinzeller Tegels (s.
Hantken, Clav.-Szaböi-Sch., Taf. I, Fig. 3) an.
21. Bigenerina aff. nodosaria d’Orb. — Von dieser Form
wurde leider nur ein einziges Exemplar gefunden, welches durch
seine grob agglutinierte Schale an Bigenerina agglutinans d’Orb.
erinnert, sich von dieser jedoch sehr wesentlich durch den stark
verbreiterten, flach zusammengedrückten Anfangsteil unterscheidet.
Es dürfte sich hier wohl um eine bisher noch nicht beschriebene
Form handeln.
22. Dendrophrya cf. excelsa Grzyb. — Flach zusammengedrückte,
ziemlich grobsandige Röhren, die wahrscheinlich zu Dendrophrya
gehören, wurden in mehreren Exemplaren gefunden. Eines der-
selben stimmt zufällig auch in der Krümmung fast genau mit der
von Grzybowski (Otwornice pokladow naftonosnych okolicy Krosna ;
„Rozprawy“ der Krakauer Akademie, XXXIII 1897, Taf. X,
Fig. 1) gegebenen Abbildang überein. Verzweigte Schalenstücke
wurden nicht beobachtet.
Nach A. Liebus (loc. cit) kommt Dendrophrya excelsa
Grzyb. auch im dalmatinischen Eozän vor; aus dem Miozän ist
sie nicht bekannt.
23. Haplophragmium? — Es wurden mehrere Exemplare von
agglutinierten Foraminiferen beobachtet, deren generische Stellung
jedoch infolge der sehr undeutlichen Kammeranordnung unsicher
bleibt. Es könnte sich hier um Formen der Untergattung Reussina
handeln, wie sie z. B. im galizischen Alttertiär (rote Tone von
Wadowice) vorkommen.
24. Trochammina tenuissima Grzyb. — Von dieser Form wurde
nur ein einziges, aber gut erhaltenes Exemplar gefunden, welches
bis auf die etwas geringere Kammernzahl vollständig mit der von
Grzybowski („Otwornice pokladów naftonosnych okoliey Krosna“ ;
„Rozprawy“ der Krakauer Akademie, XXXIII, 1897, S. 34f,
Taf. XT, Fig. 30) gegebenen Beschreibung und Abbildung über-
einstimmt. Das Gehäuse ist sehr feinsandig, stark zusammen-
gedrückt, an der Oberfläche fast glatt und läßt bei der Aut-
hellung in Glyzerin keine Verzweigungen der inneren Hohlräume,
wie sie für Cyclammina charakteristisch sind, erkennen. Die ge-
ringere Kammernzahl erklärt sich leicht aus der viel geringeren
Größe (04 mm gegen 0:8 mm bei den galizischen Exemplaren),
die auf ein jugendliches Individuum schließen läßt.
Trochammina tenuissima Grzyb. ist bisher nur aus dem
Unteroligozän von Krosno in Galizien bekannt gewesen. Ich habe
zwar schon im Jahre 1887 (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., Nr. 5,
S. 134) eine Trochammina aus dem blauen, miozänem Tegel sehr
ähnlichen Oligozänton von Nikoltschitz in Mähren als Trochammina
tenuwissima bezeichnet, kann jedoch augenblicklich nicht feststellen,
ob diese mit der galizischen Form identisch ist oder nicht. Immer-
hin möchte ich die Übereinstimmung für sehr wahrscheinlich
BDÍ
re
(ep)
halten, da ich seinerzeit Herrn Prof. Grzybowski für seine
Studien meine sämtlichen Originalexemplare aus dem mährischen
Alttertiár zur Verfügung gestellt habe und der Genannte bei
jenen Formen, die er mit den meinigen übereinstimmend gefunden
hat, auch die von mir in verschiedenen Publikationen (meist nur
Listen der von mir konstatierten Formen) gebrauchten Bezeichnungen
akzeptiert hat. So ist denn anscheinend bei der Beschreibung der
Trochammina tenuissima bei Grzybowski nur irrtümlich „n. sp.“
statt meines Namens gesetzt worden, da ja dem genannten Forscher
sowohl meine Publikationen als auch meine Originale wohl be-
kannt waren, er sohin zur Bezeichnung einer neuen Form wohl
kaum einen Namen in Anwendung gebracht hätte, der schon
zehn Jahre früher von mir gebraucht worden ist.
25. Miliolina (Quinqueloculina?) £ ind. — Eine sehr kleine
verlängerte Form, die sich bei günstigerer Erhaltung vielleicht nur
als eine Varietät der nächstfolgenden Form erkennen ließe.
26. Spiroloculina tenuis Úzizek. — Diese schon im Mittel-
eozän auftretende Form wurde nicht gerade selten beobachtet. Im
Vergleiche mit den miozänen Vorkommnissen sind unsere Exem-
plare merklich schlanker und gegen die Mündung zu etwas mehr
verlängert.
27. Cassidulina f. ind.
28. Sphaeroidina bulloides W'Orb. — Tritt bereits im Mittel-
eozän auf.
29. Globigerina bulloides d’Orb. — Ziemlich häufig in ver-
hältnismäßig großen Exemplaren.
30. Globigerina triloba Rss. — Nicht gerade selten.
31. Globigerina cf. regularis d’Orb. — Einige Globigerinen-
gehäuse scheinen zu dieser Form zu gehören.
32. Truncatulina ungeriana d’Orb. — Eine dem Typus zlem-
lich genau entsprechende Form wurde in mehreren Exemplaren
gefunden; es fehlt bloß die Granulierung der inneren Windungen
auf der Spiralseite. Die typische Truncatulina ungeriana geht bis
in das Alttertiär zurück.
33. Truncatulina aff. ungeriana d’Orb. — Einzelne der
beobachteten Trunkatulinen erinnern zwar an die früher erwähnte
Form, besitzen jedoch bogig verlaufende, verdickte Nähte, dagegen
247
keinen Kiel und keinen deutlichen Nabel. Die Umgänge sind
stark involut, jedoch auf der Spiralseite — zum Unterschiede von
Truncatulina ungeriana — alle sichtbar. Ähnliche, schwer aus-
einanderzuhaltende Formen scheinen im Alttertiär recht verbreitet
zu sein.
34. Truncatulina cf. propinqua Rss. — Einzelne kleine Trun-
katulinen lassen sich von der durch Hantken (Clav.-Szabói-
Schichten, Taf. VIII, Fig. 9) gegebenen Abbildung der genannten
Form nicht unterscheiden.
35. Truncatulina Dutemplei d’Orb. — Sehr selten.
36. Truncatulina lobatula W. & J. — Sehr selten.
37. Discorbina cf. simplex d’Orb. — Eine anscheinend mit
der miozänen Rosalina simplexr d’Orb. gut übereinstimmende Form
kommt im Mergel von Bestwin sehr häufig vor; sie ist jedenfalls
die häufigste aller beobachteten Foraminiferen. Die letzte Kammer
ist zumeist stark aufgebläht, junge Gehäuse erscheinen fast kugelig.
38. Discorbina cf. globularis d’Orb. — Einige verhältnis-
mäbig große Foraminiferengehäuse sehen wie etwas zusammen-
gedrückte Globigerinen aus, besitzen jedoch nicht die groben
Poren der letzteren. Der Erhaltungszustand ist nicht genügend
gut, um eine sichere Identifizierung mit Discorbina globularts
d’Orb., die schon im Eozän auftritt, zu ermöglichen.
39. Discorbina ef. Uhligi Grzyb. — Ein Exemplar erinnert
lebhaft an die von Grzybowski aus dem Alttertiär von Dukla
(„Rozprawy“ der Krakauer Akademie, XXIX. Bd., 1894, Taf. IV,
Fig. 10, 11) beschriebene Form; es ist bloß etwas niedriger.
40. Discorbina £. ind. — Eine kegelförmige Schale, wie sie
bei d’Orbignys „Asterigerina“ vorzukommen pflegt. Von der
früher genannten Form unterscheidet sie sich in mehrfacher Hin-
sicht, die Identifizierung mit einer der bereits bekannten Formen
ist jedoch vorläufig unmöglich.
41. Pulvinulina elegans d’Orb. — Nur in einem etwas ab-
geriebenen Bruchstück gefunden, welches indessen die wesentlichen
Merkmale dieser weitverbreiteten, schon im Eozän auftretenden
Form erkennen läßt.
42. Rotalia Soldanii d'Orb. — Nur in sehr wenigen Exem-
plaren beobachtet. Tritt ebenfalls schon im Eozän auf.
43. Nontonina umbilicatula Mont. var. Soldanii d’Orb. —
Diese Seichtwasserform findet sich im Mergel von Bestwin ziemlich
häufig und in typischen, wohl ausgebildeten Exemplaren.
Wenn man den Gesamtcharakter der hier kurz beschriebenen
Foraminiferenfauna ins Auge faßt, so muß man sagen, daß es
keineswegs eine typische Miozänfauna ist. Freilich herrscht gerade
bei den Foraminiferen bezüglich der Abgrenzung der „Arten“ eine
viel größere Willkür als bei anderen Tiergruppen; infolgedessen
wird auch den Foraminiferenlisten, soweit es sich um die Be-
stimmung des geologischen Alters handelt, im allgemeinen eine
sehr geringe Beweiskraft zuerkannt. Speziell im Tertiir kommt
noch der Umstand hinzu, dab gerade jene Formen, die als „Leit-
fossilien“ des Alttertiärs gelten dürfen, nämlich Nummuliten und
Orbitoiden, in sehr vielen unzweifelhaft alttertiären Ablagerungen
gänzlich fehlen und die übrigen Foraminiferen, namentlich die
sandig-kieseligen, häufig ein sehr jugendliches Gepräge zeigen.
Immerhin darf man sagen, daß in unserem Falle die Zuweisung
der subbeskidischen Tertiärschichten zum Paläogen auf Grund der
von mir untersuchten Foraminiferenfauna zum mindesten ebenso
berechtigt ist wie ihre Zuweisung zum Miozän. Da aber eine An-
zahl von Formen unzweifelhaft sehr nahestehende Verwandte im
Alttertiär besitzt und einige wenige sogar bisher überhaupt nur
aus dem Alttertiiir bekannt sind, möchte ich mich — ohne meine
Ansicht jemandem aufdrängen oder dieselbe auch nur als genügend
fest begründet hinstellen zu wollen — doch eher für die Auffassung
der fraglichen Schichten als Alttertiär aussprechen.
Herr Hofrat Th. Fuchs war ja in seinem Urteil auch etwas
schwankend, da er ja, obwohl er schließlich das miozäne Alter des
im Teschener Hügellande durchteuften Tertiärs für wahrschein-
licher hielt, auch die Meinung aussprach, daß die betreffenden
Mergel vielleicht am ehesten mit den von mir entdeckten „Niemt-
schitzer Schichten“ zu parallelisieren wären. Damit wollte jedoch
Herr Hofrat Fuchs ganz gewiß nicht sagen, daß die „Niemt-
schitzer Schichten“, die ich seinerzeit ganz ausdrücklich als die
„Schlierfazies des Alttertiärs“ bezeichnet habe, ebenfalls dem
Miozän angehören. Er ist ohne Zweifel von dem vormiozänen
249
Alter der „Niemtschitzer Schichten“ ebenso iiberzeugt wie ich selbst,
und es beruht wohl nur auf einer mibverständlichen Auslegung
der Fuchsschen Bemerkungen, wenn Herr Prof. Dr. P. Oppen-
heim in seiner kůrzlich erschienenen Schrift: „Zur Altersfrage des
bei Teschen am Karpathenrande überschobenen Tertiirs“ (Zentral-
blatt F. Miner. usw., 1913, Nr. 3, S. 85—90) gegen den genannten
Wiener Gelehrten den Vorwurf erhebt, dieser hätte seine Ansicht
über das Alter der „Niemtschitzer Schichten“ seit dem Jahre 1902
(in welchem er eine Abhandlung über die mutmaßlichen Aguiva-
lente der „Niemtschitzer Schichten“ veröttentlicht hatte) insofern
geändert, als er diese Schichten jetzt für miozän erklärt. Es liegt
allerdings eine gewisser Widerspruch darin, wenn Fuchs zuerst
meint, das fragliche Tertiär ließe sich „vielleicht am ehesten“
mit den Niemtschitzer Schichten parallelisieren, dann aber zu dem
Schlusse kommt, daß er dasselbe „auf alle Fälle“ dem Miozän
zurechnen möchte; eine Meinungsänderung bezüglich des Alters
der „Niemtschitzer Schichten“ vermag ich trotzdem in diesen
Äußerungen nicht zu finden.
Hingegen muß ich konstatieren, dal) eine auch von Prof.
Dr. Oppenheim zitierte Stelle aus der Fuchsschen Abhandlung
vom Jahre 1902 (in den Sitzgsbr. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, 111.
Bd. I, 1902, S. 440) für Leser, die in dieser Angelegenheit nicht
genügend orientiert sind, nichts anderes besagt, als daß ich den
schon von früher her bekannten „Niemtschitzer Schichten“
ihre „richtige Stellung im Systeme“ angewiesen habe. In Wirklich-
keit hat jedoch vor mir niemand diesen wichtigen und — wie
sich seither herausgestellt hat — weitverbreiteten Schichtenkomplex
erkannt, da er zum ersten Male in meiner Mitteilung über: „Die
Gliederung und Verbreitung der älteren Mediterranstufe in der
Umgebung von Groß-Seelowitz in Mähren“ (Verhandl. d. k. k.
geolog. Reichsanst. 1880, Nr. 16, S. 301) auf Grund der Lagerungs-
verhältnisse der betreffenden Gebilde (deutliches Einfallen unter
die Menilitschiefer) von den übrigen Tertiärschichten der Um-
gebung von Groß-Seelowitz getrennt erscheint. Allerdings stellte
ich damals — vor 33 Jahren — diese Schichten an die Basis
des Miozäns, als unterstes Glied der Ablagerungen der I. Medi-
terranstufe. Sie bilden auch tatsächlich die Unterlage der miozänen
Schliermergel (Vaginellen- und Aturienmergel), doch besteht zwischen
den letzteren und den „Niemtschitzer Schichten“ eine deutlich er-
250
kennbare Diskordanz. Seit dem Jahre 1895, in welchem ich eine
kurze Mitteilung über „das Alter des Pausramer Mergels“ (Verh.
d. k. k. geol. Reichsanst., S. 363 ff.) veröffentlicht habe, besteht
kein Zweifel darüber, dab die „Niemtschitzer Schichten“ dem
Alttertiär angehören; bloß die Horizontierung blieb etwas
schwankend, da eine genauere Untersuchung der von mir im Laufe
der Jahre aufgesammeltem Fossilien nicht möglich war. Im
Jahre 1896 erschien (in den Verhandl. d. naturforsch. Vereins in
Brünn, XXXIV. Bd., S. 207) meine ausführliche Beschreibung
des vielgestaltigen Komplexes der „Niemtschitzer Schichten“, worin
diesen ein unteroligozänes Alter zugesprochen wird. Einige Jahre
später (im „Führer zu den Exkursionen des IX. internationalen
Geologenkongresses in Wien, 1903; Exkursion nach Pausram—
Auerschitz) habe ich auf Grund der Bestimmung einzelner Fos-
silien durch die Herren A. v. Koenen und Th. Fuchs das Alter
des eigentlichen braunen Pausramer Mergels etwas herabgesetzt
(Mittel- bis Obereozän), die gewöhnlich im Hangenden desselben
auftretenden blaugrauen Mergel als etwas jünger (Obereozán— Unter-
oligozän) aufgefaßt. Die nahezu abgeschlossenen sorgfältigen Unter-
suchungen meines Materials durch Herrn Prof. Dr. P. Oppen-
heim haben ergeben, dab die ursprüngliche Altersbestimmung die
richtigere war, indem es sich wesentlich um unteres bis mittleres
Oligozän handelt. Immerhin wäre es vielleicht denkbar, daß die
Konchylienfauna ein jugendlicheres Gepräge besitzt, als ihr dem
geologischen Alter nach tatsächlich zukommt, oder, mit anderen
Worten: dal trotz der auf unteres bis mittleres Oligozán deutenden
Untersuchung der Fauna die die letztere einschließenden Schichten
doch etwas älter sein könnten. Diese Erwägung gründet sich nicht
bloß auf den Umstand, daß über den „Niemtschitzer Schichten“
noch der Menilitschiefer und die sehr mächtige Serie der „Steinitzer
Sandsteine“ und „Auspitzer Mergel“ folgt, sondern auch auf die
interessante Tatsache, daß die Fischotolithen sowie die Dia-
tomazeen der „Niemtschitzer Schichten“ vorwiegend auf ein
miozänes Alter dieser Ablagerungen deuten würden, wenn man
sie allein berücksichtigen wollte. Schon Prof. E. Koken hat (brief-
liche Mitteilung von A. Wazacz, 1898) bemerkt, daß die Oto-
lithen des Pausramer Mergels die größte Übereinstimmung mit
den Otolithen des Miozäns aufweisen und daß ihm infolgedessen
bezüglich des unteroligozänen Alters des Pausramer Mergels Zweifel
aufgestiegen sind. Auch Dr. R. Schubert kam nach Unter-
suchung des von A. Wazacz und mir gesammelten Otolithen-
materials zu dem Schlusse, daß mehr Gründe für ein neogenes
als für ein paläogenes Alter des Pausramer Mergels sprechen
würden, wenn man diese Frage auf Grund der Otolithen allein
entscheiden wollte (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 1906). In einer
späteren Arbeit (Zeitschr. d. mähr. Landesmuseums VIII, 1908)
meint Schubert allerdings (auf Grund neuerer Erfahrungen), daß
sich die sonst nur aus dem Miozän bekannten Otolithen mit einem
„etwaigen“ oligozänen Alter des Pausramer Mergels ganz gut
vereinbaren ließen, wenn auch die oligozänen Anklänge nicht sehr
sroß sind und sich als „ältere Typen erklären lassen, die noch in
neogene Schichten hinüberreichen“. Ich meine nun, daß gerade so,
wie die Skopeliden, die im karpathischen Paläogenmeere zu
Hause waren, in Deutschland erst im Miozän auftreten. auch
einzelne für das deutsche Oligozän bezeichnende Konchylien schon
im eozänen Karpathenmeere gelebt haben können; dieser Ge-
danke, dem ich auch Herrn Prof. Dr. Oppenheim gegenüber in
kurzen Worten Ausdruck gegeben habe, erscheint noch weniger
sewagt, wenn man bedenkt, daß uns die wesentliche Überein-
stimmung zweier Konchylienschalen noch immer keine Gewähr
bietet für die vollkommene Identität der Tierarten, welche
diese Schalen einstens bewohnt haben.
Auch der durch Dr. Pantocsek festgestellte miozäne
Charakter der Diatomazeenflora der blaugrauen Mergel aus dem
Einschnitte bei der Eisenbahnhaltestelle Pausram (vgl. meine Ab-
handlung: „Die Niemtschitzer Schichten“, S. 223) ist eine interes-
sante Tatsache, die sich nur durch die Langlebigkeit der betref-
fenden Formen erklären läßt und uns lehrt, wie vorsichtig man
bei der Altersbestimmung der karpathischen Tertiärschichten sein
muß. Sowohl in lithologischer als auch in paläontologischer Be-
ziehung täuschen sie uns oft genug miozäne Gebilde vor, meiner
Ansicht nach auch im vorliegenden Falle. Wenn sich auch augen-
blicklich die Zugehörigkeit des subbeskidischen Tertiärs zum Paläogen
nicht beweisen läßt, so vermag man doch zugunsten dieser Zu-
gehörigkeit mehr Tatsachen geltend zu machen als zugunsten der
Zuweisung zum Miozän.
Auf die genauere Horizontierung des subbeskidischen Ter-
tiärs kommt es vorläufig nicht an. Die Schlierfazies kann ja in
jeder beliebigen Phase des Alttertiärs auftreten, wie denn auch
meiner Überzeugung nach „die Niemtschitzer Schichten“ nicht
einen einzigen stratigraphischen Horizont darstellen. Die blauen
Mergel liegen allenthalben im Hangenden der braunen „Pausramer“
Mergel, sind also schon ihrer Lagerung nach entschieden etwas
Jünger als diese. Selbst die „Auspitzer Mergel“, die ich nebst den
mit ihnen wechsellagernden Sandsteinen (Pauls „Steinitzer Sand-
stein“) und den Menilitschiefern schon in meiner Abhandlung vom
Jahre 1880 (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst., Nr. 16, S. 303) der
tongrisch-aquitanischen Stufe, also der jüngsten Abteilung des
Oligozäns, zugewiesen habe, sehen mitunter durchaus schlierähnlich
aus, führen mitunter Melettaschuppen, Pflanzenhäcksel und eine
leider nur ärmliche Foraminiferenfauna, die man keineswegs als
sicher paläogen bezeichnen kann, obwohl diesen Mergeln ohne
Zweifel ein vormiozänes Alter zukommt.
So könnten ja auch die Mergel des subbeskidischen Tertiärs
einem verhältnismäßig hohen Niveau des Paläogens angehören,
wenn auch ihre Identität mit dem Komplex der „Auspitzer Mergel“
und „Nteinitzer Sandsteine“ nicht mit Sicherheit behauptet werden
kann. Mit den „Dobrotower Schichten“ Galiziens wären die sub-
beskidischen Tertiärmergel meiner Ansicht nach nur dann zu
parallelisieren, wenn man die ersteren dem Oligozän zuweist, wie
dies ja von Seite einiger galizischer Geologen tatsächlich geschieht.
Dr. W. v. Friedberg scheint in seiner kürzlich erschienenen
Arbeit über das Miozän in Polen (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst.
1912, Nr. 16, S. 394) die „Dobrotower Schichten“ auch nur des-
halb dem Burdigalien zuweisen zu wollen, weil das subbeskidische
Tertiár von Th. Fuchs als Miozän erklärt und von Dr. W.
Petrascheck (loc. cit. S. 91 f.) mit den „Dobrotower Schichten“
verglichen wurde.
Wohl noch näher liegend als die Dobrotower Schichten
sind — auch in räumlicher Beziehung — die in neuerer Zeit ın
Preuß.-Schlesien durch Tiefbohrungen festgestellten, sehr mäch-
tigen Tertiärbildungen. Auch hier gab es mannigfache Täuschungen,
hervorgerufen durch eine pseudosarmatische Konchylienfauna, welche
an der Basis einer 300 m mächtigen Schlierablagerung angetroffen
wurde. R. Michael hat (über die Altersfrage der oberschlesischen
Tertiärablagerungen; Monatsbericht d. deutschen geol. Ges., 1907,
Nr. 2, S. 27) in einer tabellarischen Übersicht der Tertiärbildungen
253
im sudetischen Vorland und auf der oberschlesischen Platte die
unter dem Salz und Gips führenden Schlier lagernden Tonmergel
von Pallowitz und Zawada sowie die Schichten mit der oben er-
wähnten, pseudosarmatischen Fauna von Przeciszow dem Ober-
oligozän, die ebenfalls an den genannten Lokalitäten angefahrenen
Melettamergel und Sandsteine sogar dem Unteroligozán zugewiesen.
Da nach den neuen Erfahrungen der miozäne Salzhorizont aus
der Gegend von Wieliczka in westlicher Richtung über Oswiecim
hinaus bis nach Preußisch-Schlesien hinüberstreicht — woselbst er
noch bei Althammer angetroffen wurde — während er anderseits
bei den von W. Petrascheck beschriebenen Bohrungen nicht
konstatiert werden konnte, so möchte ich es für durchaus zulässig
erklären, die bei den letzterwähnten Bohrungen angefahrenen Ter-
tiärschichten als bereits unter dem Salzhorizont und dem Ostrauer
Schlier gelegen aufzufassen und dementsprechend dem Alttertiär
(Oligozän) zuzuweisen.
Auch am Nordrande der Alpen gibt es Ablagerungen, die
man mit dem subbeskidischen Tertiär parallelisieren kann. Es
sind dies die „schieferigen Mergel und Sandsteine“ des Tullner
Beckens, über welche Dr. O. Abel eingehend berichtet hat (vel.
Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 1903, 53. Bd., S. 95 ff). Trotz der
häufig vorkommenden Pteropoden und gewisser, scheinbar auf mio-
zänen Schlier deutender Formen (Drissopsis ef. ottnangensts, Sole-
nomya cf. Doderleini) hat O. Abel diese Mergel — meiner Über-
zeugung nach durchaus mit Recht — dem Oligozin zugewiesen.
Sie sind im allgemeinen gestört, liegen aber dennoch — wie das
subbeskidische Tertiir — in einzelnen Gebieten auf ziemlich weite
Strecken vollkommen horizontal (O. Abel, loc. cit. S. 99, 128).
Die bei der ärarischen Tiefbohrung in Wels durchteuften
Schichten hält Dr. R. Schubert (vgl. Jahrb. d. k. k. geol. Reichs-
anstalt, 1904, 53. Bd., S. 407 ff.) bis auf die untersten, etwa 100 m
mächtigen Gebilde, die mit der bayerischen Brack- und Süß-
wassermolasse verglichen werden, für miozän. Ich möchte es für
richtiger halten, wenigstens den unteren Teil der ungefähr 900 »
mächtigen Schliermergel dem Oligozän zuzuweisen. Gerade im
„unteren“ Schlier fand R. Schubert, wie er selbst bemerkt (loc.
cit. S. 407), einzelne Formen von Foraminiferen, „die bisher vor-
wiegend oder nur aus älteren Schichten bekannt waren“. Wir haben
hier also ebensowenig wie im subbeskidischen Tertiär eine un-
254.
zweifelhaft miozäne Foraminiferenfauna vor uns und es hindert
uns demgemäß tatsächlich nichts, den „unteren“ Schlier des Welser
Bohrloches für oligozän zu halten. Der von R. Schubert (loc.
cit. S. 409) betonte Umstand, daß die den Flysch nordwárts be-
oleitenden Gebilde, die üstlich des Chiemsees noch obertags er-
sichtlich sind, bei Wels von einer 900 72 mächtigen Schliermasse
bedeckt erscheinen, bietet bei dieser Auffassung nichts Auf-
fallendes mehr.
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